Ein Retter in der Not?
(04.01.2015 - London, England)
Es war ein kalter Morgen und man musste nicht wie ich der weltweit einzige Consulting Detektive sein um das heraus zu finden. Ich hatte mich von meinen Mitbewohner, Blogger und einzigem Freund John Watson doch tatsächlich breitschlagen lassen die Einkäufe zu erledigen. Gut ich war ihm auch noch was schuldig weil er bei unserem letzten Fall fast wegen mir von einem Hochhaus gefallen wäre aber das ist eine andere Geschichte.
Eigentlich war ich nur gegangen weil wir seit Tagen keinen richtigen Fall gehabt hatten, nichts das meinen Verstand wahrhaft forderte, dabei sehnte ich mich so sehr nach etwas das meine Gedanken verstummen ließ, etwas das nicht das flüstern einer Nadel war. Langeweile war gefährlich für mich, das war keine Laune sondern eine Tatsache.
Doch auch meine Gedanken und die alltägliche Aufgabe des Laufens zu einem Laden war kaum besser als die Trostlosigkeit meiner Unterbeschäftigung in meinem Sessel ausharrend zu verbringen.
In einem Versuch meinen Geist auf etwas anderes zu fokussieren besah ich mich meiner Umgebung, vielleicht fand ich ja etwas das meine Aufmerksamkeit fesselte. Der Weg unter meinen Füßen war noch etwas überfroren, die Nacht war kalt gewesen, es lag nur kein Schnee weil die Temperatur am Tage immer knapp über Null Grad lag und es keinen Niederschlag gegeben hatte.
Als ich die Brücke erreichte, die ich überqueren musste um zu dem Geschäft zu gehen für das ich mich entschieden hatte, sah ich sie. Eine junge Frau stand ungefähr in der Mitte mit unsicheren Füßen auf dem Geländer, eine ihrer Hände hielt den Lampenmast umklammert, die andere war nach unten ausgestreckt.
Noch bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, deduzierte mein Verstand wie auf Autopilot alles war erkennbar war: Sie war jung, meiner Schätzung nach, welche auf Anatomie Kenntnissen und jahrelanger Erfahrung beruhte, unter zwanzig. Sie war obdachlos, ihre Kleidung und der Zustand ihrer Schuhe verriet dies jedem der Augen im Kopf hatte. Etwas anderes sah ich ebenfalls sofort und es war etwas mit dem ich mich auskannte, sie war abhängig, die Anzeichen standen wie eine Neon Anzeige über ihr. Aber dies war nicht ihr einziges Laster, das was von ihren Unterarmen durch die Löcher im Stoff ihres Ärmels zu sehen war, war von unzähligen Narben und frischen Schnitten übersäht.
Mit all diesen Tatsachen war es ein leichtes auszumachen was sie vorhatte. Sie wollte springen und ihrem Leben somit ein Ende bereiten. Während meiner Gedanken konnten nicht mehr als ein paar duzend Sekunden vergangen sein, innerhalb dieser war ich immer näher an die Fremde herangetreten. Als würden meine Füße mich tragen ohne das ich es steuern konnte.
Ich war nah genug um zu erkennen wie sicher sie sich war, ihre Gesichtszüge sprachen von dem Wunsch nach Frieden. Die Hand die dem Mast gehalten hatte löste sich von eben jenen und ihr Köper fiel ohne diesen Halt nach vorn. Nichts hielt sie ab oder stoppte ihren Fall in das eiskalte Wasser der Themse.
Erneut begannen die Gedanken in meinem Kopf zu rasen, es war als verlangsamte sich die Zeit im Angesicht der Geschwindigkeit in der mein Verstand arbeitete. Der Soziopath in mir sagte das es nicht mein Problem war, ihr Leben zu beenden war ihre Entscheidung gewesen, wer war ich ihr dies zu nehmen und warum sollte es mich überhaupt kümmern ob sie starb oder lebte. Täglich starben Menschen, überall auf der Welt und ich tat nichts dagegen und ich konnte es auch nicht verhindern, selbst wenn ich dies wöllte.
Trotz der Wahrheit in diesen Gedanken konnte ich nicht umhin das starke Bedürfnis, sie zu retten, zu spüren, welches mich wie eine Welle an die Küste einer unbekannten Insel spülte. Knurrend gab ich nach.
Sie aufzuhalten war nicht mehr möglich, ihr Fall hatte begonnen und ich wäre nicht schnell genug bei ihr. Deshalb streifte ich hastig meinen Mantel und Schal ab, achtlos ließ ich beide Dinge zu Boden fallen. Sie würden mich im Wasser nur behindern. Ohne zu zögern oder auch nur einen weiteren Gedanken zu verschwenden schwang ich mich ebenfalls über das Geländer.
Wie erwartet war das Wasser kalt, dennoch traf mich das Gefühl der frostigen Themse an meinem ganzen Körper wie ein heranrasender Zug. Für einen Moment hatte ich das Gefühl mein ganzer Körper würde in Schock verfallen, meine Muskeln brannten vor Anstrengung und dem Impuls Wärme zu erzeugen als ich damit begann in dem fließenden Wasser nach der Frau zu suchen.
Ich konnte die Uhr die gegen mich lief praktisch vor meinen Augen herunterzählen sehen, mit jeder verstreichenden Sekunde sank die Chance das sie überlebte, ihr Körper war ohne Zweifel geschwächter als meiner und auch meine Aussichten wurden mit jedem Ticken der Zeiger nicht unbedingt rosiger.
Untertauchend verdrängte ich das schreien meiner Lungen und konzentrierte mich auf das was ich sah und fühlen konnte. Gefühle würden mich nur aufhalten und die Angst zu ertrinken wenn ich doch schwimmen konnte und freiwillig gesprungen war, war unlogisch.
Plötzlich sah ich sie vor mir, ihr Gesicht war entspannt und nichts deutete darauf hin das sie bei Bewusstsein war. Beinah glitt sie mir durch die Finger aber ich bekam sie zu fassen. Ihren Körper festhaltend brachte ich uns erst zurück an die Oberfläche, bevor ich mich unter enormer Kraftanstrengung daran machte uns zurück an das rettende Ufer zu bringen.
Jede Bewegung war pure Agonie, mein Körper schrie mich an das ich diese Situation beenden musste, das er aufgeben wollte aber das war keine Option. Ich würde uns beide ans Ufer bringen. Tausend Nadeln schienen sich in meine Haut zu bohren, immer tiefer mit jeder Minute die ich im Wasser war.
Mein keuchender Atem war in der frostigen kälte des Morgens sichtbar. Beinah stieß ich ein Dankesgebet an eine Gottheit an die ich nicht glaubte aus als ich unter meinen Füßen festen Boden spürte. Die letzten Schritte an Land waren zeitgleich die schwersten und die einfachsten die ich an diesem Tag gegangen war.
Erschöpft legte ich die Fremde nieder, noch immer pumpte mein Herz zu schnell das Blut durch meinen Körper und beschleunigte meine eigene Auskühlung, doch dies war nicht wichtig. Ich sah die fremde eindringlich an. Erleichtert erkannte ich das sie tatsächlich nur bewusstlos war, denn sie atmete und auch ein Puls war an ihrem ausgemergelten Handgelenk ertastbar.
Mehrere Fragen drängten sich mir auf als diese Erkenntnis einsank. War es richtig gewesen sie zu retten? Immerhin hatte ich ihre Entscheidung zu sterben missachtet, würde sie sich freuen noch zu Leben oder würde sie mich hassen? Würde sie es erneut versuchen?
Ich war noch dabei meinen Atem zu beruhigen als ich sah wie sie sich aufbäumte und ein Husten sich aus ihrem schmalen Körper kämpfte. Gefolgt war dies vom Aufschlagen der dunkelblausten Augen die ich je gesehen hatte, doch ihr Blick verriet noch mehr als die Farbe ihrer Iris, ich sah auch Verwirrung, Angst, Trauer aber auch, zu meiner Beruhigung, einen Hauch Erleichterung.
Somit konnte ich nichtumhin festzustellen das ich richtig gehandelt hatte.
2014/2015er Version:
Es war ein kalter Morgen und man musste nicht wie ich der weltweit einzige Consulting Detective sein um das heraus zu finden. Ich hatte mich von meinen Mitbewohner und einzigem Freund John doch tatsächlich breitschlagen lassen die Einkäufe zu erledigen. Gut ich war ihm auch noch was schuldig weil er bei unserem letzten Fall fast wegen mir von einem Hochhaus gefallen wäre aber das ist eine andere Geschichte.
Da mir meine Gedanken schnell zu eintönig oder schlich zu langweilig wurden, besah ich mich meiner Umgebung. Ich lief gerade über eine der Brücken die die Ufer der Themse miteinander verbanden und da sah ich auf einem der Geländer eine junge Frau stehen. Und sofort ohne dass ich es verhindern konnte deduzierte mein Gehirn: jung, weiblich, offensichtlich obdachlos, drogenabhängig mit Hang zur Selbstzerstörung wenn man die offensichtlich selbst zugefügten Wunden an ihren Unterarmen beachtet, demnach war offensichtlich war sie da auf dem Geländer machte: Sie wollte springe und ihrem Leben somit ein Ende setzten. Während meiner Deduktion bin ich unbewusst immer näher an sie heran getreten, dann beobachtete ich, wie sie Ihre Augen schloss und sich nach vorne fallen ließ. Auf einmal wurde alles langsam und geschah beinah in Zeitlupe. Der Soziopath in mir sagte das es nicht mein Problem wäre das sie sich umbringen will, es ist ihr leben, es sterben täglich Menschen und ich kann nichts dagegen unternehmen. Und doch hatte ich das starke Bedürfnis sie zu retten. Ich sah wie sie fiel, da ich sie nicht rechtzeitig erreichen konnte also legte ich nur schnell den Mantel ab, da er mich im Wasser nur behindern würde und sprang ihr nach.
Das Wasser war eiskalt und ich hatte das Gefühl ich müsste ersticken doch diese Gefühle schob ich beiseite, so wie ich es mit allen meinen Gefühlen zu tuen pflegte und bahnte mir meinen Weg zu Ihr. Ich bekam sie zu fassen und brachte mich und sie unter enormer Kraftanstrengung ans Ufer der Themse. Sie war bewusstlos aber sie atmete, sie lebte. Ob es richtig war sie zu retten? Immerhin wollte Sie sterben. Würde sie sich freuen oder mich eher Hassen? Würde sie es erneut versuchen?
Ich wurde von einem jähen und lauten Husten unterbrochen. Sie sah mich aus Ihren dunkelblauen Augen an, in Ihrem Blick konnte ich vieles lesen: Verwirrung, Angst, Trauer aber auch einen Hauch Erleichterung und somit konnte ich nicht umhin festzustellen das ich richtig gehandelt hatte.
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