Kapitel 36 Hortensien
Nach dem alles geklärt war, machten sich alle Ordensführer zusammen auf den Weg, bevor ich allerdings durch die Tür ging, blickte ich ein letztes Mal nach hinten und sah Nia, welche Asta gerade eine nicht allzu ernste Standpauke hielt, dass er den Boden samt einem Tablet mit Muffins mit Wasser vollgespuckt hatte.
Ob ich heute noch so viel Glück habe und sie noch mal sehen werde?
Meine Hand wanderte über meine Maske. Die Besprechung war lang, anstrengend und in meinen Augen ziemlich unwichtig gewesen.
Der König hatte nur seine Reise zum Meer angekündigt und den Orden befohlen, jeweils Mitglieder für seine Leibgarde zusammen zu trommeln.
Ich hatte mich schon während der Besprechung dazu entschlossen, welche Mitglieder ich schicken würde und wollte es ihnen so schnell wie möglich verkünden, damit sie vorbereitet waren, auch wenn die Reise des Königs erst in mehreren Wochen stattfinden würde.
Es hatte breites angefangen zu dämmern, die Sonne verschwand hinter den Häusern der Hauptstadt und warf ihr letztes Licht durch die großen Fenster des Ganges, durch den ich ging.
Es war totenstill, bis zu dem Moment, als eine Stimme sie durch schnitt. "Vangeance, warte mal!" rief mir Yami hinterher, weshalb ich stehen blieb und mich zu dem Hünen umdrehte.
"Was möchtest du von mir?" fragte ich ihn freundlich. Seine dunklen Augen lagen zwangslos auf mir, in ihnen glänzte Tatendrang. Doch für was?
"Da die Besprechung unerwartet kam und mein Raummagier wegen Übelkeit im Hauptquartier geblieben ist, ist leider die Abmachung, dass er uns um 17:00 abholt, geplatzt. Deswegen sind Asta und Charmy zurück ins Hauptquartier um unserem Raummagier zu sagen, das er nun um 20:00 das Portal öffnen soll. Da Nia noch etwas besorgen musste, wartet sie im Garten dieses Ortes, gleich dort unten." informierte er mich mit gleichbleibender Stimme und deutete lässig mit dem Daumen zum Fenster hinaus.
"Yami...habe ich dir nicht gesagt, dass ich es bei anschauen und höchstens reden belassen will? Ich habe dir doch erzählt, dass ich keine Chance bei ihr habe." erwiderte ich ruhig.
Allerdings blieb auch Yami gelassen und grinste nur. "Wusste gar nicht, dass du ein Dickschädel bist."
"Du weißt selbst, dass es für mich nicht geht. Und ein Dickschädel bin ich zu deiner Enttäuschung eher nicht. Trotzdem danke, dass du mir solche Möglichkeiten gibst." meinte ich lächelnd und bedankte mich mit einem Kopfnicken.
"Dann nutze sie." fing Yami wieder an. "Es würde nur mehr weh tun, als eh schon. Sie ist und bleibt für mich in weiter Ferne." erwiderte ich erneut.
Yami schwieg. "Und wenn ich dich darum bitten würde?" Ich hob überrascht eine Augenbraue. War Yami tatsächlich so argumentlos, das er mich darum bitten musste?
"Warum bist du eigentlich so zielstrebig darauf, dass ich mich ihr nähere?" fragte ich in aller Ruhe und drehte so ungewollt den Spieß um.
Kurz blieb Yami wortlos, er überlegte, was er darauf antworten sollte.
Die Sonne ging immer weiter unter, die Lichtstrahlen zogen sich mittlerweile bis zur gegenüberliegenden Wand.
"Wenn du mit ihr zusammen kommen würdest, würde ein Traum für dich in Erfüllung gehen, habe ich recht? Ist es nicht meine Pflicht als Freund und Mensch, dir dabei zu helfen? Du hattest es nie leicht im Leben, wenn jemand es verdient hat, jemanden zu finden, der an deine Seite gehört, dann bist du es."
Gedrosselt schaute er aus dem Fenster und ließ sich von der untergehenden Sonne bescheinen. Sein Blick verlor sich in der Ferne, am liebsten wäre ich ihm gefolgt.
Doch in meinen Herz rangen die zwei Optionen. Zu Nia gehen und mehr Zeit mit ihr verbringen im Wissen, dass es eh nichts bringen würde, da die Narbe nie verblassen würde oder es gar nicht erst versuchen und sich so ein wenig Schmerz sparen.
Optimistisch, ja das war ich, doch wie konnte ich es denn jetzt, wenn ich eine hässliche Narbe im Gesicht trug?
Es war ein Traum Nia an meiner Seite zu haben, sie könnte jegliche Einsamkeit von mir nehmen.
Jedoch, auch wenn ich es nie schaffen würde meine Gefühle mit ihr zu teilen oder an ihrer Seite sein zu dürfen, jeden Sekunde war es wert, neben ihr zu sein, auch wenn diese schöne Zeit vergänglich war.
Ich wollte zu ihr. Ich wollte in Nias Nähe sein. Dies schrie mein Herz ganz deutlich in meinem Körper.
"Yami." sprach ich, um ihn wieder auf mich aufmerksam zu machen, was mir augenblicklich gelang. Er löste seinen Blick vom Fenster und schaute mich erwartend an.
"Ich werde zu ihr gehen."
Der Garten grenzte direkt an dem Gebäude für die Ordensverleihungszeremonie und war für das Ausruhen und herunterfahren der magischen Ritter vorgesehen.
Die Abendsonnenstrahlen trafen die verschiedenen Blumen und hüllte sie in ein warmes Licht. Von Rosen bis Lilien war hier alles zu finden, die Luft duftete unvergleichlich angenehm.
Mein Blick strich über ein Beet voller Rosenbüschen, welche in einem sonnengelb und leicht orange gehalten waren. Kaum hörbar klangen meine Schritte auf dem gelegten Steinweg, welcher durch den Garten führte.
In meiner Brust schlug mein Herz wie wild, aufgeregt auf das Kommende. Und tatsächlich. Ich erkannte Nia zwischen einem Strauch weißer Rosen und himmelblauen Hortensien. Verspielt lies der Wind ihre Haare herum fliegen, sie wirkten wie feinste Seide.
Ihre Augen waren auf die Hortensien vor ihr gerichtet, wie gemalt saß sie auf einer Holzbank, neben ihr eine türkise Tüte mit den hier, in der Hauptstadt, besorgten Sachen.
Sie hatte mich noch nicht bemerkt, sie wirkte vertieft in ihrem Meer aus Gedanken. Leise ging ich weiter auf sie zu, blieb dann jedoch stehen, als sie ihren Kopf hob.
Das tiefe Blau ihrer Augen traf mich. Ein Windzug wehte über den Garten, ließ die großen Blätter der Hortensien, ebenso die kleinen der Rosen rascheln und die Köpfchen der Blumen nicken. Als ob der Wind Nias Haare in seine Hand nehmen würde, flogen ihre Haare hoch, so perfekt das sie ihr Gesicht nicht verdeckten.
Das Rascheln der Blätter wurde lauter, ein paar Blütenblätter konnten sich nicht mehr an ihrem Plätzchen halten und lösten sich.
Das Weiß der Rosen und das Blau der Hortensien vermischte sich in der Luft, die vielen Blüten tanzten wie Schneeflocken um uns herum.
Warm lächelte ich sie an. Das war das einzige, was mir in den Kopf kam. Nia schaute mich überrascht an, sie versuchte nicht zu verbergen, dass sie mit mir am aller wenigsten gerechnet hatte.
Der Wind legte sich wieder, doch nach nur einer Sekunde fing er wieder an. Die Blüten fielen auf ihre Klamotten, in ihren Haaren verfingen sie sich vereinzelt. Die Federn meiner Maske wiegten sich im angenehmen Abendwind und gaben sich der Natur hin.
"Darf ich mich setzen?" fragte ich sie sanft, während der Wind weiter meine Klamotten an meine Haut drückte.
Wortkarg nickte sie und rutschte demonstrativ ein wenig nach rechts, zur Hortensie hin, obwohl sie eh schon weiter rechts gesessen hatte. Dankbar setzte ich mich neben sie, lies trotz meiner Gefühle eine Lücke zwischen uns. Das tat ich, damit sie sich nicht bedrängt fühlte und meine Anwesenheit ihr nicht unangenehm wurde.
Doch sie machte kein Anzeichen, dass ihr meine Anwesenheit missfiel, sie machte auf mich einen normalen Eindruck, vielleicht ein wenig angespannt.
Ich schüttelte den Kopf.
Schon wieder hatte ich vergessen, dass ich ein Ordensführer war und sie als Ordensmitglied eines anderen Ordens bestimmt angespannt sein musste. Warum vergas ich das dauernd?
Einige Sekunden blieb es still, wir schauten zu den kräftigen Blau der Hortensien und ließen uns von ihm bezaubern. Der abgeschwächte Wind spielte mit unseren Klamotten und ihren Haaren, als ob er gefallen an uns gefunden hätte.
Meine Füße hatte ich wegen meiner Nervosität fest auf dem Boden, ihre hingegen berührten den harten Untergrund wie eine Feder, hin und wieder wippte ihre Fußspitze.
Wie die Töne einer Trommel vernahm ich die schnellen Schläge meines Herzens in meinen Ohren, jede Ader schien nach ihnen zu pulsieren, stark und unverdrängbar.
Während mein Blick in den Hortensien versank, lief mir eine Schweißperle den Nacken herunter. Durch den kühlen Abendwind wurde die nasse Spur, welche die Schweißperle verursachtet, kalt und in die Wirklichkeit holend.
Sie lief unaufhaltsam weiter meinen Rücken herunter, danach spürte ich sie nicht mehr. Es kam mir vor, als ob ich all die Gerüche der Blumen und Kräuter, all die Geräusche der Blätter und dem Wind, sowie die Empfindungen meines innerlichen und äußerlichen Körpers auf einmal um ein vielfaches besser wahrnahm oder konzentrierte ich mich nur mehr als sonst darauf?
Obwohl ich gerade mal ein paar Sekunden neben Nia saß, wusste ich, dass sich dieser Moment in mein Gedächtnis einbrennen würde, wie ein Brandeisen. Ich würde ihn wie ein Schatz hüten.
"Wir begegnen uns in letzter Zeit häufig." sprach Nia. Ihre Stimme hörte sich wie eine Melody an, unterstrichen von der Zärtlichkeit des wehenden Windes.
Meine Gedanken schickten mich in die vergangene Zeit. Der sanfte Tanz, dann als ich ihr zärtlich meinem Umhang umgelegt hatte, der Moment, in dem ich sie verletzt im Wald fand, sie Huckepack zurück zum Dorf getragen hatte. Der Flug, ihre Umarmung, als wir nebeneinander in der Schatzkammer gewesen waren und ich ihre Augen mir dem Edelstein verglichen hatte, unser Gespräch im Regen und schlussendlich an den heutigen Tag.
All diese Momente waren ein Teil meiner schönsten Erinnerungen, zusammen mit meinen Erinnerungen, in welchen ich meine Gefühle für Nia begriffen und gefühlt hatte.
Wir hatten uns unter einem Jahr so oft gesehen, wie wir es in vier nicht getan hätten. Egal wer dafür verantwortlich war, ich dankte ihm vom ganzen Herzen für die ganzen wunderschönen Erinnerungen, Chancen, Begegnungen und Gefühle
"Ja, da hast du recht. Merkwürdige Zufälle gibt es, nicht war?" erwiderte ich sanft. Unsere Blicke verweilten auf den blauen Blumen vor uns, wir waren uns wohl beide unsicher, wo wir hinschauen sollten.
Kaum merklich zitterte meine Hand, ich gab den Versuch sie zu beruhigen nach wenigen Sekunden auf.
"Wie war die Besprechung?" durchbrach Nia die anhaltende Stille vorsichtig. Ich fragte mich, ob sie, so wie ich es getan hätte, sich gefreut hatte, dass sie ein Thema zum reden gefunden hat.
Kurz schwappten meine Gedanken zur Besprechung, der Grund der plötzlichen Versammlung erschien mir nun mehr als nur Peinlich. Zum Glück war es meine Pflicht als Ordensführer, das Besprochene geheim zu halten.
"Länger als erwartet." äußerte ich wahrheitsgemäß, mehr viel mir nicht ein. Wie Peinlich, jetzt denkt sie bestimmt, dass ich keine Lust auf ein Gespräch mit ihr habe.
Während ich fieberhaft überlegte, was ich zu der Besprechung noch sagen konnte, rettete mich Nia unbewusst.
"Stimmt, es waren zwei Stunden, oder?" fragte sie, wobei sie sich mit ihrem Finger gegen ihre Unterlippe tippte.
Ich wendete mich von der Blütenbracht vor mir ab und schaute zu Nia, welche ihren Blick zwangshaft auf den Hortensien ließ. "Ungefähr, ja. Ich habe von Yami gehört, dass du etwas besorgen gegangen bist." drückte ich aus, dabei fiel mein Blick auf die türkise Papiertüte, welche neben ihren Beinen stand.
Ihr Blick folgte meinen, bevor sie ihn auf mich richtete. "Ja, ich habe einige Werkzeuge fürs schmieden gebraucht. Hier in der Nähe gibt es einen Laden, wo auch meine Familie bestellt."
Überrascht schaute ich auf. "Fürs schmieden? Du schmiedest?" fragte ich Nia neugierig. Diese nickte und blickte wieder auf die Hortensien. "Meine Familie besitzt eine Schmiede, in der ich aufgewachsen bin. Von meinen Eltern habe ich das schmieden gelernt und bin dem früher auch als Beruf nachgegangen. Das war aber, bevor Yami mich gefunden hat. Heute repariere ich einige Sachen im Hauptquartier des schwarzen Stiers, wie zum Beispiel Kerzenständer oder Kronleuchter aus Eisen." gab sie preis.
Unsicher schaute sie zu mir, um an meinen Reaktionen zu sehen, was ich davon fand. "Erstaunlich, das du so ein schweres Handwerk beherrschst, das können nicht viele. Ich finde es wahnsinnig vorbildlich von dir, dass du so einen männerdominierten Beruf ausüben kannst, meines Respekt hast du." verriet ich ihr.
Augenblicklich schien ein Stein von ihrem Herzen zu fallen. Als ob sie sah, dass ich für diese Reaktion eine Begründung suchte, vertraute sie mir an; "Ich habe schon befürchtet, dass du das als komisch empfindest."
Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. "Komisch? Nein, im Gegenteil, es ist sehr bewundernswert." Ich tat es ihr gleich und lächelte warm.
"Vielen Dank." gab sie dankend zurück. Diesmal wussten wir beide nicht, wie wir das Gespräch weiter führen konnten. Wie bei einem Tick hatte sich ihre Fußspitze verschnellert und wippte nun öfter hin und her.
Ich wagte kaum zu Atme, die Angst etwas falsch zu machen, war erdrückend groß. Dabei fiel mir urplötzlich eine zufällige Frage ein, über welche ich mich trotzdem freute.
"Erzählst du mir, wer die rosahaarige Frau war, welche ich gesehen habe, als ich dich zu eurem Hauptquartier gebracht habe?" Wie eine unaufhaltsame Welle kam mir die plötzliche Frage über die Lippen.
Nia schaute mich an, sie schien kurz nachdenken zu müssen. Ihr Blick erhellte sie allerdings unerwartet schnell.
"Ach so, Vanessa. Sie ist meine beste Freundin und eine der besten Magier im schwarzen Stier. Zwar trinkt sie viel, ist aber sehr symphytisch, wenn man sie erst Mal kennen lernt." erzählte Nia erfreut drauf los.
Ihre beste Freundin also.
Ich würde sie echt Mal gerne treffen, schließlich war sie Nias beste Freundin. Und so wie Nia über sie sprach, mussten die beiden ein enges Verhältnis haben.
"Erinnerst du dich, du hast mit ihr auf dem Ball der magischen Ritterorden getanzt." fügte Nia mit leiserer Stimme hinzu.
Das tat ich tatsächlich, als ich sie im Eingang zum Hauptquartier gesehen hatte, konnte ich mich sofort an sie erinnern. Rosane Haare und gewagte Kleidung hatte eben nicht jeder.
Generell wollte ich Nias Freunde kennen lernen, es interessierte mich ungemein, mit welchen Leuten sie sich gut verstand.
"Sag mal, stehst du auf sie, oder warum fragst du mich?" wollte sie unerwartet wissen.
Auf der Stelle stockte ich. Das ganze hatte sich in eine total andere Richtung entwickelt. Dabei wollte ich nur mehr über ihre beste Freundin wissen und ein neues Gesprächsthema finden.
Mein Kopf war leer, ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte. Am liebsten hätte ich gesagt, dass ich nicht auf ihre beste Freundin, sondern auf sie stand. Aber ich konnte nicht. Ich konnte es ihn nicht sagen.
Es stand in der Luft, dass ich etwas sagen musste, sonst würde sie das wirklich denken. Innerlich atmete ich tief ein und aus und gab mir selbst das Startsignal.
"Nein, ich stehe nicht auf sie." räumte ich mit wenigen Wörtern die Verwirrung aus dem Weg, ruhig und gelassen, was ich allerdings nicht war.
Durch die Frage ihrer Seits hatte meine Hand angefangen, noch heftiger zu zittern, ebenso hatte sich meine Unruhe im Inneren verstärkt.
Die Frage, warum ich nach Vanssa gefragt hatte, schwebte immer noch in der Luft, was ich schnellstmöglich ändern wollte, wobei ich entschloss, die Wahrheit zu sagen.
"Es hat mich nur interessiert, mit wem du so befreundet bist." gab ich ehrlicher zu, als ich beabsichtigt hatte.
"Wie? Ach so, also...ähm...tut mir leid für die unangenehme Frage!" entschuldigte sie sich hektisch. Ihre Wangen glühten rosarot, ähnlich wie die Rosen, die am Eingang des Gartens wuchsen.
Dabei viel mir etwas auf. Diese Frage, ob ich auf Vanessa stand...war eine sehr persönliche Frage. Könnte es sein...könnte es wirklich sein...dass wir doch auf der Freundesebene standen?
"Kein Problem, deine Frage war durchaus berechtigt." entgegnete ich lächelnd. Sie beruhigte sich wieder, die Röte auf ihren Wangen blieb jedoch.
Nervös und wahrscheinlich mit dem Gedanken, dass ich es nicht bemerkten würde, versank sie ihre Hand krampfhaft in ihre Klamotten, krallte sich etwas in den Stoff.
Ihr Blick wanderte von einer Stelle zur anderen, sie wusste nicht, wo sie hinschauen sollte. Wären dessen bewunderte ich ihre Schönheit, ihre glatte Haut und ihre weichen Haare. Doch besonders bleib mein Blick wieder an ihren blauen Augen stehen.
Ich fragte mich, wie schön die Augen eines Menschens sein können. Dieses Ozeanblau raubte mir den Verstand, jedes mal, wenn ich sie anschaute. Sie waren so blau und strahlend, dass es mir fasst schon angst machte.
Noch dazu passten sie perfekt zu Nias ruhigen, bedachten Auftretens und ihrem wunderschönen Aussehens. Sie wirkte auf mich wie der schönste Mensch auf Erden. Nein. Sie war für mich der schönste Mensch auf Erden.
Neben ihrer Schönheit wirkte ich noch unscheinbarer mit meinen entstellten Gesicht, noch anders und abscheulicher.
Das Leuten der Kirchenglocken riss mich aus meiner Traumwelt ins hier uns jetzt zurück, scharf und gnadenlos. "20 Uhr? Schon so spät?" rief Nia plötzlich und schoss von ihrem Platz auf.
Dabei erinnerte ich mich, dass Yami gesagt hatte, dass ihr Raummagier ein Portal um 20 Uhr erschaffe wird.
Unter Zeitdruck nahm sie die türkise Papiertüte, bevor sie allerdings anfing zu rennen, drehte sie sich noch einmal zu mir um.
"Tut mir schrecklich leid, dass ich so schnell wieder gehen muss! Ich hoffe wir sehen uns bald wieder!" rief sie noch schnell, dann drehte sie sich erneut um, zum anderen Eingangs des Gartens, welcher in der entgegen gesetzten Richtung lag, aus der ich gekommen war.
Ich wollte es nicht.
Ich wollte nicht, dass sie jetzt schon ging. Diese Minuten, welche mir wie ein Traum vorkamen, ich wollte nicht, dass sie endeten. Am liebsten niemals.
Wegen diesen egoistischen, mir fremden Gedanken verlor ich jegliche Kontrolle über meinen Körper. Ehe ich mich versah, stand ich blitzschnell von der Bank auf.
Nia, welche den Rücken zu mir gedreht hatte, rannte in Richtung Eingang. Obwohl sie schon einige Schritte von der Bank weggekommen war, überbrückte ich den Abstand schnell.
Mein Herz schlug wie wild. So schnell, dass es schmerzte. Wie eine natürliche angeborene Geste griff meine rechte Hand nach ihrer, ich bekam ihr linkes Handgelenk zu fassen, welches ich augenblicklich zu mir zog.
Die selbstverständliche Atmung meines Körpers stand still. Alles in mir schien still zu stehen. Der sonst so schnelle Kopf war ausgeschaltet, wie leergefegt.
Durch die Kraft, mit der ich Nias Handgelenk nach hinten und minimal nach rechts zog, drehte sie sich zu mir um.
Es wirkte wie in Zeitlupe, als ihre Haare für kurze Zeit in ihr Gesicht fielen und es verdeckten, dann jedoch den Blick frei gaben, auf ihr vollkommen überrumpeltes Gesicht. Die blauen Augen, in welchen ich immer wieder versinken wollte, waren weit aufgerissen und schafften es, mich in diesen wenigen Millisekunden anzuschauen.
Wie in Trance zog ich sie zu mir. Sanft und so schnell, dass es ihre Hände nicht mehr schafften, in eine Abstützposition zu gehen, traf sie mein Brust.
Ihre Arme befanden sich neben meinen Oberkörper, schlossen ihn zwischen sich ein. Ein keuchendes Geräusch der Überraschung war aus ihrem Mund zu hören, verstummte allerdings schnell wieder.
Als ob sie ein selbstständiges Leben hatten, schlangen sich meine Arme um ihren warmen Körper. Ich wusste nicht, was in mich geschehen war, es kam so plötzlich, fühlte sich aber so richtig an. Noch nicht mal überlegen musste ich, mein Körper hatte sich wie von selbst bewegt.
Der Stoff ihrer Klamotten schmiegte sich an ihren Rücken, wo meine Arme sie zu mir drückten, näher an ihre Haut.
Deutlich spürte ich ihren weichen Körper an meiner Brust. Ihr feucht-warmer Atem strich meine Wange, seit dem Moment, in dem ihr Kopf auf meiner Schulter gelandet war.
Ihre Haare kitzelten meine Haut, doch dies bekam ich nicht wirklich mit. Das einzige, was ich in diesem überstürzten Moment mitbekam, war ihr Körper zwischen meinen Armen, welche sie enger an mich drückten. Sie hatten Angst, Nia wieder loslassen zu müssen. Ich hatte Angst.
Kein Blatt hätte in diesem Moment zwischen uns gepasst, so hautnah waren wir uns. Unüberhörbar war ihr schneller Atem, welcher sich mit meinem, ebenfalls unruhigen, vermischte.
Nun standen wir da. In einem Garten beim Dämmerung, eng aneinander in eine Umarmung verschmolzen.
Neben uns die blauen Hortensien, die sich im Wind wiegten.
3232 Wörter
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