Ich lese gerade eine Geschichte auf Wattpad, als mein Fenster leicht quietscht. Vollkommen in das Buch vertieft, nehme ich es kaum wahr. Kaum hörbare Schritte hinter mir, die ich für eine Einbildung halte, da die Hauptperson gerade verfolgt wird. Nein, nicht liegen bleiben, aufstehen! Ein Creep ist hinter dir her, lauf endlich! Wie blöd kann man sein? Ein Hauchen in meinen Nacken unterbricht mich. Flink drehe ich mich um und greife, ohne die geringste Kontrolle über mein Handeln, nach seinen Unterarmen und drücke ihn nach hinten. Der Überraschungseffekt beruht wohl auf Gegenseitigkeit. Perplex lasse ich ihn los und er fällt von der Bettkante auf den Boden, steht aber bald darauf wieder auf den Beinen. Vor mir steht ein Junge mit dunkelroten Haaren und hellgrauen Augen. The Writer. Anscheinend habe ich momentan gar keine Ruhe mehr, ich meine, es ist helllichter Tag und ich befinde mich im Haus. "Hallo Child.", spricht er und bleibt lässig an Ort und Stelle. Warum kennen so viele Creepypastas meinen Namen? Der könnte ihnen doch komplett egal sein, okay, den Proxys nicht mehr, aber trotzdem. Ich hätte nie gedacht, dass ich so viel Angst bekommen könnte, ohne eine Aktion meines Gegenübers. Weshalb ist er so gelassen? Hat er mir Schlafmittel oder irgendein Gift verabreicht und wartet darauf, dass ich umkippe? Was hat er vor? Als er plötzlich mit einem Messer auf mich zielt, kann ich erst im letzten Augenblick ausweichen. Woher kommt das Messer?! Mit einer fließenden Bewegung springe ich auf und renne aus dem Zimmer. Ich klettere über das Treppengeländer, lasse mich einfach herunterfallen und sprinte in die Küche, wo ich mir ein Messer aus dem Messerblock nehme. Laut den Geräuschen, hat er bereits die Treppe passiert und kommt auf direktem Weg zu mir. "Warum willst du mich töten? Ich habe nie dir oder jemand anderen etwas getan. Eigentlich bin ich in einer sehr ähnlichen Situation wie du, bevor du zum Creep wurdest. Du kannst gerne versuchen mich zu töten, aber ich erkenne darin keinen Sinn.", gebe ich von mir, danach bereite ich mich auf den nächsten Angriff vor, doch keiner erfolgt. Misstrauisch mustere ich ihn und warte ab. Er mustert mich ebenfalls und steckt seine Waffe weg. Nach einem kurzen Zögern, lege ich auch mein Messer beiseite, habe es aber in meiner Reichweite. Allerdings nimmt die angespannte Atmosphäre langsam ab. "Frieden?", fragt er, ohne mich aus den Augen zu lassen. "Frieden.", bejahe ich die Frage, wodurch sich die Stimmung noch mehr lockert. Ich weiß nicht wieso, aber irgendwie ist er mir doch sympathisch. Wir beide stehen einige Sekunden lang unschlüssig in der Küche, bis Writer langsam den Raum verlässt. "Sehen wir uns wieder?", fragt er, was mehr nach einer Aussage statt einer Frage klingt. Ich nicke, was er noch sehen kann, bevor er Richtung Haustür geht. Eine Sache ist mir nun klar. Ich werde mich nie wieder über scheinbar dämliche Hauptpersonen aufregen.

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Vielen Dank an YuuchiiKun, die mir die Erlaubnis gegeben hat, ihren Creep in dieser Geschichte zu verwenden. :3  Die Creepypasta heißt "Creepypasta - The writer" und ich finde sie großartig.