Ermittlungen
(04.08.2015 – London, England)
Sherlock schien es nach seinem Krankenhausaufenthalt und unserem Gespräch besser zu gehen. Nicht so gut wie zu Zeiten als Becky bei uns gewesen war aber das war nur verständlich. Vielmehr war er beinah wieder auf dem Level das er vor ihr gehabt hatte. Er nahm Fälle an, wirbelte durch die Wohnung, aß wenig aber regelmäßig und arbeitete sogar wie besessen an einem Auftrag für seinen Bruder, seiner Aussage nach, dafür schloss er sich in seinem Zimmer ein, führte Telefonate und ging auch regelmäßig vor die Tür.
Seine Drogenschnelltests auf die ich bestand waren jeden Tag negativ und damit war ich vorerst zufrieden. Das einzige was mir Sorgen machte an seinem Umschwung war das er den Monatsmarker ihres Todes keiner Würdigung oder gar einer Träne widmete. Er spielte nicht auf seiner Geige stundenlag ihr Lied, er setzte sich nicht mit ihrem Buch in eine Ecke oder legte sich den ganzen Tag stocksteif in sein Bett. Nicht das ich das wollte aber es war merkwürdig.
Dass der Mann der auf ihrer Beerdigung schreiend zusammengebrochen war, der die Tage nach ihrem Tod beinah katatonisch in seinem Bett vor sich hin vegetiert hatte nunmehr keine Wimper zuckt an diesem Tag. Auch so moppte er weniger in Trauer durch die 221B, ich konnte mir nicht vorstellen das er sie bereits vergessen hatte oder seine Trauer ein Ende gefunden hatte.
Nicht wenn er vor wenigen Tagen noch eine Überdosis an Drogen zu sich genommen hatte nur um eine Vision von ihr zu haben. Auch seine Augen verrieten eine gewisse Traurigkeit wenn er ihr Bild ansah oder seine Finger sich um die Kette um seinen Hals schlossen. Doch es hatte sich verändert, es glich nunmehr einem sich sehnenden Vermissen. Ich hoffte das dies ein Zeichen von Fortschritt war aber blieb dennoch Aufmerksam.
*
(10.08.2015 – London, England)
Beinah lachhaft wie alles zusammenpasste wenn man sich die Fakten ansah. Es hätte mir auffallen müssen. Es war nicht viel, aber mehr als ich benötigen sollte für so eine einfache Deduktion.
Allein der Zeitablauf: Am Nachmittag des 03.07.2015 hatte sie Susann Bones in der Leichenhalle gesehen. Keine Minute später hatte sie sich circa um 16:10 Uhr aus dem Raum entschuldigt und war verschwunden. Das Ablegen ihres Telefons und die Flucht aus dem Gebäude dauerten zusammen keine drei Minuten aber gefunden hatte ich sie erst am Morgen des 04.07.2015 circa um 6:20 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt war sie nicht kalt, nur ausgekühlt, das bedeutet ihr -Tod- war keine Stunden her sondern irgendwann in der Stunde zuvor eingetreten.
Unlogisch, was hatte sie in den fehlenden vierzehn Stunden angestellt? Um sich umzubringen hatte sie weder die Drogen noch den abgelegenen Ort gebraucht. Eine hohe Brücke oder eine vielbefahrene Straße wären ausreichend gewesen. Selbst das Dach von St. Barts wäre weit genug über dem Boden um einen Fall tödlich zu machen. Und selbst wenn man auf eine Überdosis bestand hatte sie für das kaufen des Stoffes und das finden eines passenden Ortes nicht über zehn Stunden gebraucht.
Außerdem passte eine Überdosis nicht zu ihr, sie hatte sich bereits einmal umbringen wollen und damals hatte sie eine Brücke gewählt. Sie hatte auf das Wasser unter ihr geblickt und hatte sich diesem reinigenden Element übergeben wollen, hoffend das es ihre Sünden fortwaschen würde, dies hatte sie mir in einer der Nächte anvertraut in denen keiner von uns beiden richtig schlaf hatte finden können.
Auf ihrem Telefon war kein Anruf getätigt worden, dies zeigen die Protokolle des Mobilfunkanbieters und die Tatsache das sie dafür nicht die Zeit gehabt hatte und wir kein Gespräch gehört hatten. Dies hieß mein Bruder hatte sie wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt eingefangen zu dem ich versucht hatte ihn zu erreichen.
Oh ja mein großer Bruder hatte definitiv seine Finger im Spiel. Es gab keine andere Erklärung für diesen so raffiniert ausgeführten Plan. Ich liebte meine Frau, sie ist schön, clever und ein quell der Inspiration aber alleine hätte sie mich nicht täuschen können. Keine Chance. Tatsächlich gab es nur einen der mich täuschen konnte: Alexander Mycroft Chad Holmes.
Mein eigener Bruder, ich hätte es ahnen müssen. Dieser Deal mit Moriarty war schon immer suspekt gewesen, sein Verhalten danach hatte auch nicht zu ihm gepasst, in Anbetracht der Drohungen die ich erhalten hatte war er lachhaft ruhig geblieben. Das sein Plan immer so ausgesehen hatte bezweifelte ich nicht aber ich wusste auch das Rebecca erst am Tag vor ihrem vorgetäuschten Selbstmord einbezogen worden war. Sie hatte mich noch nie anlügen können.
Der Agent der sie hatte in das Gebäude laufen sehen nur um danach keinen Versuch zu unternehmen sie zu retten ergab nunmehr auch Sinn. Dieser Zufall hätte mir schon früher suspekt sein sollen. Ich ging hart mit mir ins Gericht für diese schlampige Denkweise. Das Universum war selten so faul beziehungsweise war mein Bruder selten so nachlässig.
Auch die Tatsache das sie auf keiner der Straßenkameras aufgetaucht war ergab nunmehr endlich Sinn. Die britische Regierung kannte den Weg um jene herum. Und er wusste auch was für ein Medikament beziehungsweise welche Droge ein gesundes Mädchen in einen todesartigen Schlaf beförderte, mehr noch er hatte Zugriff darauf. Deshalb war die Ampulle auch aufgebraucht und hatte so makellos ausgesehen.
Alles, der Ort, die Zeit und die Tatsache das John wo anders sein würde war darauf ausgelegt das ich sie zum richtigen Zeitpunkt fand und ihren Tod feststellte. Ohne nachzudenken war ich in diese Falle getappt. Mein Herz zog sich krampfhaft zusammen bei dem Gedanken das sie mir diesen Schmerz wissentlich zugefügt hatte, warum nur? Dies war der einzige Punkt auf den ich keine Antwort fand.
Das Wer und das Wie waren nunmehr klar aber Warum blieb unbeantwortet.
Nur um sich selbst aus der Gefahrenzone zu nehmen hätte Rebecca mir niemals solches Leid zugefügt, wusste sie doch das ich sie liebte und sterben würde für sie, das ich in größerer Gefahr war etwas Dummes zu tun ohne sie. So wie ich es beinah getan hatte. Auch aus Angst vor Mycroft hätte sie es nicht getan, niemand war bei ihr im Gebäude gewesen, diese Deduktion war richtig und ich stand immer noch dahinter. Sie selbst hatte sich die Spritze gesetzt, also war sie keine Gefangene sondern eine Mitverschwörerin.
An ihr waren auch keine Abwehrspuren oder sonstige Verletzungen gewesen, somit schloss ich auch aus das sie jemand anderes als mein Bruder mitgenommen hatte. Hätte Moriarty sie beispielsweise gezwungen diese Scharade zu veranstalten, unter der Androhung ihr oder mir anderweitig etwas zu tun hätte sie sich gewehrt, auch hätte Jim sie einfach erschossen hätte er sie Tod gewollt.
Nein dieses Drama trug die Handschrift der britischen Regierung. Auch deshalb hatte ich Niemandem gesagt was ich herausgefunden hatte und welcher Natur meine Nachforschungen waren. Er durfte nicht wissen was ich tat und das ich ihm auf die Schliche gekommen war, er würde sie weiter weg bringen und dann würde ich sie niemals finden. Gut das er sich nicht mehr oft in der 221B Blicken ließ, wahrscheinlich weil er mir keine Gelegenheit geben wollte nochmals ein Haar meiner Frau auf seinem Anzug zu finden.
Ich war so dumm gewesen, wie hatte ich diese Verbindung nicht früher sehen können. Sein Interesse an ihrer Beerdigung, seine Bemühungen die Ermittlungen über den Geheimdienst laufen zu lassen, seine ausbleibenden Besuche und zu guter Letzt seine -Freundin- auf dem Land.
Er hatte ihr die Haare geschnitten, gefärbt und sie weggebracht. Mir drehte sich der Magen um das sie ihn auch noch umarmt hatte, warum das? Sie hatten sich doch noch nie gemocht und Rebecca war keine Frau die, von sich aus, einfach mehr oder minder fremde oder emotional distanzierte (mit Ausnahme von mir) Menschen umklammerte. Was geschah nur mit ihr? Was tat Mycroft mit meiner Frau?
Ich verbot meinen Gedanken weiter in diese Richtung abzutauchen, wenn ich mich darin verlor was mit ihr geschehen war in all der Zeit würde ich niemals mehr einen klaren Gedanken fassen können. Logisches Denken würde mich weiter bringen, nicht meine Gefühle, so stark eben jene auch waren.
Auf einer Karte hatte ich bereits markiert in welchem Radius sie sich befinden musste. Ich war alles mehrfach durchgegangen und viel blieb mir nicht mehr zu tun. John hatte ich gesagt ich würde für Mycroft ermitteln damit er mich in Ruhe ließ, die Lüge hatte er bereitwillig geschluckt und ich fühlte mich nicht einmal schuldig. Ermittelte ich doch über Mycroft. Kein großer Unterschied.
Müde strich ich mir über die Stirn, die letzten Nächte hatte ich damit verbracht über exotische Gifte nachzuforschen und nachvollzogen woher er es bekommen haben könnte, ich brauchte Beweise wenn ich John überzeugen wollte mir zu helfen aber an diesem Punkt war ich noch nicht. Meine Augen wurden schwer als ich zu ihrem Bild an meiner Wand sah.
Sobald sie wieder bei mir war könnte sie mir alles darüber erzählen warum sie es getan hatte und wie es ihr ergangen war. Egal was es war, ich würde ihr vergeben, kannte ich doch ein Leben ohne Rebecca und die leere die dies mit sich brachte.
Vorerst beschloss ich jedoch das mein Transport mit seinen dumpf pochenden Rippen und schmerzendem Kopf schlaf nötig hatte. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen, ihr Kissen fest umklammernd schloss ich die Augen und erlaubte mir zu ruhen. Bald würde dieser Alptraum ein Ende finden.
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