Tills Geständnis
Marthas Sicht: Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, ließ ich mich auf mein Bett fallen. Oh Gott... In seinen etwas enger anliegenden Kalmotten sieht Till noch besser aus als sonst. Naja gut aussehend ist er ja immer. Mit seinen wirren Locken, den leuchtend grünen Augen, den perfekt geschwungenen Lippen, die so weich aussehen und seinem unglaublich gut gebauten Körper. "Stopp Martha! Mach mal halblang sonst fängst du gleich noch an zu sabbern! Außerdem hast du immernoch einen Freund! Selbst wenn es gerade nicht so gut läuft mit Kasimir musst du nicht direkt anfangen von Till zu schwärmen! So toll ist er jetzt auch wieder nicht!" Sagte ich energisch. Zu meinem Glück waren weder Olivia noch Carolin da. Schnell richtete ich mich auf, ging zu meinem Schrank und nahm mir frische Klamotten herraus. Ich entschied mich für eine Jeans und einen Pulli, da es heute etwas kälter werden würde, als die letzten Tage. Als ich mich gerade angezogen hatte, klopfte es an meiner Tür. Davor stand Kasimir, der mich mit einem genuschelten "Morgen" und einem kurzen Kuss begrüßte. "Guten Morgen." "Ich wollte dich abholen, damit wir zusammen zur Schule gehen können, nur wir Beide. Bist du so weit?" "Ja ich muss nur noch meine Tasche holen, dann bin ich so weit." Ich drehte mich um und suchte die letzten Sachen zusammen. Irgendwas stimmt wircklich nicht. Kasimir und ich gehen so gut wie nie zusammen zur Schule und mich abgeholt hatte er noch nie, es sei denn wir waren verabredet. Naja vielleicht will er mir ja etwas erzählen. "Okay wir können los." "Super." Kasimir nahm meine Hand und zog mich mit sich nach unten, wo wir kurz einen Bissen aßen und uns dann auf den Weg machten. "Martha?" "Ja?" "Können wir später mal reden?" "Klar worum gehts?" "Das erfährst du dann." "Ohh, geht es etwa um meinen Geburtstag? Ich meine es ist ja nur noch eine Woche... Hast du etwa was geplant? Also geht es um meinen Geburtstag? Du weißt ich liebe Überraschungen!" "Naja ,so halb." Er sah irgendwie nicht glücklich aus, so als würde ihn etwas bedrücken. "Ist alles okay?" "Ähm ja alles super." "Ahja..." Ich bohrte nicht weiter nach, denn wenn Kasimir mir etwas nicht erzählen will, würde er das auch nicht tuen, wenn ich ihn damit nerven würde ,eher im Gegenteil. Ich habe es mal versucht und da ist es nur in einem riesen Streit ausgeartet. Wir liefen schweigend weiter bis wir an der Schule angekommen waren. Ich verabschiedete mich von Kasimir, gab ihm einen Kuss auf die Wange und ging in meine Klasse. Niedergeschlagen ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen. Die anderen, die schon da waren beachteten mich kein bisschen. Das fand ich aber garnicht so schlimm, immerhin würde mich dann niemand nach meiner Laune fragen. Keine 10 Minuten später kam auch schon Herr Zech in den Raum. Obwohl es nur eine Schulstunde, 45 Minuten, 2700 Sekunden waren, fühlte es sich an wie eine Ewigkeit bis die Schulstunde endlich vorbei war. Genervt packte ich meine Sachen am Ende der Stunde in meinen Rucksack. Ich ging auf den Flur um in dem Raum zwei Türen weiter zu verschwinden. Erst jetzt fiel mir wieder ein, dass ich Deutsch zusammen mit Till habe. Ich musste mit ihm reden. Also wegen der Sache mit Kasimir. Aber auch so, denn mit ihm zu reden tat mir irgendwie gut, machte mich glücklich. Ich setzte mich auf meinen Platz und guckte erwartungsvoll Richtung Tür und hoffte einfach nur gleich einen gut gelaunten Till durch diese schreiten zu sehen. Aber er kam nicht. Als Frau Stocker den Raum betrat und Till immer noch nicht da war, wunderte ich mich und machte mir auch ein wenig Sorgen wo er blieb. Also ich meine natürlich nur, dass er Ärger bekommen könnte... "So erstmal guten Morgen. Ich bin Frau Stocker und unterrichte Sport und Deutsch. Ich denke mehr gibt es ersteinmal nicht zu klären also dann, fangen wir mal an..." In dem Moment wurde die Tür aufgerissen und zwei schwer atmende Jungen stürmten in die Klasse und blieben vor Frau Stocker stehen. Es waren Till und Timo. Timo?! Mir war garnicht aufgefallen, dass er auch nicht da war."Entschuldigung ,dass wir zu spät sind." "Wir haben einfach die Zeit vergessen." "Jaja ist schon gut. Dass das aber nicht wieder vorkommt. Also los setzt euch schon hin." Ich schaute neben mich zu dem freien Platz. Einer der zwei, die noch in dem Raum frei waren. Bittend sah ich Till an, der sich auch schon vor meiner stillen Bitte in meine Richtung bewegt hatte. Bei mir angekommen ließ er sich neben mich auf den Stuhl fallen und grinste mich an. Ich musste automatisch auch grinsen, sein Lächeln ist einfach so ansteckend. "Also, da es ja für uns alle eine komplett neue Situation ist, habe ich mir überlegt ,dass ihr etwas in Partnerarbeit macht. Ihr sollt zu 2 eine Liste darüber schreiben,was ihr glaubt wie es weiter geht, wie es vielleicht auch bisher war und was ihr euch von der Schule wünscht, dabei ist es egal ob es um einen Ausflug, eine Klassenfahrt, eine neue AG oder sonstiges geht. Mir geht es hierbei in erster Linie darum, dass ihr die Liste zusammen schreibt und euch einigt. Darum, dass ihr euch kennenlernt, lernt miteinander zu arbeiten, obwohl ihr euch erst seit kurzer Zeit kennt, lernt gut miteinander umzugehen und euch und die neue Situation zu akzeptieren." Bei dem letzten Satz sah Frau Stocker Till eindringlich an. Dieser rollte aber nur mit den Augen. Ich sah ihn fragend an. Was hat das zu bedeuten? "Ich erzähle es dir gleich." Oh man heute wollen aber ziemlich viele mit mir reden. "Gibt es irgendwelche Vorgaben für die Partnerwahl?" Meldete sich Pawel zu Wort. "Ja es müssen immer ein Einsteiner und ein Sportler sein." Ein genervtes Stöhnen ging durch den Raum, nur Till und ich grinsten uns an. Ich spürte Frau Stockers verwunderten Blick auf uns, hatte sie Till eben noch indirekt angeordnet nett zu sein und die Situation zu akzeptieren und jetzt war er der einzige Sportler ,der hervorragend damit klar kam. Er schien den Blick von Frau Stocker auch bemerkt zu haben, denn er blickte zu ihr und meldete Sich. "Ja Till?" Die Verwunderung über sein Verhalten und die Offenheit der Anordnung gegenüber hörte man deutlich aus ihrer Stimme herraus. "Können wir uns die Partner selber aussuchen oder wird das gelost?" "Ähm... Ich denke ihr könnt euch eure Partner selber aussuchen." Till und ich grinsten uns an und klatschten uns dann ab. Frau Stocker fing ebenfalls an zu lächeln. Mit einem Mal stand Till auf, nahm seine bisher noch nicht ausgepackte Tasche und streckte mir seine Hand hin. Ich sah ihn ebenso wie Frau Stocker fragend an. "Wir gehen dann schonmal. Während sich die anderen noch einteilen können Martha und ich ja schon anfangen." Wendete er sich an Frau Stocker ,die daraufhin nur stumm nickte. Ich packte meine letzten Sachen ein und legte dann meine Hand in seine mir immer noch entgegengestreckte Hand. Daran zog er mich dann auch aus dem Raum. Die verwunderten Blicke unserer MItschüler spürte ich in meinem Rücken. Es hatten zwar alle mitbekommen, dass es keine Streiche mehr gab und dass Till und ich uns nicht mehr streiten aber ,dass wir uns so gut verstehen wussten sie wohl nicht. Till führte mich nach draußen zu den Tischtennisplatten, die in der Sonne standen. Dort angekommen nahm ich meinen Block und zwei Stifte herraus. "Also na dann lass uns anfangen." Schlug Till vor. "Ja das können wir gleich gerne machen aber vorher muss ich dich noch etwas fragen." "Und was?" "Was meinte Stocker eben? Wieso hat sie dich so komisch angeguckt?" "Naja..." Er schwieg und mied meinen Blick. Ist es denn wirklich so schlimm gewesen ,was er getan hat? Oder reagieren die nur über? "Sag mal..." "Mal." Unterbrach ich ihn und bewirkte dadurch, dass er anfing zu grinsen und mich endlich wieder ansah. "Hat Kasimir mit dir heute schon geredet." Mein bis gerade eben noch präsentes Lächeln verschwand langsam aber sicher. Er lenkt ab und das auch noch ausgerechnet mit Kasimir. Außerdem wieso wollte er wissen, ob Kasimir mit mir geredet hatte, gibt es etwas was er weiß ich aber nicht? "1 ja hat er aber wieso ist das jetzt wichtig? 2 du lenkst ab also jetzt erklär es mir doch einfach. Ich werde dir schon nicht den Kopf abreißen." Ich sah zu, wie Till rot wurde und begann mit seinen Zähnen zu knirschen. "Okay ich erzähle es dir aber du musst zwei Sachen wissen. Also ich will, dass du weißt, dass ich nicht mehr so bin und ich mich dafür schäme was ich getan habe und das ich es zu tiefst bereue. Außerdem wissen es nicht viele, da es jetzt auch schon etwas länger her ist, also bitte behalte es für dich. Versprichst du mir das?" Er sah mich eindringlich an. Ihm schien es sehr wichtig zu sein, denn sein Blick war nicht wie immer. Nicht mehr so,so nett. Er wirkte wütend fast schon dominant oder beängstigend ernst. Ich nickte nur und erst dann begann sein Blick wieder normaler zu werden. Wieder zu seinem Blick zu werden. Nein nicht normal, bereuend. Er schien es wirklich zu bereuen. Ich legte meine Hand auf seine, die auf seinem Bein lag und setzte mich noch enger neben ihn. Dass ich einen Freund habe war mir kurz egal, denn was er mir jetzt erzählen würde schien ihm nicht leicht zu fallen, er brauchte jetzt Jemanden, der für ihn auffangen würde, würde er stürzen. Er atmete noch einmal tief ein und aus und begann dann zu erzählen. "Also inzwischen komme ich damit klar, dass ihr hier seit, auch wenn ich am Anfang wohl alles dafür getan hätte, dass ihr wieder geht. Am Anfang wollte ich erst weiter machen, nach eurer Kofferaktion, naja bis nach deinen Worten. Hätte sie mich nicht so getroffen, wärt ihr wohl ebenso wie dei anderen Schulen, die vor euch bei uns waren, irgendwann gegangen. Nicht ,weil es irgendwann einfach so von alleine passiert wäre, sondern wegen mir. Weil ich euch terrorisiert hätte, Streiche gespielt hätte und sonst was gemacht hätte, bis ihr gegangen wärt genau so wie alle anderen Schulen auch. Inzwischen ist mir klar, dass es nicht nur bei euch falsch gewesen wäre das zu tun, sondern, dass es auch schon bei allen anderen Schulen falsch war. Das letzte Mal, das eine andere Schule auf unserem Internat war, ist ein Jahr her. Naja bei ihnen waren es fast schon harmlose Streiche oder Worte, die sie zum gehen brachten, aber das auch nur weil mich ,mein Gewissen, der Fall von vor 4 Jahren nicht in Ruhe lässt. Es war das erste Jahr, dass ich hier am Internat war. Das erste Halbjahr war wirklich toll, seit langem fühlte ich mich wieder so ,als hätte ich ein Zuhause, als wäre ich angekommen. Frag bitte nicht wieso, vielleicht erkläre ich es dir irgendwann mal aber nicht mehr heute. Naja ich hatte eben Nick, Timo und Viktor gefunden, war in der Staffel und in der Schule war ich auch nicht schlecht, ja nicht einmal in Physik. Aber dann kam diese Schule... Auf einmal waren sie da, sollten in unser Internat ziehen, mit uns essen, in unsere Klassen gehen und unsere Freunde werden. So war es aber nicht. Niemand aber auch wirklich niemand verstand sich mit irgendwem. Ständig wurde sich gestritten, wegen den unnötigsten Sachen. Und irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten, dass das Internat ,das ich als mein Zuhause angesehen habe, so unerträglich für mich geworden war. Ich habe also so viele Sportler zusammen getrommel wie ich nur konnte und habe mir überlegt, wie wir sie richtig fertig machen könnten. Wir hatten letzten Endes auch ein echt tollen und nicht zu heftigen Plan, der sie ziemlich sicher hätte vertreiben können. Aber mir war der Plan nicht genug, während die anderen diesen durchführten, zwag ich manchmal Schüler in eine ecke um sie zu bedrohen, ja manchmal sogar ihre Sachen kaputt zu machen oder sie körperlich zu verletzen. Das schlimmste daran war, als ich es tat hielt ich es für richtig, habe nicht gesehen, wie schlimm es war, was ich getan habe und vorallem wie falsch. An einem Tag ist es ausgeartet. Ich hatte einen Jungen nach der Schule als die meisten schon weg waren in eine Ecke gedrängt. ich hatte aber nicht bedacht, dass er in der Box-AG war. Als er also weder bei meiner Drohung noch bei dem zerreißen seines Heftes eine Emotion zeigte, habe ich ihm eine Schlag in die Bauchgrube gegeben." Till hatte inzwischen bitterlich angefangen zu weinen. Ich rückte noch näher an ihn ran, legte meinen linken Arm um ihn und strich mit meiner rechten über seinen Handrücken. "Er war zwar kleiner als ich aber vorallem eines... Stärker. Er ging auf mich los und schlug mir direkt ins Gesicht, wodurch ich ins taumeln geriet und aus der Ecke ging. Als er mich dann schubste fiel ich wie ein Brett auf den Boden. Er setzte sich auf meinen Bauch und packte meinen Kopf. Natürlich hatte er mitbekommen, dass ich viele seiner Schule geschlagen und bedroht hatte. Das schrie er mir auch ins Gesicht, er meinte, dass er mir jetzt das zurück geben würde, was die anderen hatten ashalten müssen. Er schlug also weiter auf mich ein, allerdings immer darauf bedacht, mich nicht Krankenhaus reif zu prügeln. Dafür bin ich ihm echt bis heute noch dankbar. Wäre ich in seiner Situation gewesen ich hätte es wohl getan. Naja zum Glück war Stocker noch in der Schule und hatte uns entdeckt. Danach folgten ewige Gespräche über mich und mein Verhalten. Ich musste mich bei allen entschudigen und wie durch ein Wunder bin ich nicht von der Schule geflogen. Um ehrlich zu sein, tat es mir damal kein Stück leid, was ich getan hatte, denn ich hatte das erreicht was ich wollte. Die Schulen wurden kurz nach meiner Aktion wieder getrennt. Mein schlechtes Gewissen hat sich erst in den letzten 3 Jahren durchgesetzt. Deswegen hat Stocker mich blöd angeguckt. Ich habe bisher bei jeder Schule versucht sie zu verscheuchen. Bis jetzt auch immer erfolgreich. Ob mit starken oder schwachen mittel sie alle sich gegangen. Sie hat nur mich angeguckt, denn sie wusste, dass ich in den letzten Jahren der Drahtzieher war. Auch wenn die anderen sich gut mit den anderen verstanden haben, habe ich alles daran gesetzt, dass sie wieder verschwinden. So verdammt groß war die Angst, mein Zuhause verlieren oder dass es sich überhaupt verändert. Ich bereue es... Alles. Dass ich damals Leute für etwas fertig gemacht habe wofür sie nichts können, dass ich damals meine Fehler nicht eingesehen habe, dass ich es bei euch auch so vor hatte und vorallem, dass ich so dermaßen verbissen war. Es tut mir alles so unglaublich leid und ich schäme und hasse mich dafür." Mit diesen Worten beendete Till seine Rede. Ich war sprachlos. Ich hatte mit vielem gerechnet aber nicht damit. Ich hatte keine Ahnung wie ich darauf reagieren sollte. Till, dessen Gesicht Tränen überströmt war, hatte sich inzwischen beruhigt und die Tränen mit seinem Ärmel abgewischt. Er blickte mich erwartungsvoll an und wartete auf meine Reaktion, von der ich selber noch nicht wusste, welche es sein würde. Ich wusste nicht ob ich mich von ihm abwenden sollte, ihn umarmen sollte, alleine lassen sollte, so tun als wäre nichts gewesne oder mit ihm darüber reden. Ich entschied mich meinen Körper und mein Gefühl einfach machen zu lassen und die scheinen zu wisen, was zu tun war...
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