Die Geschichte der Narben
(09.06.2015 – London, England)
Mit selbstsicheren Schritten ging ich auf den Raum zu, in dem mein Bruder und seine kleine Freundin lagen, mit Sicherheit war der gute Doktor auch zu gegen. Es war zwar mitten in der Nacht aber ich hatte dafür gesorgt das dem Personal klar war das dies besondere Patienten waren. Sie nannten mich den Eismann und wahrlich wann immer ich informiert wurde das mein kleiner Bruder es mal wieder geschafft hatte sich selbst dermaßen zu überschätzen das er ins Krankenhaus musste, war es mir als würde flüssiges Eis durch meine Adern fließen.
Ich hatte Sherlock gesagt das sich zu kümmern keinen Vorteil brachte, was ich verschwiegen hatte war das es keine Entscheidung war, das es Fälle gab in denen man es sich nicht aussuchen konnte. Als ich die Tür leise öffnete und mit bedachten Schritten in den Raum trat, die Szene vor mir betrachtend, wurde mir klar dass mein Bruder diese Lektion wahrscheinlich bereits gelernt hatte.
Er lag in seinem Krankenhausbett, das Gesicht noch blasser als sonst schon, dieser Anblick war mir nur zu gut bekannt. Ich hatte es aufgegeben zu zählen wie oft ich an seiner Bettseite gestanden hatte, sei es nach einem seiner Abstürze, ausgelöst durch die diversen Drogen mit denen er experimentiert hatte oder weil er sich bei seiner Jagt nach minderwertigen Verbrechern verletzt hatte. Auch wenn er es bestritt, mein Bruder wollte sich beweisen, sein Genie für etwas spannendes aber auch Nobles einsetzen.
Was neu an dem Anblick, der sich mir bot, war zu einem der Ausdruck in seinem Gesicht, er sah friedlich aus, fast war es so als lächelte er in seinem Schlaf und zum anderen war da noch die Tatsache das Miss Kingsley mehr oder weniger auf ihm lag, in ihrem Gesicht der selbe Ausdruck. Meine Finger umfassten den Griff meines Regenschirms fester, ich wusste nicht was ich mit ihr anstellen sollte.
Doktor Watson, der getreue Wachhund meines Bruders, welcher nicht bemerkt hatte wie das dünne Ding aus ihrem Bett verschwunden war, hatte mir versichert sie wäre keine Gefahr für meinen Bruder und doch lag er nun hier. Ich war nicht dumm, ich wusste die Kugel hatte sie nicht abgefeuert und niedergerungen hatte ihn Greg aber logisch betrachtet gab es noch mehr Gefahren im Leben meines kleinen Bruders seit sie da war.
Auf der anderen Seite, hatte sie auch durchaus einen positiven Effekt auf seine Lebensgewohnheiten, welche ich ihr nicht absprechen wollte. Er hatte seinen Notvorrat an Drogen entsorgt als sie in sein Leben getreten war und hatte ihn nicht wieder aufgefüllt. Seine nächtlichen Alleingänge hatten ebenfalls stark abgenommen, er nahm auch die Fälle bereitwilliger an die ich ihm gab, nachdem ich ihre Vorstrafen gelöscht hatte.
Ich würde ein wachsames Auge darauf haben. Fürs erste genügte es mir zu wissen das er sicher war. Genauso leise wie ich gekommen war, ging ich wieder.
*
Als ich erwachte stellte ich als erstes fest das ich zu alt geworden war um die Nächte in einem Stuhl neben einem Krankenhausbett zu verbringen, mein Nacken fühlte sich furchtbar an als zweites bemerkte ich das Rebecca nicht mal mehr in dem Bett lag neben dem ich gewacht hatte. Als mein Gehirn diese Information verarbeitet hatte schreckte ich in eine aufrechte Position, unter dem Protest meiner verkrampften Muskeln. Kurz kniff ich meine Augen unter Schmerz zusammen, meinen verspannten Nacken reibend.
Gott sei Dank musste ich keine lange suche veranstalten, nur den Kopf drehen. Erleichtert lachte ich in mich hinein, diese Beiden würden noch mein früher Tod sein. Die paar Meter zwischen ihnen war anscheinend zu viel Entfernung für Becky gewesen. Ich konnte nicht anders, die Beiden gaben in diesem Moment ein süßes Bild ab, also schoss ich ein Foto mit meiner Smartphone Kamera.
Das uns bis jetzt keine Schwester gestört hatte zeigte nur welchen Einfluss Mycroft Holmes über alle möglichen Leute hatte, dennoch bald würde jemand hereinkommen, ein Arzt, ein Pfleger, egal wer, es war unwahrscheinlich das dieser jemand die Schlafarrangements meiner Mitbewohner genauso herzerwärmend fand wie ich.
Ich streckte meine Hand nach Becky's Schulter aus, sie wachrütteln wollend, doch noch bevor ich auch nur den Stoff ihres Krankenhaushemdes berührte, schnellte Sherlocks Hand nach oben und griff mein Handgelenk. Sein verletzter Arm aber er schien keinen Schmerz zu spüren als er mich ansah, erst als er erkannte wer da vor ihm stand entspannte er sich und zischte kurz einen Schmerzenslaut aus.
Nun wusste ich wieder über was wir dringend noch reden mussten. „Guten Morgen auch dir Sherlock" grüßte ich, mir die Knochen reibend die er zusammengedrückt hatte. Mit dieser Aktion hatten wir es auch geschafft Becky wachzubekommen, sie kniff die Augen gegen die Morgensonne zusammen, ihr Kopf schien ihr noch zu schaffen zu machen.
„Ahh M-Morgen" sie drehte ihren Kopf, das Gesicht in der Bettdecke auf Sherlocks Brust versteckend, aber das war nicht das Gesicht das ich ansah, gebannt achtete ich auf Sherlocks, wie er sie ansah, sein lächeln war so....... wagte ich zu meinen......verliebt. In seinen Augen stand Sorge aber der Rest von seinem Ausdruck sprach von tiefer Zuneigung. Ganz zart strich er mit seiner linken Hand über ihren verbundenen Kopf.
Ich löste mich aus meiner Starre und beschloss die Rollos runter zu lassen, wir müssten ihr eine Sonnenbrille besorgen bevor wir hier raus konnten wenn die Sonne ihr so zusetze. Sie ließ einen erleichterten Seufzer hören „Danke John" ihre Stimme war nun klarer, sie hatte sich von Sherlock gelöst, gut ich hatte schon Angst ich müsste die Beiden mit einem Brecheisen auseinander bringen.
„Wie geht es dir?" richtete sie sich nun an eben jenen. Er nahm ihre Hand, vielleicht sollte ich doch schon mal nach dem Werkzeug suchen. „Bestens, du hast die schlimmere Gehirnerschütterung erlitten. Und das" er deutete auf seinen rechten Arm „ist nur ein Kratzer. In Fakt, sollten wir unsere Sachen finden, uns anziehen und gehen."
Diese Irren wollten danach anscheinend auch genau das tun, das meinte ich damit dass die beiden sich oft lachhaft einig waren. Grade hatte sie nicht mal mit dem Sonnenschein fertig werden können und nun wollte sie hier rausspazieren. Das musste ich im Keim ersticken „Halt, niemand geht hier" bestimmte ich, meine Autorität als Arzt und Soldat durchblicken lassend „Wir werden warten was der Arzt sagt und erst wenn ich höre das er sagt das ihr gehen könnt, werden wir nach Hause fahren."
*
„Das ist nicht richtig" sagte John zu Sherlock als wir aus dem Krankenhaus traten, der Arzt hatte mir eine Sonnenbrille organisiert, egal wie, ich war dankbar dafür. Mein Kopf fühlte sich an als würden Nägel hineingetrieben wenn ich zu viel Helligkeit in die Augen bekam. Dennoch hatte ich nicht bleiben wollen, ich mochte keine Krankenhäuser und ganz besonders hatte ich nicht alleine bleiben wollen.
„Was?" meinte Sherlock genervt „du hast gesagt das wir gehen können sobald der Arzt sein okay gibt."
„Ja aber nach der Art wie du mit ihm gesprochen hast hätte der arme Mann alles gesagt um euch loszuwerden." Schon wahr, Sherlock hatte nicht gemocht das ich länger als er bleiben sollte, 24 Stunden Beobachtung waren bei meinem Grad der Gehirnerschütterung angebracht. Dann hatte der Arzt gesagt ich brächte ruhe und das meine Mitbewohner gehen sollten, natürlich hatte mein Detektiv daraufhin begonnen sein Leben zu deduzieren, von seinem aufgebesserten Abschlusszeugnis bis hin zu dem krankhaften Verlangen seiner Mutter zu gefallen.
Dann hatte er nochmals angesprochen das John Arzt war, er, also Sherlock nicht von meiner Seite weichen würde und das es ruhiger in der Baker Street war als in einem Krankenhaus voller, piepender Maschinen, lautem Personal und störenden Patienten. So kam es das ich in meinen Sachen vom Vortag, auf dem Bürgersteig stand und auf ein Taxi wartete. Die beiden stritten weiter über das deduzieren fremder Leute nur um zu bekommen was man will und ob es angebracht war, Wie man mit Menschen prinzipiell sprach und so weiter. Ich hörte kaum hin, ich wollte nach Hause, duschen (auch wenn mein Haar erst in zwei Tagen wieder gewaschen werden durfte wegen der geklebten Platzwunde) und dann ins Bett.
*
[Bild]
Sonnenbrille, Sachen vom Vortag, zitternde Knie? Böser Sherlock - JM
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Jims Drohungen, etwas anderes waren diese Nachrichten nicht kamen nicht in einem regelmäßigen Muster, jedes Mal wenn ich eine bekam musste ich mein Gesicht und meine Hände zur Ruhe zwingen. Niemand durfte davon wissen. Doch meine Schilde waren niedriger an diesem Nachmittag, Rebecca hatte sich, nach ihrer Dusche, hingelegt. Es war richtig sie aus dem Krankenhaus mitzunehmen, daran hatte ich keine Zweifel. Ich wollte nicht mitten in der Nacht eine Nachricht mit einem Bild von ihrem schlafenden Körper bekommen, die Aufnahmen waren schon so oft genug von ziemlich nahem fotografiert worden.
Selbst diese dummen Kinder, die ihr Essen zu fotografieren pflegten machten mich inzwischen nervös wenn ich sie auf uns zukommen sah, ihre Telefone in ihren Idiotenzeptern. „Sherlock, wir müssen reden" frustriert stöhnte ich auf, hoffte das er mich in Ruhe lassen würde, er nahm wahrscheinlich an das ich Aufgrund unserer Verletzungen so irritiert und gereizt war. Den Schmerz hinter meinen Augen hatte ich jedoch längst ausgeblendet, genauso diese lächerliche Schusswunde.
Ich lehnte meine Stirn gegen das Glas des Fensters, hatte ich vor einer Minute noch hinausgesehen um festzustellen ob der Fotograf der das letzte Bild von uns gemacht hatte noch da war beziehungsweise ob uns noch jemand anderes beobachtete. „Ich denke nicht dass jemand jemals reden musste" meine Stimme verbarg keinesfalls meine schlechte Laune, John würde annehmen es läge an der Tatsache dass Rebecca mit einer Gehirnerschütterung im Bett lag oder an meinen Verletzungen, er konnte ja nicht wissen das es zum größten Teil darum ging das wir in Gefahr waren und das ich zugelassen hatte das sie ungeschützt gewesen war, als mein Körper mich im Stich gelassen hatte.
Dass Jim das nicht genutzt hatte war ein merkwürdiger Umstand, hatte er einen anderen Plan mit uns? Bestimmt, aber was?
„Du weißt was ich meine" ach ja, John. „Es geht um deine Beziehung mit Rebecca, darum ob es nicht vielleicht doch ...... "
Ich unterbrach ihn „Ich kann mich nicht erinnern jemals mit dir über deine Beziehungen gesprochen zu haben. Noch habe ich um Rat gefragt." Konnte er nicht sehen dass ich kein Interesse an einem Gespräch hatte?
„Glaub mir wir wollen lieber nicht davon anfangen wie du dich in meine Beziehungen eingemischt hast." ich wollte anbringen das ich vielleicht ein paar seiner Freundinnen gekränkt und einige Dates torpediert hatte aber niemals habe ich ihm Ratschläge aufdrücken wollen. Warum auch, diese Frauen waren uninteressant und wechselnd gewesen. Doch der Arzt sprach weiter „Es geht mir darum..... eigentlich genau darum, nie willst du darüber reden, niemand darf auch nur ein Wort gegen sie oder diese Sache zwischen euch sagen."
„Es geht ja auch niemanden etwas an" Das sollte doch ziemlich eindeutig sein, aber anscheinend nicht denn mein bester Freund sprach weiter.
„Sagt der Mann der Menschen ihre Lebensgeschichte erzählt, ohne Rücksicht zu nehmen auf Ort, Zeit oder Zuhörer"
„Ich deduziere nur was sowie so schon offen gelegt ist. Was klar sichtbar ist, was kann ich dafür das die Idioten der Welt blind sind, für das was zu sehen ist."
„Du weißt genau das die Sachen die du Feststellst nicht jedem klar waren."
„Gut möglich aber ich zwinge niemandem mir seine tiefsten inneren Gedanken offen zu legen. Es gibt Dinge die privat sind. Dazu gehört auch die Beziehung zwischen mir und Rebecca."
Frustriert ballte der Arzt seine Hände zu Fäusten. Wenn er nicht so anklagend klingen würde jedes Mal wenn er mit mir über sie sprechen wollte würde ich mich ihm vielleicht anvertrauen. Er war mein bester Freund, sollte er nicht auf meiner Seite sein? Er sollte nicht mit meinem Bruder darüber mutmaßen ob wir gut füreinander waren oder nicht. Oh ja das hatte ich keinesfalls vergessen.
„Privat hört es auf zu sein wenn du anfängst Leute anzugreifen" erhielt sein Handgelenk hoch, ich rollte die Augen, er sollte keine schlafenden Mädchen anfassen dann würde sowas nicht passieren „Oder wenn sie sediert werden muss weil sie ihre Sorge für dich nicht verarbeiten kann."
Ich sah ihn an, meine Augen mussten ausdrücken was ich fühlte denn er ruderte etwas zurück. „Ich freu mich für euch, Sherlock, wirklich." ich sah das er das ehrlich meinte, aber genauso echt war diese Sorge oder was auch immer das war was er empfand.
„A-Aber I-Ihr seit Beide..." er brach ab und ich füllte die Lücke „Junkies" ich lächelte aber es war keine gute Emotion dahinter. „Himmel Herr Gott Sherlock" stöhnte er auf, was beschwerte er sich, ich hatte diesen Streit weder gesucht noch angefangen.
„Ich denke einfach ihr braucht Hilfe" Ich schnaubte verächtlich, das war ja wohl die Höhe. „Wenn ich deine Hilfe brauche werde ich darum bitten"
„Ich spreche von professioneller Hilfe" er sprach das schnell aus aber ich verstand ihn perfekt. Wieder das, er wurde nie Müde zu erwähnen das er glaubte all unsere Probleme würden verschwinden wenn wir uns nur auf das Sofa eines Seelenarztes legten und ihm erzählen was unsere Mütter so schlimmes angestellt hatten. In Rebeccas Fall wäre die Antwort: Ein Feuer gelegt um ihren Tod vorzutäuschen, sich ermorden lassen als das nicht ganz so gut geklappt hatte, nichts was sie mit einem Fremden bereden wöllte.
„Weil deine Therapeutin so eine große Hilfe war" ich deutete dramatisch auf sein Bein. Dieser neu gefundene Enthusiasmus für Psychologen war irritierend.
„Sherl.." begann er aber ich hatte genug.
„Nein John, du hörst mir jetzt zu." ich trat einen Schritt auf ihn zu. "Weil du Arzt bist glaubst du vielleicht zu verstehen was es bedeutet ein Junkie zu sein, zu wissen wie es ist Patient zu sein aber du hast keine Ahnung. Ich wurde gegen meinen Willen therapiert und ich sage dir es hat nichts mit Hilfe zu tun. Es ist die Hölle. Willst du wirklich das jemand sie zwingt sich mit Dingen auseinander zu setzen für die sie noch nicht bereit ist? Alles ans Licht zu zwingen das sie so sorgfältig versteckt hat? Selbst wenn die Antwort ja ist. Ich werde nicht zulassen dass sich jemand an ihr zu schaffen macht ohne ihre Einwilligung. Denn darum geht es, sie will das nicht, also werde ich sie nicht zwingen. Der Moment in dem sie sagt das sie eine Therapie machen möchte ist der Moment in dem ich den besten Arzt der Stadt finde um ihr zu helfen."
„Die Narben auf ihren Armen sind ja Beweis wie gut sie sich selbst helfen kann" murmelte er, wie konnte er es wagen? Sie hatte getan was sie tun musste.
„Ich nehme die Narben auf ihrer Haut in Kauf, ich lasse nicht zu das du welche auf ihrer Seele hinterlässt."
Mit diesen Worten ging ich an ihm vorbei, in mein Schlafzimmer. Ich wollte nicht mehr reden, ich wollte sie atmen hören und nachdenken.
[A/N: Gedanken? Gefühle? Auf welcher Seite seit ihr? Wer hat Recht? Sherlock? John? Beide? Keiner? Ich würde mich freuen von euch zu hören, gerne auch per privater Nachricht. Ich bin lieb, versprochen. Habt noch einen wunderschönen Tag.]
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