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"Was habt ihr denn heute so vor? Das Wetter lässt ja leider nicht viele Unternehmungen zu.", unterbrach Nero die unangenehme Stille. Wo vorher nur das Besteck leise auf den Tellern zu hören war, hallte jetzt seine dunkle Stimme durch den Raum.
"Wir wollten uns einen kuscheligen Tag im Bett machen.", grinste Camilla mich provozierend an. Sie hatte sich getäuscht, wenn sie der Meinung war, ich würde mich darüber aufregen. Ein bisschen störte es mich schon. Ich fühle mich benutzt, irgendwie austauschbar, als wäre ich nichts wert, und als mein Blick auf Damien fiel, gab er mir die Bestätigung meiner Gefühle, indem er mich überhaupt nicht beachtete, nur gedankenverloren in seinem Essen rum stocherte, und dabei trotzdem wunderschön aussah.
Ich war ja schon undurchschaubar, in meinem Verhalten ihm gegenüber, ihn von mir weg zu stoßen, doch einen Augenblick später meine Lippen auf seine zu legen, doch er war ja noch schlimmer. Beim besten Willen konnte ich wirklich nicht begreifen, was in ihm vorging. Ein geschlossenes Buch, und selbst wenn man die Kraft hätte, es zu öffnen, würden einem nur leere Seiten entgegen fächern. Eine schöne Hülle, in der die Leere ihren Platz fand.
Nur eine kleine Provokation, keine große Sache. Ich tat das nicht, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, sondern um mir einfach klar zu werden, woran ich bei ihm war, oder was ich hier überhaupt für eine Rolle spielte, zwischen all den neuen Gesichtern in meinem Leben, die so schwer einzuschätzen waren.
"Naja, da Aiden mich ja heute morgen schon nackt gesehen hat, könnten wir gleich zusammen schwimmen gehen. Der Regen wird uns sicher nicht stören oder?"
Zuckersüß zwinkerte ich dem Blonden neben mir zu, meine Hand auf seine gelegt, während er sich an seinem Essen verschluckte und mit großen Augen einen Schluck seines Bechers nahm.
Das laute Knallen seiner Faust auf den Tisch ließ mich sofort zusammen zucken, und nicht nur mich, auch Camilla hielt sich erschrocken an die Brust, während Aiden rot wurde und Nero seinen Sohn mahnend anschaute.
"Wir müssen reden!"
Ein bedrohliches Knurren kam tief aus seiner Kehle, den Blick sturr auf Aiden gerichtet, und ganz plötzlich wurde mir bewusst, ich hatte einen Fehler damit begangen, ihn herauszufordern.
Beschämt schaute ich den beiden Männern zu, wie sie schweigend den Raum verließen und fühlte mich dabei abscheulich. Den einzigen hier, der mich heute zum lächeln gebracht hatte, nutzte ich aus, um mir etwas zu beweisen, was mir eigentlich egal sein sollte.
"Hast du ja super hinbekommen.", klatschte Camilla genervt in die Hände mit ihrem giftigen Blick auf mich gerichtet, und auch Nero sah mich an, als wäre ich hier vollkommen unerwünscht.
Ich saß nur noch still da, den Blick auf meinen Teller gerichtet, während die beiden sich noch kurz unterhielten und dann auch gemeinsam den Raum verließen.
"Hast du eigentlich eine Ahnung was-"
Ausgeklinkt. Auf ihre dummen Sprüche konnte ich jetzt gut verzichten. Mein schlechtes Gewissen war groß genug, und zu allem Überfluss, zeigte sich mir unerwartet ein Bild, das ich mich die Luft anhalten ließ.
"Was machst du hier?", stand ich ungläubig auf und lief auf Emma zu, deren Gesicht von einem blauen Auge geziert wurde.
"Ich muss mir meinen Platz hier erarbeiten meinte Nero."
Ihr Gesicht wirkte blasser als sonst. Sie sah zerbrechlicher aus denn je, was mir einen tiefen Schmerz mitten ins Herz versetzte.
"Wer war das?", starrte ich auf ihr Auge und nahm sanft ihre Hand in meine, während unbändige Wut sich in mir ausbreitete.
"Mein Chef in der Küche. Melody, ich muss jetzt den Tisch schnell abräumen, sonst-."
Ein zittern lag in ihrer Stimme, als sie mir hastig ihre Hand entzog und zum Tisch eilte. Ich versprach ihr ein besseres Leben, sprach sogar von Freiheit an der Seite ihres Bruders, und nun, wurde sie wieder komplett zurück geworfen, vertraute mir nicht mehr. Wer konnte es ihr verübeln.
Als sie mit gesenktem Kopf und den Händen voller Geschirr den Raum verließ, schnappte ich mir ebenfalls ein paar Sachen und folgte ihr. Dieser sogenannte Küchenchef würde was zuhören bekommen. Wenn ich schon Saphir nicht zufrieden stellen kontne, Aiden in eine miese Lage gebracht hatte, und dazu mich selbst immer weiter zerstörte, so war sie die Einzige, die ich wirklich retten konnte, wo es wenigstens noch einen Hauch Hoffnung gab.
Draussen auf dem Flur lief ich rechts herum Emmas Geruch nach und kam um die Ecke an einer kleinen Türe an. Ohne zu klopfen schob ich sie auf und stand mitten in einer großen Küche, in der mehrere Männer und Frauen angestrengt hin und her liefen. Alles Menschen, die selbst nur als Mittel zum Zweck dienten. Emma stand ganz hinten links an einer Spüle, und gerade, als ich die Sachen in meiner Hand auf der Oberfläche neben mir abstellte, und auf sie zu wollte, hielt mich ein molliger Glatzkopf an meiner Bluse fest.
"Was willst du hier?", fragte er mich stirnrunzeld und musterte meinen Aufzug. Er war anscheinend der Meinung, ich wäre ein Mensch, eine neue Arbeiterin, denn das nächste was er tat, war mir eine Schürze in die Hände zu legen.
Wenn das die einzige Möglichkeit war, zu Emma zu gelangen, dann sei es drum. Ich zog unter seiner Beobachtung die Schürze um und lief dann ohne ihn nochmal zu beachten zu Emma, die mich verwirrt anstarrte.
"Was machst du denn?", flüsterte sie und schaute sich vorsichtig um, ob uns jemand belauschen würde.
"Ich will von dir wissen wer von denen hier für dein Auge verantwortlich ist. Danach geh ich sofort mit dir zu Nero."
Nach meinem Satz musste ich kurz schlucken und machte mir Gedanken darüber, ob Nero mir nach dem Frühstück heute überhaupt noch zuhören würde.
"Nein bitte, ich kriege noch mehr Ärger Melody. Lass es gut sein. Es geht mir gut.", lächelte sie, doch ich sah das schreckliche Leid in ihren blauen Augen, auch wenn sie es versuchte zu überspielen, mir konnte sie nichts vormachen. Trotzdem gab ich ihrer Bitte nach.
"Na gut. Ich spreche den Kerl nicht an. Aber mit Nero werde ich trotzdem reden."
Ich stand noch eine Weile da, schaute ihr zu, wie sie das dreckige Geschirr abspülte und musste den Kopf darüber schütteln. Wie grausam war dieser Krieg. Die Leidtragenden waren nicht die Ursacher, sondern Frauen und Kinder, die seid Beginn des Krieges kaum noch eine Chance, auf ein glückliches Leben hatten. Ein mitfühlender Schmerz zog mir durch den Magen und raubte mir kurz die Luft zum Atmen, doch schnell beruhigte ich mich wieder, als Emma mir tapfer entgegen lächelte. Ich würde sie zu ihrem Bruder bringen. Dieser Gedanke ließ mich kurz entspannen.
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1093 Wörter
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