Er sah wütend oder enttäuscht aus. Was wäre wohl das bessere? Ich denke, mit Wut könnte ich besser umgehen, als mit Enttäuschung. Könnte er mich nicht bitte so anblicken, als würde er sich wirklich wahrhaftig für uns freuen und keine Verurteilung bei seinen Worten mit schwirren?
,,Eljero, es tut mir leid", war das erste, was ich aus meinen Lippen brachte. Nevio blieb zum Glück still, worüber ich mehr als nur dankbar war. Normalerweise wäre ich froh darüber, wenn er mich aus einer unangenehmen Situation retten würde, aber aus dieser konnte er es nicht. Er würde uns wahrscheinlich nur noch mehr in die Scheiße reiten, als wir sowieso schon drin waren.
,,Ach ja und ich bin der Weihnachtsmann, es tut euch nicht leid. Nevio ist sowieso froh, wenn er dich haben kann und mich damit noch zu verletzen, sieht er doch gleich als Jackpot an. Wäre ja schließlich nicht das erste Mal. Aber von dir Chiara, hätte ich es nicht erwartet. Wieso hintergehst du mich und wenn es dir angeblich leid tut, was ist es? Dass ihr mich belogen habt oder dass ich es auf diese Weise erfahren muss?", spuckte er die Worte quasi abfällig zu uns aus.
Mein schlechtes Gewissen vermehrte sich immer weiter, ich hätte ihn nicht so hintergehen sollen. Ich hätte von Anfang an mit offenen Karten spielen sollen, damit es nie zu dieser Situation kam. ,,Beides" nuschelte ich. Dies entsprach schließlich auch der Wahrheit.
Mit seinem Fuß trat er so hart gegen die Wand, sodass die verputzte Fassade ein wenig abbröckelte. Wenn er so weiter machte, würde er sich noch verletzen. ,,Fuck, ist das euer Ernst. Ihr hättet es mir sagen sollen", schrie er uns entgegen. ,,Ja hätten wir, aber es tut mir leid, es ist eben passiert", kam es lauter von mir. Wenn jemand wütend war, wurde ich wütend zurück, egal ob ich der schuldige oder unschuldige war. Es war einfach eine Charaktereigenschaft von mir, welche durch die Schwangerschaft nur noch mehr hervorstach.
,,Es ist eben passiert? Ist das dein ernst, Chiara!", schrie er mir laut entgegen. Was hätte ich denn sonst sagen sollen?
Gerade als ich etwas erwidern wollte, unterbrach mich Nevio, welcher sich mit einmischte. ,,Höre auf sie so anzuschreien Eljero. Wir sind erstens nicht alleine und haben Gäste da und zweitens gibt es überhaupt keinen Grund, dass wir es dir hätten sagen müssen."
Und ja, er hatte recht, wenn ich so darüber nachdachte. Klar war Eljero einer der möglichen Väter, doch das entnahm ihm noch lange nicht das Recht, alles über mich wissen oder entscheiden zu müssen. ,,Es war so klar, dass du hinterhältiger Heuchler so etwas sagst, was erwarte ich schon von einem Mann wie dir. Und von dir hätte ich es nicht erwartet, aber es ist wie es ist, oder nicht? Aber er wird dir nicht guttun, ich wollte dich nur warnen", richtete er die letzten zwei Sätze enttäuscht an mich.
Wieso sollte er mir nicht guttun? Ich fühlte mich wohl, sicher und geborgen bei Nevio. Er ließ mein Herz höher schlagen und alles um mich herum vergessen. Es war wie mit einer Blase, in der nur wir beide existierten, wenn er bei mir war.
Meine Wut war wie verblassen und ließ nur mein schlechtes Gewissen zurück, welches schmerzhaft gegen mein Herz drückte. ,,Ich weiß nicht, was ich sagen soll Eljero, um es wiedergutzumachen. Es tut mir so verdammt leid", entschuldigte ich mich bei ihm, während ich ihn wehmütig ansah. ,,Du kannst nichts tun."
,,Warum bist du jetzt so enttäuscht von mir? Ich weiß, dass es scheiße war. Aber es nimmt dir doch nicht das Recht heraus zu sagen, was gut für mich ist und was nicht. ,,Du fragst mich ernsthaft warum. Ist dir das nicht klar?! Verdammt, ich liebe dich! Denkst du ernsthaft, ich wäre so zu dir gewesen und würde alles für dich tun, wenn ich dich nur als die Mutter meines vermeintlichen Kindes ansehen würde? Aber anscheinend war sie nur einseitig, sonst würdest du hier nicht so mit ihm stehen und hättest dich vor Monaten gar nicht erst entschieden zu ihm zu gehen. Ich hatte damals nur noch die Hoffnung gehabt, dass du dich so entschieden hattest, weil ich dachte, dass du mir einfach eines auswischen wolltest, wegen der Forderungen an dich. Aber anscheinend lag ich damit völlig falsch."
Er liebte mich? Oh nein, das konnte echt nicht wahr sein. Zwei Liebesgeständnisse an einem Tag, wobei ich aber wohl oder übel nur eine erwidern konnte. Den nur ein Mann ließ mein Herz höher schlagen und dieser war nun mal Nevio und nicht Eljero. So leid es mir auch für ihn tat, konnte ich nichts gegen meine Gefühle tun. Und ich hätte auch nicht vor diese zu ändern, denn ich war glücklich mit Nevio und wollte ihn gegen nichts und niemanden eintauschen.
,,Merda, wieso sagst du das erst jetzt?", brachte ich gerade noch so schockiert hervor, als ich spürte, wie der Körper hinter mir sich immer weiter anspannte. ,,Sei still", zischte ich leise nach hinten, damit er ja die Klappe hielt. Wenn er noch etwas sagen würde, würde er wahrscheinlich nur noch mehr Schaden anrichten, das was er schon sagte, war völlig ausreichend.
,,Weil ich nicht dachte, dass es so ernst zwischen euch beiden ist und mich auch nicht getraut hatte, sowie du mir nicht wirklich eine Chance gegeben hast", erklärte er mir. So schmerzhaft es auch war und mich mein Gewissen gefühlt umbrach, musste ich diese Worte herausbringen, die in meinem Inneren ihm gegenüber herrschten, denn alles andere wäre ihm gegenüber, sowie Nevio und mir nicht fair. ,,Eljero, es tut mir so leid, ich wünschte wirklich du würdest diese Gefühle mir gegenüber nicht hegen, denn ich sehe dich nur als eine Sache, und zwar als einen Freund, nicht mehr und nicht weniger."
Ich erkannte, wie sich sein Gesicht schmerzhaft verzog, bevor er komplett kalt wurde. Es war, als würde er sich eine Maske aufsetzten, bei der er versuchte, dass sie undurchdringbar war. ,,Okay, danke für deine Ehrlichkeit. Aber ich werde jetzt gehen, hier gibt es nichts mehr zu sagen für mich. Wir sehen uns irgendwann wieder, spätestens an der Geburt", kam es kalt von ihm, als er sich abwandte. Er konnte doch jetzt nicht einfach so gehen!
,,Eljero, wir können es doch jetzt nicht dabei belassen!", schrie ich ihm hinterher, worauf er sich noch ein letztes Mal zu mir herumdrehte. ,,Doch können wir, für mich gibt es gerade in diesem Moment nichts, was mich hier hält. Also lassen wir es gut sein und macht, was ihr wollt", sagte er noch, bevor er wieder verschwand.
Ich wollte ihm hinterherrennen, ihn abhalten zu verschwinden, doch ich konnte nicht, da mich Nevios Hände stark festhielten. ,,Lass ihn, er brauch seinen Freiraum, mir würde es nicht anders gehen an seiner Stelle."
,,Aber, wir können ihn doch auch nicht alleine lassen", widersprach ich ihm. Er wirke geknickt, auch wenn er es mit seiner Kälte versuchte zu überspielen. ,,Doch können wir, es ist gerade das Beste. Atme kurz durch und dann gehen wir zu den anderen zurück. Aber wenn du das nicht willst, kann ich auch alle herausschmeißen?"
,,Nein, schon gut. Lass uns zurückgehen", knickte ich ein. Ich versuchte mir zumindest selber einzureden, dass es das Beste war. Ich hoffte aber, dass Eljero uns das irgendwann verzieh und wir so etwas wie Freunde werden könnten.
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