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Women left behind

------------------Letztes Kapitel------------------

Stirnrunzelnd lehnte ich mich zurück in die Kissen und schaute aus dem Fenster, während ich meinen Gedanken nachging. Regen prasselte in dicken Tropfen gegen die Scheibe und half dem Herbst, die restlichen Blätter von den Bäumen zu werfen und die Welt in ein dunkles und trostloses Ödland zu verwandeln. Winter war auf dem Vormarsch. Ich dachte zurück an letztes Jahr, die Unterlippe zerkauend und das Gefühl der Beklemmtes verdrängend als meine Gedanken zum schneereichen Winter zurückwanderten als ich James das erste Mal geküsst hatte. Nun war es Herbst und in gerade einmal 3 Monaten würde ich vielleicht einen anderen Mann heiraten. Wie viel sich doch in gerade einmal 9 Monaten verändern konnte..

--------------------Neues Kapitel-------------------

Das Gefühl schüttelte ich auch die nächsten Tage nicht ab - im Gegenteil, es verstärkte sich. Wieder und wieder konnte ich Brace Blick auf mir spüren, doch ich wusste ihn nicht einzuordnen. Er beobachtete mich, als warte er auf etwas.

Tag für Tag wurde ich wieder stärker, doch so ganz abschütteln konnte ich diese komische Krankheit, welche mich so außer Gefecht gesetzt hatte, nicht. Ich war erschöpft, meine Knochen schmerzten und nach einem kleinen Spaziergang oder den Treppenstufen war ich außer Puste.

Doch nicht nur ich hatte mich verändert - auch James hatte sich zurück gezogen. Nachdem unsere Beziehung über Wochen und Monate hell lodernd gebrannt hatte, flackerte sie jetzt nur noch schwach vor sich hin wie eine Kerze, die durch den nächsten Windstoß erlöschen könnte.
Zunächst hatte ich den Wandel in seinem Verhalten meiner Krankheit zugeschoben. Ich war schwach, er war rücksichtsvoll und gab mir den Raum, mich zu erholen. Dann war mir eingefallen das die Wörter „James" und „rücksichtsvoll" nicht in den gleichen Satz passten ohne gegen Naturgesetze zu verstoßen und ich war ins Schleudern gekommen - Was war los?

Ich saß am Küchentisch und stocherte mit flauem Magen in meinem Rührei herum als James ein weiteres Mal wortlos in den frühen Morgenstunden von Gott weiß woher zurück gestolpert kam und noch den an ihm haftenden Geruch von Alkohol und billigem Parfum mit ins Haus schleppte. Im Vorbeigehen hob er seinen Kopf und warf mir durch trübe Augen einen undurchdringlichen Blick zu ehe ihn die schweren Füße mit schweren Schritten nach oben zu seinem Zimmer schleppten. Ich schob den Teller von mir. Mit war der Appetit vergangen.

„Sorgen Sie sich nicht mit Zilpha, das wird schon wieder", redete Brace mir aufmunternd zu und schob den Teller zurück, eine Stille Aufforderung zu essen. Verwirrt legte ich eine Hand an die Stirn und bemerkte, dass ich sie in Falten gezogen hatte.

„Ganz sicher Brace", murmelte ich und stocherte weiter im Essen. Gar nichts war sicher, gar nichts war gut. Mir war bewusst, das James und ich nie wirklich zusammen gewesen waren - und das wir es niemals würden sein können, schlichtweg weil wir Halbgeschwister waren. Aber seine morgendlichen Paradegänge nach einer Nacht bei irgendeiner Prostituierten miterleben zu müssen kam mir überdurchschnittlich grausam vor - Selbst für James Verhältnisse. Wie aufs Stichwort riss Brace das nächste Thema an, das mir eine frühzeitige Hautalterung und Sorgenfalten verschaffen würde.

„Gedenken Sie, die Hochzeit mit Mr. William bald zu vollziehen?"

Ich ließ die Gabel fallen, wo sie laut klirrend auf den Rand des Geschirrs schlug „Brace!" Eine solch intime und direkte Frage war weder angebracht, noch hatte ich sie erwartet. Er sah mich herausfordernd an, nicht eingeschüchtert durch meinen Ausbruch – was verständlich war, wenn man bedachte, welches Geheimnis er für uns behielt. Statt ihn von oben herab zurecht zu weisen und darauf hinzuweisen, dass sich eine solche Frage an die Dame des Hauses nicht gehörte, ging ich einen sicheren Weg. "Ich fühl mich noch immer nicht ganz bereit für eine solch lange Reise!", leierte ich meine Antwort der letzten Tage ab und hoffte mir damit noch einen weiteren kleinen Aufschwung verschaffen zu können. Wieder sah Brace mich an. Wieder lag die zunehmende Intensität in seinem Blick. Es war geradezu greifbar, das er etwas zu sagen hatte - sich jedoch zurückhalten würde.

„Brace...", auch mir ging es ähnlich. Ich musste es irgendwem sagen. Ich wollte mich irgendjemandem anvertrauen, ihm sagen was auf meiner Seele lastete, bevor ich noch verrückt werden würde. „Ich glaube ich kann William nicht heiraten."

Ich hatte ihn bei den Worten nicht ansehen können, doch nun war ich gespannt auf seine Reaktion. Er saß mir gegenüber. In seiner einen Hand hielt er einen Putzlappen, sein Arm war auf die Tischkante des schweren Holztisches abgestützt und er lehnte sich nach vorne. Sein Blick war so starr auf mein Gesicht gerichtet, dass seine Augen zwischen meinen in schneller Abfolge hin und her wechselten.

„Ich glaube, sie müssen William heiraten.", sagte er beinahe ebenso leise. „Und das eher früher als später." Seine Augen verengten sich und er hob wissend die Augenbrauen. Mein eh schon flauer Magen krampfte sich zusammen. Mir wurde schlecht.

„Brace, ich-"

Er legte seine Hand auf meine, drückte sie kurz.

„Ich weiß."

Mein Herz flatterte panisch.

„Ich werde es für mich behalten", versprach er weiter. Eine Welle der Gefühle brach aus mir heraus und über mir zusammen. Tränen schossen mir in die Augen und ich entschuldige mich schnell vom Frühstück und rannte zum Badezimmer wo sich mein Mageninhalt krampfend einen Weg zurück nach oben erkämpfte. Die schweren Zahnräder in meinem Kopf begannen zu arbeiten. Ich konnte geradezu spüren, wie sie ihre eigenen Schlüsse zogen und zeitgleich ein schwerer dunkler Vorhang fiel und meine eigenen Gedanken vor meinem Bewusstsein abschürmte. Es gab viel, mit dem ich mich noch auseinander setzen würde müssen - doch für den Moment würde ich mich einfach nochmal ins Bett legen und einen Moment meinen erschöpften Körper ruhen lassen.




Das Licht fiel in einem tiefen Winkel in mein Zimmer, als ich wieder erwachte. Ich hatte fast den ganzen Tag geschlafen und fühlte mich dennoch gerädert und ausgelaugt als ich auf ein Weiteres nach unten in die Küche lief um meinen knurrenden Magen zu versorgen - Kein Wunder, mein erstes Frühstück hatte ich nicht bei mir behalten. Mich erwartete ein gedeckter Tisch, feines Geschirr und unser Vater, welcher wütend von seinen Unterlagen aufsah, als er mich erblickte. Ich blinzelte irritiert.

„WIESO BIST DU NICHT ANGEZOGEN!", bellte er geradezu in meine Richtung und erhob sich in seinem Sessel um mir bedrohlich näher zu kommen.

„Ich - wofür?"

Er sah Brace an. „Hat das Mädchen überhaupt einen Funken Verstand? Oder ist sie beschränkt zur Welt gekommen?"

„Das Mädchen steht direkt hier.", murmelte ich.

Er warf mir einen vernichtenden Blick zu und ich senkte den Kopf. „Ich geh mich umziehen."

Nach einem Garderobenwechsel trat ich erneut den Weg in den Speisesaal an. Meine Kette hatte sich im Saum meines Kragens verfangen und ich nestelte an meinem Nacken herum, als ich in die massive Wand aus Fleisch lief, die in unserem Flur stand. James sah mich von oben herab mit seinen grünlichen Augen stumm an. Seine Nasenflügel blähten und seine Pupillen weiteten sich.

Mein Herzschlag nahm zu. Ich würde alles zurück nehmen, was ich gedacht hatte. Unser Feuer war nicht erloschen. Ganz und gar nicht. Stattdessen hatte James die Distanz gewahrt und mich dadurch denken lassen, das wir uns voneinander entfernt hatten. Doch jetzt war es wie immer, wenn ich James so nah war: Mein Körper verriet meinen Verstand und begann zu summen. Die Luft begann zu knistern und jagte Schauer meine Haut entlang.

„Was machst du?" Seine tiefe Stimme spielte Saiten in mir an, die eine direkte Verbindung zu meinem Unterleib zu haben schienen. Ich räusperte mich.

„Irgendwas hat sich da verfangen und ich krieg einfach nicht", ich riss an der Kette und würgte mich dabei beinahe selbst. „Ich glaub der Verschluss oder eines der feingliedrigen Elemente..."

James trat wortlos um mich herum und hob einzelne sich lösende Strähnen in meinem Nacken an, um sich das Problem ansehen zu können. Einer seiner Knöchel streifte die freigelegte Haut an meinem Hals und ich bekam eine Gänsehaut. Seine Finger hoben die Kette an und begannen die feine Arbeit, den Verschluss aus der dunklen Spitzenbordüre in meinem Nacken zu befreien.

„Alles wieder gerichtet!", raunte er in mein Ohr und beschwor den nächsten Schauer hervor. Ich musste die Augen schließen und spürte seine Anwesenheit und die Wärme, die von ihm ausging, in meinem Rücken. Seine Hände waren von dem Verschluss in meinem Nacken zu meinen Schultern gewandert. Er ließ sie langsam sinken und strich dabei geradezu federleicht über meinen Rücken meine Wirbelsäule entlang als würde er glauben, dass ich es nicht bemerkte. 

Doch das hatte ich. Aus der kleinen flackernden Kerze war plötzlich wieder ein Lauffeuer geworden. Ich drehte mich in seinen Armen um. Sein Blick schoss von meinen, ihn eben noch präsentierten Rundungen, zurück zu meinem Gesicht.

„James, ich-"

„Wo bleibt ihr denn verdammt nochmal."Die Stimme unseres Vaters vom Treppensatz, welche er nun zu erklimmen schien, brachte uns beide dazu, wie zwei aufgeschreckte Hühner auseinander zu rutschen und unsere jeweilige Kleidung auf Unstimmigkeiten zu überprüfen. Als das kleine gedrungene Gesicht Vaters auftauchte, waren wir beide vorzeigbar.

„Kommt essen, es ist unhöflich, Gäste warten zu lassen."

„Gäste?", meine Stimme war piepsig. Ich räusperte mich.

„Wirklich Zilpha? Muss ich den Doktor nochmal kommen lassen?"

„Wir sind sofort unten!", lenkte James das Gespräch in eine andere Richtung und unser Vater zog wieder von dannen, eine Augenbraune skeptisch gehoben. 

„Du wirst William heiraten!", forderte er dann und folgte Vater die Treppe nach unten. Ich blinzelte perplex. Was? Ich wollte ihn aufhalten, wollte unseren kleinen gestohlenen Moment noch etwas in die Länge ziehen, doch James war bereits verschwunden. 

"Was?", flüsterte ich nun laut in die Stille des Flures und ging meinerseits das Treppengelände entlang um James noch einmal zu fassen zu bekommen. Wieso waren ausgerechnet heute alle so versessen darauf, mich nach Lyon zu schicken und mich William heiraten zu lassen? Ich sah James Hutkrempe gerade noch aus der Tür verschwinden, als Stimmen aus dem Esszimmer mich in der Bewegung, und meinem Versuch James hinterher zu jagen,  inne halten ließen. 

William samt Familie saß an unserem hinreichenden Essenstisch und schaute sich nicht wenig irritiert in unserer doch im Vergleich sporadischen Herberge um. Als er mich erblickte, begann sein Gesicht zu strahlen. "Zilpha!"

Mein Magen verknotete sich. Ob vor Freude oder Sorge ließ sich noch nicht sagen. "William!" Meine Stimme rutschte eine Oktave höher. Es schien Sorge zu sein. Wieso war er hier? Was hatte das zu bedeuten? Ich betrat den Raum und begrüßte formvollendend den Rest unserer Gäste. 

"Überraschung!", grinste er erfreut und nahm meine Hand, um mir den Handrücken zu küssen. Ich lächelte geschmeichelt. Ich freute mich in der Tat ihn zu sehen - einerseits. Und kämpfte zu gleichen Teilen mit meinen Schuldgefühlen. 

"Zilpha, schön Sie wieder zu sehen!", fand sein Vater. Auch seine Mutter war höflich, wenn auch etwas reservierter. Ihr schien nicht ganz zu gefallen, mit welchem Wohlwollen ihr Mann und ihr Sohn mir gegenüber begegneten. 

"Gleichfalls Mr und Mrs. Tades", sagte ich schnell und senkte den Blick. Sie hob nur eine Augenbraue und wand sich dann wieder meinem Vater zu. William, der den kleinen Schlagabtausch mitbekommen hatte, verdrehte die Augen. 

"Es liegt daran, das ich ihr Ältester bin.", flüsterte er mir ins Ohr, nachdem ich irritiert über ihre Feindseligkeit blinzelte, während die anderen abgelenkt waren. "Jedes Mädchen, das ich treffe, scheint nicht gut genug zu sein. Das wir verlobt sind, gefällt ihr noch weniger. Du wirst sie schon für dich gewinnen. Mit der Zeit."

Ich war mir da nicht so sicher, sagte aber nichts weiter. Die Blicke, welche sie mir zuwarf, waren berechnend und auch während des Essens steht's aufmerksam auf mich gerichtet. Bei jeder Kleinigkeit harkte sie nach, bei jedem Gesprächspunkt suchte sie eine Schwachstelle. Es war ermüdend und ich fühlte mich noch immer nicht wie mein alten Selbst. William, der mir gegenüber saß, warf mir dann und wann einen entschuldigenden Blick zu, ehe er von den Männern wieder in anderen Gesprächsthemen verstrickt wurde, aus denen ich gewissenhaft ausgeschlossen wurde. 

"Und sie sind auf mysteriöse Weise krank geworden. Lagen mehrere Tage im Bett.", hakte sie während des Hauptganges nach, während sich Williams Vater mit meinem über die Zukunft der Schifffahrtsbranche unterhielt. 

"Nun, ich-", 

Vater mischte sich ein. "Zilpha war schon lange nicht mehr krank gewesen. Keine Sorge, auch als Kind war sie durchweg fit und voller Leben, da liegt nichts in den Genen, was verdorben sein könnte. Es sind diese Spaziergänge im Regen, die sie in letzter Zeit zuhauf gemacht hatte. Immer auf die Straße gerannt, in nichts weiter als Kleid und Schuhen, verschwunden für Stunden...", grummelte er angetrunken. "Ich geb James die Schuld - hat dem Mädchen Flausen in den Kopf gesetzt, dass sie die große weite Welt sehen kann."

Ich erstarrte. Das war nah an der Wahrheit dran. Zu nah!

"James?", hakte Williams Mutter nach, eine Falte auf der Stirn vertiefend.

 Ich mied ihren Blick, mit dem sie weiter versuchte mich im Bann zu halten und tat mir noch mehr von dem Gemüse auf, das vor mir auf dem Tisch stand. Ich hatte meinen Teller noch nicht einmal zur Hälfte aufgegessen, das Essen wollte mir nicht so richtig bekommen. Doch weitere Fragen aufwerfen wollte ich mit meinem Verhalten auch nicht. 

"Mein Sohn", klärte Vater auf. "Aus erster Ehe."

"Also Zilphas Bruder..."

"Halbbruder!", James tiefe Stimme durchschnitt den Raum. Er war wieder da! Erleichterung und Panik erfassten mich gleichermaßen. Meine Härchen stellten sich auf, als ich ihn in meinem Nacken spürte. Wärme kroch mir durch den Venen. Alle drehten sich zum neu erschienenem Gast um, den ich gewissenhaft ignorierte. Ich kam nicht umhin aus dem Augenwinkel zu bemerken, wie sich die Augen von Williams Mutter leicht weiteten. 

Ich hatte es schon öfter wahr genommen. Wenn James einen Raum betrat, nahm er ihn ein. Manche fürchteten ihn, mache bestaunten ihn und Frauen -  die begehrten ihn in der Regel, wegen genau dieser ambivalenten Ausstrahlung. Seine schroffe, unhöfliche Art tat dem keinen Abbruch -eher das Gegenteil. Am Esstisch wurde es still. 

"James Junge, setz dich!", bat Vater und bedeutete Brace, der den nächsten Gang in der Küche zubereitete, einen weiteren Stuhl heran zu schleppen. "Genieß ein letztes Mahl mit uns."

Vaters Aussage ließ mich aufhorchen. Überrascht riss ich den Kopf hoch und sah ihn an. James Blick ruhte auf mir. Durchbohrte mich, bis ich ihm schlussendlich ins Gesicht sah. 

Sterne. 

Dunkle, strahlende Sterne am Nachthimmel begrüßten mich, verheißungsvoll und voller Versprechen. Nur zögerlich löste sich sein Blick von meinem, schweifte durch die kleine Runde wo er jeden der Anwesenden ein kurzes Nicken zuwarf und William Mutter die Hand küsste. "Mrs. Tades"

Sie blinzelte, sah ihn an. Dann fiel ihr Blick wieder auf mich, zum ersten Mal an diesem Abend nicht länger komplett verbissen. "Ihr Bruder ist aber charmant."

William, der alles vom anderen Ende des Tisches mitbekam, verschluckte sich an seinem Wein und musste sich schwer auf die Brust klopfen um wieder zu Luft zu kommen. James lächelte nur schmallippig ehe er sich zurück zog und seinen herbei gereichten Stuhl zwischen mir und unserem Vater platzierte und sich neben mich setzte. Die Luft wurde dünner. Mein Kartenhaus aus Lügen könnte, so fühlte es sich an, jederzeit zusammen brechen. 

"Wenn sie mich einen Augenblick entschuldigen würden...", versuchte ich es und entfernte mich vom Tisch. Ich verschwand ins Badezimmer, stützte mich an der Waschschale ab nachdem ich kühles Wasser über mein Gesicht hatte fließen lassen. Zu eng. Mir war das alles viel zu eng. Die Situation, das Haus, die Zukunft und mein verdammtes Kleid. Wirklich.  Panisch riss ich an den Schnüren in meinem Rücken, versuche sie ein wenig zu lockern nur um schockiert festzustellen, dass ich sie bereits in einer weiteren Größe zu tragen schien. Das ich schon länger das Gefühl hatte, aus meinen Sachen heraus zu wachsen...

Mein Herz schlug schneller und schneller als sich mein Gehirn langsam an das heran tastete, was ich bisher aus vortrefflichste ignoriert hatte. Dessen Hinweise ich durchweg nicht wahrgenommen hatte... 

Es war der denkbar schlechteste Zeitpunkt, doch mein Gehirn schien entschieden zu haben, endlich den Schleier, der sich über meine Gedanken gelegt hatte zu lüften und Licht ins Dunkel zu bringen: Mein Schwindel, meine Müdigkeit und Abgeschlagenheit, meine Übelkeit, die enger werdenden Klamotten und extremen Gefühlsschwankungen. 

Mein Spiegelbild wurde kalkweiß.

Über solche Dinge wurde nicht öffentlich gesprochen, doch ich hatte Geschichten gehört. Geschichten von Freundinnen, die von heute auf morgen aus meinem Leben verschwunden und aufs Land geschickt worden waren über Wochen und Monate, nur um gebrochen und mit leerem Blick wieder aufzutauchen. Freundinnen, über die hinter vorgehaltener Hand getuschelt worden war. Freundinnen, die unehelich schwanger geworden waren. 

Mein Magen drehte sich um, als ich mich geräuschvoll zum wiederholten Male übergeben musste.

Oh. Gott. 

Ich hatte meine Blutungen nicht bekommen. Und Brace, der für die Reinigung unserer Laken und Stoffe verantwortlich war, hatte das mitbekommen. Ich hatte nicht aktiv mitgezählt, war davon ausgegangen, dass die Grippe, die mich nieder gestreckt hatte, alles aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Doch ich hätte sie schon früher bekommen müssen – VOR der Grippe. Falls es überhaupt eine Grippe gewesen war, die mich so aus der Bahn geworfen hatte. Nach Luft schnappend fasste ich mir an meine vollen, schmerzenden Brüste, die mir unter dem Kleid die Luft abzuschnüren drohten. Nie waren sie so groß gewesen. Und auch meine Gefühle fuhren Achterbahn mit mir. Es war nicht länger zu leugnen. Ich war schwanger. Ich war schwanger und es konnte nur von James sein. 

Oh Gott, James meinem Halbbruder.

Vollkommen unter Schock stehend verließ ich das Badezimmer und kam am Treppenabsatz an Brace vorbei, der mich aus seinen tiefen Augen unergründlich musterte. Endlich verstand ich seine Bedenken. Seine Art mich auf das Aufmerksam machen zu wollen, was mit mir vorging. Sein Drängen, William zu heiraten. Mich mit der Hochzeit zu beeilen. Dem Vollzug der Hochzeit! 

Brace, er hatte es gewusst. Wie er alles über diese Familie und seine Mitglieder besser wusste als wir selbst. Seine Idee war es, William das Kind unterzuschieben. Ich sollte William heiraten und in ein paar Monaten überrascht über die frühe Geburt des Kindes tun, ihm Williams Nachnamen geben. Einen Vater. Ein Zuhause. Eine Zukunft.

Oh Gott, ich würde Mutter werden. Und James Vater. 

Brace schien zu bemerken, das ich kurz davor war zusammen zu brechen, blieb im Schatten des Flures kurz stehen und zog mich in eine dunkle Ecke. "Alles kommt wieder in Ordnung Zilpha!", raunte er entschlossen und streng. "Aber sie müssen sich jetzt zusammenreißen!" Meine Unterlippe begann zu zittern. Fest drückte Brace unterstützend meine Hand und schüttelte streng den Kopf, ehe er weiter in die Küche ging um unsere Gäste weiter zu bewirten. So wie ich es auch würde tun müssen. Ich erlaubte mir eine weitere Minute, ein paar Atemzüge in denen ich sicher stellte, dass ich nicht in Tränen ausbrechen würde. Dann, wie automatisiert, ging ich zurück zur kleinen Gruppe in unserem Esszimmer, die lauten Stimmen bereits zu mir auf den Flur dringend. Die Stimme unseres Vaters war besonders prägnant. 

"... letzter Abend in Freiheit. Monate auf dem Schiff werden ihm gut tun. Vielleicht ist er im Anschluss endlich bereit sesshaft zu werden. Sich eine Frau zu nehmen. Eine Familie zu gründen." lachte er, in das die anderen Anwesenden am Tisch mit einstimmten. Es war gut, das ich mich noch außer Sichtweite befand. Ich konnte spüren wie mir dir Farbe aus den Wangen wich und das Rauschen in meinen Ohren zunahm. James hatte bereits eine Familie. Und eine Frau. Ich strich über meinen noch unscheinbaren Bauch und bildete mir ein, ein erstes Flattern zu spüren. Und ein Kind hatte er auch. 

"Wann gehts denn auf die große Reise?", hörte ich Williams Mutter fragen, in ihrer Stimme Faszination und Neugierde. "Und wie lange"

Ich bog um die Ecke, kam zum Esstisch zurück, das Lächeln auf meinen Zügen festgefroren, distanziert und höflich - Hoffte ich zumindest. Sie bemerkten mich in ihr Gespräch vertieft nicht. 

"Morgen. Morgen werde ich mit der East India Trading Company erst nach Afrika und von da aus nach Amerika reisen. Die Tour dauert voraussichtlich knapp ein Jahr."

"Was?!" Mir wurde ein weiteres Mal an diesem Abend der Boden unter den Füßen weggerissen und ich ließ mich geräuschvoll auf meinen Stuhl fallen. James Kopf riss herum, aber auch alle anderen anwesenden bedachten mich mit über die Heftigkeit im Ton meiner Frage mit merkwürdigen Blicken. Es war schwer zu sagen was mehr weh tat. Der Verrat oder der Liebeskummer. Ich hatte das Glück, beides gleichzeitig durchmachen zu dürfen. Und während mein Herz in tausend Einzelteile zersprang musste mir das Lächeln auf den Lippen gepflastert werden, den die Anwesenden beobachteten mich aus Argusaugen. "So schnell?"

Mir war bewusst, das wir nicht alleine waren. Mir war bewusst, das wir beobachtet wurden. Doch alles was ich in diesem Moment sehen konnte war James Gesicht, wie er mich mit seinem Blick gefangen hielt, mit mir sprach. Nur zu mir. "Ich habe vor vier Wochen den Bescheid bekommen."

Vier Wochen. Er hatte ein Abreisedatum seit vier Wochen und er hatte mich nicht informiert. Mich nicht gewarnt. Mir nicht ... nicht die Möglichkeit gegeben, mich zu verabschieden oder etwas zu unternehmen. Bedeutete ich ihm so wenig? Tränen drohten in meinen Augen aufzusteigen, dass ich sie weiter aufriss um sie daran zu hindern. 

James würde morgen ohne Vorwarnung aus meinem Leben verschwinden. Es fühlte sich an, als habe jemand den Schleier, der meine Sicht die letzten Wochen verblendet hatte, mit einem Mal gelüftet und mich kalt und nackt den Grausamkeiten der Welt ausgesetzt. Dann begann mein träges Hirn zu rattern, die Zeit zurück zu rechnen und es wurde alles klar:  Sein widersprüchliches Verhalten, insbesondere in der einen Nacht, in der er sich betrunken hatte und die mein Leben endgültig in seinen Bahnen verändert hatte...

"Deswegen-", verstand ich. James kniff die Augen warnend zusammen und ich hinderte mich am Sprechen. Die Anwesenden am Tisch waren still geworden: gespenstisch still. Die Anspannung die sich zwischen mir und James aufgebaut hatte, war auch für die anderen greifbar geworden, das ungesagte schwer wiegend zwischen uns. Deswegen hast du dich mir geöffnet, wollte ich sagen. Deswegen hatten wir die Nacht miteinander verbracht. Wirklich eine ganze Nacht, auf Augenhöhe, in einem Bett. Nicht nur ein paar gestohlene Momente in dunklen Ecken des Hauses. 

Weil er gewusst hatte, das er gehen würde. Weil er einen Ausweg aus allem gefunden hatte und sich deswegen mir hingeben konnte. Für ihn gab es keine Konsequenzen, keine Verwirrung mehr. Seine Zukunft war besiegelt gewesen und er hatte sich genommen, was er wollte, weil er wusste das es auf Zeit war - und er hatte mich unwissend gelassen!

Hass brodelte in mir auf, ich fühlte mich verraten und hintergangen. Aber alles was ich sagen konnte, sagen durfte in Anwesenheit der Gäste war:"Deswegen,", ich wandte mich den Gästen zu und hob das Glas "Lasst und auf eine gute Reise und Gesundheit für James anstoßen. Auf das ihm Glück und eine gute Überfahrt begleiten mögen!"

"Hört hört!", hob Williams Vater sein Glas und prostete uns zu, drehte sich zu James um seinen Zuspruch zu geben. "Viel Glück Junge!"

Das Gespräch ging weiter, ich lächelte, nickte, war sogar Teil der Konversation ohne zu wissen was ich sagte. Vater lachte. Williams Vater ebenfalls, wie auch seine Frau. Schnell war unser kurzes Gespräch vergessen, der Wein floss reichlich und Williams Eltern schienen sich zunehmenst zu amüsieren. Der Abend ging weiter, während ich innerlich starb. 

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