12 ...The Rake
Ich liege auf dem Rücken und kann mich wegen den Schmerzen kaum rühren. Hoffentlich ist keine Naht aufgerissen. Wäre nicht das erste Mal. Die Jugendlichen haben mich in den letzten Tagen mehrmals bedroht. Diesmal haben sie mich verprügelt. Warum ich? Ich habe ihnen nie etwas getan. Gedankenverloren schaue ich zum Himmel. Ich will das nicht, ich kann es nicht mehr ertragen. „Nie mehr.", murmle ich und stehe langsam auf. Sie werden dafür bezahlen.
Ich beobachte meine Opfer, die noch komplett ahnungslos sind. Hier hinter der Hausecke können sie mich schließlich nicht sehen. Ich habe alles vorbereitet. Sie verabschieden sich von einander und machen sich auf den Weg nach Hause. Schnell folge ich dem blonden Jungen. Er bemerkt mich nicht. Gut so. Er geht durch eine Gasse. Jetzt. Ich sprinte zu ihm, halte ihm den Mund zu und steche die Klinge in seinen Hals. Ich warte kurz ab, dann lasse ich den toten Körper fallen. Ich darf keine Zeit verlieren. Ich verstecke die Waffe unter meinem Oberteil, renne dem anderen Jungen lautlos hinterher und wiederhole die Prozedur. Jetzt ist Terence an der Reihe, ihr Anführer. Ich sprinte erneut los. Er darf nicht entkommen. Er ist nur noch eine Straße weit von seinem Haus entfernt, als ich ihm den Weg abschneide. Seine Augen weiten sich erschrocken. „Was?", stottert er und weicht zurück. Ich sprinte nach vorne und steche mit dem Dolch in seinen Hals, allerdings ohne ihn zu töten. „Lauf.", hauche ich und er flieht. Sofort nehme ich die Verfolgung auf. Die Straßenlaternen sind hier kaputt, weshalb mich die Dunkelheit einigermaßen versteckt. Immer wieder attackiere ich Terence mit dem Dolch und renne sofort wieder aus seiner Reichweite, um nicht verletzt zu werden. Auf diese Weise lenke ich ihn zu der Sackgasse, in der ich ihn haben will. Er ist zwar stärker als ich, doch ich bin schneller. Er flieht verzweifelt in die Sackgasse und bleibt erschöpft stehen. In dem Moment, als er sich zu mir umdreht, springe ich ihn an. „Lass mich allein.", sage ich leise, bevor ich sein Leben beende. Vorsichtig fasse ich in eine seiner Wunden und schreibe diesen Satz mit dem Blut an die Wand. Hätten er und seine Freunde das getan, wäre das alles nicht passiert. Ich hole die schwarze Strickjacke aus dem Versteck und ziehe sie an, damit man das Blut nicht sieht. Nachdem ich auch die Tasche genommen, den Dolch am Gürtel befestigt und die Jacke darüber gezogen habe, stecke ich die Hände in die Jackentaschen und verlasse die Gasse. Bloß weg hier.
Ich laufe durch die Straßen, der Stadtrand ist mein Ziel. Nach einer Weile erreiche ich ihn. Rein theoretisch hätte ich auch in der Nähe von meinem Haus in den Wald gehen können, aber ich will keine Verfolgungsjagd mit den Proxys riskieren. Das tue ich hier auch, aber in diesem Teil vom Wald werden sie vielleicht nicht mit mir rechnen. Vorsichtig betrete ich den Wald und schaue mich um. Nichts zu sehen, nur der nächtliche Wald. Los geht's, ich weiß schließlich nicht wie lange es dauern wird bis ich den Wald wieder verlassen kann. Immer weiter laufe ich in den Wald hinein, ohne meine Umgebung aus den Augen zu lassen. Stunden vergehen und ich bin schon ziemlich erschöpft. Der Wald scheint kein Ende zu nehmen. Sollte ich mir einen Platz zum Schlafen suchen? Einerseits ist es sehr gefährlich, die Proxys oder Slender könnten mich finden, andererseits kann ich mich kaum noch verteidigen, wenn die Erschöpfung zu groß wird. Ich bleibe kurz stehen und denke nach. Soll ich? Das leise Rascheln von einem Busch in meiner Nähe nehme ich kaum wahr. Ich bemerke die Gefahr leider erst, als sie sich genau vor mir befindet. „Ich bin der Rake.", sagt plötzlich eine schrille Stimme. Erschrocken weiche ich zurück und versuche loszurennen, doch im nächsten Moment befinden sich lange Krallen in meinem rechten Bein. Mit starken Schmerzen reiße ich mich los und renne weg, wobei ich etwas humpeln muss.
Irgendwann bleibe ich stehen und sehe mich panisch um. Nichts zu sehen. Zitternd untersuche ich die Verletzung. Das Fleisch ist an dieser Stelle zerfetzt und etwas Knochen ist zu sehen. Gar nicht gut. Ich verarzte die Wunde notdürftig und erklimme danach die unteren Äste von einem Baum. Falls der Rake mich entdeckt, möchte ich nicht auf dem Boden sein. Auf einem dicken Ast rolle ich mich sehr vorsichtig zusammen und schließe die Augen. Kurz darauf schlafe ich völlig entkräftet ein.
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