Fakten gegen falsche Fakten
(21.08.2015 – London, England)
Etwas seltenes geschah in dieser Nacht, ich träumte von ihr, das geschah so selten das mein Herz schmerzte als ich ihr Gesicht in Bewegung vor mir sah. Mein Gefühl und auch mein Verstand sagten mir sofort das dies ein Traum war aber ich genoss jede Sekunde, war gewillt so lange zu schlafen wie ich konnte.
Wir standen in einem Garten voller Sommerblumen, der Wind wehte durch ihr Haar, die braunen Strähnen leuchteten im Schein der untergehenden Sonne. Sie drehte ihr Gesicht zu mir und mein Atem stockte, sie war so schön...
So Sorgenfrei war ihr Gesicht und ihre Haltung, sie streckte eine Hand nach mir aus, einen Moment sah ich sie einfach nur an, konnte nicht verarbeiten was geschah, mit zitternden Fingern hob ich meine Hand, als meine Haut ihre berührte war als erweckte mich dies zu neuem Leben, ich spürte meinen Herzschlag nun kräftiger, die Farben vor meinen Augen wurden brillanter und auch die Luft in meinen Lungen fühlte sich frischer an.
„Warum siehst du mich so an?" Fragte sie so unbefangen, sie hatte es verdient so glücklich und unbeschwert zu sein wie in diesem Traum, sie war eine Vision, eine Göttin in der Wüste meines Lebens.
„Weil ich nicht anders kann Rebecca." Meine Stimme klang belegt und ich musste mich räuspern, sie sah mich kopfschüttelnd an. „Ich liebe dich" hauchte ich ihr entgegen, ich hatte so oft versäumt es ihr zu sagen. Große blaue Augen fingen meinen Blick ein als sie auch meine andere Hand an sich nahm, sie küsste beide bevor sie flüsterte „Aber das weiß ich doch" mir war als wöllte sie noch etwas sagen bevor sie von einem hellen Lachen unterbrochen wurde, doch bevor ich mich herumdrehen konnte um zu sehen wo diese neue Stimme her kam....
.....erwachte ich zu dem knallen eines Tellers auf den Fließen in der Küche. Genervt stöhnte ich auf, ich hatte das Gefühl mein Unterbewusstsein hatte mir etwas mitteilen wollen mit diesem Traum, zumindest mit dem letzten Teil. Ich spürte getrocknete Tränen auf meinen Wangen und meinen beschleunigten Herzschlag. Ich rieb mir über die Stirn bevor ich beschloss nachzusehen was John hatte versucht zu tun.
*
Keuchend war ich aus einem Alptraum erwacht, ich konnte nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern aber es waren Schüsse gefallen, überall fielen Soldaten wie Blätter im Herbst. Überall wo ich hin gesehen hatte waren schmerzerfüllte blutüberströmte Gesichter. Dann hatte das Bild sich gewandelt, ich stand mit Rebecca im Park, sie sah blass und schwach aus aber sie Lächelte, ihre Knie zitterten aber sie bemühte sich zu stehen, ich konnte sie nicht erreichen als sie wankte.
Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen als ich mich im Bett aufsetzte, mein Shirt klebte an meinem Rücken, ich war dem Anschein nach in Schweiß ausgebrochen im Anbetracht dieser Bilder die mein Geist freundlicherweise für mich bereitgehalten hatte.
Dies war eine der Nächte in denen ich sie mehr vermisste als üblich, schlaf würde ich keinen mehr finden also beschloss ich aufzustehen und mir etwas zu essen zu machen, vielleicht auch einen Tee zu kochen.
Das nächste was ich bewusst wahrnahm war das laute Geräusch des zerspringenden Tellers auf den kühlen Küchenfliesen. Obwohl ich es selbst gewesen war, der ihn hatte fallen lassen, erschreckte ich mich als er aufkam und die Stille der Nacht je durchrissen wurde.
Meine Gedanken waren losgelöst von meinen Handlungen gewesen, ich hatte an das Frühstück zurückgedacht das wir Rebecca zu ehren ihres Geburtstages zubereitet hatten, wie Sherlock und ich in der Küche heimlich, still und leise alles vorbereitet und hergerichtet hatten. Das glitzern in seinen Augen als wir ins Schlafzimmer geschlichen waren und das müde Lächeln auf ihrem Gesicht sowie die herzliche Umarmung die sie mir gegeben hatte.
Von da an hatte ich an die anderen Momente mit ihr gedacht, meine Erinnerungen an sie, jene die vielleicht nicht von derselben Art oder Brillanz waren wie die die Sherlock hatte aber dennoch nicht zu verschweigen waren. Ich griff erschrocken an mein Herz als ich sah wie Sherlock seine Tür aufriss und zu mir trat.
Seine Augen besahen sich der Scherben und meiner Position in der Küche, ich hatte keine Schuhe oder Socken an und stand in einer ungünstigen Ecke umgeben von Scherben. Ohne ein Wort zu sagen ging er und holte den Handbesen sowie die dazugehörige Schaufel. Ich traute meinen Augen kaum als er begann das versprungene Porzellan aufzufegen, es schien ihm wichtig zu sein das ich mich nicht an den Scherben verletzte, sein Blick zwang mich zum Stillstand als ich mich bewegen wollte bevor er fertig war.
„Danke" sagte ich leise in die Stille zwischen uns, ich wusste meine Stimme war nicht laut aber es kam mir vor als wäre ich hinter einem Mikrophon, vielleicht lag es an dieser Merkwürdigen Situation.
„Ich habe auch von ihr geträumt" bot er als Antwort an, er setzte sich an den Tisch, seine Beine an seinen Körper gezogen. Ich begann wie zuvor angedacht damit mir ein Sandwich zu machen während ich gleichzeitig Tee zubereitete. Zu Fragen woher er von meinem Traum wusste wäre Zeitverschwendung, ich wollte ihn auch nicht unnötig nerven nun da er endlich wieder mit mir sprechen wollte, über Rebecca sprechen um genauer zu sein, etwas das er sonst kaum tat.
„Ich vermisse sie so sehr." Sagte ich als ich das heiße Wasser in die Kanne schüttete.
„Das gibst du sonst nie zu" meinte Sherlock daraufhin und „oder zeigst es" fügte er nach einer kleine Pause an. Ich brummte kurz, beschränkte mich darauf meine Sachen und auch seine Tasse auf den Tisch zu stellen. „Warum?" bohrte er jedoch nach, anscheinend würden wir jetzt tatsächlich darüber reden.
„Wie kann ich das denn?" begegnete ich dem ganzen vorerst mit einer Gegenfrage. Er sah mich an als verstand er nicht was ich meinte und wahrscheinlich war dem auch so, er hatte seine Probleme mit Gefühlen und dergleichen.
„Ich habe Angst das wenn ich dich mit meiner Trauer belaste das dich das zurückwirft, besonders jetzt da es dir besser geht. Nachdem" ich brach ab, wollte nicht über seine Überdosis sprechen, er verstand auch so was ich meinte.
„Sie war meine beste Freundin" gab ich zu, spielte mit dem Griff meiner Tasse, vermied es meinen Mitbewohner zu lange anzusehen, stahl nur ab und zu einen Blick zu ihm, mich versichernd das alles noch in glatten Bahnen lief.
„Ich denke so oft an die kleinen Dinge die das Leben mit ihr ausgemacht haben" zum Teil gab ich dies auch zum ersten Mal vor mir selbst zu. „Wie sie sich über die Instagram Kinder lustig gemacht hat"
„Wie sie ihr Gesicht verzieht wenn die Sonne ihr in die Augen scheint." Ich wies ihn erstmal nicht darauf hin das seine Formulierung falsch war, beobachten wollend ob es sich um einen einmaligen Ausrutscher handelte oder ob mehr dahinter steckte.
„Ihre Stimme am Frühstückstisch, immer versuchend ein Gespräch zu führen." Jetzt da ich meine Zeitung in Ruhe lesen konnte wollte ich das gar nicht mehr. Ich würde morden für die Chance von ihrem Geplapper unterbrochen zu werden.
Sherlock nickte zustimmend, er hatte zumeist alles fallen lassen um mit ihr zu sprechen beziehungsweise hatte sie immer gewusst wann er empfänglich dafür war. „Ihre liebe für Mittelalterserien und süße Sachen. Meine Frau könnte ihr Eigengewicht in Eiscreme zu sich nehmen."
Besorgt sah ich zu ihm, da war keine Trauer in seinen Worten und nur eine Sehnsucht in seinen Augen die von Entfernung nicht von Tod sprach. Nun war ich mir sicher das mehr dahinter steckte als falsch angewandte Grammatik. Was hatte er getan? Was glaubte er? Was war los?
„Sherlock, sie hätte das zu sich nehmen können." Sagte ich sanft und war versucht eine meiner Hände auf seine zu legen. „Sie kommt nicht wieder, das weißt du oder?"
Nun sah ich ihn an, studierte seinen Gesichtsausdruck, da war etwas das er mir nicht sagte aber Schlimmer noch in seinen Augen sah ich das er glaubte das er sie wiedersehen würde, er schien sich dessen sicher zu sein als er trotzig seinen Blick abwand.
*
In meiner Ermüdung und dem entspannten Gespräch in der Küche hatte ich nicht darauf geachtet meine Schilde und meine Zunge in Zaum zu halten. Besorgnis stand John ins Gesicht geschrieben als er mich ansah, ich konnte es kaum ertragen als er sagte sie würde nicht zurück kommen denn genau dafür würde ich sorgen.
„Sherlock" drängte er mich weiter zu sprechen beziehungsweise ihm zu antworten. Er sah mich an als hätte ich den Verstand verloren dabei waren meine Gedanken so klar wie noch nie oder besser gesagt so klar wie seit Wochen nicht mehr. „John" gab ich deshalb zurück, in einem Ton als würde ich seinen Punkt nicht verstehen.
Ich rang mit mir ob ich es ihm sagen sollte, würde er verstehen? Würden seine Gefühle und die Fakten die er als wahr ansah, welche aber nur dazu gedient hatten uns abzulenken, erlauben das er die Wahrheit erkannte?
Jedoch wenn ich ihn mir so ansah glaubte ich das ich mit jeder vergehenden Sekunde weniger die Wahl dazu hatte, er sah aus als wäre er kurz davor mich einzuweisen oder mir eine Ohrfeige zu geben als wäre ich hysterisch. Vielleicht war es besser ihn einzuweihen, so hatte ich einen Begleiter bei meiner Reise aufs Land. Oder besser gesagt meiner Rettungsmission, Rebecca konnte es bei Mycroft nicht gut gehen. Er wusste noch weniger von Frauen, Gefühlen und Wärme als ich und das war schon ein niedriger Standard.
Ich richtete meinen Blick auf meinen besten Freund, zeigte ihm mit meiner Körperhaltung und Mimik das ich es ernst meinte als ich sagte „Sie lebt John".
*
Für einen köstlichen kleinen Moment glaubte ich zu Träumen oder mich wenigstens verhört zu haben aber er meinte das Ernst. Um Gottes Willen, der arme Mann. Er hatte nunmehr vollkommen die Realität verdrängt. Wie hatte es so weit kommen können? Ich spürte das ich ein wenig unter Schock stand. Als hätte mich jemand plötzlich in den Magen geboxt. Wie lange hing er schon dieser Fantasy hinterher? War er deshalb nicht an ihrem Grab gewesen am Monatstag ihres Todes?
Ich wusste das ich ihm klar machen müsste das dies nicht Real war und das es keinesfalls Gesund war die Fakten so zu ignorieren, er konnte nur verletzt werden wenn er damit weiter machte. In meinem Kopf suchte ich nach den richtigen Worten, wie sollte ich anfangen und wichtiger: Wie würde dieses Gespräch nur enden?
„Nein" war das erste das aus meinem Mund kam, fast ohne mein Bewusstes zutun „Sherlock, sie ist Tod." Folgte diesen Worten. Ich sprach sanft aber dennoch bestimmt.
„Das ist was wir glauben sollen." Sagte er und beugte sich in seinem Stuhl näher an mich heran, als verriet er ein Staatsgeheimnis und in seiner Vorstellung kam es dem wahrscheinlich ziemlich nahe. Es war schlimmer als Gedacht, nicht nur verdrängte er ihren Selbstmord, nein dem Anschein nach hatte er sich auch eine Verschwörung ausgedacht.
„Du hast ihre Leiche gefunden" erinnerte ich ihn, nicht gerne aber er musste doch einsehen das es genauso gewesen war. Ich atmete tief durch als ich es bildlich vor mir sah. Ihr zierlicher Körper hatte leblos in Sherlocks Griff gelegen. Das Gefühl ihres kalten Handgelenks in meinem Griff, ohne Puls wohlgemerkt, bereitete mir bis zu diesem Tag Alpträume. „Du hast sie aus dem Gebäude getragen und sie hatte keinen Puls, das habe ich selbst festgestellt."
„Wir haben uns geirrt. Wir waren blind gewesen und haben geglaubt was wir gesehen haben. Was wir sehen sollten. Ich habe einen Fehler gemacht." Müde und trotzig schüttelte ich meinen Kopf. Das war doch Wahnsinn. Ich hätte ihm nicht so viel Freiraum lassen sollen.
„Rebecca hat immer gesagt das du keine Fehler machst." Erinnerte ich mich an den Tag an dem eine Bombe Scotland Yard zerfetzen sollte es sei denn Sherlock fand einen Fehler in seiner Vergangenheit. Unser Mädchen hatte darauf bestanden das der Detektiv keine Fehler machte, in ihrem Weltbild stand er jedoch auch auf einem ziemlichen Podest.
„Wie soll sie das Überhaupt angestellt haben?" warum ich diese Irre Vorstellung überhaupt einer Frage würdigte wusste ich beim besten Willen nicht. „Du bist der schlauste Mann in England" nicht unbedingt in diesem Moment aber generell. „Und Rebecca, auch wenn ich sie geliebt habe, war ein einfaches Mädchen. Also, wie hat sie das angestellt?"
Ich hoffte wahrscheinlich das er durch meine Fragen einsah wie märchenhaft seine Theorie klingen musste aber ich hätte damit rechnen müssen das es so einfach nicht werden würde.
„Mit Hilfe des einzigen Mannes der mich hinters Licht führen kann." Das grenzte die Namensliste ziemlich drastisch ein.
„Mycroft?" fragte ich aus irgendeinem Grund dennoch, vielleicht weil ich mir nicht recht vorstellen konnte das Becky mit dem Eismann gemeinsame Sache machte, zumeist waren die Beiden wie Hund und Katze gewesen. Wobei dabei jeder der Beiden geglaubt hatte er/sie war die Katze.
„Offenkundig" meinte mein Mitbewohner leicht entnervt. Für seinen Geschmack war ich wohl zu langsam, nichts neues und auf eine Art angenehm vertraut.
Ich lachte Humorlos auf, diese bizarre Situation nicht recht wegstecken könnend. „Also" ich räusperte mich und gelang die Kontrolle über meine Gesichtsmuskeln zurück. „du willst mir weiß machen das Rebecca, unsere süße, ehrliche Becky, die dich mehr geliebt hat als alles andere, spontan nach dem Tod ihrer besten Freundin beschlossen hat mit deinem Bruder gemeinsame Sache zu machen und ihren Tod vorzutäuschen? Einfach nur so?"
Nicht das ich Mycroft einen solchen Trick nicht zutraute, wenn einem Menschen dann ihm aber ich sah nicht Recht das Becca da mitmachen würde. Warum sollte sie? Wir waren ihr zu Hause und sie würde uns niemals weh tun. Anscheinend wusste auch Sherlock nicht so recht warum. Gut das er nicht auf alles eine Antwort hatte.
„Sie dir die Fakten an John" drängte er mich, seine Körperhaltung wirkte nun angespannter, es war ihm wichtig das ich ihm glaubte und ich versuchte aus Respekt wenigstens aufmerksam zuzuhören.
„Sie war für über vierzehn Stunden verschwunden. Vom dem Moment als sie aus der Leichenhalle getreten war bis zu ihrem errechneten Todeszeitpunkt. Als das Haus ihrer Eltern explodiert war hat sie keine zwei Stunden gebraucht um aus dem Schock in einen gefährlichen Zustand des Selbsthasses zu fallen. Es war idiotisch anzunehmen das dies beim Tod ihrer besten Freundin anders wäre. Auch die Art ihres sogenannten Selbstmordes passt nicht aber bleiben wir vorerst am Anfang. Ich habe versucht meinen Bruder anzurufen als wir ihr Verschwinden bemerkt hatten." Ich nickte bei allem das ich bestätigen konnte und hielt meinen Geist so offen wie möglich. Versuchte das Bild von seiner Seite aus zu sehen, er schien sich Gedanken gemacht zu haben und sprach nicht nur aus seiner Trauer heraus.
„Er war nicht erreichbar und er geht sonst immer ans Telefon wenn ich ihn anrufe, außer an diesem Tag. Zufall? Möglich aber das Universum ist selten so faul und Mycroft nicht so unzuverlässig. Mein nächster Punkt, mein Bruder hat über Jahre die kritischsten Situationen gemeistert, Terroranschläge verhindert bevor auch nur eine Chance bestand das Menschen zu Schaden kommen, hat das unmögliche möglich gemacht allein mit seiner Fähigkeit zu wissen wann was zu tun ist und wer wann wie zu manipulieren ist. Aber im Fall Moriarty soll ich glauben das er ein ums andere Mal so kläglich versagt hat?"
Er schien mit sich selbst zu hadern als er sagte „Nein, ich war arrogant und schadenfroh gewesen das nicht zu sehen. Er hat das alles geplant, hat es kommen sehen, es erwartet und im passenden Moment hat er Rebecca eingeweiht. Und nun kann ich es auch beweisen" damit stürmte er in sein Zimmer, sein Morgenmantel wehte wie ein Cape hinter ihm her. Als er wieder kam hatte er Rebeccas Tasche in der Hand. Er schüttelte alles Geld was noch darin war auf den Küchentisch. Ich reagierte blitzschnell und verhinderte das einige Münzen auf den Boden fielen.
Zusätzlich fielen noch einige Seiten heraus die aussahen wie geschreddert und wieder zusammengeklebt, doch bevor ich etwas sagen konnte sprach er weiter.
„Als ich sie gefunden habe bis gerade eben waren 50,67 Pfund in ihrer Tasche. Als sie an diesem Tag aus der Leichenhalle getreten war hatte sie 151,89 Pfund einstecken." Ungläubig sah ich ihn an, nicht ganz wissen wollend worauf er hinaus wollte oder woher er sein Wissen hatte, nur gut das er sich gerne selbst reden hörte. Fragend zu schauen reichte, ich musste nicht mal sprechen. „Ich habe es nachgerechnet. Ich habe ihr 100 Pfund gegeben für den Brunch mit meiner Mutter und ihrer gemeinen Versammlung von ungeliebter Verwandtschaft und Charlotte. Der Rest war Rückgeld von ihren Einkaufsausflügen. Ich habe alle Kassenzettel angesehen die ich noch finden konnte. Habe mich an jede Banknote erinnert die du und ich ihr gegeben haben. In den Supermärkten habe ich mir die Abrechnungen und jedes einzelne Überwachungsvideo angesehen auf dem sie beim Bezahlen gefilmt wurde. Ich kann dir die genaue Zusammensetzung der Summe nennen." Ich war geplättet, wie zur Hölle hatte er das angestellt? Wie lange hatte das wohl gedauert? Und am wichtigsten wollte ich das Überhaupt wissen?
„Sie ist mit dem Taxi in ihre alte Gegend gefahren, das wissen wir. Ich habe mit dem Fahrer gesprochen und mir den Beleg geben lassen. Sie hat ihm eine 20 Pfund Note gegeben. Also bleiben noch 131,89 Pfund, rechnen wir das runter was hier auf dem Tisch liegt haben wir 81,22 Pfund für den Stoff. Ich habe die Ampulle gesehen und glaub mir, unter 100 Pfund hätte kein Dealer sich davon getrennt. Auch nicht für ein so schönes Gesicht wie das meiner Frau. Außerdem welcher Drogenhändler lässt sich mit Pennys bezahlen?"
„Kann es nicht sein das du dich um 1,22 Pfund verrechnet hast? Und das der Stoff vielleicht geschnitten war oder alt oder sie Glück gehabt hat?" das waren logische Einwände aber irgendwie machten sie Sherlock sauer, das beunruhigte mich.
„Nein John" sagte er Zähneknirschend „ich habe Tage damit verbracht die genaue Summe zu ermitteln. Jedes Bild aus meinem Gedächtnispalast angesehen, an dem Tag an dem sie verschwand hatten wir Eiscreme, sie hatte sie bezahlt und ich habe in ihre Tasche gesehen, meine Ermittlungen decken sich mit meiner Beobachtung. Außerdem habe ich mit jedem Dealer der Gegend gesprochen den ich finden konnte und versucht den exakt gleichen Stoff in dieser Menge zu kaufen."
„DU HAST WAS?" unterbrach ich ihn, seine Schnelltests waren negativ gewesen aber je mehr ich hörte desto mehr wollte ich glauben das er wieder auf Drogen war.
„Keine Sorge" winkte er meine Sorge zur Seite „ich habe nichts gekauft aber ich habe etwas wichtiges rausgefunden. Niemand war willens mir den Stoff für 81,22 zu verkaufen. Und nein ich hätte ihn auch nicht dafür genommen. Aber interessanterweise war dies ungefähr der Straßenpreis in 2014. Durch geplatzte Handelsrouten und vermehrte Zollkontrollen ist der Preis in diesem Jahr gestiegen. Das konnte sie nicht wissen. Sie hat Mycroft so viel gegeben wie sie geglaubt hat das es angemessen war, verstehst du? Das Kleingeld sollte mich wahrscheinlich verwirren aber ich sehe Glasklar."
„Das bezweifle ich" murmelte ich in meine Hände die ich vor meinem Mund hatte. Sherlock ignorierte mich.
„Warum sollte sie sich überhaupt eine Überdosis spritzen? Auf eine vielbefahrene Straße treten hätte gereicht."
„Vielleicht weil sie niemanden mit in ihren Tod reinziehen wollte oder weil es eine Bedeutung für sie hatte?"
„Wenn es etwas bedeuten sollte hätte sie die Brücke gewählt. Wie im Januar aber das hat sie nicht. Das Gebäude hatte keinen Wert für sie. Und selbst wenn sie aus irgendeinem Grund absichtlich dort gelandet war. Hätte sie auch einfach aus dem Fenster springen können oder sie hätte sich damit die Pulsadern aufschlitzen können"
Er zog das Messer aus ihrer Tasche, ich bemerkte das es kürzlich gereinigt worden war, doch da ich Sherlocks blutige Kleider verbrannt hatte wusste ich auch warum. Ich blinzelte wieder einige Tränen davon als ich zu dem Moment zurückgeworfen wurde an dem ich ihr das Klappmesser geschenkt hatte, sie hatte sich damit verteidigen sollen, niemals hatte ich gedacht das sie sich auch damit verletzten könnte. Vielleicht hat sie es deshalb nicht getan aus Respekt für mich. Eben das sagte ich Sherlock aber dieser winkte nur ab.
„Gefühlsduselei" spottete er als wäre dies so fern für ihn. „Sie war ein gefühlvolles Wesen" konterte ich, das musste er doch wissen.
„Wie auch immer" schmetterte er auch diesen Einwand ab. Ich seufzte aber hörte weiter zu.
„Sie hat sich diese Spritze gesetzt weil es sein musste. Nur so konnte sie uns überzeugend genug die Tote vorspielen. Ich habe recherchiert. Verwendet man es richtig und misch es mit einigen anderen Chemikalien kann der Honig gewonnen aus den Blüten des Rhododendron Ponticum zu einem Todesähnlichen Schlaf führen. In einigen Teilen der Welt ist es auch als verrückter Honig bekannt und ich wette das in Baskerville unter anderem auch daran geforscht wird. Besser gesagt weiß ich es weil ich einige Berichte von ein paar sehr unachtsamen Agenten gestohlen beziehungsweise eher ausgeborgt habe. Es wird verwendet um Agenten deren Identitäten enthüllt worden sicher aus einer anderweitig tödlichen Situation zu holen."
Ich war beeindruckt welche längen er gegangen war um seine Theorie glaubhafter zu machen.
„Testen kann ich es nicht, inzwischen wurde die Flasche bei dem Beweismaterial zweifelsohne ausgetauscht und alle Spuren sind verwischt. Ich habe auch ein paar vernichtete Papiere aus seiner Wohnung, sie beweisen das er am Tag der Explosion etwas mit dem Codenamen Doomsday angefordert hat, von dem Labor in Baskerville. Aber das ist nicht alles was meine Aussage stützt. So wird auch Mycrofts plötzliches Interesse an Rebecca erklärt, sein einschreiten als er den Geheimdienst die Ermittlungen durchführen ließ. Sein nachgeben bei meiner Forderung auf eine Autopsie zu verzichten. Seine ausbleibenden Besuche und das er seinen Gehilfen geschickt hat um ihre Beerdigung zu organisieren. Er wusste ich würde einen geschlossenen Sarg verlangen und ich habe ihm vom ersten Tag an in die Karten gespielt."
Er schlug mit seiner Hand auf den Tisch und das Porzellan klapperte. Ich war zu geschockt von dem was ich hörte und der Tatsache das es sich immer weniger Verrückt anhörte.
„Er war sich so sicher dass er es nicht einmal für nötig gehalten hat sich umzuziehen nachdem er sie besucht hat. Die Freundin die ich doch so bereitwillig als Erklärung für das blonde Haar an seinem Anzug erfunden habe kam ihm gerade recht. Ich war so Blind gewesen."
Etwas anderes fiel mir wie Schuppen von den Augen. Die Krankenschwester. „Sherlock" sagte ich, Aufregung breitete sich in mir aus, ich fasste seinen Arm, mir seine Aufmerksamkeit verschaffen wollen. Er sah mir genau an was sich in mir abspielte denn seine Augen waren voller Hoffnung.
„Mycroft wollte nicht das ich es dir sage, es kam mir richtig, wenn auch etwas merkwürdig, vor im Anbetracht seiner Instanz in diesem Punkt." Ich verstummte als mir klar wurde wie dumm ich doch gewesen war, wie blind sie nicht zu erkennen. Sie hatte keine fünf Schritte vor mir gestanden. Gepeinigt schloss ich die Augen.
„Was?" forderte mein Mitbewohner ungeduldig als ich nicht weiter sprach. Verübeln konnte ich es ihm nicht. Es musste wichtig sein wenn es mich so aus der Fassung brachte das wusste er.
„Als du im Krankenhaus gelegen hast" begann ich und in Sherlocks Augen erkannte ich ein ungewöhnliches Funkeln, er sah mich aufmerksam an. „An dem Tag als sie dich aus dem künstlichen Koma holen wollten bin ich eher zu dir gegangen als sonst und als ich ins Zimmer getreten war stand da diese Krankenschwester an deinem Bett, sie hat deine Stirn geküsst und..."
„sie hat mit mir gesprochen" beendete Sherlock aufgeregt meinen Satz. Ich nickte, mir ins Gedächtnis rufend wie sie ausgesehen hat. „Ich habe es dir nicht gesagt" sprach er weiter, immer noch voller Energie „ich wusste du würdest es als Produkt meines Verstandes abtun aber ich habe ihr Stimme glasklar mit meinen eigen Ohren gehört. Sie war mir so nahe das ich sie bis in meine Träume riechen konnte. Ich habe ihre Wärme gespürt und dieses Echo hat mir erst die Erkenntnis gebracht das sie am Leben ist."
„Unglaublich" flüsterte ich geschockt, nicht recht einordnen könnend was hier vor sich ging.
„Wie hat sie ausgesehen?" fragte Sherlock, es sollte wohl beiläufig klingen aber alles am ihm verriet die Sehnsucht die er empfand. Die Liebe die aus jeder seiner Handlungen hervorblitzte.
„Sie hat Gesund ausgesehen." Beruhigte ich seine erste Sorge. Ich erwähnte lieber nicht das ich sie angeschrien hatte, immerhin erinnerte ich mich was passiert war als ich sie einmal im Schlaf berühren wollte (um sie aufzuwecken), Sherlock mochte das nicht. Und auch so fühlte ich mich furchtbar bei dem Gedanken wie leichtsinnig ich gewesen war, wie Gedankenverloren und vollkommen Blind sie einfach gehen zu lassen, weil ich sie nicht erkannt hatte.
„Ihr Haar also das was unter der OP Kappe zu sehen gewesen war, war Blond gewesen, wie das Haar auf Mycroft's Anzug. Sie hat braune Kontaktlinsen getragen und muss Lifts in den Schuhen gehabt haben. Oh mein Gott wie sie dich angesehen hat." Es war offiziell: Ich war ein Idiot. Wie hatte ich das übersehen können. Wie oft hatte ich diese Liebeskranken Kinder dabei beobachten müssen wenn sie sich in ihren Blicken zu einander verloren? Unzählige Male, so oft das ich nicht mal mehr schlechte Witze darüber machen wollte aber bei der einen Gelegenheit bei der es darauf ankam erkannte ich es nicht.
„Mycroft hat sie mitgenommen, er kam kurz nach dem ich sie erwischt hatte."
*
Mein Herz pochte wie wild und voller Freunde in meiner Brust, dieses Gefühl hatte ich schon ewig nicht mehr gehabt. Sie hatte also doch nicht fern bleiben können als ich im Krankenhaus gelegen hatte. Ich lächelte, konnte nichts dagegen tun, es war einfach zu schön zu wissen das sie mich immer noch liebte.
„Ich hatte es für einen Zufall gehalten." Erzählte John weiter, er schien mir nunmehr zu glauben und auch darum war ich froh.
„Nein er hat sie gesucht." Ich schmunzelte stolz, ein kleines Lachen entkam mir bei dem Gedanken das meine Frau dem Eismann entkommen war. Sie hatte seinen Regeln den Mittelfinger gezeigt und hatte mich Besucht, weil sie nicht hatte fernbleiben können. Denn wenn Mycroft diesen Besuch arrangiert hätte wäre sie nicht von John überrascht worden.
„Und er hat sie mitgenommen" wiederholte mein bester Freund Zähneknirschend, ich gab ihm keine Schuld, zumindest tat ich mein bestes an dieser Front. Er hatte genug Sorgen gehabt an jenem Tag. Nicht jeder hatte die Beobachtungsgabe eines Genies. Ich hoffte nur Mycroft war nicht zu hart mit ihr ins Gericht gegangen, begeistert war er gewiss nicht gewesen. Doch irgendwie gefiel mir der Gedanke besser das die beiden sich anfauchten als die Vorstellung das sie sich umarmten und für einander da waren. Dagegen sprach aber leider das Buch das er für sie las.
Ich erzählte John noch was ich in Mycrofts Haus und Büro gefunden hatte. Am Ende sahen wir einander an. John fing an zu lachen bevor er sich die Hände vor den Mund schlug nur um weiter zu lachen. „Sie ist am Leben" ja das sagte ich die ganze Zeit aber schön dass er es nun begriff, ich rollte ganz automatisch mit meinen Augen aber stimmt in seinen Frohsinn mit ein. „Ja das ist sie"
So schnell wie ich meinen Blogger in meinen Armen wieder fand konnte ich gar nicht schauen. Ich klopfte ihm unbeholfen auf den Rücken bis er sich wieder beruhigt hatte. Doch plötzlich war es als hätte ihn jemand mit Eiswasser übergossen und er verkrampfte sich, seine Glieder begannen zu zittern.
„Fuck" murmelte er „Daran arbeitest du als die ganze Zeit wenn du sagt das du für deinen Bruder ermittelst?" seine Stimme war leise und voll Terror. Seine Augen waren groß, so weit aufgerissen das ich mir wirklich Sorgen machte. Ich nickte bestätigend.
„Als ich auf dem Friedhof war, um an Rebeccas Grab Blumen nieder zu legen, hat er mich angesprochen. Er hat nach dir gefragt und ich habe ihm nichts ahnend erzählt wie du an seinem Fall arbeitest."
Frustration über diesen Fehler verkrampfte mein Inneres, es war dumm von mir gewesen zu hoffen das Mycroft fern bleiben würde und so meine Lüge nicht aufflog. Unruhe ergriff mich, der Termin nächste Woche war kein Besuchstermin, nein er würde sie weg bringen.
„Wir haben nicht viel Zeit, komm" sagte ich und rannte förmlich aus der Tür. Ich musste vor ihm bei ihr sein.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro