15. Dezember | Santa tell me
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8. Dezember, Northern Territory, Australia – Lenny
Es war recht früh am Morgen, als ich aufwachte. Mein Wecker zeigte halb acht und ich schälte mich aus dem Bett. Ich hörte wie draußen die Schafe rumorten und auch Paul, der mit einer etwas zu lauten Kettensäge irgendetwas bearbeitete. Ich zog mir ein Shirt über und lief nach unten in die Küche, in der ich auf Ella traf. Sie wirkte glücklich und munter, so wie an jedem Tag. Sie reichte mir einen Kaffee, den ich anschließend schweigend trank. „Paul bekommt heute Hilfe auf den Feldern. Er meinte, dass er dich heute nicht braucht. Allerdings wäre es toll, wenn du uns im Haushalt hilfst.", erklärte mir Ella einen Moment später. Ich nickte. Ich genoss jede Sekunde meines Lebens hier in Australien. Es erschien mir alles viel ruhiger und angenehmer. Also freute ich mich genauso darauf, Ella im Haushalt zu helfen, wie Paul mit den Schafen.
Eine Stunde später fand ich mich in der Waschküche wieder und wurde mit der Wäsche konfrontiert, die ich zuvor noch nie wirklich gemacht hatte. Doch nach Ella's Erklärung verstand ich es schnell und hängte die tropfende Wäsche auch direkt nach draußen. Es konnte in der Hitze wirklich nicht lange dauern, bis sie fertig war. Mein Blick fiel auf die Weiden hinter dem Haus. Von hier konnte ich Paul ausmachen, der, zusammen mit einem anderen Mann, unter einem Baum stand. Der Mann wirkte jünger und trug im Gegensatz zu Paul auch kein Oberteil. Leicht irritiert wand ich den Blick ab. „Der junge Mann bei Paul ist übrigens Josh.", sagte Ella plötzlich hinter mir. Ich drehte mich zu ihr um und sah dann noch einmal zu ihm. Das war also Marys Freund. „Sicher hat dir Mary von ihm erzählt." „Ja, das hat sie.", gab ich zurück und konnte die Eifersucht in meiner Stimme nicht verbergen. Ella ließ mir einen Augenblick Zeit, bevor sie mir weitere Aufgaben aufzählte, die ich zu erledigen hatte. Ich verfolgte auch diese Anweisungen eher stumm, bis Ella mich gegen Mittag schließlich zum Essen rief.
Ich verschwand noch einmal im Badezimmer und wusch mir den Schweiß und den Dreck vom Gesicht, der bei der Arbeit angefallen war. Ich beäugte mich im Spiegel und fuhr auch noch einmal durch meine Haare. Das T-shirt war ebenfalls verdreckt und an meinen Shorts waren einige Flecken vom Putzen. Ich seufzte kurz. In New York war alles anders gewesen. Nicht schlecht anders, nur vertrauter. In gewisser Weise vermisste ich mein Zuhause. Noch mehr vermisste ich allerdings Mary. Zwar war sie im ganzen Haus, denn überall fanden sich ihre Sachen, jedoch wirkte es mehr wie ein Geist von ihr, der sich in diesem Haus niedergelassen hatte. Wie eine vergessene Erinnerung. Ein Teil von mir wollte zurück nach New York, einfach, um bei ihr zu sein. Doch gleichzeitig war mir klar, dass diese Idee unglaublich dumm war. Mary ging es gut. Ihr Leben war perfekt und ich würde alles nur kaputt machen. Selbst wenn sie sich wünschte, dass alles anders war. Auch wenn sie mich mit Tränen in den Augen gehen lassen hatte. Ich sollte aufhören und mein Austauschjahr genießen. So, wie ich es geplant hatte.
Als ich am Tisch saß und schließlich Josh den Raum betrat, wurde ich nervös. Zwar war ich mir sicher, dass Mary ihm wirklich nichts gesagt hatte, doch ich war mir genauso sicher, dass er mich einen Kopf kürzer machen konnte, wenn er das denn wollte. Josh war ein muskulöser, braunhaariger Typ mit stechend grünen Augen. Mary hatte einen guten Fang mit ihm gemacht. Er wirkte zuvorkommend und höflich und verstand sich gut mit ihren Eltern. Obwohl es mir vorkam, als ob Paul eine Auge auf ihn haben würde. Doch Ella schien ihn wirklich zu lieben. So wurden wir erneut einander vorgestellt. Und Josh verhielt sich kein bisschen als wäre ich derjenige, der seine Freundin geküsst hatte. Dieser Junge verdiente es tatsächlich nicht, dass ihm das Herz gebrochen wurde. Scheiße, ich hatte Recht gehabt. Mary hatte bereits den Richtigen gefunden.
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