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𓆈 5. Kapitel 𓆈 Gullideckel 24A-B

Amelie schwebte eine ganze Weile in ihren Fieberträumen und sah immer wieder wie der Hund sich verwandelte. Sein Fell, dass sich in die eigene Haut zurückzog und einer zähen Lederhaut Platz machte. Glänzende Schuppen, die aus dem Nichts auftauchten. 

Die Geräusche von Sehnen, Haut und Knochen waberten wie Schlaflieder umher und resonierten irgendwo ganz tief in ihrem Inneren. 

Überall spürte sie Wärme und ein angenehmes Prickeln. Nur die Hitze war zu heiß, so unerträglich. 

Sie merkte, dass sich etwas bewegte. Ganz entfernt drangen Stimmen zu ihr hindurch, doch sie waren nur ein leises Flüstern. Mal wurden sie lauter, dann wieder leiser. Dann war es wieder still und alles, was zurückblieb, war ein leises Brummen. 

Irgendwann begann ihr Körper abzukühlen und ihr Atem wurde regelmäßiger. Das Prickeln wich einem wohligen Pochen unter ihrer Haut. Langsam glitt sie von ihrem Fieber hinüber in einen tiefen Schlaf. 



Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie über sich einen grauen Himmel. Sie stöhnte und legte sich eine Hand auf ihr Gesicht. Es war ganz nass, wahrscheinlich der Schweiß. Unter ihr vibrierte und rumpelte es. Sie setzte sich mit einiger Mühe auf und erkannte, dass die graue Fläche nicht der Himmel, sondern das Autodach gewesen war. 
Sie saß auf der Rückbank einer Limousine. Amelie roch das vertraute Parfüm von Minna noch bevor sie ihren Hinterkopf auf dem Fahrersitz entdeckte. 

Der Wellensittich auf ihrer Schulter drehte seinen Kopf und starrte sie an. Das weckte die Aufmerksamkeit der Haushälterin und sie schenkte Amelie ein Lächeln durch den Rückspiegel. 

Während sie sich weiterhin auf die Straße konzentrierte, flatterte der Wellensittich auf den Beifahrersitz. Es raschelte und er kam mit einem Briefumschlag im Schnabel wieder zum Vorschein. Mit einem Flügelschlag hüpfte er auf Amelies Schoß, ließ den Brief dort fallen und saß eine Sekunde später wieder auf Minnas Schulter. 

Amelie wollte schon fragen, wo ihre Mutter war, da erkannte sie ihre Handschrift auf dem Papier, das halb aus dem Briefumschlag herausragte.

Sie holte es heraus und beinahe wäre es ihr aus den Fingern geglitten. Ihr Griff war so schwach. Vorsichtig legte Amelie die Nachricht auf die Decke ab, die über ihren Beinen lag. 

Meine liebe Amelie, 

Das ist alles nicht so gelaufen, wie ich das wollte. Du hast wahrscheinlich den Brief der Schule schon bekommen. 
Ich wollte bei dir  sein, wenn du ihn öffnest und dich nach Siehdichum begleiten, statt dich damit alleine zu lassen. 

Ich muss noch bleiben - du hast ungewollt einen hochklassigen Drachen verwandelt, was eigentlich gar nicht möglich sein sollte. Er war in seiner wahren Gestalt und wir mussten ihn so schnell wie möglich einfangen, damit die Mumpitz ihn nicht sehen. 

Leider gab es ein paar Komplikationen, deswegen verspäte ich mich. 

Minna begleitet dich bis nach Siehdichum, dort musst du ihr sagen, welche Zugangs-Zuordnung du bekommen hast, dann zeigt sie dir den Weg. 

Kuss

deine Mama

Amelie las mit trommelndem Herzen den Brief noch ein zweites Mal. Es war also tatsächlich wahr. Es war ein Drache. Sie hatte tatsächlich einen echten Drachen gesehen. 

Sie sah zu Minna, die ihren Arm nach hinten ausstreckte und ihre Augenbrauen hob. Amelie verstand und drückte ihr den Brief in die Hand. Zu ihrem Erstaunen fuhr sie einen Augenblick später rechts ran, stieg auf die Landstraße hinaus und zückte ein Feuerzeug. Die gierige Flamme streckte sich nach dem Papier und hatte es innerhalb weniger Sekunden verschlungen. 

"Ey! Den wollte ich behalten!", protestierte Amelie, als die Madame zurück ins Auto stieg. Sie drehte sich um, und formte in Gebärdensprache:

Der Brief ist ein Beweisstück. Es enthält das Wort Drache und den Ort, wo wir hinfahren. Es gibt Feinde, Amelie, die du noch nicht kennst. 

Amelie verstummte. Feinde. Minnas Blick war todernst und das Mädchen sah die Anspannung in ihrem Kiefer zucken. Betroffen nickte sie und schwieg. 

Unwillkürlich sah Amelie aus dem Fenster und fragte sich, ob sie jemand verfolgte. Hinter ihnen war auf der Straße bis in die Ferne kein anderes Auto zu sehen. Die Limo setzte sich wieder in Bewegung und surrte über den Asphalt. Die Landschaft, durch die sie fuhren, war eben und außer Gras und ein paar Büschen, gab es nicht viel zu sehen. In der Ferne schien etwas zu schimmern und Amelie erkannte aufgeregt, dass es das Meer war. 

"Fahren wir zum Meer?", fragte Amelie aufgeregt und presste das Gesicht an die Scheibe. Natürlich konnte sie so die Antwort von Minna nicht sehen, aber es war eh eine rhetorische Frage. Immer wieder blitzte die endlose blaue Weite zwischen den flachen Hügeln auf. Sie war noch nie am Meer gewesen! 

Hier schien die Sonne und keine Wolke war am Himmel zu sehen. Wie weit sie wohl gefahren waren? 

Stundenlang ging es jetzt die Landstraße entlang und das Meer begleitete sie die ganze Zeit zu ihrer Linken. Amelie hatte genug Zeit, die Landschaft zu bewundern und über all die Neuigkeiten nachzudenken. 

Drachen. Drachen! DRACHEN!

Amelie unterdrückte den Impuls vor Aufregung quietschen und strampeln zu wollen. Jetzt, wo sie es glaubte, konnte sie es kaum fassen. Sie liebte Drachen, seit sie klein war. All ihre Kuscheltiere waren Drachen, ihr ganzes Bücherregal war voller Fantasie-Gestalten. Sie liebte die Märchen von Drachen und Prinzessinnen, auch wenn die ihr immer Angst gemacht hatten. 

Und er war vorher ein Hund gewesen! Waren alle Hunde in Wahrheit Drachen? Aber das würde bedeuten... Anais! War Anais auch ein Drache? Die drei Schäferhunde? Der Welpe? 

Ihr entfuhr ein ungläubiges Lachen und konnte ihre Füße nicht still halten. Sie wackelte aufgedreht mit ihren Zehen. 

Du hast ungewollt einen hochklassigen Drachen verwandelt, was eigentlich gar nicht möglich sein sollte. Amelie spürte ein kleines Hüpfen in ihrer Brust. 

Habe wirklich ich den Hund verwandelt? Und was meint sie damit, dass es nicht möglich sein sollte? Ihre Finger klammerten sich um die Eisenstützen des Beifahrersitzes. Vielleicht konnte sie Minna fragen. 

"Minna?" Die Haushälterin sah fragend in den Rückspiegel. "Was ist ein Mumpi-", doch bevor sie das Wort aussprechen konnte, hatte Minna abrupt abgebremst und mit wütenden Augen den Kopf geschüttelt. Mit einer Hand gestikulierte sie:

Nicht fragen! Nicht hier!

"Oh, okay", sagte Amelie schnell und versteckte die Hände unter ihrer Decke. Ihre Brust verengte sich und sie sah aus dem Fenster. Das machte ihr ganz schön Angst, dass Minna so angespannt war. Erst der verbrannte Brief, jetzt das... 

Ein kalter Schauer kroch ihr über den Nacken. Es gibt Feinde, hatte sie gesagt. Welche Feinde? Was war das nur für eine Welt, in die sie da hineingeschubst wurde? 

Wollte sie das überhaupt? 

Die nächste halbe Stunde badete sie in angstvollen Gedanken und gruseligen Visionen. Der Drache im Hinterhof war so riesig gewesen, seine Zähne so lang wie ihr Unterschenkel. Und sie war bewusstlos geworden. 

Es war schon ein großer Unterschied, von einem Drachen zu lesen oder ihn als Polyester-Kissen zu kuscheln, als vor einem krallenbesetzten LKW zu stehen.

"Minna?" Ihre Begleiterin sah jetzt sehr misstrauisch aus, aber nickte. "Können wir umdrehen?", fragte Amelie und wich ihrem Blick aus. Verdutzt öffnete Minna den Mund und schloss ihn wieder. Sie legte den Kopf schief und schüttelte ihre Faust. Warum?

Amelie wusste nicht so recht. Dann sagte sie: "Ich weiß nicht, ob ich dafür bereit bin. Das macht mir alles ziemlich Angst." Am Ende des Satzes war ihre Stimme nur noch ein Flüstern. Es war ihr peinlich, ihre Angst zu gestehen. 

Minna musterte sie eine Weile lang, dann seufzte sie und fuhr sich mit dem Daumen über die Nase. Ganz normal. Damit schien es für sie geregelt zu sein, denn sie richtete ihren Blick wieder ganz auf die Straße. 

Amelie biss sich auf die Lippen und sah aus dem Fenster. Sie war daran gewohnt, dass ihre Gefühle nicht ernst genommen wurden. Aber heute fühlte es sich besonders unerträglich an. Niemand half ihr, mit all den verwirrenden Gefühlen umzugehen.

Wie so oft übernahm ein Gefühl der Machtlosigkeit das Ruder und sie sank mutlos auf der Rückbank zusammen. Vielleicht konnte sie sich einfach verstecken und den besagten Termin verpassen. 

Die Sonne wanderte über den Horizont und wie Amelies Zuversicht sank sie immer tiefer. Als sie sich bereits in ein feuriges Orange verwandelt hatte und nur noch zur Hälfte über das Meer hinausragte, fiel die Landstraße ab und schlängelte sich durch mehrere kleine Dörfer auf eine Küstenstadt zu. 

Die Stadt war festlich geschmückt. Überall hingen bunte Fahnen aus den Fenstern und Blumen-Girlanden spannten sich über die Straße. Schon von weitem Drang ausgelassene Musik und das Gelächter hunderter Menschen zu ihnen hinauf. Amelie zuckte zusammen, als jemand direkt neben ihrem Auto eine Konfetti-Bombe losließ. 

Minna musste immer öfter abbremsen, je näher sie der Innenstadt kamen und manchmal standen sie für mehrere Minuten eingekesselt von den Menschenmassen, die um sie tanzten und feierten. Amelie duckte sich tiefer in ihren Sitz. Wie einen Schutzschild zog sie sich die Decke bis zum Kinn. Ihre Augen hüpften unruhig hin und her. 

Sie mochte keine Menschenmassen. Und laute Geräusche. Die lauten Trompeten und Trommeln waren besonders schlimm. 

Mindestens eine Stunde schob sich die Limousine so durch die Stadt. Einmal stolperte jemand und klatschte seine Eiskugel mit einem stumpfen FLUMPF an das Fenster, hinter dem Amelie saß. Minna verzog das Gesicht und zeterte mit wilden Händen und Fäusten, während der Mann mit roter Nase und schiefen Zähnen dachte, sie wolle ihm winken. Strahlend winkte er zurück und torkelte von dannen. 

Amelie sah dem Eis dabei zu, wie es in seinem blassen Pink langsam nach unten rutschte. 

Endlich fand Minna am Rand der Stadt einen Parkplatz. Sie stiegen aus und Minna fragte mit ihrer freien Hand, die nicht den Koffer hielt: 

Hast du dir die Zuordnung gemerkt? 

Amelie nickte. 

Wir werden in einem Restaurant zu Abend essen und dann kannst du dich noch kurz ausruhen. Um Mitternacht machen wir uns auf den Weg. 

Amelie wusste nicht, ob sie sich freuen sollte. Minnas besorgte Blicke über die Schulter halfen ihr auch nicht, sich zuversichtlicher zu fühlen. 

Sie hätte nicht sagen können, ob es in Siehdichum besonders viele Hunde gab. Sie sah viele, aber das könnte auch daran liegen, dass sie jetzt besonders darauf achtete. Die kleine Stadt mit den roten Backsteinen und vielen Blumen war voller Touristen, die sich von ihren dicken Möpsen und eingekleideten Pudeln hierhin und dorthin ziehen ließen. 

Amelie hielt sich ganz dicht an Minna. Sie hatte Angst, sie aus den Augen zu verlieren oder von dem Menschenstrom fortgeschwemmt zu werden. Sie kam sich ein wenig fehl am Platz vor in ihrer verdreckten Schuluniform. Alle hatten Sonnenhüte, kurze Hosen und festliche Strandkleider an. 
Als sie endlich unter eine Pergola voller Weintrauben tauchten und sich in eine schattige Ecke des kleinen Biergartens setzten, war Amelie unendlich froh, den Blicken zu entkommen. Minna hatte ihren Wellensittich in die Jackentasche gesetzt, seit sie aus dem Auto gestiegen waren. Wahrscheinlich damit sie nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zogen. 

Sie sah seinen schwarzen Kopf über den Rand von Minnas Jackentasche luken. Dass er nicht einfach raushüpfte, fand Amelie äußerst seltsam. Das war sicher nicht angenehm da drin. 

Der Abend verlief schweigend. Amelie bekam kaum etwas runter und ihr Bauchweh verdarb ihr jeden Appetit. Immer wieder sah sie zu einem Mann ein paar Tische weiter. Er war am Handy und hatte eine Sonnenbrille auf, sein Finger tippte alle paar Minuten an einer Zigarette. Die Asche sammelte sich auf seinem leeren Teller. 

Während sie aßen, gab Amelie Minna den Zettel, den sie in der Nacht eilig bekritzelt hatte. Nachdem die Japanerin ihn überflogen hatte, hielt sie ihn kurzerhand über die Kerze auf ihrem Tisch und ließ ihn in Flammen aufgehen. Mit dem Kopf müde auf ihre Hand gestützt, sah Amelie dem Rauch hinterher, wie er emporstieg und durch die Weinerben über ihren Köpfen in die Abendluft verschwand. 

Minna zahlte und Amelie warf noch einen Blick auf den Herrn mit der Sonnenbrille. Er löste in ihr ein ganz ungutes Gefühl aus. 

Sie machten sich auf den Weg zurück zum Strand, wo sie sich in einen Strandkorb setzten und schweigend nebeneinander auf das Meer sahen. Amelie fand das Meer wunderschön. Es wurde immer schwärzer, nur die Schaumkronen der Wellen glänzten golden und silbern im Licht der Straßenlaternen, die die Brüstung über dem Strand säumten.

Sie verspürte den riesigen Drang, aufzustehen und ins Wasser zu springen, einfach unterzutauchen und  ihren Kopf zu beruhigen. Doch Minna wartete eindeutig darauf, dass sie sich ausruhte. Kerzengerade wie ein Wachhund saß sie da und erinnerte Amelie an Anais. 

Also schloss sie widerwillig die Augen und dachte an die einzigen beiden Seelen, die sie wohl vermissten. Anais und Raffa. Vielleicht hätte sie sich auf das Kommende freuen können, wenn die beiden bei ihr gewesen wären. 

Sie musste eingeschlafen sein, denn keinen Augenblick später, weckte sie ein scharfer Schnabel an ihrem Ohrläppchen. "Au!", schimpfte sie und verfluchte den kleinen Piepmatz, der schon wieder auf Minnas Schulter saß, als wäre nichts passiert. 

Die Japanerin hatte neben ihr den Koffer geöffnet und hielt ihr eine Garnitur sauberer Kleidung entgegen. Zieh dich um, wir gehen gleich los. 

Grummelnd und todmüde tauschte Amelie im Schutz des Strandkorbs die Schuluniform gegen eine bequeme Jogginghose, einen flauschigen Pullover und ein Paar Turnschuhe. Erleichtert seufzte sie auf.

Gemeinsam verließen sie den Strand und stiegen die steinernen Stufen hoch zurück in die Innenstadt. Amelie hatte erwartet, dass um diese Uhrzeit die Straßen leer waren, doch das Gegenteil der Fall. Die Party schien ununterbrochen weiterzugehen. 

Überall brannten Kerzen in bunten Laternen und Menschen tanzten auf ihren Balkonen, während sie ihren Nachbarn auf der Straße oder nebenan etwas zuriefen. Es waren noch mehr Menschen auf den Straßen als zuvor und die Trommler und Musikanten schienen sich gegen das Konzept der Nachtruhe lautstark zu wehren. 

Amelie drückte sich näher an Minna. Immer wieder sah sie Kinder in allen Altersstufen, die ihre Eltern zu dieser unmöglichen Uhrzeit begleiteten. Sie zupfte an Minnas Sakko. "Warum sind so viele Kinder hier?", fragte sie und ihre Begleiterin deutete zur Antwort auf einen Banner, der über einer der Seitenstraßen hing. 

Nacht der Meereskinder - Feiert mit uns das hundertjährige Fest! 
Siehdichum, 17.- 18. Juni!

Auf dem Banner waren jede Menge christliche Symbole, die sie aus dem Religionsunterricht kannte. Amelie schlussfolgerte, dass es ein religiöses Kinderfest sein musste. Das würde auch zu den vielen, mit Blumen geschmückten Jesuskreuzen passen, die an den Haustüren und an Hauswänden befestigt waren. 

Amelie kämpfte gegen ihre Müdigkeit an, während die Madame sie durch eine Gasse nach der anderen führte. Nach einer gefühlten Ewigkeit tippte Minna ihre Schulter an und holte sie aus ihrem Halbschlaf. Sie deutete auf das Symbol eines Kochlöffels, das auf einer Speisekarte im Fenster eines Restaurants abgebildet war. 

Sei aufmerksam. Du musst dir den Weg merken, falls du ohne mich hierher kommst. 

Amelie hatte Schwierigkeiten, in den tiefen Schatten der Lichter Minnas Handgesten zu entziffern. Sie gingen weiter, während der Koffer klappernd hinter ihnen her rollte. Sie folgte Minnas Zeigefinger in den nächsten Minuten, wie sie immer wieder auf unscheinbare Kochlöffel zeigte. 

Einer war in der Hand einer Holzpuppe, die fast von einem Blumenstrauß daneben verschluckt wurde. Die Schnitzfigur stand an einer engen Kreuzung und zeigte eindeutig in eine der drei Straßen. Sie bogen ab und fanden den nächsten Kochlöffel als Teil eines Messingtors, durch das sie hindurchgingen und den Park dahinter durchquerten. Er war kaum beleuchtet und im Gebüsch raschelte es gruselig. Grillen zirpten ein nächtliches Konzert. Amelie schluckte und versuchte sich auf die wenigen beleuchteten Flecken zu konzentrieren. Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sie beobachtet wurden und warf immer wieder besorgte Blicke über die Schulter.

Beinahe hätten sie den nächsten Kochlöffel übersehen. Erst als Amelie über ihn drüber stolperte, erkannten sie eine verwachsene, umgekippte Steinplatte, auf der ein Koch an der rechten oberen Ecke der Mittelalterfiguren seinen Löffel schwang. 

Wieder wählten sie die Richtung, in die der Löffel zeigte und kamen aus dem Park hinaus zurück in eine der Pflasterstein-Gassen. Sie lag fast vollständig im Dunkeln, nur weit über ihren Köpfen brannte noch Licht in den Obergeschossen der Gebäude und Stimmen drangen gedämpft hinter den Gläsern hervor. 

Der nächste Kochlöffel lag einfach so auf dem Pflasterstein, gleich neben einem Gullideckel. Minna lief schnurstracks darauf zu und bückte sich, um den Rand des Gullideckels zu lesen. Amelie kniete sich neben sie und sah, dass in das verrostete Gusseisen neben dem Firmennamen und ein paar anderen Zahlen tatsächlich die Nummer 24A-B eingraviert war. 

Minna sah sich kurz um und lauschte. Amelie hielt ebenfalls inne. 

Es kamen jemand. Erst waren die Schritte langsam, doch dann wurden sie auf einmal eiliger. Eine männliche Stimme hallte von den Wänden wieder. 

"Ich glaube, ich habe welche. Ich bin ihnen auf den Fersen." 

Minna riss die Augen auf und warf Amelie einen panischen Blick zu. Blitzschnell hob sie den Gullideckel hoch, packte Amelie an der Hand und schubste sie auf die Stufen der Leiter. Kaum war Amelies Kopf unter dem Deckel verschwunden, warf Minna den Koffer hinterher. Er rauschte die steinernen Wände hinab in die Tiefe und kam mit einem dumpfen Geräusch irgendwo auf. Amelies Herz schlug bis zum Hals. 

Der Gullideckel kratzte über den Stein und dann wurde plötzlich alles dunkel. Amelies Herz setzte einen Schlag aus. Minna hatte sie eingeschlossen. Sie war ganz allein. Panik kroch ihr in den Hals. Ihre Handflächen wurden in Sekunden schwitzig und sie hatte Mühe sich festzuhalten. 

Sie hörte in der Ferne Wasser rauschen. Bewegungslos verharrte sie auf der Leiter. Was jetzt? Wer war da oben? Was passierte mit Minna? Sie hielt so lange die Luft an, bis sie es nicht mehr aushielt. Als sie doch wieder Luft holte, drang erstaunlicherweise kein Gestank in ihre Nase. Es roch frisch, sauber und nach Meer. 

Mit kurzem Atem und flatterndem Herzen stand sie da, bis es zu anstrengend wurde, sich an der  Leiter festzuhalten. Angsterfüllt kletterte sie Stufe für Stufe tiefer hinab. Sie versuchte sich einzureden, dass Minna gleich nachkommen würde. Vielleicht wollte sie den Verfolger abschütteln. 

War das einer der Feinde, von denen Minna gesprochen hatte? 

Ihre Füße erreichten festen Boden und sieh sah ihren Koffer ein paar Meter neben sich liegen. Sie hob ihn auf und bemerkte ein schwaches Licht. Es war eine weiße Neonröhre, die an der Wand des Kanals entlangführte, der sich in zwei Richtungen vor ihr erstreckte. 

Sieh ging bis an den Kanal heran und versuchte zu erkennen, wohin die runden Gänge führten. Doch da war nur Dunkelheit. Ratlos stand Amelie da und hörte ihrem eigenen Herzschlag zu. Das Wasser unter ihr war ein schwarzer Strom, der still dahinzog. Der salzige Meeresduft kam Amelie so vertraut vor. 

Auf einmal hörte sie ein leises Trippeln. Es kam aus einem der Gänge. 

Ratten! war Amelies erster Gedanke und sie hastete zurück zur Leiter. Den Koffer drückte sie schützend an sich. Im Biologie-Unterricht hatte sie über diese Tiere gelesen und die Bilder der Ratten suchten sie immer noch in Albträumen heim. 

Das leise Kratzen der Krallen über Beton ließ Amelie noch ein paar Stufen höher klettern. Gerade wollte sie den Koffer fallen lassen und fliehen, da zeigte sich die Kreatur am Ende der Leiter und starrte zu ihr hinauf. 

Es war eine Eidechse! Genauso schwarz und klein wie die, die aus dem Wasserhahn gekommen war. Doch diese hier hatte keine schwarzen, sondern gelben Augen, die wie zwei Scheinwerfer in der Dunkelheit strahlten. 

Die Eidechse wackelte auffordernd mit dem Schwanz und trippelte zurück, woher sie gekommen war. 

"Warte!", rief Amelie und erschrak über das laute Echo ihrer Stimme. Eilig kletterte sie hinunter, packte ihren Koffer und lief in die Richtung, in die die Echse verschwunden war. 

Glücklicherweise wartete ihr schwarzer Wegweiser am Ende des Kanals auf sie und als Amelie aufgeholt hatte, drückte die Echse sich gegen den Beton. Es machte Klick und da, wo gerade eben eine Sackgasse gewesen war, erschien eine Metalltür. 

Mit einer schnellen Bewegung war die Echse durch den schmalen Spalt am Boden geschlüpft.

 Um den Anschluss nicht zu verlieren, drückte Amelie die Türklinke, worauf sich die Metalltür einladend öffnete. Kaum war sie hindurchgetreten, schlug sie mit einem Klonk zu und sie sah, wie der Beton dahinter wieder so undurchdringlich wie zuvor war. 

Die Aufregung ließ sie ganz schnell und flach atmen, doch die Präsenz der schwarzen Eidechse versicherte ihr, dass sie auf dem richtigen Weg war. Sie folgte ihr einen weiteren, dunklen Kanal entlang und es ging auf einmal steil nach unten. Amelie ging langsamer, um nicht auszurutschen. Sie kamen an unzähligen Abzweigungen vorbei und bald waren keine Lichtröhren mehr an den Wänden. Nur noch das Trippeln der Echse und ihre Hand an der Wand dienten ihr als Orientierung. 

Irgendwann mischte sich in das Rauschen des Wassers entfernte Geräusche. Amelie konnte sie nicht erkennen, bis sie immer lauter wurden und sie die Stimmen von Menschen erkannte. Licht drang von der nächsten Kreuzung in die Finsternis. 

Sie bogen sie um die Ecke und Amelie musste plötzlich geblendet ihre Augen zu kneifen. 

Erschrocken hob sie die Hand vor die Augen und blinzelte. 

Alles prasselte auf sie ein. Spritzendes Wasser. Lautes Rufen. Das Geräusch von rollenden Koffern. Kindergeschrei. 

Der Anblick verschlug ihr den Atem. Vor ihr öffnete sich eine riesige Höhle. Die Decke war so hoch, dass sie in der Dunkelheit der Schatten verschwand. In der Mitte spaltete sich der Boden in mehrere Wasserbecken auf, in der Wesen lagen, die Amelie daran zweifeln ließen, ob sie nicht gerade träumte. 

Sie waren gewaltig. Riesig. Unfassbar. Sie waren größer, als alles was Amelie je gesehen hatte. Ihre riesigen Köpfe lagen unbeweglich im Wasser und ihre Haut schimmerte in den verschiedensten Blau- und Lilatönen. Auf ihrer Stirn war etwas befestigt, das aussah, wie ein ovaler Kristall. Mit jedem Atem der insgesamt fünf riesigen Tiere füllte sich die ganze Halle mit einem nebligen Dunst. 

Plötzlich stieß sie jemand von hinten an.

"Oh, Verzeihung. Dürfen wir vorbei?" Es war eine junge Frau, die gesprochen hatte und in ihrer Hand hielt sie ihren Sohn, der mit weit geöffnetem Mund und tellergroßen Augen um sich blickte. Sein braun gelocktes Haar stand ihm wild in alle Richtungen ab und Konfetti hing in seinen Strähnen. Amelie war froh, nicht die einzige zu sein, die völlig überwältigt war. 

"Tschuldigung.", stammelte Amelie und sah den beiden hinterher, wie sie sich in das wirre Gewusel an Menschen mischten. Auf einmal wurde ihr wieder schmerzlich bewusst, dass sie alleine war und sah sich um. 

Überall waren Familien. Mütter, Väter und Kinder, die mit Koffern auf die Docks zusteuerten. Die Jüngsten, die so alt wie Amelie sein mussten, wurden von ihren Eltern umhergeschliffen und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Und Hunde. Überall liefen Hunden umher. 

Verloren ging Amelie ein paar Schritte vorwärts, doch blieb gleich wieder stehen. Sie zitterte. Immer wieder starrte sie auf die Wesen, die so groß waren wie Kreuzfahrtschiffe. Das konnte doch alles nicht real sein! Ihre glatte Haut reflektierte das Licht der vielen Laternen, die hier unten irgendwie fehl am Platz wirkten. Sie waren allerdings viel größer, als die Straßenlaternen, die Amelie kannte. Riesige Flammen tanzten hinter dem Glas.

"Kann ich Ihnen helfen, wertes Fräulein?", fragte eine tiefe Stimme neben ihr. Amelie legte den Kopf in den Nacken und sah zu dem großen Mann auf, der mit einem breiten Lächeln auf sie hinunter blickte. Er sah aus wie der Weihnachtsmann, mit seinem dichten weißen Bart und dem gezwirbelten Schnurrbart. Seine Haut war ganz blass und selbst seine Wimpern waren weiß. Er trug eine knallblaue Uniform mit goldenen Knöpfen und auf seiner Brust schimmerte eine goldene Brosche, die einen Orca zeigte. 

"Ich... ich weiß nicht.", stotterte sie und sah überfordert zwischen der wunderschönen Uniform und seinem vertrauenswürdigen Gesicht hin und her. Sie wollte spontan ihre Finger nach dem goldenen Drachen-Ohrring ausstrecken, der sich um sein rechtes Ohr wand. Ein Mann mit Ohrring. Das hatte sie noch nie gesehen. 

Er ging in die Knie, damit er mit ihr auf Augenhöhe war. "Weißt du denn, zu welchem Dock du musst?", fragte er und streckte einladend seine Hand aus. Amelie starrte sie an. Hatte er eine Krankheit? Seine Fingerkuppen und Handfläche waren ganz aufgeraut und überzogen mit einem blauen Muster. Es sah fast aus, als hätte er Schuppen. 

"Äh..." Amelie war abgelenkt, von den strahlend hellen Augen des Mannes. Sie sahen ganz ähnlich aus, wie Amelies Augen, wenn sie keine Kontaktlinsen trug! 

"Ja?", fragte der Mann amüsiert nach und hielt ihr weiter seine offene Handfläche entgegen. Zögernd legte sie ihre winzigen Finger in seine Hand. "Dock...3", erinnerte sie sich endlich. "Dock 3 also!", verkündete er mit einem schallenden Ausruf und stand mit ihr an seiner Hand auf. "Folgen Sie mir, werte Dame.", meinte er gut gelaunt und führte sie durch die vielen Menschen. 

Seine raue Hand hatte einen sanften, aber beruhigenden Druck. 

Sie kamen an einem kleinen Mann vorbei, der auf einem Podest stand und immer wieder laut über die Menschenmenge hinweg rief:

"Funkling-Abgabe! Funklinge zu mir! Alle Artefakte, die Funklinge enthalten, bitte zu miiiir!" Er war schon ganz heißer. Der Mann, der die gleiche Uniform trug und ebenfalls ein Orca-Abzeichen auf der Brust hatte, war ganz mager und hatte eine ungewöhnlich lange Nase. Auch er trug Ohrringe. Es waren zwei lange Ketten, an deren Ende Flammen aus weißem Kristall hingen. Neben ihm türmten sich Kisten voller Edelsteine und Schmuck. Ringe, Ketten, Armreifen. An jedem hing ein kleiner Zettel. 

Gerade hielt ein Vater dem Mann eine Taschenuhr entgegen und sein Sohn protestierte. "Warum gibst du ihm meine Taschenuhr, Papa? Die gehört mir!" Der Vater nahm ihn zur Seite und redete beruhigend auf ihn ein. "In deiner Taschenuhr sitzt ein Drache. Ein Funkling. Ich werde es dir erklären." Hand in Hand gingen sie weiter Richtung Dock 2 und Amelie sah, wie die Augen des kleinen Jungen immer größer und größer wurden, während er seinem Vater zuhörte. 

"Trägst du auch einen Funkling bei dir ?", fragte ihr hünenhafter Begleiter und Amelie sah zu ihm hoch. "Ich weiß es nicht", antwortete sie ehrlich und zuckte mit den Schultern. "Das finden wir gleich raus, einen Augenblick." Der Mann ließ sie los und sein Blick veränderte sich. Er sah sehr konzentriert aus, wie er sie von oben bis unten begutachtete. Plötzlich verengten sich seine Augen und er deutete auf ihre Brust. "Da haben wir ihn.", lächelte er und Amelie sah an sich hinunter. Ihr Talisman! 

Angst stieg in ihr auf. "Aber... den hab ich seit meiner Geburt! Ich... ich kann ihn nicht hergeben." Sie umklammerte ihn ganz fest und wich vor dem Mann in Uniform zurück. Doch ihr Helfer bückte sich verständnisvoll neben sie und drängte sie nicht, die Kette herauszurücken. Stattdessen zeigte er auf die prall gefüllten Truhen. "Siehst du die ganzen Sachen da drüben?", fragte er und Amelie nickte.

"Fast jedes Kind, das hierher kommt, hat einen Gegenstand, in dem ein Funkling sitzt. So lange ihr in der Außenwelt seid, wollen eure Eltern euch damit beschützen." Amelie lauschte ihm gebannt. "Aber da sie nichts sagen dürfen, wisst ihr nicht, dass ein kleiner Drache da drin ist und heute ist es das erste Mal, dass ihr davon hört." 

Er zuckte mit den Schultern. "Natürlich ist es schwer, sich dann davon zu trennen." Er legte ihr seine schwere Hand auf die Schulter. "Lass dir Zeit. Wir haben keine Eile." 

Amelie betrachtete die goldene kleine Kugel in ihrer Hand. Da sitzt ein Drache drin? Ihr ganzes Leben hatte sie einen Drachen bei sich getragen und es nicht einmal gewusst.
"Bekomme ich ihn denn wieder?", fragte sie und ihr Gegenüber nickte. "Ja, sobald ihr in der Schule angekommen seid, bekommst du ihn wieder." 

Ein wenig beruhigt griff Amelie in ihren Nacken und öffnete die Kette. Es war ein seltsames Gefühl, das Gewicht auf einmal nicht mehr an ihrem Hals zu spüren. Sie kam sich fast nackt vor. 

Sie reichte es dem dürren Mann, der seine langen Finger nach dem Talisman ausstreckte und in der anderen Hand eine Schreibfeder hielt. "Name?", fragte er ohne sie anzusehen und klebte einen Zettel an die Goldkette.  "Amelie Bauer." Der Mann sah auf und runzelte die Stirn. 

"Bauer?" "Oh! Sturzflug", korrigierte sie sich und lächelte unsicher. "Sturzflug!" Plötzlich war sein Blick ganz wach und er sah sie musternd an. Seine langen Ohrringe wackelten schwungvoll. "Soso! Die Tochter von der ehrenwerten Sachin Sturzflug! Es ist also soweit!" Er kicherte in sich hinein, dann wedelte er mit der Hand, wie um sie zu verscheuchen. "Ist notiert! Der Nächste!" 

Verwirrt folgte sie ihrem Guide durch einen Torbogen, in dessen Mitte eine riesige, bronzefarbene Drei prangte. Er begleitete sie bis zum Ende einer Schlange, die sich entlang des Hafenbeckens gebildete hatte. Mütter und Väter warteten geduldig mit ihren Kindern.

Zu ihrer Linken hob und senkte sich die glatte Haut des riesigen Wesens und sanfte Wellen schwappten über den Rand des Stegs. Wenn sie den Kopf in den Nacken legte, konnte sie das Ende seines Körpers nicht einmal sehen. Die Haut verschwand weit oben in einem dichten Nebel. 

Zu ihrer Rechten lagen im Abstand von einem Meter seltsam aussehende Gebilde, die Amelie an geöffnete Särge erinnerten. Nur hatten diese hier die Form von Kapseln statt Kisten und waren aus kristallartigem Glas. Bronzefarbenes Metall verbanden den Deckel mit der Unterseite. 

Amelie streckte den Hals, um hineinzusehen. Das Innere war dick gepolstert und in jeder Kapsel lag ein Kissen und eine Decke. Breite Gurte lagen links und rechts an den Wänden der Kapseln. 

"Also ich gehe dann, wertes Fräulein", verabschiedete sich der Mann in Uniform und winkte ihr im Fortgehen. "Von hier aus schaffst du es alleine." Er reckte einen Daumen hoch und Amelie erwiderte mit Angst im Bauch die Geste. 

Die Schlange wurde kürzer und kürzer und ein Kind nach dem anderen legte sich in eine der Kapseln. Weitere Erwachsene in blauen Overalls halfen ihnen hinein und schlossen die Gurte um sie. Beunruhigt beobachtete Amelie, wie sie den Kindern eine Art Bonbon gaben, das die Mädchen und Jungen schluckten. Ihre Eltern hatten noch Zeit, sich zu verabschieden, dann, wenige Sekunden später, schliefen die Kinder tief und fest. 

Plötzlich gefror ihr das Blut in den Adern. Dieser Junge da drüben. Er hatte feuerrotes Haar. Sein Kopf verschwand gerade hinter dem Kristallglas der Kapsel, die über ihm geschlossen wurde. 

Ihr Herz raste. Konnte es sein? Sie schüttelte den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben. Das musste nichts heißen. Es gab mehr als einen Jungen mit rotem Haar auf der Welt. 

Schon war Amelie an der Reihe. Vor ihr warteten eine Frau und ein Mann, beide in blauem Overall und mit der Orca-Brosche an der Brust. Der junge Mann hielt ein Schreibbrett und die Frau saß entspannt auf dem Stapel voller Koffer. Sie hatte unglaublich viele Zöpfe und ein blaues Bandana ließ sie wie eine Piratin aussehen. Und schon wieder trugen beide prächtige Ohrringe. 

Mit strenger Stimme befahl der blonde Mann: "Vor- und Nachname bitte." Amelie musste sich von den schönen Schmuckstücken losreißen und stand eingeschüchtert stramm. "Amelie Bau-äh Sturzflug. Amelie Sturzflug.", piepste sie. 

Sofort änderten sich die Blicke der beiden und die ältere Frau stand neugierig auf. "Du bist also die Tochter von Sachin!" Die Frau wirkte unglaublich selbstbewusst und ihre Augen strahlten. Eine breite Narbe zog sich quer über ihre Schläfe hinauf in den Haaransatz.
"Willkommen bei uns! Wie aufregend, wie aufregend!", lachte sie und schüttelte ihr die Hand. "Ich bin übrigens Elli Wildfang! Eine alte Freundin deiner Mutter", fügte sie hinzu, bevor sie ihn mit einer Handgeste zu ihrem Kollegen weiterreichte. 

Amelie schwirrte der Kopf. Warum kannten alle ihre Mutter?

Der Mann machte einen Haken auf seinem Brett und nahm ihr den Koffer ab. Eine andere Frau in Uniform mit leuchtend grünen Augen bedeutete ihr zu folgen. Elli Wildfang winkte ihr hinterher. Sie gingen entlang der bereits verschlossenen Kapseln zu der nächsten, die noch offen stand. 

Angst meldete sich lautstark in Amelies Bauch. Sie verlangsamte ihre Schritte, doch die Frau neben ihr ergriff ihre Hand und lächelte sie ermutigend an. "Du brauchst keine Angst haben", sagte sie mit sanfter Stimme und Amelie wollte ihr glauben. Doch als sie in die Kapsel stieg und sich auf den Rücken legte, wollte sie nichts lieber, als fliehen. Die Frau beugte sich über sie und verschloss die Gurte. 

Amelie erschrak, wie fest sie gezurrt wurden und riss panisch die Augen auf. Sie wollte sich gerade lautstark wehren, da erfüllte ein lautes Posaunen die ganze Halle. Es war so laut, dass Amelie die Vibration durch den Boden hindurch spürte. Wie durch ein Megafon schallte eine Stimme über den Lärm. 

"Alarmstufe Gelb! Es wurden Mumpitze in der Kanalisation gemeldet! Ich wiederhole: ALARMSTUFE GELB!" 

Das war zu viel für Amelie. "Bitte nicht! Holt mich hier raus! Ich habe Angst!", schrie Amelie und warf sich in ihren Fesseln hin und her. Die Frau über ihr wirkte leicht beunruhigt, aber sah aus, als erstaune sie ihre Reaktion nicht und verschwand aus ihrem Blickfeld. Dann kam sie mit Elli Wildfang wieder. Ihr Anblick tröstete Amelie sofort. 

"Hey Amelie", sagte sie und kniete sich neben sie, einen Arm auf die Kante der Glaskapsel gestützt. "Das ist alles ziemlich beängstigend, hm?" Amelie nickte wild mit dem Kopf. Ihre Hände waren ganz verkrampft. "Alarmstufe Gelb bedeutet für uns, dass wir uns beeilen müssen. Keine große Gefahr." Amelie war in keinster Weise beruhigt. 

"Darf ich dir meine Hände auflegen? Das ist für viele Kinder sehr beruhigend.", bot sie an und hob ihre Handflächen hoch. Sie waren genauso rau und schuppig wie die ihres Helfers. Amelie nickte wieder. Sie vertraute dieser Frau.

Elli beugte sich über sie und die Ringe an ihren Fingern begannen, schwach zu leuchten.

Sie legte ihre Hände auf Amelies Stirn und ein warmes Gefühl breitete sich auf ihrer Haut aus. Es prickelte wie ganz sanfte Stromschläge. Die Energie kitzelte über ihre Schläfen und ihre Augen. Amelies Atem wurde langsamer und ihre Lider schwerer. 

"Wie geht es dir jetzt? Möchtest du das Schlafbonbon nehmen?", fragte irgendwo weit entfernt eine Stimme und Amelie nickte in Zeitlupe. 

Sie fühlte sich wohl und geborgen. Sie öffnete den Mund und etwas berührte ihre Zunge. Es war ganz süß. 

Kaum hatte sie das Bonbon geschluckt, wurde ihr Körper schwer und ihr Herzschlag ganz langsam. Langsamer und langsamer. 

Es war, als würde sie untertauchen. Ein sanfter Druck verschloss ihre Ohren. Mit einem Seufzen ergab sie sich dem Schlaf. 


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adfsdjflksj hellüüü ihr Schlingl! ♡〜٩( ˃▿˂ )۶〜♡ 

Das Kapitle ist jetzt einmal überarbeitet! <3 es gibt ein bisschen mehr Action und ein bisschen weniger Beschreibungen :D 

Danke für alle, die diese Geschichte begleiten!! (づ๑•ᴗ•๑)づ♡ Ihr seid echte Schätzchen <3

Eure Hannah 




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