Familie kann man sich nicht aussuchen
Sherlock wartete nicht auf seine Mutter, welche versuchte die Wogen zu glätten. Wir gingen zurück zu unserem gemieteten Auto, meine Hand in seiner. „Danke" flüsterte ich leise, mich an seine Seite schmiegend. Er hatte mir zugehört und meinen Wunsch, keine extreme Rache für diesen Zwischenfall auszuüben, berücksichtigt. Was deutlich zeigte dass er mich als ebenbürtigen Partner in unserer Beziehung ansah, nicht nur als das Mädchen das er retten musste, auch wenn er eben dies immer tat.
Ein Nicken war alle Antwort die ich bekam, da waren so viel Emotionen im Spiel gewesen, ich wusste er musste das alles erstmal verarbeiten und zu seinem kühlen selbst zurückzukehren. Natürlich folgte John uns, er schien ebenfalls zufrieden mit unserem Detektiv. Wir fuhren schweigen zurück zum Hause Holmes.
*
„Sherlock" meine Mutter klang aufgeregt als sie nach Hause kam, ich hatte sie stehen gelassen, wissend dass sie von Charlotte oder Kathrin nach Hause gefahren werden würde. Selbst wenn nicht hätte ich keinen Nerv gehabt auf sie zu warten, sie hatte es wieder einmal für nötig befunden sich für ihren Sohn zu entschuldigen. Dabei bereute ich nichts und hatte jedes meiner Worte gemeint, Beatrix konnte froh sein über Rebeccas Gutmütigkeit und friedliebendes Herz.
„Mutter" erwiderte ich emotionslos. Ich wollte kein Gespräch über etwas führen zu dem wir uns so wie so nicht einigen konnten.
„Du kennst doch Beatrix, sie stichelt gegen jeden, war dein Ausbruch wirklich nötig?" sie klang versöhnlich aber ein Hauch Frustration war dabei. Eine Tonlage die sie über die Jahre perfektioniert hatte. Sie wünschte sich sozialere Söhne, wollte aber keinesfalls die verlieren die sie hatte.
Sie hatte Glück das ich die meisten meiner Emotionen wieder weggepackt hatte, verstaut hinter den Stahltüren meines Gedächtnispalastes. „Ja" war deshalb meine Antwort. Ich hatte ihr das wichtigste in meinem Leben anvertraut und sie hatte zugelassen dass sich diese Szene abspielte aber ich wusste wie sinnlos es war ihr das vorzuwerfen oder zu verlangen das sie verstand warum ich es nicht dulden konnte das Rebecca so Aufgewühlt wurde.
Nicht ohne zu verraten was meine Frau ihr hatte verschweigen wollen. Und eins stand fest niemals würde ich das Vertrauen missbrauchen das Rebecca in mich setzte. Erst recht nicht für so etwas Lächerliches.
*
Ich hörte Sherlock im unteren Geschoss mit seiner Mutter sprechen, deshalb drehte ich auf den Stufen wieder um, die Ereignisse hatten mich aufgewühlt. Deshalb hatte ich einen Moment alleine sein wollen, auch weil ich wieder leichte Kopfschmerzen bekommen hatte.
Leise ging ich die Treppe wieder ganz nach oben. Sahen mich alle so? War ich so? Eine Bürde, es stimmte schon was trug ich schon zu seinem Leben bei? Alles was ich brachte waren Probleme, Kosten und unerwünschtes Drama. Ich schüttelte meinen Kopf. Er liebte mich und ich liebte ihn. Und wenn die Zeit gekommen war, wenn Moriarty keine Rolle mehr spielte, meine Sucht bekämpft war und ich mich sicher unter Fremden fühlte würde ich mir einen Job suchen, einen Beitrag leisten. Alles würde gut werden.
Lächerlich, bis heute Mittag hatte ich geglaubt alles sei Gut aber diese dummen Weiber brachten meine Unsicherheiten wieder ans Licht. Es brannte unangenehm in meinem Bauch meine eigene Unzulänglichkeit ins Gesicht geworfen bekommen zu haben. Und wenn ich dann noch an die Worte dachte die sie über Sherlock gesagt hatten..... Ich wollte nicht runter gehen, Violet hatte versucht Beatrix aufzuhalten aber sie hatte auch keine Partei für ihren Sohn ergriffen, vielleicht auch wegen meines abrupten Ausbruches aber dennoch blieb es mir im Gedächtnis. Wie konnte eine Mutter nicht eingreifen wenn man ihr Kind beleidigte.
Rückblickend weiß ich nicht mehr wie es dazu kam das ich an seiner Tür klopfte, hatte ich John gesucht und mich in der Tür geirrt? Hatte mein Unterbewusstsein mich weiter ausliefern wollen? Ich konnte es nicht sagen aber Mycroft rief die Tür sei offen und ich trat in sein Zimmer ein, am Rande bemerkte ich das es genauso karg war wie das von Sherlock.
Er sah nicht überrascht aus mich zu sehen, natürlich wusste er nur von einem Klopfen wer vor seiner Tür stand und einlas erbat, dennoch hatte er mich nicht weg geschickt. Interessant. „Miss Kingsley" sein Blick war so offen und neutral wie man es wohl erwarten konnte von einem Mann der Politik.
Was wollte ich bei ihm? Er sah es wahrscheinlich wie seine Tante oder wie auch immer er mit der bösen Hexe des Westens Verwand war. In all der Zeit die ich ihn kannte hatte er kein gutes Wort über mich verloren, Sarkasmus nicht eingeschlossen. „Die Angst dass sie ihn ausnutzen hatte ich nie." sprach er plötzlich in die Stille zwischen uns.
Ich schnaubte kurz belustigt, es verwunderte mich nicht dass er zum einen genau wusste was passiert war und zum anderen was ich dachte während ich schweigend vor ihm stand. „Das sie ihn bestehlen vielleicht oder ihn zurück in die Sucht ziehen aber nicht das."
„Warum?" fragte ich, es interessierte mich. Von außen sah alles danach aus, konnte ich es wirklich jemanden verübeln wenn er mich für diese Art Mensch hielt? Ich hatte die Holmes Frauen ja auch nur für die Worte gegen Sherlock angeschrien.
„Weil es zum einen Niemanden gibt der Sherlock Holmes zu etwas zwingen kann das er nicht, aus welchen Grund auch immer, tun möchte und weil selbst ein Blinder sehen kann das mein Bruder sie liebt." das letzte klang als wäre das seiner Meinung eine schlimme Krankheit (Zeitpunkt des Todes: 15:07, Todesursache: Liebe im Endstadium).
„Und sie lieben ihn." ich nickte, das war eine Tatsache die ich nur zu gerne bestätigte. "Es war deutlich dass sie unserer Familie gefallen wollten und doch haben sie keinen Moment gezögert Sherlocks Ehre zu verteidigen." jetzt klang er beinah stolz auf mich und ich wusste auch warum.
„Wissen sie" begann ich, mein Blick wechselte zwischen seinem Zimmer und ihm hin und her als ich ein wenig herumlief. „Wir beide sind gar nicht so verschieden." Er sah mich zweifelnd an, das war fair. „Ich meine uns trennen Welten, wo wir her kommen und was wir erlebt haben" Ich glaubte wir könnten einander interessante Geschichten erzählen würden wir uns nur besser verstehen und uns für den jeweils anderen interessieren.
Jedoch mein Punkt war ein anderer. "Aber wir lieben Sherlock. Wir würden Beide alles für ihn tun, wir wollen ihn beschützen, egal was es kostet oder wem wir damit wehtun."
Er sah aus als wöllte er gerne mit großen komplizierten Worten widerlegen was ich gesagt hatte, doch wir wussten Beide das ich im Grunde recht hatte. Er hatte einen schmutzigen Deal mit Moriarty gemacht nur um seinen Bruder aus der Schusslinie zu nehmen, war von seiner Konferenz verschwunden um uns bei einem tödlichen Rätsel zu helfen und hatte sich ohne Gegenwehr zu diesem Wochenende mitnehmen lassen weil sein Bruder es verlangt hatte.
Ich hob eine Hand „Nicht abstreiten" er schloss seinen zum Protest geöffneten Mund. "Es ist der vermutlich der beste Teil an ihnen. Und ich werde es niemanden sagen" Er zog zweifelnd eine Augenbraue nach oben. "Und selbst wenn" fügte ich deshalb an "Wer, der es nicht schon weiß, würde mir schon glauben." Mit einem kleinen Lächeln verließ ich sein Zimmer, alles im allem kein schlechter Tag. Ein kleiner Familieneklat aber ich hatte auch viele schöne Sachen gehört und gesehen. Am wichtigsten aber: Ich hatte meinen Frieden mit der britischen Regierung geschlossen.
*
Sherlock hatte mir freigestellt ob wir an der Familienfeier am Abend teilnehmen wollten. Denn eins war sicher so sicher wie das Amen in der Kirche wenn ich nicht ging würde er auch nicht gehen. Seine Mutter wollte dass er in jedem Fall mitkam, vermutlich auch das er sich entschuldigte aber wir wussten alle da konnte sie lange warten. John war es gleich, Mycroft wünschte sich wahrscheinlich er hätte auch nur einen halb so guten Grund dem ganzen fern zu bleiben aber die Entscheidung lag in meinen Händen.
Ich hatte lange Überlegt aber trotz des Tages wollte ich gehen. Mir war klar dass mein Lockenkopf nicht von meiner Seite weichen würde, ich wäre beschützt und durch seine Anwesenheit bestärkt außerdem wollte ich Charlottes Ehemann kennen lernen. Und ich glaubte nicht das Beatrix riskieren wollte das ihre kleinen Geheimnisse ans Licht kamen. Sie würde mich bestimmt in Ruhe lassen.
Sherlock und ich waren in unserem Zimmer, ich legte meine Sachen bereit und er saß auf dem Bett, seine Augen verfolgten mich als ich umherging. Immer wieder sah ich zu ihm und musste lächeln. Meine Unsicherheiten hatte ich so gut es ging wieder weggepackt, warum sollte ich an uns zweifeln wenn es nicht einmal der Eismann tat.
Das festlichste Kleidungstück das ich hatte war das dunkelblaue Kleid von der Hochzeit des Grauens, klar ich war darin beinah abgestochen worden aber dafür konnte ja das Kleid nichts, es war immer noch wunderschön. Ich suchte Sherlock ein farblich passendes Hemd heraus.
Dieser stöhnte als ich begann meine Haare zu frisieren, es klang als hätte ihn jemand geohrfeigt, ich lachte und lies meine Hände wieder sinken. Wenn er es so gerne wollte dann würde ich sie eben offen lassen. Er stand in einer eleganten Bewegung auf, trat hinter mich und massierte mir sanft mit seinen Geigenspielerfingern durch die braunen Strähnen. Mein ganzer Körper entspannte sich unter diesen Berührungen. Ja offen lassen war eine gute Entscheidung, wenn ich das dafür bekam.
„Ich habe etwas für dich" flüsterte er in mein Ohr als er damit aufhörte, seine warmen Hände lagen nunmehr auf meinen Schultern. Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus, er war mir so nah, ich konnte die Wärme seines Körpers spüren, seinen Atem an meiner Haut, seine Worte registrierte ich erst etwas verzögert. Er schmunzelte verspielt als ich mich langsam umdrehte und „Mhm?" alles war was ich als Antwort zu Stande brachte. Dieser Mann verstand es einem die Sinne zu rauben.
Er holte ein kleines Schmuckkästchen aus seiner Tasche hervor, er öffnete es langsam und zum Vorschein kamen „Perlenohrringe" ich lächelte ihn an, er war so einmalig. Sie waren wunderschön, die obere Fassung schien aus Silber zu sein und die Perlen schwangen jeweils frei. Es waren Clips da ich immer noch keine Ohrlöcher hatte, natürlich hatte er daran gedacht. Ich glaubte nicht das er jemals auch nur ein Detail über mich vergaß.
„Ja, mein Mädchen mit dem Perlenohrring." Tränen der Freude sammelten sich in meinen Augen doch ich blinzelte sie weg, er mochte keine Tränen auf meinem Gesicht. Deshalb strahle ich so hell wie ich mich fühlte bevor ich fragte „Du hast das Buch nicht gelesen oder?" er nannte mir nur so weil ich einmal einen Witz in die Richtung gemacht hatte und perfekt um sein Chaos putzen konnte.
Er wirkte für einen kurzen Moment zurückgenommen, das wollte ich nicht, dies war ein guter Moment, keiner für Zweifel, deshalb fügte ich schnell an „Unsere Geschichte ist tausendmal besser" ich gab ihm einen kurzen Kuss bevor ich mich daran machte die Schmuckstücke an meine Ohren zu hängen. Sherlock sah zufrieden aus als ich „Ich liebe sie" sagte und meinen Kopf hin und her bewegte damit die Perlen schwangen. „Vielen Dank Sherlock"
Seine Augen strahlen so viel liebe aus als er mich ansah dass meine Knie weich wurden. Ich war froh dass er nahe genug stand um mich aufrecht zu halten.
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