Kapitel 15
Ich spürte Hände an mir, welche irgendetwas aus meiner Haut herauszogen, sowie ein Ziehen in meinem Hals. Im ersten Moment hatte ich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, während unerbittliche Schmerzen durch meinen Körper hindurchzogen. Doch ich versuchte sie in die hinterste Ecke meines Gehirns zu stecken, während ich mich völlig auf meine Atmung konzentrierte, damit ich zu Luft kam und nicht mehr das Gefühl hatte, als würde ich gleich ersticken.
Meine Augenlider fühlten sich an, als würden Gewichte daran hängen, als ich sie mühsam auf blinzelte. Zuerst verschwamm alles, doch nach mehreren Sekunden bekam ich endlich eine einigermaßen klare Sicht und konnte zumindest die Umrisse eines Arztes erkennen, welcher mich schockiert anstarrte.
Doch es war keiner der erfreut schockierten Gesichter. Nein, es glich eher der Überraschung und Wut zugleich. So schnell wie ich kaum reagieren konnte, stürmte er auf mich zu, schnappte sich einer der Kissen, welche in meinem Bett lagen und drückte es auf mein Gesicht. Das schreckliche Gefühl der Erstickung durchflutete mich erneut, was sind gemeinsam mit meiner Panik und der Todesangst vermischte.
Röchelnd versuchte ich zu Atem zu kommen, doch es brachte rein gar nichts. Ich spürte, wie mir der Sauerstoff ausging. Wo war denn nur einer der beiden, wenn man sie brauchte? Ich würde am liebsten nach Hilfe schreien, doch das ging nicht, sowie ich rein gar nichts wahrnahm.
Bewegen konnte ich mich auch kaum, was das ganze alles andere als vereinfachte. Und doch versuchte ich mühsam und unauffällig, um mich herumzutasten, in der Hoffnung, dass mir etwas zwischen die Finger ging, dass ich mir zur Wehr machen könnte, oder durch laute Geräusche Aufmerksamkeit erziehen konnte.
Ich versuchte zwar mit meinen Füßen zu strampeln, um den festen Griff auf meinem Kopf zu entkommen, doch es ging nicht. Mein Körper war einfach viel zu sehr geschwächt und er viel zu stark für mich.
Glücklicherweise spürte ich aber genau in dem Moment, in welchem ich gerade noch so Kraft hatte, einen metallischen Gegenstand zwischen meinen Fingern. Was es war, wusste ich nicht und ich konnte auch nicht mehr die Bewegung aufbringen, das ganze nach oben zu reisen, um es auf sein Kopf zu zielen. Weswegen ich das einzige tat, was mir in diesem Moment noch einfiel. Ich warf das metallische Teil mit ganzer Kraft, welche ich besaß – was noch kaum etwas war – auf den Boden, sodass es ein lauteres Scheppern von sich gab.
,,Du miese Schlampe", knurrte er wütend, bevor ich spürte, wie sich die starke Last von meinem Kopf löste. Endlich konnte ich tiefe Atemzüge in meine Lungen aufnehmen, während ich husten musste, was unfassbar schmerzhaft war. Bei jeder kleinsten Bewegung zog sich alles in mir zusammen, was kaum aus haltbar war.
,,Chiara, du bist wach", nahm ich die Stimme von Nevio neben mir war. Die quälenden Geräusche des Arztes versuchte ich keine Beachtung zu schenken, als Eljero wütend auf ihn einschlug. Das Blut des Arztes klebte schon überall an seiner Kleidung sowie an seinem Arm, doch es schien so, als störte ihn das kein bisschen. Wahrscheinlich war er schon mehr gewohnt, schoss es in meinen Kopf, worüber ich gar nicht nachdenken wollte. Ich verdrängte ihre Berufswahl lieber, als damit konfrontiert zu werden.
Sanft strich Nevio mir über das Gesicht und lehnte sich ein wenig zu mir vor. So als würde er mich gerne umarmen, wüsste aber nicht, ob es aushaltbar war. Ein sanftes Nicken gab ich von mir, damit er wusste, dass es in Ordnung ging. Er musste halt vorsichtig sein, aber dies wusste er selber.
,,Du glaubst gar nicht, was für eine Angst ich um dich hatte. Ich bin so froh, dass du überlebt hast", flüsterte er, wobei es mir so vorkam, als würde ich bei jedem einzelnen seiner Worte die Angst heraushören, wahrscheinlich war diese noch so in seiner Stimme drin. ,,Erinnerst du dich noch genau, was passiert ist?", erkundigte er sich. Ja, ich wusste noch alles, der Schwimmaufenthalt, die Verfolgungsjagd, der Autounfall, der Schuss, nur konnte ich die Person nicht erkennen.
,,Ja, aber wer hat geschossen? Ich konnte die Person nicht erkennen." Ich hatte zwar einer der beiden in Verdacht, aber konnte mir natürlich nicht sicher sein. ,,Livana, aber mehr brauchst du nicht zu wissen. Chiara, du bist gerade erst aus dem künstlichen Koma herausgekommen, in welches du für ein paar Stunden versetzt wurdest und hast gerade so überlebt. Ruhe dich aus."
Das mit Livana dachte ich mir schon, aber er konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass ich nichts tat. Sie versuchte schließlich mich umzubringen, da konnten sie doch nicht erwarten, dass ich nichts tat. Mir war klar, dass ich derzeit körperlich nicht in der Lage war großartig Dinge zu verrichten, aber ich wollte wenigstens über alles aufgeklärt werden, dies mussten sie doch verstehen können.
,,Was habt ihr jetzt vor mit ihr?", erkundigte ich mich, wobei ich Nevios Worte einfach nicht beachtete. Geschafft schmiss er seinen Kopf in den Nacken, als er ein gequältes Stöhnen von sich gab. ,,Du raubst mir echt meine Nerven."
Zu einem Grinsen raufte ich mich auf. ,,Ich weiß." Mit einem Lächeln, das er nicht verstecken konnte, strich er sich über das Gesicht, bevor er sich wieder an mich wandte. ,,Gut das du wenigstens ihr sagst und nicht wir, den du machst gar nichts, außer dich um deine Gesundheit zu kümmern. Eljero und ich kümmern uns um alles", erklärte er mir. Ich wollte aber wissen, was sie taten. Da drinsitzen und hoffen das alles gut ging, konnte ich nicht mehr, dies tat ich schon zu lange.
,,Wo ist Eljero überhaupt?" Ich sah ihn nirgends. Hatte er nicht gerade eben noch auf den Mann eingeprügelt? Wann war er denn bitte herausgegangen, ohne dass ich es bemerkt hatte? Mein Kopf war wohl wirklich noch nicht ganz fit, damit ich alles um mich herum gut wahrnahm. ,,Er hat ihn raus zu seinem Auto gebracht, weg von schaulustigen Personen, um ihn ein wenig auszufragen."
Dass es nicht nur bei Fragen blieb, sondern der Arzt wahrscheinlich auch noch weitere Faustschläge einstecken musste, war mir sofort klar bei seinen Worten. Doch es erschreckte mich nicht, wie es eigentlich sein sollte. Das war doch nicht normal, ich hätte früher nie so reagiert. So entspannt darauf.
,,Du kannst ruhig zu ihm gehen, du musst nicht auf mich aufpassen", sagte ich nach ein paar Minuten zu ihm, in denen er einfach neben mir stand und über meinen Handrücken strich. Es war nicht so, als würde ich ihn loshaben wollen, aber es gab derzeit lediglich weitaus wichtigere Dinge zu tun, als neben mir zu stehen. Wobei er uns beiden derzeit nicht großartig half. Ich genoss zwar seine Nähe, aber zeitgleich fühlte ich mich ziemlich kraftlos und wollte eigentlich einfach nur noch schlafen.
,,Nein, ich will dich nicht alleine lassen", widersprach er mir. ,,Ich will sowieso noch ein wenig schlafen, gehe ruhig." Gerade als er darauf noch etwas erwidern wollte, ertönte das Klingeln in seiner Tasche. Schnell zog er sein Handy hervor und ging heran.
,,Jetzt gleich?", hörte ich seine fraglichen Worte, bevor er noch kurz etwas nuschelte und sofort auflegte. Was war denn los? ,,Wer war das?"
,,Eljero. Höre zu, ich will dich echt nicht alleine lassen, aber ich muss ganz dringend los, noch etwas erledigen mit ihm. Geht das für dich klar? Ich stelle auch definitiv einer meiner vertrauenswürdigen Männer vor deine Tür und rufe auch Ilaria an." Es ging, aber ich wollte dennoch wissen, wohin er ging. ,,Ja klar, gehe ruhig wie gesagt du kannst mich auch alleine lassen. Aber sagt mir bitte, wohin ihr geht, ich will es einfach nur wissen, das musst du doch verstehen. Ich mache mir Sorgen um euch."
Es sah so aus, als führte er gerade einen innerlichen Kampf mit sich selbst, ob er es mir berichten sollte oder nicht. Ich war aber froh darüber, als er anscheinend einknickte. ,,Eljero hat aus dem Arzt herausbekommen, dass heute eine Übergabe von Geld stattfindet, für seine Dienstleistungen. Sie führen sowas scheinbar noch auf diese Weise aus, anstatt per Überweisung oder Bankscheck", erklärte er mir. Mehr musste er nicht sagen, ich konnte mir selber schlussfolgern, dass sie dahin wollten.
Mir war nicht wohl dabei, aber was sollte ich denn schon tun. Ich konnte sie wohl kaum irgendwo festbinden, damit sie ja nicht zu dieser gestörten Frau fuhren. Obwohl, es wäre doch eine Option, oder nicht?
Nein Chiara, denke gar nicht erst so, ich musste sie gehen lassen. Vielleicht hatten sie ja Glück und würden es schaffen, damit sich alles regelte. ,,Passt auf euch auf", gab ich nur deshalb von mir, alle anderen Worten währen irgendwie unpassend gewesen. ,,Das machen wir, ich liebe dich."
,,Und ich liebe dich", erwiderte ich noch, als er mir einen kurzen Kuss auf die Lippen hauchte und aus der Tür verschwand. Der Kuss war viel zu kurz und doch hatte ich das Gefühl, als würde er mir ein wenig Kraft spenden. Kraft, welche ich brauchte, damit ich nicht an der Angst um die beiden erstickte. Aber doch hoffte ich auf das Beste, dass sie es schaffen würden. Ich musste einfach daran glauben und redete mir das ganze so lange ein, dass es so auch sein müsste. Aber da war dennoch diese eine Stimme in meinem Kopf, welche Unsicherheiten hatte und immer nur eine Sache sagte. Hoffentlich.
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