the white light is the frozen sun
IV
Jeongguk zögerte nicht lange an Hoseoks Zimmertür. Möglichst leise schob er sie auf, bereit einen Adligen aus seinen hochheiligen Schlaf zu reißen - etwas, dass er schon viel zu oft hatte tun musste.
Doch, was ihn hinter der Tür erwartete, brach ihm sämtliche Vorhaben, Prinzipien und Planungen weg, die er gerade noch für sein Leben gehabt hatte.
„Jeongguk? Was machst du hier?"
Mit trockenem Mund starrte Jeongguk ihn an und versuchte zu fassen, was er antworten wollte.
„Es ist spät. Du solltest schlafen."
Ich weiß. Du auch.
„Ja, ich weiß. Aber im Moment geht mir noch zu viel durch den Kopf."
Geht mir genauso.
„Wenn du... wenn du willst, kannst du ruhig reinkommen."
Wortlos schloss Jeongguk die Tür hinter sich und machte einen Schritt in den Raum hinein. Sofort setzte Taehyung sich in Hoseoks Bett auf und rutschte ein wenig zur Seite. Jeongguk folgte ihm mit seinem Blick, wobei dieser auf eine leere Weinflasche fiel, die neben dem Bett stand und in der sich der Mond spiegelte.
Schwer schluckend trat er weiter in den Raum ein.
Der süßliche Geruch des Weines mischte sich unter den von Rosenblüten und die Flamme einer Kerze flackerte im Wind, der durch das angekippte Fenster glitt.
„Komm her. Jimin hat Hoseok für heute Nacht extra fünf Decken organisiert. Man liegt wie auf einer Wolke."
„Nein, ich... ich setz mich hier auf den Stuhl."
„Na gut", zuckte Taehyung mit den Schultern. „Wie du willst."
Ein Bild flammte in Jeongguks Erinnerung auf: Taehyung wiederholt seine Aufforderung, doch er ist zu eingeschüchtert ihr nachzukommen. Der Gesichtsausdruck des Prinzen verändert sich, wird kalt, und er steht auf, zieht ihn grob von seinem Stuhl hoch und hält ihn fest, damit er nicht wegläuft. Er hält ihn ganz nah bei sich, viel zu nah bei sich.
„Wer war die Frau mit der Ihr euch unterhalten habt?"
„Lady Mina. Und du hast Recht gehabt. Sie kannte mich doch. Und ich hätte mich nur blamiert."
Er zwang sich zu einem Lächeln. „Und wo ist sie jetzt?"
„Abgereist als das Fest zu Ende war. Es war... irgendwie nicht richtig."
Jeongguk spürte wie die Hoffnung in ihm aufglomm, so wie sie es seit viel zu langer Zeit immer mal wieder tat. Er schluckte sie tapfer hinunter.
„Warum...? War ihre Nase zu lang? Ihr Lächeln zu breit?", neckte er Taehyung vorsichtig, ging bereits in Abwehrhaltung und hielt den Atem an.
Doch Taehyung lachte.
„Nein, es... es hat einfach nicht gefunkt. Sie war nett und intelligent, aber..."
Nicht die Richtige. Die Richtige würde noch irgendwo da draußen sein und warten bis man sie auf einen Ball einlud. Sie würde mit Taehyung tanzen, sich in ihn verlieben, ihn küssen und heiraten; ein glückliches Leben führen und...
„...nicht du."
„Was?" Jeongguk sah auf. Er hatte den Anschluss verloren, als er in Gedanken versunken war.
„Bitte, Jeongguk. Ich weiß, du findest Stühle wahnsinnig bequem, aber bitte komm her... zu mir."
Das Adrenalin durchlief seinen Körper, als Jeongguk sich erhob und das Zimmer durchquerte, um sich ganz außen auf die Bettkante zu setzen. Taehyung beobachtete jede seiner Bewegungen.
„Es ist echt weicher als deins", stellte er leise fest und fuhr mit den Fingern über die Decke.
„Ich weiß. Jimin hat sich wirklich Mühe gegeben. Ich wünschte, du würdest mich so verwöhnen", seufzte Taehyung sehnsüchtig und warf Jeongguk einen verschmitzten Blick zu. Dieser ging ohne zu Zögern auf seine Provokation ein.
„Hey, ich hol dir alles, was du brauchst, bring dir dein Essen ans Bett, zieh dich aus, zieh dich wieder an, sing dir was vor, damit du besser einschlafen kannst..."
„Jetzt werd nicht frech", brummte Taehyung in seiner Würde verletzt, doch jede Anspannung fiel von Jeongguk ab, als er erst einmal angefangen hatte. Die Surrealität dieser Situation ließ ihn alles vergessen, was geschehen war. Er wollte nur noch die Nähe des Anderen. Für jeden Preis, den er dafür zahlen musste.
„Ich putze deine Schuhe, massier dir die Schultern, besorge dir neue Bücher aus der Bibliothek, ertrage dein Geigenspiel, mache dein Bett und hör mir jede einzelne deiner Sorgen an, die du mir erzählst, auch wenn ich nicht danach gefragt habe."
„Gerade hast du danach gefragt."
„Aus Höflichkeit."
„Nein, weil es dich interessiert hat."
„Warum sollte mich interessieren, worüber du dich mit irgendeinem Mädchen unterhalten hast?"
„Weil du eifersüchtig bist."
Ertappt sah Jeongguk auf.
„Ich bin nicht..."
„Ist schon okay", murmelte Taehyung leise und tastete nach Jeongguks Hand. „Ist schon okay."
In seinen Gefühlen entblößt blickte Jeongguk zurück zu Taehyung und sah auf ihre Hände.
„Kommst du jetzt zu mir?"
„Ich bin bei dir."
„Bist du nicht..."
Wieder tauchten die Bilder vor seinem inneren Auge auf, doch mit ihnen etwas, was er die Wochen zuvor nie hatte wahrhaben wollen.
Das alles war nur geschehen, weil er sich Taehyung widersetzt und sich mit Händen und Füßen gewehrt hatte. Wenn er seinen Befehlen nachging und auf ihn hörte, würde ihm nichts geschehen. Oder es würde nicht mehr so schlimm werden wie in dieser einen Nacht.
Dennoch zitterte er leicht, als er sich die Schuhe abstreifte und neben Taehyung legte.
Der Prinz zögerte nicht lang. Als wäre dieser Akt Jeongguks Bestätigung dafür gewesen, dass er sich nicht wehren würde, setzte er sich auf und lehnte sich zu Jeongguk herunter, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu geben.
„Jetzt bist du bei mir", flüsterte er und Jeongguk spürte, wie die Panik in ihm zu kochen begann, als Taehyung anfing über seinen Hals zu streichen und den ersten Knopf seines Hemdes öffnete. Er schloss die Augen, biss sich auf die Zunge, um keinen Laut von sich zu geben, und versuchte krampfhaft Taehyung nicht von sich zu stoßen, als dieser sich langsam runter arbeitete.
Er machte einfach und Jeongguk lag unter ihm, als wäre er tot, paralysiert von seiner Angst. Das hier war schlimmer als heute Vormittag, wo sie zusammen ein Bad genommen hatten. Es war viel zu nah an seinen Erinnerungen; die Alkoholfahne, der gierige Blick in seinen Augen, die Selbstsicherheit mit der er ihn berührte...
Als Taehyungs Finger an dem Bund seiner Hose angekommen waren und seine Haut dort berührten, zuckte er heftigst zusammen und konnte daraufhin das Zittern nicht mehr unterdrücken.
Sofort wich Taehyung von ihm zurück und nahm die Hände hoch.
„A-alles gut... ich hab mich nur erschrocken. Deine H-Hände sind so k-kalt...", presste Jeongguk hervor und gegen seinen Willen lief ihm die erste Träne über die Wange. „Es... es tut mir so Leid." Beschämt zog er die Beine an den Körper und drehte sich von Taehyung weg, um seine zittrige Atmung in den Griff zu bekommen.
Er war sich sehr sicher, dass Taehyung ihn für verrückt erklären und gleich unter die Nase reiben würde, dass selbst ein Hase weniger schreckhaft war als er und er sich doch bitte zusammenreißen sollte.
Diese Gedanken brachten ihn jedoch nur noch mehr zum weinen.
„Jeongguk? Ist alles in Ordnung?"
„Ja."
„Nein, ist es nicht."
„Doch. Ich... hab mich wieder im Griff." Mit einer Hand wischte er sich die restlichen Tränen von der Wange und drehte sich zurück zu Taehyung, um ihn am Kragen seines Hemdes zu sich herunterzuziehen. Doch der Prinz löste Jeongguks Griff und entfernte sich wieder von ihm.
„Es ist mir egal, wenn du mir was vormachst. Das bin ich mittlerweile wohl gewohnt gewesen... aber bitte tu das gleiche nicht auch bei dir. Dir geht's nicht gut", stellte er leise fest.
„Du... du...", murmelte Jeongguk nach Worten ringend über diese Ansprache. Taehyung hatte sich noch nie darum gekümmert, wie es ihm ging. Noch nie.
Bevor er das jedoch laut aussprechen konnte, fiel ihm etwas anderes auf. „Hoheit, es tut mir Leid. Ich hab... ich hab Euch..."
„Schh. Vergiss den Titel oder was auch immer. Wir sind allein", unterbrach Taehyung ihn und legte eine Hand auf seine Wange, was ihn allerdings wieder zusammenzucken ließ und den Blick des Prinzen verdunkeln. „Es liegt an mir, oder?" Langsam nahm er seine Hand hoch.
Hastig schüttelte Jeongguk den Kopf.
„Nein, Hoheit..."
„Taehyung."
„Taehyung. Es..."
„Dann ist es wegen Weihnachten, oder?"
Jeongguk schwieg. Leugnen war zwecklos. Und unter diesen Bedingungen konnte er Taehyungs Bedürfnisse niemals zufriedenstellen.
„Ich war wirklich sehr betrunken..."
„Weißt du überhaupt noch etwas von dieser Nacht?"
„Vage. Ich weiß, dass ich wütend auf dich war und dir eine Lektion erteilen wollte..." Taehyung kam ins Stocken und lief rot an. Offensichtlich fielen ihm die Details nach und nach wieder ein, sobald er darüber nachdachte sie laut auszusprechen.
„Aber... du hast nie etwas gesagt und heute Vormittag..."
„Ich hatte Angst vor dir", gestand Jeongguk. Die gefallenen Formalitäten ließen ihn zuversichtlicher werden. Sie waren auf einer Augenhöhe. „Und heute Vormittag war die Situation ganz anders als jetzt. Was nichts daran ändert, dass es schrecklich war."
Taehyung holte tief Luft und senkte beim Ausatmen den Blick auf seine Hände.
„Es tut mir Leid", murmelte er dann und sah Jeongguk in die Augen. „Es tut mir aufrichtig Leid, dass du das durchmachen musstest. Ich hoffe, dass du weißt, dass ich dir niemals etwas antun wollte, was dich so sehr verletzt hat. Ich hoffe du kannst mir verzeihen."
Jeongguk schwieg eisern. Es war die erste Entschuldigung, die vermutlich jemals Taehyungs Mund verlassen hatte, doch so gutherzig sie auch gemeint war, die Bilder blieben.
„Ich dachte... ich weiß nicht, wie ich so dumm sein konnte, aber ich dachte, du würdest es genießen", fuhr Taehyung verzweifelt fort und raufte sich verzweifelt die Haare. Es klang aufrichtig und doch ließ es Jeongguk das Gesicht verziehen.
„Die ersten Male waren auch irgendwie schön... aber dann..."
„Kannst du mir verzeihen? Bitte..."
„Ich weiß es nicht", antwortete er wahrheitsgemäß. Er brauchte Zeit darüber nachzudenken und glücklicherweise fiel ihm just in diesem Moment etwas ein, womit er sich die verschaffen konnte. „Als ich dich gesucht hab, hab ich eine Frau in deinem Zimmer stöhnen gehört... ich dachte, du wärst erfolgreich gewesen..."
„...und bist deswegen zu Hoseok gerannt, damit er dich tröstet?", fragte Taehyung schockiert und setzte sich auf. Er sah ehrlich getroffen aus.
„Oh Gott, nein, nein", beruhigte Jeongguk ihn schnell und schaffte es sogar zu lächeln. „Er weiß wirklich von uns. Auf dem Ball hat er mir erzählt, dass Seokjin ihn per Brief darüber informiert und um Rat gebeten hat. Dein Bruder muss es wohl dargestellt haben, als würdest du... mich durchgehend misshandeln. Zumindest hat Hoseok..."
Jeongguk kam kurz ins Stocken, als er Taehyungs Blick bemerkte, der sich mit jedem seiner Worte verfinsterte. Sicherheitshalber zog er eines der Kissen zu sich heran, setzte sich auf und umklammerte es mit beiden Armen, als würde es ihn tatsächlich vor einem Wutausbruch des Prinzen beschützen können.
„Sprich ruhig weiter... ich sag dir hinterher, was ich davon denke", sagte Taehyung erstaunlich gelassen, sodass Jeongguk sich ein wenig entspannte.
„Er hat mir angeboten mich einzustellen, wenn ich bei dir kündigen wollen würde. Er hat mir eingeredet, ich hätte keinen Wert für dich und er würde mich viel besser behandeln, wenn ich für ihn arbeiten würde. Und als ich vor deinem Zimmer gestanden hab, hab ich mich an seine Worte erinnert und wollte sein Angebot sofort annehmen... deswegen bin ich her gekommen."
Taehyung sah nun aus, als würde er jeden Moment ein Buch gegen die Wand werfen wollen, doch er schaffte es, sich zu beherrschen. Jeongguk zuliebe. Sein Diener ahnte zwar nichts davon, doch er wollte ihn um nichts in der Welt noch einmal so verängstigen, wie gerade eben. Seine Reaktion auf ihn hatte dem Prinzen beinahe die Tränen in die Augen getrieben.
„Und... was wolltest du sagen?"
„Was ich dazu sagen will? Hoseok ist genauso falsch und verlogen, wie ich immer schon angenommen hab. Glaubst du ernsthaft, er hätte dich bei sich ein paar Betten machen und Klamotten waschen lassen? Ganz bestimmt nicht. Du hast ihn vermutlich genauso gereizt wie mich damals", machte Taehyung seinem Ärger Luft und lehnte sich daraufhin erschöpft zurück. „Du wärst in eine noch viel tiefere Spirale geraten, als jetzt."
Jeongguk sah auf.
„Ich bin in keiner Spirale."
„Doch, bist du. Du hasst mich, aber ich werd dich nicht gehen lassen. Abgesehen davon bekommst du genug, um deine ganze Familie zu ernähren... wie soll man da wieder rauskommen?"
„Wenn ich dich wirklich hassen würde, wäre das ganze bei weitem einfacher", gestand er leise und wich seinem Blick aus.
„Du hasst mich nicht? Selbst nach der Sache an Weihnachten? Wie kann das sein?"
„Ganz einfach...", setzte Jeongguk halblaut an und wurde mit jedem Wort leiser. „Wenn der allgemeine Eindruck von einem Menschen gut ist, wird das alles nicht auf einen Schlag verschwunden sein. Es wird Narben hinterlassen. Vielleicht welche, die nie wieder zuwachsen, aber die Erinnerung an die Zeit davor bleibt bestehen."
Taehyung lächelte.
„Seit wann so poetisch?"
„Das sind deine Worte."
„Echt?"
„Als wir zusammen ausgeritten sind, weil du dir den Blutmond ansehen wolltest. Du hast von deiner Mutter erzählt. Sie war vorher schon verheiratet gewesen, ist ihm aber mit deinem Vater fremdgegangen. Allein ihr Titel hat sie davor gerettet gehängt zu werden."
Für einen kurzen Moment hellte Taehyungs besorgtes Gesicht sich auf.
„Ich erinnere mich... du hast Brot und Wein aus der Küche mitgenommen und wir haben auf diesem Felsen gesessen, während wir uns den Mond angesehen haben. Du hast das erste Mal Alkohol getrunken..."
„Und es war absolut widerwärtig. Der Geruch an sich ist nicht schlimm, aber man trinkt doch auch kein Seifenwasser nur weil es gut riecht... oder?"
„Manchmal sagst du Dinge von denen ich genau weiß, dass du sie schon öfters gedacht hast", murmelte Taehyung grinsend und zog sich ebenfalls ein Kissen heran, um seinen Kopf darauf zu betten.
„Du hast mich erwischt", seufzte Jeongguk gespielt theatralisch und hielt seine Hände hoch. „Ich ergebe mich."
Für einen kurzen Moment war es still zwischen ihnen, dann senkte Jeongguk verlegen den Blick und die Hände und legte sich mit einem guten Abstand neben Taehyung nieder. Erst dann fiel dem Prinzen auf, dass er den Jungen durchgehend angestarrt hatte.
„Warum schaust du mich eigentlich nicht an?", fragte er leise und drehte sich auf die Seite, um Jeongguks Profil zu mustern. Der Junge gefiel ihm. Und er war jedes Mal aufs Neue überrascht, wie sehr. „Das ist mir schon öfter aufgefallen. Auch heute Vormittag hast du mich nicht angesehen." Er wusste nicht, was für eine Antwort er hören wollte, und wechselte deshalb schnell die Quintessenz der Frage. „Gefalle ich dir nicht? Du kannst ruhig ehrlich sein..."
„Kann ich nicht", lächelte Jeongguk und drehte deinen Kopf ebenfalls zur Seite, um ihn anzusehen. „Und wenn ich es wäre, würde das dein Selbstbewusstsein zu sehr steigern."
Taehyung antwortete darauf mit einem zufriedenen Grinsen und der Geste, die rechte Hand zu heben, um Jeongguk zu berühren. Es war wie ein Reflex, den er nicht steuern konnte. Ein Bedürfnis, das er nicht stillen konnte, diesen Jungen zu berühren und ihm den Schutz zu geben, den er brauchte.
Gerade noch rechtzeitig fiel es ihm wieder ein und er stoppte in seiner Bewegung.
„Darf ich... darf ich dich anfassen?", fragte er daraufhin leise, um zu unterstreichen, wie wichtig ihm diese Frage gerade war. Ein zaghaftes Lächeln zierte Jeongguks Lippen, als er die Augen schloss und vorsichtig nickte.
Abwartend, was Taehyung wählen würde, hielt er die Luft an. Als er Taehyungs Finger jedoch an seinem Bauch spürte, verkrampfte er sich sofort. Er hatte es wissen müssen.
„Vertrau mir."
„Wie könnte ich..."
„Vertrau mir und sag wenn ich aufhören soll."
Bereit Taehyungs Hand jederzeit wegzuschlagen kniff Jeongguk die Augen zusammen, bis ihm auffiel, dass sich der Stoff seines Hemdes wieder um seinen Körper legte und Taehyung... es zuknöpfte.
„Dir muss kalt sein", flüsterte der Prinz und ging so stetig seiner Arbeit nach, als würde er es jeden Tag tun. Erst als er geendet hatte, ließ er sich zurück in die Kissen sinken und legte fragend eine Hand auf Jeongguks Arm.
Mehr als erleichtert atmete dieser aus.
Der Prinz respektierte ihn und war sich dessen bewusst, was er ihm angetan hatte. Diese Feststellung wärmte Jeongguk von innen heraus.
„Danke", hauchte er, während Taehyungs Hand seinen Arm entlang strich, bis er an seiner Hand angekommen war und mit seinen Fingern spielte, nach einer Weile jedoch endlich in seine nahm und festhielt.
„Selbstverständlich", murmelte Taehyung und fing an mir seinem Daumen über Jeongguks Handrücken zu streichen. „Ob du es glaubst oder nicht, aber auch ich weiß, wie man Menschen behandelt."
„Na das fällt dir aber früh ein", nuschelte Jeongguk grinsend und beobachtete weiter verträumt, wie Taehyung seine Hand hielt, bis ihm auffiel, dass der andere nichts mehr darauf antworten würde.
Überrascht sah er auf.
„Wie meinst du das?", fragte Taehyung ein wenig verkrampft. Er war sich bewusst, dass er nicht perfekt war, doch trotzdem fühlte sich Jeongguks Meinung bei weitem wichtiger an, als sein eigenes Gefühl. Vielleicht war das der Grund, warum es ihn immer schon gepiekst hatte, wenn sein Diener ihn neckisch kritisierte.
„Abgesehen davon wenn wir miteinander geschlafen haben und die Zeit danach bis Weihnachten, warst du so gut wie immer ziemlich abweisend mir gegenüber. Man hat immer irgendwie das Gefühl, irgendetwas falsch zu machen, wenn du in der Nähe bist oder ich im Schloss mit dir rede." Jeongguk klammerte sich an Taehyungs Hand, während er fortfuhr. „Die einzigen Male, wo du dich verhalten hast, als gäbe es auch noch andere Menschen außer dich, war, als wir zusammen ausreiten waren."
Taehyung schwieg. Eigentlich wollte er sich eine solche Demütigung nicht antun. Aber der Schmerz in seinem Herzen fühlte sich irgendwie gut an.
Wenn Jeongguk nur wüsste, warum er so distanziert gewesen war... oder es ist?
„Bin ich jetzt immer noch so?"
„Jetzt, in diesem Moment, nicht."
„Aber heute beim Ball."
„Und davor..."
Taehyung seufzte und schloss die Augen. Vielleicht war er jetzt bereit dazu. Der Prinz auf jeden Fall konnte und wollte Jeongguk nicht länger in dem Glauben lassen, dass er nur sein Betthäschen und Diener war. Auch wenn es ihr Verhältnis womöglich zerstören könnte. Aber das Risiko musste er eingehen... Er hatte einmal zu oft wegen ihm allein in der Nacht geweint.
„Kann ich dir ein Geheimnis anvertrauen?"
„Natürlich."
Behutsam und darauf bedacht, Jeongguk nicht irgendwo anders zu berühren, lehnte er sich vor und hauchte seinem Diener einen Kuss auf die leichtgeöffneten Lippen.
„Es tut mir Leid, Jeongguk. Alles. Auch das hier, weil ich genau weiß, dass du es nicht erwidern wirst. Und es tut mir Leid, dich in so eine unangenehme Lage gebracht zu haben, wenn du mich offensichtlich nicht so magst, wie ich dich mag."
Eine Stille legte sich über das Zimmer, die sie beide von Minute zu Minute unwohler fühlen ließ.
„Ich hätte dich nie an Hoseok verkauft", durchbrach Taehyung sie als erster.
Ihm tat es nicht weh, dass Jeongguk nicht antwortete. Bis vor ein paar Minuten war er sich zwar noch sicher gewesen, diese Gefühle würden erwidert werden. So subtil sein Diener auch dachte sich zu verhalten, so gut konnte Taehyung aus ihm lesen. Er hätte sein Pferd darauf verwetten können, dass Jeongguk sich in ihn verliebt hatte.
Doch als er vor ihm zurückgezuckt war, war ihm aufgegangen, dass er einen unverzeihlichen Fehler gemacht hatte. Ausgerechnet jetzt große Gesten von ihm zu erwarten, war eine Frechheit, die selbst Taehyung sich nicht erlaubte.
„Und ich verspreche, dich nie mehr zu etwas zu zwingen, was du nicht tun möchtest." Dennoch ein wenig wehmütig ließ er Jeongguks Hand los. „Wenn du jetzt gehen willst, dann ist das in Ordnung... nur bitte erzähl keinem etwas davon. Ich will es meinem Vater selbst sagen."
„Du... magst mich?"
Jeongguk fühlte sich nicht imstande etwas anderes zu sagen. Was passierte da gerade mit Taehyung? Warum war er so respektvoll, beinahe nett? So wie er den Prinzen einschätzte, wäre es ihm egal gewesen, dass er zu zittern begonnen hatte und einfach weitergemacht, bis er genug von ihm hatte. So wie es die letzten Male gewesen war... oder eigentlich nur dieses eine Mal.
Überrascht von seinen eigenen Gedanken blickte Jeongguk auf und in Taehyungs Gesicht.
„Ja. Ja, ich mag dich und ich stehe dazu", meinte er so ernst, als hätte er eben seinem Land die ewige Treue geschworen. „Und ich wäre morgen auf der Jagd mit dir weggelaufen, wenn ich sicher gewesen wäre, dass du mich auch magst."
Erschrocken setzte Jeongguk sich auf.
„Bitte was?"
„Ich hätte einen Brief an meinen Vater und Seokjin geschrieben. Es täte mir Leid, aber sein zweitältester Sohn kann die wahre Liebe nicht in einer Frau finden. Und da Seokjin das Land gut, wenn nicht sogar besser, als mein Vater regieren wird, und Homosexuelle noch immer gehängt werden... musste ich gehen, um sie nicht der Schande auszuliefern ihren eigenen Sohn und Bruder zum Galgen zu verurteilen." Taehyung atmete aus. „Aber das ist gerade zu Staub zerfallen. Ich bleibe hier und versuche dir so gut es geht, ein schönes Leben zu ermöglichen. Ich werde eine Frau heiraten, der es nicht mit dem ersten Wort auffällt, dass sie mich nicht interessiert, und meinem Bruder zur Seite stehen, wann immer es notwendig ist."
Mit diesen Worten ließ er sich zurück in die Kissen sinken und schloss die Augen.
„Es tut mir Leid, dich mit diesem Wissen zu belasten, aber ich verspreche dir nie wieder etwas zu versuchen, was dich unwohl fühlen lässt. Gute Nacht, Jeongguk."
Das Herz schwer wie Blei und der Kopf schmerzend von all den Worten Taehyungs und Gedanken seiner selbst stand Jeongguk auf und löschte das Licht der Kerze.
Eigentlich sollte er hier so schnell wie möglich verschwinden. Kündigen und zurück zu seinen Eltern ins Dorf flüchten, um sie auf Knien flehend um Arbeit zu bitten. Er würde seine Geschwister wiedersehen, die ihn allesamt ausfragen und gleichzeitig verachten würden, dafür, dass er im Schloss an der Seite des Königs gearbeitet hatte. Er würde sich auf den Rat seiner Eltern hin vorteilhaft verheiraten, Kinder bekommen und einer körperlichen Arbeit nachgehen, bis er alt war und auf den Feldern starb. Keiner würde ihn jemals so lieben, wie Taehyung ihn liebte.
Nachdenklich drehte er sich erneut zu dem Prinzen um. Wenn er tatsächlich zu seinem Wort stand - und dass er das tat, wusste Jeongguk inzwischen genau -, dann sollte ihm nichts passieren, bis auf, dass er ihn mit mehr Vorsicht und Achtsamkeit behandelte.
Und abgesehen davon... war das nicht genau das, was Jeongguk sich schon so lange gewünscht hatte?
Im Licht des Mondes wirkte Taehyungs Gesicht blass, aber nicht weniger perfekt. Während er schlief, hatte Jeongguk das Gefühl seine Gesichtszüge würden sich endlich entspannen und eine innere Verletzlichkeit preisgeben, die sonst nie jemand zu sehen bekam.
„Würde es dir etwas ausmachen, wenn du die Nacht hierbleibst?", fragte Taehyung auf einmal ohne das Gesicht zu verziehen oder die Augen zu öffnen. Als hätte er gewusst, dass er ihn beobachtete.
„Wenn du es willst... ich wollte nur kurz das Licht löschen."
„Das ist kein Befehl, das ist eine Frage."
Über Jeongguks Rücken fuhr ein angenehmer Schauer und er lächelte, während er das Zimmer durchquerte und sich wieder neben Taehyung auf die weiche Matratze legte. Den Kopf auf seiner Brust gebettet.
„Auch dann", murmelte er leise und tastete nach Taehyungs Hand, um sich an irgendetwas festzuhalten, während er in den Schlaf sank.
Ich fühl mich so einsam, was zur Hölle xD
Das war definitiv das längste Kapitel einer Story, das ich je geschrieben hab... und das kitschigste... aber who cares... genießt den Schnee falls ihr welchen habt...
Frage des Tages: Was ist verwerflicher? Einen Mord zu begehen oder den Befehl für einen Mord zu geben?
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