Überdosis
(25.07.2015 – London, England)
Die letzten Tage, ach wenn versuchte ich zu überzeugen, die letzten Wochen waren nicht einfach für Sherlock gewesen, für keinen von uns Beiden eigentlich aber nachdem er am Vortag einen weiteren Todesfall hatte einstecken müssen beschloss ich etwas eher von Arbeit nach Hause zu gehen.
Er hatte einen Fall angenommen gehabt, einen Mann zu finden der wohl ein Drogenproblem hatte und verschwunden war. Ich war nicht da gewesen als er engagiert worden war, um ehrlich zu sein hätte ich es wahrscheinlich auch nicht zugelassen. Diese Ermittlung konnte nicht einfach sein, zu viele parallelen und Möglichkeiten für ein Desaster.
Er hatte wohl stundenlang nach dem Verschwundenen gesucht, jedes Rattenloch in London abgeklappert und sein Obdachlosennetzwerk zum Einsatz gebracht, so exzessiv das Mycroft mich alarmiert hatte aber alles war in Ordnung gewesen als ich zu meinem besten Freund gestoßen war.
Zusammen hatten wir weitergesucht aber dann kam schlimm zu schlimmer und wir fanden ihn, er musste bereits Stunden Tod gewesen sein als ich ihn untersuchte. Nach außen hin schien Sherlock ungerührt vom Ausgang seiner Suche aber ich wusste es besser, es konnte ihm nicht gut gehen nach so einem Tag. Doch wie immer hatte er weder darüber reden, noch mir zuhören wollen nachdem er seine Klientin und Scotland Yard informiert hatte.
Diese Verdrängung konnte so nicht weiter gehen aber ich war beinah am Ende meiner Weisheit, wenn ich nicht schon längst darüber hinaus war. Ich wusste der einzige Mensch der zu ihm durchdringen könnte war Tod, sie müsste wahrscheinlich nicht mal ein Wort sagen um ihn aus seiner Blase zu holen. Sie würden einander ansehen, sich darin verlieren und wissen was nötig war.
Mit einem seufzten öffnete ich unsere Haustür, begrüßte etwas gezwungen lächelnd unsere Vermieterin, nicht weil ich mich nicht freute sie zu sehen sondern eher weil uns allen nicht zum Lächeln zu Mute war und ging die siebzehn Stufen nach oben.
Als ich die Tür zu unserem Wohnzimmer öffnete blieb mein Herz beinah stehen bevor es in zehnfacher Geschwindigkeit weiter schlug. „SHERLOCK" schrie ich, ließ dabei alles fallen was ich in meinen Händen gehalten hatte, namentlich meine Schlüssel und die Post.
Auf dem Boden des Wohnzimmers, zwischen unseren Sesseln lag Sherlock, sein Körper bedeckt von Schweiß, seine Haut blass und seine Augen geschlossen. Sein Zustand sowie seine Umgebung ließen nur einen Schluss zu, er war Rückfällig geworden, meine Brust zog sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken das alles nach einer Überdosis aussah.
Sofort ließ ich mich neben ihm auf den Boden fallen und sandte ein stilles Dankesgebet gen Himmel als ich einen, wenn auch schwachen Puls erfühlte. Ich sah nach ob erbrochenes seine Luftröhre blockierte, zu meiner Erleichterung war dies nicht der Fall.
Mrs. Hudson welche durch mein Schreien angelockt worden war stieß einen schrillen Schrei aus als sie die Szene vor sich betrachtete. „Rufen Sie einen Krankenwagen" wies ich sie in voller Militärarzt Manier an, meine Augen nicht von meinem Patienten nehmend. Sie tat wohl was ich ihr sagte, zumindest hörte ich sie gehen und wenig später am Telefon etwas sagen.
Mit meiner freien Hand wischte ich mir den Angstschweiß von der Stirn nachdem ich Sherlock in die stabile Seitenlage gebracht hatte, eine Hand an seinem Puls, meine Konzentration auf jedes seiner schwächer werdenden Lebenszeichen gerichtet. „Was hast du getan?" fragte ich atemlos als ich da neben ihm hockte. Ich wünschte mir nichts sehnlicher als das er bei Bewusstsein wäre um mir zu sagen was für eine selten dämliche Frage das gewesen war.
Mit mühe hielt ich meine Emotionen zurück, es war gefährlich mich von ihnen übermannen zu lassen, Sherlock brauchte all meine Aufmerksamkeit und mein Wissen, als zusammenbrechendes Frack nützte ich ihm nichts. Und eines war klar, ich konnte ihn nicht auch noch verlieren. Allein der Gedanke ließ mein Inneres zu Eis erstarren, nein, das durfte einfach nicht passieren.
Unsere Vermieterin die ihre Pflicht getan hatte kam wieder nach oben, sie schluchzte offen als sie sich am Türrahmen aufrecht hielt, es war deutlich das sie mich etwas fragen wollte aber sie bekam kein Wort heraus. Alles was sich aus ihrer Kehle kämpfte war ein gepeinigtes Wimmern. Ich wünschte mir ich könnte etwas für sie tun aber erstmal musste ich Sherlock am Leben halten.
„Halte durch" flehte ich leise meinen besten Freund an, hoffend dass er mich in den vernebelten Windungen seines Verstandes hören würde. „Bitte" fügte ich mit gebrochener Stimme an. Nun liefen doch Tränen aus meinem Augen über meine Wangen, ich tat nichts um sie fortzuwischen. Meine oberste Priorität war Sherlock.
Sein Puls wurde langsamer, ich presste meinen Augen in Konzentration zusammen und spürte das schwache pochen unter meinen Fingerspitzen, betend das ich mich irrte aber als ich feststellte das auch seine Atemzüge flacher wurden erkannte ich das dies nicht der Fall war.
Mein Körper sprang in Aktion als ich fühlte das sein Herz zu schlagen aufhörte und sein Atem endgültig stoppte. Mit geübten Handgriffen drehte ich ihn flach auf seinen Rücken. So leicht kam er mir nicht davon dieser Bastard. Ich ignorierte das schreien unserer Vermieterin als sie realisierte was passiert war. Ein Herzstillstand wäre Sherlocks kleinstes Problem wenn ich mit ihm fertig war.
Die wütende Verzweiflung das Leben meines besten Freundes wortwörtlich in den Händen zu haben gab mir Kraft als ich begann mit der Herzdruckmassage. Unter meinen Atemzügen zählte ich keuchend mit „eins" druck „zwei" druck „drei" bis ich bei dreißig angekommen war, danach neigte ich seinen Kopf nach hinten, verschloss mit meiner Hand seinen Mund und blies ihm zwei Atemzüge durch die Nase in seine Lungen.
Danach begann ich von neuem, beugte mich kraftvoll nach vorn als ich im richtigen Takt seinen Brustkorb nach unten drückte, versuchend sein Herz neu zu starten. Nach einem weiteren Zirkel hörte ich das knacken seiner Rippen unter meinen übereinander gelegten Händen. Ich schob die Übelkeit zur Seite die sich in mir aufbaute.
In meinem Inneren kämpften der beste Freund und der Arzt miteinander um das beste Vorgehen und auch der Soldat wollte hervorbrechen. Mit mühe hielt ich mich zusammen. Zu viel Stand auf dem Spiel als das ich es mir erlauben konnte die Kontrolle zu verlieren, ich musste die perfekte Mischung aus den dreien sein um sein Leben zu retten, jetzt und auch in der Zukunft, von der ich betete das wir sie hatten.
Meine Arme schmerzten als ich stur und kraftvoll weiter machte, sie brannten wie Feuer, beinah so sehr wie meine Lungen oder der Krampf in dem sich mein Herz befand. Mir war viel zu warm und kalt zugleich. Um mich herum könnte ein Krieg ausbrechen und ich würde es erst merken wenn die Kugeln meinen Körper durchsiebten so konzentriert war ich dabei meinen besten Freund am Leben zu halten.
„Nein" flehte ich kaum hörbar, wo blieb der verfluchte Krankenwagen, es fühlte sich an als wären Stunden vergangen seit ich das Wohnzimmer betreten hatte. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. „Bitte, verlass mich nicht auch." er durfte einfach nicht sterben, das ging nicht. Das passte nicht zu ihm, ich hatte einmal gesagt er würde Gott überleben nur um das letzte Wort zu haben doch ich musste mir wohl eingesehen das der Mann über denn ich diese Worte gesagt hatte schon lange fort war. Nur noch ein Schatten von ihm war übrig.
Noch immer waren meine Bemühungen alles was ihn mit Sauerstoff und einem schwachen Ersatz für einen Kreislauf versorgte. Meine Kraft schwand aber ich sollte verdammt sein wenn ich ihn sterben ließ. Er war zu brillant, zu gut und zu wichtig als das er wegen den Limitationen meines Körpers sterben durfte also machte ich weiter.
Die Momente blendeten zusammen und alles fühlte sich gleich an als ich weiter machte, meinen Körper fühlte ich kaum noch, erst als man versuchte mich wegzuziehen kam leben in mich. Ich begriff wie sich Rebecca einst gefühlt hatte im Krankenhaus als Sherlock angeschossen worden war, auch ich erkannte nicht was vor sich ging bis es beinah zu spät war.
„SHERLOCK" schrie ich erneut als ich zur Seite geschubst wurde und die Rettungskräfte sich seiner annahmen.
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