Geburtstag
(24.06.2015 – London, England)
Ich wünsche der Prinzessin einen fröhlichen Geburtstag, man weiß ja nie wie viele einem noch bleiben. – JM
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Am Morgen meines zwanzigsten Geburtstag erwachte ich zu den gespielten Noten von Für Rebecca und dem Duft von frisch aufgebrühtem Tee. Erst langsam nahm ich durch den Nebel des wach werdens war das dies tatsächliche Eindrücke aus der realen Welt waren und nicht nur Nachwehen aus einem wunderschönem Traum. Langsam rieb ich mir über die Augen bevor ich diese öffnete. Ein strahlen brach auf meinem Gesicht aus, neben unserem Bett stand Sherlock mit seiner Violine, seine Locken waren zur Perfektion gestylt, er trug seinen besten Anzug mit dem Flieder farbenen Hemd das einem schwache Knie bescherte, doch das schönste an ihm war der Blick mit dem er mich bedachte.
Ich setzte mich auf, dabei fiel mein Blick etwas zu Seite und nun erklärte sich auch der Geruch nach Tee, im Türrahmen stand John mit einer neuen pinken Tasse. Auch ihm schenkte ich ein Lächeln, mein ganzer Körper kribbelte bei so viel Aufmerksamkeit zu meinem Ehrentag. Als die letzte Note verklang konnte nicht anders als zu klatschen, es klang beinah lächerlich in der Stille des Schlafzimmers aber es überkam mich.
„Rebecca Jane ich wünsche dir alles erdenklich Gute zu deinem Geburtstag." Sherlocks Worte klangen ein wenig als hätte er sie vorher mit John geübt aber das machte nichts, wenn dann wurde es dadurch nur noch süßer. Ich stand auf und umarmte ihn, mit einem Arm drückte er mich an sich, in der anderen Hand hielt er noch die Geige und deren Bogen. „Du verdienst es" flüsterte er mir ins Ohr bevor er mir einen Kuss auf die Schläfe gab.
Ich erinnerte mich an den Arzt im Raum „Alles Gute auch von mir, die ist für dich." auch John gab ich eine Umarmung, darauf achtend mir nicht meinen Tee überzukippen. „Ich danke euch, ihr seid beide so lieb zu mir."
„Oh wir sind noch lange nicht am Ende, der Tag hat erst angefangen." Ich bekam große Augen, da war noch mehr? Dies war jetzt schon der schönste Geburtstag der letzten Jahre, nicht schwer bedachte man die Umstände der vorangegangenen Jahre aber dennoch. Ich war in einem Bett aufgewacht, zu den Klängen eines für mich komponierten Liedes und frischem Tee aus einer neuen Tasse, dazu sah ich die strahlenden Gesichter meiner Jungs, was mehr konnte ein Mädchen wollen?
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Nachdem ich mich angezogen hatte ging ich in die Küche, der Geruch der mir entgegen kam war traumhaft, ich schlug die Hände vor meinen Mund und Tränen sammelten sich in meinen Augen. „Pancakes" flüsterte ich leise, das letzte was meine Mutter mir je gemacht hatte, mein liebstes Frühstück als Kind.
Sherlock sah mich alarmiert an „Warum weinst du?" in meiner Kehle sammelte sich ein Kloß aus meinen Emotionen, ich konnte nichts sagen also schüttelte ich meinen Kopf, wie in: Alles gut, keine bösen Tränen. Doch der Lockenkopf sah nun zu John „Ich hatte dir gesagt dass die Pancakes eine schlechte Idee wären." natürlich verstand er mich falsch.
„Ich hatte dir gesagt das Schoko Croissants die sicherere Variante wären." Die Tatsache dass sie das so ausführlich geplant hatten brachte beinah noch mehr Tränen in meine Augen, diese Männer waren einfach zu Gut. John wollte etwas antworten als die Tür aufging und Mrs Hudson zu uns stieß „Hat da jemand Schoko Croissants gesagt."
„Wir sind gerettet." sagte Sherlock leise und nahm seiner Vermieterin eben jene Gebäckstücke ab „Siehst du" um sie mir unter die Nase zu halten. Ich musste Lachen aber durch meine Tränen war dies bestimmt ein wenig schmeichelhafter Anblick. „Was macht ihr denn mit dem armen Mädchen?" schellte Martha meine Mitbewohner, danach gratulierte auch sie mir mit einer Umarmung. Ich drückte sie an mich, genießend das sie da war.
„Die Beiden sind zauberhaft zu mir, keine Klagen meinerseits." stellte ich dennoch lächelnd klar als ich meine Stimme wieder fand. „Ich bin nur überwältig. John bitte stell die Pancakes wieder hin." Der Arzt hatte sie heimlich entsorgen wollen, soweit kam es noch. Die nunmehr geretteten Köstlichkeiten kamen wieder auf den Tisch. Was folgte war wohl das schönste Frühstück meines Lebens, mit den drei wichtigsten Menschen darin.
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Nach dem ausgiebigsten Frühstück das man sich nur vorstellen konnte setzten wir uns ins Wohnzimmer. „Zeit für Geschenke Liebes" meinte Mrs Hudson als sie mich mit sanfter Gewalt in die Mitte des Sofas dirigierte. Ich wollte protestieren, sagen das das wirklich nicht nötig wäre, das ich doch alles was ich brauchte bereits hatte. Aber die Worte starben auf meiner Zunge als ich in drei, ja sogar Sherlock sah aufgeregt aus, strahlende Gesichter sah. Sie hatten sich so viel Mühe gegeben, ich sollte keine Proteste starten. Es würde sie nicht aufhalten.
John räusperte sich „Ja richtig" er tat die Sache mit seiner Hand, wenn er nervös war bevor er ein eingepacktes Geschenk hinter dem Sessel hervorholte um es mir zu geben. „Meins zuerst" als er es mir übergab ließ ich es beinah fallen, ich hatte nicht mit diesem Gewicht gerechnet. Sherlock hätte wahrscheinlich längst deduziert was sich unter dem bunten Geschenkpapier befand aber ich blendete alle Informationen aus, gewillt mich überraschen zu lassen. Aufgeregt wie ein Kind riss ich es auf.
Zum Vorschein kamen nagelneue Schulbücher, sie strömten diesen spezifischen Geruch aus den nur neue Lexika oder eben Schulbücher hervorbrachten. Noch bevor ich fragen konnte was das bedeutete erklärte sich der blonde Arzt „Ich weiß wir hatten gesagt dass du dir einen Job suchen kannst wenn du stabil genug bist aber ich denke wir sollten einen akademischeren Weg einschlagen. Das ist mein Geschenk an dich: Ab September bist du Schülerin auf einer der besten Schulen für nachgeholte Schulabschlüsse und finanziert wird es mit dem Dr. John H. Watson Stipendium. Alles was du tun musst ist hingehen und dein Bestes geben. Ich weiß das du das kannst."
Ich war sprachlos, das war zu viel, eine gute Schule kostete mehrere tausend Pfund pro Jahr. Das war ich wirklich nicht wert, eine kostenfreie öffentliche Schule hatten wir ausgeschlossen wegen der Gefahr das ich in Kontakt mit Drogen kommen könnte, deshalb waren wir ja mit dem Plan geendet das ich mir einfach einen Job suchte sobald ich bereit war. Die Bücher auf den Couchtisch legend versuchte ich auszudrücken was ich fühlte „Ich weiß nicht was ich sagen soll" war das erste das ich zu Stande brachte, ich sah von John zu Sherlock, Mrs Hudson und zurück. Alle sahen wenig überrascht aus, sie hatten alle davon gewusst.
„I-Ich glaube nicht das ich das annehmen kann John, das ist..... ich meine wie......oh Gott" ich versteckte kurz mein Gesicht in meinen Händen. Wie konnte ich nur ausdrücken was für ein Sturm an Emotionen in mir tobte. „Ich danke dir, von ganzem Herzen a-aber das ist zu viel."
Er schien damit gerechnet zu haben denn er sagte nur „Keine Rücknahmen, alles ist bezahlt und bereit." Ich schüttelte lachend meinen Kopf, die Männer in meinem Leben waren alle stur also blieb mir nichts weiter als aufzustehen, in Sherlock Manier über den Tisch zu steigen, unter Rücksichtnahme meiner neuen Bücher natürlich und dem Arzt in die Arme zu fallen. „Danke John, ich werde dich stolz machen."
Er drückte mich an sich und sagte leise zu mir „Ich weiß dass du das tun wirst. Niemand verdient eine zweite Chance mehr als du." ich war mir nicht ganz sicher dass das stimmte aber ich nickte lediglich, den Moment nicht zerstören wollend. „Herrlich" sagte unsere Vermieterin gerührt. Lächelnd und voller nervöser Energie setzte ich mich wieder zwischen Sherlock und Martha, welche als nächstes etwas für mich hatte. Ich war überwältigt unter so viel Aufmerksamkeit, noch dazu zu so etwas belanglosem wie meinem Geburtstag. Noch bevor ich mich fragen konnte ob er dies überhaupt war, hatte ich doch nie rausgefunden oder besser gesagt mich bemüht rauszufinden wann Suvi geboren worden war, beschloss ich solche Gedanken zumindest für den Tag aus meinem Kopf zu verbannen.
Wenn meine Mitbewohner feiern wollten, sich solche Mühe gegeben hatten mir einen besonderen Tag zu bescheren, dann war das mindeste was ich tun konnte ihnen zu danken und es zu genießen. Martha gab mir einen Umschlag, ich nahm ihn an mich, mit zur ruhe gezwungenen Fingern öffnete ich ihn „Ich dachte mir das du dir vielleicht zur Abwechslung deine eigenen Sachen aussuchen möchtest." erklärte sie den Gutschein. Ich war gerührt, sie hatte sich Gedanken gemacht, das war so lieb auch wenn ich mir nicht verbieten konnte zu denken das ich bis jetzt mit allem zufrieden war was man mir zum Anziehen gegeben hatte.
Aber auf der anderen Seite war es vielleicht Teil der neuen Rebecca, die wieder zur Schule ging und ein geordnetes Leben führen würde. Da war ein neues Outfit nur ein logischer nächster Schritt, ungeachtet all dessen war es eine unbeschreiblich schöne Geste und ein wohl überlegtes Geschenk. Auch ihr dankte ich mit Worten und einer Umarmung. Sie redete darauf los, wo wir hin gehen würden und das sie mich begleiten wollte, ich sagte natürlich ja. Mein Gesicht tat mir beinah weh vom andauernden Lächeln aber dagegen konnte ich nichts tun, etwas anderes als Glücklich sein war mir in diesem Moment nicht möglich.
„Rebecca" hörte ich plötzlich Sherlocks samtige Stimme neben mir, ich drehte mich in seine Richtung. Er hielt einen großen flachen Karton in der Hand, darum eine Stoffschleife in purem weiß. Ich könnte mich irren aber ich schwor er sah schüchtern aus als er mir sein Geschenk an mich in die Hand gab. Sein Gesichtsausdruck war so unschuldig das ich nicht anders konnte als ihm einen sanften Kuss auf die Wange zu geben. Bevor ich die Schleife löste und den Deckel zur Seite legte.
Zwischen dem Seidenpapier das ich mit vorsichtigen Handbewegungen zur Seite schlug kam das schönste Kleid das ich je gesehen hatte zum Vorschein. Meine Finger geisterten über dem Stoff, nicht wagend es wirklich anzufassen, fürchtend es würde sich vor meinen Augen auflösen. Ich sah zu Sherlock, mir fehlten die Worte, das war wie aus einem Film, es passte nicht zu ihm aber irgendwie tat es das doch, bestimmt hatte er eine logische Erklärung für sein Geschenk gefunden.
Ich wischte meine Hände an meiner Jeans ab bevor ich es wagte das Kleid aus dem Karton zu heben. Meine Worte würden nicht reichen um zu beschreiben wie schön es war und was es in mir auslöste. Ich hatte keinen Zweifel dass es mir perfekt passen würde, wenn Sherlock es ausgesucht hatte. Wenn ein Blick auf die Frau gereicht hatte um ihre Maße zu erkennen, wie korrekt wären dann erst seine Erkenntnisse wenn er alles angefasst hatte was er Maß nahm.
Der Stoff unter meinen Fingern fühlte sich kostspielig an, ich Begriff das er das wahrscheinlich auch war. Natürlich hatte er auf lange Ärmel geachtet, dennoch war der Stoff an jenen so leicht das ich es dennoch bequem in der Wärme des Junis tragen könnte. Ich musste aufstehen um es komplett vor mich zu halten, es war ein langes Kleid, wann würde ich so etwas Schönes je anziehen können?
„Sieh in den Karton" wies mich Sherlock an, natürlich hatte er deduziert was in meinem kleinen Kopf vor sich ging. Ich tat wie mir befohlen und fand zwei Karten für die Abendvorstellung von Romeo und Julia im Royal Opera House an diesem Abend. Mein Mund fiel auf, ich würde in die Oper gehen? Oder Ballett oder was auch immer gegeben wurde? Ich? Mit Sherlock? Er passte dahin aber ich war nur ein Mädchen von der Straße. Fuck. Nun kam ich mir wirklich wie in einem Märchen vor.
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Ich hatte lange überlegt was ich ihr schenken könnte, hatte im Internet Recherche betrieben. Viele Ideen gehabt und verworfen. Bis zu dem Zeitpunkt als ich ihr Gesicht sah hatte ich Zweifel gehabt, nun war ich froh auf den Online Artikel gehört zu haben. Ursprünglicher Anstoß war das Bild in der Brusttasche meines Jacketts gewesen, das Foto von der Hochzeit. Wie schön sie in dem formellen Kleid gewesen war, wie wohl sie sich gefühlt hatte.
Vorsichtig legte sie das Kleid zurück bevor sie sich in meine Arme warf, gut dass ich das vorhergesehen hatte. Ich vergrub meine Nase in ihrem Haar als die Worte des Dankes aus ihr heraussprudelten. Ja das würde es wert sein, sich drei Stunden lang ein Hirnzellen tötendes Unterhaltungsprogramm anzusehen. Es war nur logisch, es war ihr Geburtstag. Ich schloss die Augen, ihre Nähe und ihren Geruch genießend. Wieder meines aktiven Willens fiel mir die Drohung ein die Moriarty an diesem Morgen geschickt hatte, ich drückte sie fester an mich, entschlossen nicht zuzulassen das dies ihr letzter Geburtstag würde.
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Nachdem ich mich ausgiebig für meine Geschenke bedankt hatte, mir versichert worden war das alles von Herzen kam und ich sie ohne schlechtes Gewissen annehmen sollte waren wir in ein natürlich fließendes Gespräch gefallen. Zumindest John, Mrs Hudson und ich sprachen über die Schule, die Fächer die ich belegen würde und den Abschluss den ich anstreben sollte. Sherlock schien sich ganz gut mit sich selbst zu beschäftigen während er vortäuschte zuzuhören.
Ich war so aufgeregt, nicht nur wegen der Oper am Abend auch die Aussicht auf die kommenden Monate erfüllte mich mit ungebändigter Freude, es war als hätte ich ein Bad in Sprudelwasser genommen. Wir sprachen über die Zukunftsaussichten die sich mit einem guten Schulabschluss ergaben. An dieser Stelle musste ich zugeben das ich mir nie Gedanken darüber gemacht hatte was ich mit meinem Leben anfangen wollte, auf der Straße war das wichtigste gewesen Essen zusammen zu bekommen und einen warmen Platz zum Schlafen zu finden damit man den nächsten Tag erlebte, in der Sucht war das wichtigste der nächste Schuss gewesen, keine Zeit oder Notwendigkeit sich einen Zukunftsplan auszudenken.
John erzählte von seiner Schulzeit und dann gab auch Mrs Hudson ein paar ihrer besten Geschichten zu diesem Thema zum Besten. Ich hoffte das ich auch nur halb so viel Spaß haben würde, der Gedanke an neue Menschen behagte mir nur bedingt aber einen Versuch war es wert. Zum Gesund werden gehörte es bestimmt dazu neue Menschen in sein Leben zu lassen und sei es auch nur als Sitznachbar oder Schulkamerad. Noch bevor ich begriff was passierte, fand ich mich zurück in der Küche und vor mir stand eine Geburtstagstorte, zwanzig brennende Kerzen und in roter Schrift „Happy Birthday Becky" darauf.
Schnell pustete ich die Kerzen aus, mir nichts weiter wünschend als das alle unsere Tage friedlich bleiben sollten, bevor sich Tränen in meinen Augen sammeln konnten. Tief in mir drin wusste ich dass mein Wunsch vergebens war aber ich erlaubte mir nicht zu viel darüber nachzudenken.
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„Du solltest dich anziehen" sagte Sherlock später am Tag nahe meines Ohres, ich blickte verwirrt zu ihm auf, es war noch nicht so spät als das wir losmussten, der Weg zum Opernhaus dauerte keine Stunden. Er rollte seine wunderschönen Augen bevor er mir den Karton mit dem Kleid in die Arme legte. Seine Augen sagten vertrau mir und dagegen war ich machtlos, ich würde ihm in einem Herzschlag mein Leben anvertrauen. Also ging ich ins Schlafzimmer um mich umzuziehen.
Fast andächtig zog ich das Kleid an, genoss den teuren Stoff auf meiner Haut, wie es sich sanft um mich schmiegte. Ich war nicht eitel aber als ich mich im Spiegel ansah verschlug es mir kurz die Sprache, ich sah nicht aus wie ich selbst, meine Haare waren durcheinander durch das Umziehen, meine Wangen waren rosig von der Aufregung des Tages und ich war angezogen wie ein Filmstar.
Ich lachte, dieser Tag schien nicht wirklich zu sein, es kam mir vor als würde ich jeden Moment aufwachen aber solange Sherlock neben mir lag wenn ich es tat war mir auch das egal. Ich kniff mir dennoch kurz in den Arm, nur um sicher zu gehen.
Natürlich hatte er meine Maße perfekt getroffen, es war nicht mal zu lang was kein Zufall sein konnte bodenlange Kleider waren nicht für Frauen unter eins sechzig ausgelegt. Ich drehte mich, bevor ich den kindischen Impuls dazu unterdrücken konnte, einmal im Kreis. Nachdem ich meine Ohrringe angebracht hatte, fuhr ich mir mit meinen Händen durch die Haare, den Gedanken sie zusammen zu binden verwarf ich schnell.
Stattdessen nahm ich einen letzten tiefen Atemzug bevor ich mich Sherlock zeigte.
*
Sie kam aus dem Schlafzimmer und in dem Moment in dem ich sie sah war es als würden alle Gedanken aus meinem Kopf gefegt. Die Welt rückte manchmal in den Hintergrund wenn ich sie ansah aber in diesem Moment überkam mich dieses Gefühl in einer Intensität die ich nicht kannte. Es war als würde in meinem Inneren etwas geöffnet, etwas das ich niemals zuvor gespürt hatte.
Es war nicht das Kleid, nicht nur, es war mehr die Art wie sie darin ging, wie ihre Augen funkelten, wie ihr Strahlen mich beinah blendete. Zum ersten Mal konnte ich verstehen was Männer dazu brachte monatelang zu planen, lange Reden zu schreiben und einen Diamantring zu kaufen. Ein Teil von mir wünschte sich beinah ich hätte es getan doch alles was ich ihr anbieten konnte als ich auf die Knie sank waren ein passendes Paar Schuhe für ihr Kleid.
Wieder sammelten sich Tränen in ihren Augen als sie sah was ich tat, keine schlechten Tränen so viel hatte ich vom Frühstück gelernt. Wir sagten kein Wort, sahen einander nur an. Als sie vor mir stand hob sie den Rock ihres Kleides an, erlaubte mir somit ihr erst den rechten dann den linken Schuh anzuziehen. Meine Finger streichelten sanft über ihre Haut bei jeder Berührung. Es war unlogisch, sie könnte das auch alleine aber dies war kein Tag für kalte Logik, sie sollte sich annähernd so Besonders fühlen wie sie es war.
Als ich mich wieder hinstellte bemerkte ich lächelnd dass die Absätze ihr einige Zentimeter schenkten somit ihr Gesicht näher an meines brachten. Ein Umstand den ich nutzte als ich sie küsste, es kam mir vor wie ein Verbrechen es nicht zu tun. Ihre Lippen waren weich unter meinen, sie legte ihre Arme um meinen Nacken und ich musste mich beherrschen nicht die Kontrolle über mich zu verlieren. Mich nicht überwältigen zu lassen von dem Bedürfnis sie mit allem was ich hatte zu bedenken, sie Mein zu machen.
Nur widerwillig und mit einigen Minuten Verzögerung löste ich mich von ihr, ihre Lippen waren nun rosiger und wirkten noch voller, es kostete mich alles was ich an Selbstbeherrschung noch hatte mich nicht erneut in ihr zu verlieren. Stattdessen legte ich ihr meine Hände an die Wangen, ihre blauen Augen waren voller Liebe. Ihre Pupillen weit und dunkel.
„Du siehst gut aus" war alles was mein, normalerweise sehr fähiges Gehirn hervor brachte. Sie lachte glockenhell, es machte es nur deutlicher das gut als Ausdruck für ihre Erscheinung nicht reichte, sie schien mir anzusehen was ich gemeint hatte, zumindest glaubte ich das in ihrem Blick zu sehen als sie sich für das Kompliment bedankte.
Ich bot ihr meinen Arm an, sie hakte sich ein und zusammen gingen wir die Stufen hinunter vor die Tür wo schon ein Wagen auf uns wartete. Mrs Hudson, die darauf bestand ein Foto von uns zu machen konnten wir dabei nicht umgehen.
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Ich hatte gedacht der Tag auf dem Jahrmarkt würde für immer der schönste meines Lebens sein aber er wurde brutal von seinem Podest gestürzt als ich mich am frühen Abend meines Geburtstags in einem feinen Restaurant gegenüber von Sherlock wieder fand. In meinem Bauch hatte es wieder geflattert als er unsere Getränke auf Französisch bestellt hatte. Ich hatte kein Wort verstanden aber er hätte wahrscheinlich die Gebrauchsanweisung für einen Toaster vorlesen können und ich hätte mich dennoch bemühen müssen ihn nicht in eine dunkle Ecke zu ziehen.
Vielleicht sollte ich auf meiner neuen Schule auch eine Fremdsprache belegen nur um zu testen ob auch ich diesen Effekt auf ihn hätte. Obwohl ich, spätestens seit heute aber eigentlich schon länger, nicht wirklich an meiner Wirkung auf ihn zweifelte. Er hatte mich angesehen als wöllte er mich mit Haut und Haaren verschlingen, als wäre ich eine Oase in einer weiten Wüste. Als er sich hingekniet hatte um mir meine neuen Schuhe anzuziehen hätte ich ihm beinah Gesellschaft auf dem Boden geleistet, so schwach waren meine Knie geworden. Ich hatte ernsthaft keine Ahnung wie ich es geschafft hatte mich aufrecht zu halten.
Auch unter der stimmungsvollen Beleuchtung des Restaurants sah er mich wieder so an, dabei war er es der Verboten gut aussah und in einer der schönsten Sprachen der Welt gesprochen hatte. Ich schwöre selbst wenn Moriarty persönlich durch die Tür stürmen würde könnte ich meinen Blick wahrscheinlich nicht von Sherlock lösen. Und wenn es mein Ende wäre würde ich glücklich gehen.
„Sprachen werden also nicht gelöscht?" fragte ich als ich einen Schluck meines Traubensaftes nahm, er schmeckte ein wenig merkwürdig, eigentlich mochte ich ihn doch, besonders wenn er kalt war aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Wahrscheinlich nur eine unbekannte Marke. Sherlock ließ es mir durchgehen.
„Ich lösche nur was nicht mehr benötigt wird." Es war mir immer noch ein Rätsel wie das funktionieren sollte aber der Beweis dass es ging saß direkt vor mir. Er könnte mir wahrscheinlich alles über unseren Kellner sagen, von seiner Schuhgröße bis zu seinem Beziehungsstatus aber ich hatte ihm erklären müssen was der König der Löwen war und warum mich die Worte 'lang lebe der König' im Zusammenhang mit Großkatzen zum Weinen brachte.
„Weißt du worum es in Romeo und Julia geht?" mich hatte es gewundert als er Shakespeare zitierte hatte bei meiner kleinen Identitätskrise. Vielleicht gab es ja Dinge die ein Engländer einfach nicht löschen konnte, wenn es hieß sein oder nicht sein hatte man gegeben falls einfach keine andere Wahl als sich zu erinnern.
„Eine tragisch ausgehende Liebesgeschichte wegen fehlender Kommunikation und schlechter Planung." Ich spuckte beinah roten Saft auf das weiße Tischtuch als ich meine Antwort bekam, das hatte ich davon etwas zu trinken während er sprach. Ich versuchte mein Lachen zurückzuhalten bis ich heruntergeschluckt hatte. „So kann man die Geschichte auch zusammenfassen." ich lachte leise als ich mir mit der Serviette über den Mund wischte.
„Aber wie dem auch sei, es ist eine viel schönere Erzählung als das Mädchen mit dem Perlenohrring." Ich denke das war ein Fakt und wenn nicht so war es zumindest meine Meinung.
„Für mich bist immer noch du das Mädchen mit dem Perlenohrringen." Er spielte auf meine Fähigkeit an um sein Chaos herum sauber zu machen und die Tatsache das er mir tatsächlich Perlenohrringe gekauft hatte, all das ohne auch nur einen blassen Schimmer zu haben worum es in dem Roman eigentlich ging.
„Für dich würde ich sogar Julia sein." sagte ich und blickte in seine wunderschönen Augen, wissend das es nichts gab das ich nicht tun würde für ihn.
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Die Oper die dem wohl schönsten Essen meines Lebens folgte war so langweilig und geistestötend wie ich befürchtet hatte, wäre da nicht Rebeccas gefesselter Blick auf die Bühne wäre ich schon längst geflüchtet. Der Feueralarm sah so schon mit jeder Minute verlockender aus aber ich wusste ich machte mir etwas vor als ich einen Ausweg suchte, ich würde an ihrer Seite sitzen bleiben, ihre Hand halten bis das Stück vorbei war. Ich zog mich nicht mal in meinen Gedächtnispalast zurück sondern sah sie einfach nur an, ihre Reaktionen auf eine Geschichte die sie eigentlich schon kannte und deren Ausgang fest stand waren faszinierend. Es schien als durchlebte sie die Geschehnisse, zumindest brauchte ich sie nur anzusehen und ich wusste wo wir in der Handlung waren.
Die schwere von dem was ich beinah getan hätte um Moriarty aufzuhalten sank in mein Bewusstsein ein als ich sah wie es sie zerriss das die Liebenden getrennt wurden. Wie hatte ich annehmen können es wäre eine gute Idee, ich hatte sie zu nah an mich herangelassen um den Sprung zu wagen. Ich musste einen neuen Weg finden alles richtig zu stellen, einen Plan schmieden der sie nicht verletzte.
Ich hatte Romeo für sie sein wollen aber nun musste ich mehr sein als das.
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Als der letzte Vorhang fiel wischte ich mir die Tränen aus den Augen, es war egal wie oft man es las, sah oder darüber nachdachte, es packte einen immer wieder, zumindest ging es mir so. Ich sah zum ersten Mal seit das Licht ausgegangen war zu Sherlock, welcher, wie ich annahm keinen Augenblick des Stückes mitbekommen hatte. Er hatte seinen Blick bereits auf mir, ich sah ihn erstaunt an, er hatte nicht die ganze Zeit mich angesehen oder?
Ich war so gepackt gewesen das ich nichts um mich herum mitbekommen hatte, das sprach für die Qualität der Aufführung. „Danke Sherlock, es war wunderschön. Dieser Tag war mehr als perfekt."
„Etwas Absolutes kann nicht gesteigert werden aber ich akzeptiere deinen Dank dennoch. Weil du es bist." er konnte nur so schlau und gefasst daher reden weil er nicht die letzten Stunden damit verbracht hatte sich eine herzzerreißende Tragödie anzusehen. Dennoch brachte es mich zum Lachen vielleicht, hoffte ein Teil von mir, war das sein Ziel gewesen.
„Vorsicht wenn du so viele Sachen nur für mich tust bezichtigt man dich am Ende noch du hättest ein Herz." grinste ich meinen Kopf schräg legend. Es war nur Spaß, natürlich wusste ich das er ein Herz hatte, zum einem im anatomischen Sinne, hörte ich es doch jede nach unter meinem Ohr schlagen und zum anderen metaphorisch gab es doch keine andere Erklärung für sein Verhalten.
„Ich habe kein Herz" ich sah ihn erstaunt an, er hatte mir seine Liebe gestanden, wenn er das jetzt zurücknahm würde ich mich wohl oder übel über die Brüstung dieser Loge werfen müssen. Noch bevor sich die Angst über seine Worte in meinem Körper wie Gift ausbreiten konnte sprach er weiter, seine Stimme samtig, fest und so Sherlock „Wie könnte ich wenn es dir gehört."
Eine warme Welle durchströmte meinen Körper im Echo seiner Worte, ich kämpfte Freudentränen zurück. Ich konnte kaum glauben das er das gesagt hatte, mir zu schwören das er alles tun würde damit ich sicher blieb war das eine aber mir zu sagen das er mich wahrlich liebte war etwas anderes, etwas das ihm schwerer fiel. Dennoch tat er es, für mich. „Du hast meins"
Ich sah kurz meine Gefühle auf seinem Gesicht gespiegelt bevor er mich an sich zog. Er küsste mich wie er es auf der Brücke getan hatte, als hätte er Angst ich würde mich im nächsten Moment in kaltes Nichts auflösen. Als würden wir vergehen ohne den anderen. Ich erwiderte den Kuss mit allem was ich hatte aber bevor ich zu weit davongetragen werden konnte hörten wir ein räuspern hinter uns.
Ein Angestellter des Theaters wies uns freundliche und leicht rot um die Nase darauf hin das die Vorstellung vorbei war, worauf hin Sherlock seine Augen verdrehte, das war ja wohl offenkundig und dann sagte der Mann das wir besser nach Hause gehen sollten, diese Aussage traf schon auf mehr Begeisterung bei meinem Detektiv. Welcher nun meine Hand nahm und mich aus dem Gebäude führte, keinen weiteren Blick zurück werfend.
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„Du bist noch nie so schön gewesen." war das letzte was er an meinem Geburtstag zu mir sagte. Es waren auch keine Worte mehr nötig als wir im Schlafzimmer standen und er den Reißverschluss meines Kleides nach unten zog. Alles was er noch zu sagen hatte drückte er mit Berührungen und hungrigen Blicken aus.
Es dauerte nicht lange und die Fähigkeit zu sprechen sowie jeder klare Gedanke waren aus meinem Kopf verbannt, ersetzt durch die Empfindungen und Sensationen die er in mir auslöste. Seine Finger die seinen Lippen voran gingen schrieben Versprechen von ewiger Liebe auf meiner Haut nieder. Es war als wäre ich das Zentrum seines Sonnensystems, alles begann und endete mit mir, ich erkannte durch den Nebel der Lust, der uns verband, dass dies meine Gedanken über ihn waren. Er war die Sonne für mich. Ich nur die Erde die in seiner Gegenwart erblühte.
Als wir zu Einem wurden, waren auch die letzten löchrigen Gedanken verschwunden, alles was ich wollte war ihm gehören, für so lange wie möglich.
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