Kapitel 17
Als wir nach unten traten, hatte sich Dominik erholt. Während ich den dritten Stock erledigt hatte, hatte er sowohl den ersten und zweiten gemacht, was er mir unter die Nase zu reiben versuchte. Aber ich antwortete nur «Ist mir egal. Du kannst mich nerven und sagen, was du willst. Ich habe dir in die Eier getreten. Du müsstest mir so ungefähr tausend provokative Sprüche an den Kopf schmeissen, um das wettzumachen.»
Während wir die Fenster im Erdgeschoss schlossen, hatte er wohl wirklich vor, das zu machen.
«Weisst du, ich habe dich das Ghostbusters Titellied singen hören. I ain't 'fraid of no ghost, I ain't 'fraid of no ghost. Ich musste fast laut loslachen, du hättest dich sehen sollen, zitternd vor Angst dieses Lied singend.»
Er sagte noch viele andere Dinge, aber alles prallte ab von mir und liess mich kalt.
«Du weisst schon, dass wir uns ein Bett teilen müssen, oder? Die Couch ist weg.»
Bei dieser Aussage drehte ich mich zuerst zur Couch um oder zumindest zu dem Platz, wo sie hätte stehen müssen. Sie war tatsächlich weg.
«Wo ist sie?», fragte ich bestürzt.
Er sah mich triumphierend an, da er nun doch etwas gefunden hatte, mit dem er meinen Schlag wettmachen konnte.
«Ich habe sie in die Reinigung gebracht.»
Einen Moment blickte ich ihn schräg an. Wer brachte seine Couch zur Reinigung? Oder lag es an mir? War ich komisch, weil ich mein Sofa noch nie gereinigt hatte? Aber dann schüttelte ich den Kopf.
Denk nicht über Sofareinigung nach. Denk an dein wirkliches Problem!
«Ihr habt bestimmt noch ein anderes Bett. Du kannst mir nicht erzählen, dass es in diesem riesigen Haus nur ein Bett gibt.»
«Nein, es hat keine anderen bezogenen Betten, nur noch die Gestelle. Du kannst natürlich gerne das ganze Haus nach einer zweiten Matratze absuchen. Ich meine, you aren't afraid of no ghost, you aren't afraid of no ghost.»
Nein, nein, nein. Das würde bestimmt nicht passieren. Ich würde kein Bett mit Dominik Kayne teilen.
«Ich... ich schlafe in der Badewanne.»
Nun begann er, über meine sichtliche Verzweiflung zu lachen.
«In der Badewanne? Meinetwegen, wenn du so Angst hast, mit einem Jungen im gleichen Bett zu schlafen, dann kannst du gerne in der Badewanne schlafen. Tsss und du sollst schon wilde Knutschereien mit Jungs gehabt haben.»
Ich presste meine Lippen aufeinander.
«Ich werde mit einem wasserfesten Stift eine Linie in der Mitte vom Bett zeichnen und wenn du sie übertrittst, wird das nicht der letzte Tritt in dein bestes Stück gewesen sein.»
«Und was ist, wenn du die Linie übertrittst? Was passiert dann?»
«Ich werde die Linie ganz bestimmt nicht übertreten.»
«Aber was ist, wenn doch? Wenn es eine Regel gibt, dann muss sie für beide gelten.»
«Na schön, meinetwegen. Was schlägst du vor?»
Noch während ich es ausgesprochen hatte, bereute ich den Satz auch schon.
«Wie wäre es mit einer wilden Knutscherei?»
«Ganz bestimmt nicht. Niemals. Never. Nunca. Jamais. Mai.»
Er blickte mich fragend an.
«Ich habe es nur noch in vier Fremdsprachen übersetzt, falls du das Wort «niemals» nicht verstehst.»
Er lachte nur und schüttelte den Kopf.
«Was schlägst du denn vor?»
«Ich... ich mache Frühstück.»
«Wenn du den Plastik nicht von der Pizza abziehen kannst, will ich nicht wissen, wie deine Pancakes herauskommen.»
Ja, da hatte er wohl recht.
«Ich ordne noch all deine übrigen Bücherregale. Ihr habt bestimmt eine Bibliothek oder so.»
«Dann wärst du noch in einem Jahr mit Bücherordnen beschäftigt.»
«A werde ich sowieso nicht die Linie übertreten und B in dem unwahrscheinlichsten Fall, der in der Unwahrscheinlichkeit überhaupt eintreffen könnte, dass ich tatsächlich aus einem mir unerklärlichen Grund auf deiner Seite landen würde, würde ich lieber tausend Jahre mit Bücherordnen beschäftigt sein als in einer wilden Knutscherei mit dir.»
«Ein sehr langer Kuss.»
«Ich räume zudem das ganze Haus auf.»
«Ein langer Kuss.»
«Ich werde zu dem Haus aufräumen und Bibliothek ordnen auch noch den ganzen Schnee vom Garten wegräumen.»
«Ein Kuss.»
«Einverstanden.»
Ich war selber überrascht von meinem Einverständnis.
«Äh, ich meine, niemals.»
Aber er sah mich nur breit grinsend an.
«Gesagt ist gesagt.»
Verdammt. Egal. Ich würde mich mit Klebeband an meine Seite heranheften, damit es nicht möglich sein wird, dass auch nur meine Fingerspitze seine Seite berühren würde.
Ich setzte mich an einen Barhocker und blickte zur Küche.
«Wie wäre es mit Nudeln? Ist es in Ordnung, wenn ich sie gleich mit Pesto anbrate?»
Ich stimmte zu und beobachtete ihn beim Kochen.
«Meinst du, meinem Haus geht es gut?»
«Ich glaube schon. Obwohl... ich weiss nicht, ob es dein hässlicher Gartenzwerg überleben wird. Wobei das wohl auch nicht so ein grosser Verlust wäre. Es wäre sogar besser, wenn er aus dem Weg wäre. Da er dein ältester Freund ist, habe ich das Gefühl, dass er eine ziemliche Konkurrenz ist.»
«Freddie habe ich glücklicherweise schon am Morgen mit ins Haus genommen. Und du hast völlig recht. Er ist eine ziemliche Konkurrenz. Versuch du mal so unheimlich und hässlich zu grinsen. Das ist eine ziemliche Kunst.»
Er schnitt eine Grimasse und ich musste lachen. Hässlich war sie trotzdem nicht. Wie könnten so schöne Lippen auch... Sofort unterbrach ich meine Gedanken. Das sind verbotene Gedanken, Marianne. Verbotene Gedanken.
Der unheimlich gute Geruch von Pesto erfüllte die Luft. Ich war sehr hungrig und schlang die erste Portion in mich rein, bevor sich Dominik überhaupt gesetzt hatte.
«Hungrig?»
«Überhaupt nicht.»
Ich stand auf und schöpfte mir eine zweite Portion.
«Du bist ziemlich gut im Kochen», sagte ich.
«Wegen deinen grauenhaften Kochkünsten habe ich das Gefühl, dass du dieses Kompliment etwa 99% der Menschheit machen würdest.»
«Fühl dich geehrt. Du gehörst immerhin nicht in die 1%, die dieses Kompliment nicht kriegt.»
Ich nahm mir danach noch zwei weitere Portionen. Ich ging auch noch ein fünftes Mal, aber zu meinem Bedauern stellte ich fest, dass die Pfanne leer war, also setzte ich mich wieder.
«Du hast immer noch Hunger? Was ist dein Magen? Ein Bermudadreieck?»
Nach einer Portion Eis war mein Hunger dann endlich gestillt.
«Ich muss mich hinlegen. Und schlafen.»
«Ach, wirklich? Bei der Menge, die du gegessen hast, bin ich erstaunt, dass du überhaupt noch stehen kannst.»
«Hey, du hast nicht so viel weniger wie ich gegessen.»
«Und ich bin eineinhalb Köpfe grösser.»
«Guter Punkt.»
Wir erledigten zusammen den Abwasch und danach legte ich mich auf den Küchenboden.
«Willst du dich nicht in mein Bett legen?»
«Erstens: Wie genau sollte ich es die Treppen hinaufschaffen und zweitens: nein.»
Ich kramte mein Handy aus der Hosentasche.
«Hey, wir haben eine E-Mail von der Schule bekommen!»
«Lies vor.»
«Liebe Schülerinnen und Schüler.
Aufgrund des unerwartet eintreffenden Wintersturms mussten wir die Schule heute abbrechen. Wir gehen davon aus, dass der Unterricht in zwei bis drei Tagen wieder aufgenommen werden kann. Bis dahin gibt es keine Hausaufgaben zu erledigen, da es nur zu Chaos führen würde. Es ist wichtig, das Haus nicht zu verlassen, ausser für Notfälle.
Für weitere Informationen könnt ihr auf die Homepage der Stadt gehen, wo sie weitere Sicherheitsmassnahmen erläutern.
Eure Schulleitung
«Zwei bis drei Tage nichts machen!», rief Dominik.
Auch ich freute mich. Obwohl ich bei dem Gedanken, die nächsten Tage mit Dominik in einem Haus eingesperrt zu sein und auch noch mit ihm ein Bett zu teilen, ungeheuer war.
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