Kapitel 22
,,Kannst du mir Eljero herholen und Nevio in der Zeit irgendwie ablenken?", fragte ich Ilaria, nachdem ich für zwei Stunden eingeschlafen war, in welchen die beiden meine Tochter zum Glück nicht zu Gesicht bekamen. Meine Tochter mit den unfassbar schönen blauen Augen und nicht bernsteinfarbenen.
Ich hätte mir gewünscht, dass sie die zweite Farbe hätten, aber dem war nicht so und ich konnte es jetzt auch nicht mehr ändern, damit musste ich leben. Und egal dass Eljero jetzt der Vater war und nicht Nevio, an meiner Liebe zu ihr und der Liebe zu Nevio veränderte sich nichts. Ich hoffte sehr, dass er es genauso sah.
Auch wenn da durchgehend die Gedanken in meinem Kopf umherschwirrten, die er damals zu mir sagte. Ich hoffte, sie waren einfach nur aus dem Effekt heraus und würden nicht der Realität entsprechen. Wie es jetzt generell weitergehen sollte, auch mit Eljero wusste ich nicht. Ich wollte bei Nevio bleiben und nicht zu ihm ziehen. Denn mein Herz würde nie so stark für ihn schlagen, wie für den Mann den ich aus ganzem Herzen liebte.
,,Hey, wie geht es euch?", ertönte die leise Stimme von ihrem Vater im Raum, als er ihn langsam betrat. Doch seine Augen lagen nicht hauptsächlich auf mir, sondern auf unserer Tochter, die friedlich in meinen Armen schlief. ,,Hey, uns geht es gut. Sie schläft, wie du sehen kannst und ich bin ziemlich erschöpft, aber sonst ist alles in Ordnung."
,,Das freut mich. Ich will dich echt nicht überrumpeln, vor allem da die letzten Stunden anstrengend war, aber ich würde wirklich gerne wissen, wer der Vater ist. Weißt du es denn schon?", wollte er von mir wissen. ,,Du überrumpelst mich nicht, eher war es die Erkenntnis von vorhin. Um es dir zu sagen, habe ich dich schließlich auch hergebeten. Eljero, du bist der Vater, darf ich dir vorstellen Alissia Moroni."
Ohne großartig drum herumzureden, sprach ich diese Worte aus. In seinem Gesicht spiegelten genau die Gefühle aus, welche vorhin in meinem Inneren tobten. Unglaube, Überraschung, Überwältigung, Schock, Freude, Glücksgefühle und Angst. Dass sie meinen Nachnamen trug, hatten wir vorher schon geklärt, ich wollte einfach nicht, dass meine Tochter anders mit Nachnamen hieß, als ich.
,,Ich bin der Vater von ihr", kam es von ihm, als er zügig auf mich zulief und sie von nahen so betrachtete, mit einem lächelnden Gesicht, als würde er Krümel unter einer Lupe genaustens betrachten. ,,Ja, es tut mir leid, falls du dir es hättest anders gewünscht."
,,Nein, ich bin glücklich, ich bin froh darüber. Ich hatte mir gewünscht, dass es unsere Tochter ist, auch wenn ich wahrscheinlich bei dir nicht die erste Wahl war", sprach er die letzten Worte mit einer Schwelle von Traurigkeit aus, was mich nur nicken ließ. Was hätte ich auch sagen sollen, dass ich mir wünschte, Nevio wäre es gewesen und nicht er? Es wäre ihm gegenüber nicht fair gewesen.
,,Darf ich sie eventuell auf den Arm nehmen?", hakte er vorsichtig bei ihr nach, so als wäre er sich nicht sicher, ob ich damit einverstanden wäre. Doch es sprach nichts dagegen, er war schließlich der Vater und selbst wenn er dies nicht gewesen wäre, hätte ich es ihm gestattet, schließlich war er trotz unserer Probleme auch irgendwie für mich da gewesen, wenn auch nicht so sehr wie Nevio. Was aber eher daran lag, dass ich es nicht so zuließ bei ihm.
,,Natürlich ist das kein Problem, nimm sie ruhig. Mir wäre es sogar recht, dann könnte ich wenigstens mit Nevio reden, ich will es ihm gerne gleich sagen, ich hoffe, du verstehst das", sagte ich zu ihm. ,,Wieso sollte ich es auch nicht verstehen? Natürlich kannst du zu ihm gehen, ich denke, es wäre sogar fair, wenn du das tust", erwiderte er, als ich ihm gerade Alissia überreichte, die er sanft in seine Arme zog. Bei ihm war der Kontrast zwischen ihrem zierlichen Körper und seinem muskulösen noch um ein Vielfaches extremer, als bei mir und ihr.
,,Danke", sagte ich noch schnell, als ich vorsichtig vom Bett aufstand und mir einen Cardigan umschlang, durch die Müdigkeit, welche mich fröstelte. Sowie ich noch schnell in die Hausschuhe schlüpfte, bevor ich aus dem Zimmer lief und die beiden zurückließ, während ich Ilaria und Nevio suchte.
Die beiden erkannte ich zum Glück ziemlich schnell auf einer der Gänge, in welchem sie standen und sich unterhielten, wobei er aber ziemlich nervös war. Doch diese Nervosität hatte nicht nur er, denn auch ich fühlte das Blut schneller als gewöhnlich in meinen Venen laufen und mein Puls, sowie Herzschlag, welche mir gefühlt aus dem Körper sprangen. Doch spätestens, als er auf mich aufmerksam wurde, gab es keinen Rückzug mehr. Ich musste es ihm sagen und das sofort. ,,Hey, können wir reden?"
,,Klar, ich komme", erwiderte er, als er auf mich zulief und meine Hand mit seiner umschloss. Hoffentlich würde er dies auch noch nach dem Gespräch tun. ,,Du kannst gerne schonmal ins Zimmer gehen", wandte ich mich noch kurz zu ihr, bevor ich mit ihm auf die Toilette lief, damit ich meine Ruhe hatte. An die kühle Wand lief ich, um ein wenig meine Gedanken zu sortieren, während er dicht vor mich trat und mich in seine Arme nahm.
,,Also, sage es mir bitte einfach schnell, wie ein Pflaster. Entweder schmerzt es oder nicht." Chiara, du schaffst das, sprach ich mir selber zu. Augen zu und durch. ,,Nevio, du bist nicht der Vater, es tut mir so leid, aber Eljero ist der Vater", sprach ich es einfach aus. Ungläubig starrte er mich an, doch da war nicht nur der Unglaube, da lag so viel Schmerz in seinem Blick, wie ich es nie für möglich hielt. Ich wollte diesen Schmerz in seinen Augen nicht sehen, er zerstörte mich innerlich. Er splitterte mein Herz so, dass ich nicht einmal wissen wollte, wie es in seinem tiefsten Inneren gerade aussah.
,,Was?!" Es war ein einziges krätziges Wort aus seinen Lippen. Doch es ließ mein Kartenhaus aus Hoffnung, dass es zwischen uns immer noch dieselbe Verbindung gab, wie zuvor auf einen Schlag tief in sich zusammenstürzen und nahm mein geschundenes Herz darin gleich mit. ,,Es tut mir leid", weinte ich, während ein Schluchzer aus meinen Lippen kam, welche noch größer wurde, als ich die glitzernden Tränen, in seinen Augen schimmern sah.
Mit meinen Händen griff ich an seine Wange, um halt zu finden. Damit ich nicht stürzte, tief in die Tiefe hinein, wie von einem Flugzeug herunter, nur dass kein Fallschirm da war, welcher mich auffing. Doch er schlug sie weg, was mich zerriss, dieser Schmerz war so unerträglich, er zerstörte mich. ,,Fuck!", schrie er gequält. ,,Das kann doch nicht wahr sein!" Seine Faust schlug in die Wand hinter mir ein, weswegen ich erschrocken zurückfuhr.
Kein Ton kam mehr aus meinen Lippen, auch dann nicht, als er fluchend durch den Toilettenraum lief, während seine Hände über seinem Kopf zusammengeschlagen waren und er überall voller Wut und Schmerz zerrissen irgendwo dagegen trat. Ich wollte zu ihm, ich wollte für ihn da sein, doch er ließ mich nicht. Nein, er ging voller Wut auf mich zu, als ich nur meine Hand auf seinen Arm ablegte, sodass ich schon für einen kurzen Moment dachte, er würde mir etwas tun. Doch das würde er nicht, oder? Ich meine, es war Nevio, der Mann den ich liebte.
Wild lief er in dem Raum umher und stieß und trat um sich, doch das war noch lange nicht der schlimmste Anblick, das schlimmste war, als er weinend und schluchzend, mit so schmerzhaften Schluchzern in sich zusammen brach. Ich versuchte ihn zu fangen, sowie ich auch versuchte mich zu fangen, doch es war unmöglich. Denn wir waren gefallen, psychisch, als auch physisch.
Ich konnte mich gerade noch so mit letzter Kraft auf den Füßen halten, doch psychisch ist meine Seele genauso tief, mit ihm nach unten in ein großes schwarzes Loch gefallen.
,,Es tut mir so leid", hauchte ich immer wieder, doch es wirkte so, als nahm er meine Worte gar nicht richtig wahr. Die einzige Regung außer den Tränen von ihm, die ich wiederzusehen bekam, war der Augenblick, in dem er ruckartig aufstand. Ich hoffte damit, er wollte uns wieder aufrichten, doch dies war nur Wunschdenken, denn er drehte sich einfach herum und lief weg. Weg von mir.
,,Nevio bitte, verschwinde jetzt nicht so einfach, lass mich nicht alleine", schrie ich ihm noch hinterher, während meine Stimme vor Schmerz belegt zitterte. Doch er drehte sich nicht herum. Nein, er verschwand einfach hinter der Tür uns ließ nur die Hoffnung über, an welch ich mich so schmerzhaft festkrallte. Die Hoffnung, dass er wieder zurückkam. Zurück zu mir und zurück zu Alissia.
Doch diese Hoffnung wurde zunichtegemacht, als ich völlig erschöpft und mit fast keinem Auge zu, am nächsten Morgen im Krankenhaus wach wurde. Nur ein Strauß roter Rosen und einer Karte war zu finden. Eine Karte von ihm.
Viele brachten die roten Rosen als Symbol der Liebe mit, was sie auch waren, doch für mich waren sie mehr. Sie waren das Symbol der Liebe und das Symbol des Schmerzes, welches ich beide auf brutalste Weise heute zu spüren bekam.
Liebe Chiara,
am liebsten würde ich dich als amore mio ansprechen, doch dies kommt mir in diesem Moment als unpassend vor. Aber ich will, dass du weißt, dass ich dich liebe. Ich weiß nicht, ob ich je wieder zurück zu dir komme. Falls nicht, wissen wir wenigstens, dass wir vom Schicksal nicht füreinander bestimmt sind. Es soll wahrscheinlich so sein. Wir beide haben auf schönste und doch zugleich schmerzhafteste Weise zu spüren bekommen, was es heißt aufrichtig zu lieben und das tue ich. Ich liebe dich mehr, als alles andere auf der Welt. Doch manchmal überwiegt diese Liebe eben nicht. Bitte vergiss mich nicht, aber lebe auch dein Leben so wie du es willst. Ich lasse dich frei, frei deine Entscheidungen zu treffen, egal wobei, selbst bei deinem Herzen. Aber versprich mir, dass du nicht weiter fällst, denn das hast du nicht verdient. Nicht wegen solch einem feigen Arsch wie mir.
Dein Nevio
~Ende Band eins~
Das letzte Kapitel des ersten Bandes und es hat mich echt alle Nerven gekostet. Schreibt mir gerne mal eine Meinung, wie ihr es fandet? ❤️
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