Kapitel 18
Clarise P.O.V
Daraufhin kehrte Ruhe ein. Newt sah mich eisern an und Minho pfiff leicht. Wegen dem Geschrei oder auch, wegen den Worten, die Newt mir gerade entgegengeschmettert hatte. Wie versteinert stand ich da und realisierte langsam, was dieses paar Wörter bedeuteten. Meine Wut war verflogen und ich spürte einfach nur, wie mein Körper sich anspannte und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Newts Blick war nicht mehr wütend oder aufgebracht, sondern einfach nur beunruhigt. Seine Augen lagen auf mir und aus seiner Miene konnte ich kaum etwas herauslesen. Diese Paar Sekunden kamen mir wie Stunden vor. Unfähig etwas zu erwidern setzten sich meine Beine in Bewegung und ich rannte aus dem Kartenraum. So schnell ich konnte in den Wald, bloß weg von Minhos Blicken und Newts irritierenden Worten. Bis ich schließlich an einem großen Baum ankam und mich fallen ließ. Ich konnte kaum atmen und mir wurde schwindelig. Schweratmend legte ich mich auf den Boden und machte mich so flach wie möglich. Die Verletzung, die Ben mir zugefügt hatte machte sich wieder bemerkbar und mein Kopf schmerzte. Vielleicht lag es auch einfach an dem lauten schreien... Ich wusste, dass es falsch war einfach wegzulaufen, aber in dem Moment wusste ich nicht, was ich sonst tun sollte. Meine Gedanken schweiften immer wieder zu Newts Worten und versuchte sie zu verstehen. Als ob es so schwer war diese paar Worte zu verstehen. Dennoch konnte ich es nicht begreifen. Ich hatte auch Gefühle für ihn, aber, dass er mir das so ins Gesicht sagen würde, besonders in der Situation hatte mich einfach überrumpelt.
„Clary, Hier bist du.", ertönte plötzlich eine Stimme und ich stand schnell auf, doch das war etwas zu schnell und sofort wurde mir schwindelig, dass ich beinahe wieder auf den Boden gefallen wäre, aber die Arme von Minho fingen mich schnell auf. „Clary, was sollte denn das?", fragte er und lehnte mich vorsichtig an den Baum. „Ich wusste einfach nicht, was ich sonst tun sollte. Es hat mich überrumpelt und dann konnte ich nicht anders. Ich dachte, wenn ich weglaufe, dann würde ich mich erst später darum kümmern müssen, aber das stimmt nicht. Ich habe etwas so Schreckliches getan, Minho! Ich hasse mich dafür. Newt gesteht mir, dass er mich liebt und was mache ich? Ich laufe einfach davon, wie ein Feigling! Ich hasse mich!", heulte ich los und Minho nickte nur still. „Es hat ihm weh getan, dass du einfach weggelaufen bist, aber ich denke, dass er es dir nicht verübeln kann. Ich meine, du hast ihn gerade noch angeschrien...", meinte Minho aufmunternd und ich schluckte. Ich ließ mich auf den Boden sinken und atmete zittrig ein und aus. Es war einfach grauenhaft. Ich war einfach grauenhaft. Wie konnte ich ihm das antun?! Nach einer Weile sah Minho auf seine Uhr und sagte: „Ich muss noch mit Alby reden. Wir sehen uns später, Clary. Ach und: Wenn es nach mir geht wärst du längst ein Läufer." Ich lächelte matt und er fügte schnell hinzu: „Nicht, dass Newt deswegen schlecht ist oder so..." Ein kleines Lächeln huschte über mein Gesicht und er klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. „Bis dann.", verabschiedete er sich und ging davon. Ich weiß nicht, wie lang ich noch dort saß und mir Vorwürfe machte, aber irgendwann rappelte ich mich auf und lief zur Lichtung. Ich würde mich nicht verstecken wie ein eingeschüchtertes Kaninchen. Mein Blick fiel auf das Baumhaus und ich kletterte es schnell hoch. Von dort konnte ich alles überblicken, hatte meine Ruhe und war fern von den Lichtern. Auch, wenn einige hochklettern, Newt würde es nicht sein und das reichte mir. Ich setzte mich erneut ans Geländer und lehnte meinen Kopf an das Holz, während ich die Augen schloss. Der Wind ließ meine Haare um meinen Kopf tanzen und blies mir ins Gesicht. Ich ließ meinen Gedanken freien Lauf und seufzte tief. Heute war so viel passiert und jetzt kam alles zusammen. Ich machte mir Vorwürfe über Vorwürfe und konnte nicht anders, als einige Tränen zu vergießen. Wegen allem. Weil ich Newt so kalt das Herz gebrochen hatte, wegen der Gesichte, die Newt mir erzählt hatte und, weil Ben wegen mir verbannt wird.
Als ich Ben rufen hörte öffnete ich erschrocken meine Augen und sah nach unten. Die Lichter hatten sich alle vor dem Tor versammelt und Minho brachte Ben, dessen Hände zusammengebunden waren. Selbst von weit oben konnte ich sehen, wie schrecklich er aussah. Sein Hemd war aufgerissen und seine Haut wirkte merkwürdig krank. Nachdem sie direkt vor den Toren standen schnitt Minho das Seil durch und Ben sank auf die Knie. Minho sah elendig aus, während er einen Beutel auf den Boden ins Labyrinth schleuderte. Die Tore machten laute Geräusche und begannen sich zubewegen, während die Lichter die Stöcke, die sie alle in der Hand hielten auf Ben richteten und ihn somit wie ein wildes Tier nach vorne scheuchten. Auf das Labyrinth zu. Ich hielt erschrocken die Luft an, während sie ihn weitertrieben. Er schrie immer lauter und ich bekam eine Gänsehaut. Chuck wandte sich zum Gehen, da er es nicht sehen wollte, aber ich konnte meinen Blick nicht abwenden, denn eine Stimme in mir flüsterte mir zu, dass es meine Schuld sei. Ben wurde zwischen die Tore gedrängt und wenn er sich nicht gleich bewegen würde, würde er zerquetscht werden. Auch keine schöne Vorstellung. Zum Glück lief er hinter die Tore und schrie noch laut, bis sich die Tore endgültig geschlossen hatten. Einige der Lichter starrten noch zu den Toren, aber der große Teil ging bedrückt davon. Auch Thomas stand wie angewurzelt vor den Toren und bewegte sich nicht. Ich erkannte einen blonden Schopf und wusste gleich, dass es Newt war. Er blieb neben Thomas stehen und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Sie redeten kurz und dann sah Newt plötzlich zu mir hoch. Ob er mich sah, blieb mir schleierhaft, aber als er wieder zu Thomas sah schüttelte er schwach den Kopf und ging davon. Ich merkte, wie ich zitterte und mir wurde bewusst, dass es jetzt für Ben keine Hilfe mehr gab. Er würde sterben. Ich rutschte vom Rand weg und lehnte mich an den Stamm des Baumes, der das ganze Gerüst trug und schloss meine Augen. Nach kurzer Zeit spürte ich etwas nasses meine Wange runterlaufen und schniefte.
Nachdem es dunkel wurde hörte ich, wie jemand zu mir hochkletterte und kauerte mich noch mehr zusammen, ohne aufzuhören zu weinen. Jemand setzte sich neben mich und ich erkannte, dass es Minho war. Wortlos nahm er mich in den Arm und ich schluchzte leise. „Wie kommst du damit klar?", fragte ich leise und er seufzte. „Ich weiß es nicht. Newt würde sagen: Ordnung. Ordnung ist es, die es uns ermöglicht zusammen zu leben. Ich selbst habe keine Ahnung.", murmelte er und ich sah in den dunklen Himmel. „Es ist grauenhaft. Ich bin grauenhaft. Wegen mir wurde er verbannt.", weinte ich und Minho schüttelte den Kopf. „Du bist nicht schuld. Er wurde verbannt, weil er gestochen wurde. Und du bist nicht grauenhaft. Du bist kein Monster. Wenn du bedenken hast wegen Newt, dann kann ich das verstehen. Es war auch falsch wegzulaufen, aber übel nehmen werde ich es dir nicht. Clary, du bist nicht böse!", sagte er und strich mir über den Rücken. „Ich habe nicht mit ihm gesprochen, Minho. Er wird mich hassen.", sagte ich leise und er drückte mich von ihm, um mir in die Augen zu sehen. „Dann redest du eben morgen mit ihm. Er wird dich nicht hassen. Wieso auch? Er liebt dich. Und ich denke nicht, dass das unerwidert bleibt.", sagte er und sah mich eindringlich an. „Du magst ihn doch auch, oder?" Ich sah zu Boden und nickte leicht. Ja, ich mochte ihn. Ich mochte seine Art, wenn er unruhig wurde und sich durch seine blonden Haare fuhr, wenn er mich einfach nur ansah, wenn er lachte, ich mochte seine Stimme, seinen Akzent und sogar das Humpeln. Ja, ich liebte seine Augen, die mir einfach ein sicheres Gefühl gaben. Vom ersten Tag an haben mich diese Augen in den Bann gezogen und ich liebte es, wenn er mir so nah kam, dass ich seinen Atem spürte, wenn er mich in den Arm nahm. Ich liebte es, wenn er doofe Witze riss und sich über mich lustig machte. Und der Gedanke an die Aufgabe bei Wahrheit oder Pflicht ließ mich verrückt werden. Wie er mich berührt hatte und, wie sich seine Lippen auf meiner Haut angefühlt hatten, selbst seine beschützerische Art liebte ich. Wenn ich es so sah, ja, ich liebte ihn. „Hörst du mir eigentlich zu, Clary?", fragte Minho und ich sah ihn erschrocken an. Wissend lachte er und sah in den Himmel. „Ich denke, dass du genug Trübsal geblasen hast. Mach dir keine Vorwürfe wegen Ben oder sonst wem, bitte. Ich will dir noch eine Nachricht übermitteln, die dich bestimmt etwas aufheitert.", meinte er und ich sah ihn interessiert an. „Newt, Alby und ich haben nochmal gesprochen und schließlich kamen wir zu dem Schluss, dass du morgen mit mir und Alby ins Labyrinth darfst.", teilte er mit und ich sah ihn ungläubig an. „Ja, das ist auch kein Witz.", bekräftigte Minho nochmal und ich nickte langsam. Ein erleichtertes Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich war froh, dass wenigstens etwas gut an diesem Tag war. „Ein Lächeln steht dir mehr, als dein trauriges Gesicht.", sagte Minho lachend und richtete sich auf. „Ich lasse dich mit dieser Neuigkeit alleine und wünsche dir eine Gute Nacht. Schlaf besser, denn morgen werfe ich dich früh aus dem Bett." Ich nickte nur und er kletterte wieder runter. Müde schloss ich meine Augen und versuchte mich an den Gedanken zu klammern, dass ich morgen ins Labyrinth dürfte. Irgendwann hörten die Gedanken an Newt und Ben auf sich in mein Bewusstsein zu drängen und glitt ich in einen traumlosen Schlaf.
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