Kapitel 2
Keine fünf Tage nach der Gala wollten Cassiel und ich uns in einem niedlichen, kleinen Café, dass er vorgeschlagen hatte, treffen. Seit jenem Abend war er mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen und als seine Nachricht mit dem Ort und der Uhrzeit unseres Treffens bei mir ankam, hatte sich ein warmes Kribbeln in meinem Bauch ausgebreitet. Mir gefiel der Gedanke ihn wiederzusehen mehr als ich mir selbst eingestehen wollte.
Wir hatten vereinbart, dass wir uns direkt beim Café treffen würden, was sich für mich jedoch schwieriger gestaltete als angenommen. Als ich an der passenden Haltestelle aus dem Bus ausstieg, stand ich auf einer der mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Straßen des alten Stadtkerns, welche ich bei weitem nicht so gut kannte wie den Rest der Stadt.
Zum wiederholten Male flog mein Blick auf mein Handy und zu der Adresse, die er mir geschickt hatte. Ein kleines Lächeln umspielte meine Mundwinkel, während ich von der Nachricht wieder aufsah und nach irgendwelchen Schildern suchte, die mir hätten verraten können, wo ich lang musste. Doch zu meinem Pech gab es weit und breit nicht einen einzigen Wegweiser.
Dann musste halt Google herhalten. Eilig öffnete ich die App, gab die Adresse ein und bekam prompt eine Wegbeschreibung. Ohne zu zögern setzte ich mich in Bewegung und folgte der blauen Route auf meinem Handy durch verwinkelte kleine Gassen, die trotz ihrer Enge nichts düsteres oder beängstigendes an sich hatten. Viel mehr bekamen sie durch den goldenen Sonnenschein einen nahezu märchenhaften Charakter, der durch eine Gruppe Kinder, die lachend an mir vorbei rannten, nur noch mehr verstärkt wurde.
Die letzten zwei Straßen behielt ich mir im Kopf und packte mein Handy in meine kleine Tasche. Gespannt auf das, was passieren würde, bog ich um die letzte Ecke und staunte nicht schlecht, als ich das Café erblickte.
Es war weder besonders groß, noch auffällig ausgestattet, doch es raubte mir trotzdem den Atem. Zwei große Fenster waren in schwarzen Rahmen auf beiden Seiten der offenen Eingangstür angebracht. Die komplette Fassade hatte einen dunklen Anstrich, welcher durch die warme Innenbeleuchtung jedoch seinen dunklen Charakter verlor. Das absolut schönste aber waren die dunkelroten Rosen, die entlang der Fassade um die Fenster rankten. Ihre wunderschönen Blüten bildeten einen unglaublichen Kontrast zu der dunklen Fassade und gaben dem Café einen romantischen Touch.
Cassiel entdeckte mich, bevor ich ihn entdeckte. Mit einem strahlenden Lächeln stand er von einem der Stühle, die zu den Tischen vor dem Café gehörten, auf und kam auf mich zu. Bei seinem funkelnden Blick aus diesen blauen Augen breitete sich gerade wieder dieses Kribbeln in meinem Bauch aus und ich strich mir eine meiner hellbraunen Haarsträhnen hinters Ohr.
„Da bist du ja", begrüßte er mich und wie als wenn wir uns schon ewig kennen würden, zog er mich in eine kurze Umarmung. Komplett überrumpelt davon ließ ich es einfach geschehen, wobei mir sein Geruch angenehm in die Nase stieg. Überraschenderweise roch Cassiel nach frischem Meer, den forschen Wellen und Sonne. Irgendwie hatte ich bei ihm eher Minze erwartet.
„Hey, ja entschuldige bitte. Ich brauchte erst Hilfe von Onkel Google um den Weg zu finden", erklärte ich als wir uns wieder von einander lösten und er nickte verständnisvoll.
„Da hätte ich aber auch dran denken können. Wenn man es nicht kennt, ist es wirklich schwer zu finden." Kurzerhand nahm er meine Hand und führte mich zu unserem Tisch.
So viel Körperkontakt beim ersten Treffen war mir fremd und normalerweise hielt ich eher Abstand, doch seltsamer Weise störte es mich gerade überhaupt nicht. Seine Hand umschloss warm und sanft meine und das unangenehme Gefühl, dass ich sonst bei sowas bekam blieb aus.
Wir nahmen gegenüber von einander Platz, wobei er mir erst den Stuhl herauszog und abwartete bis ich saß, ehe er sich selbst setzte. Damit irritierte er mich so sehr, dass ich gar nicht wirklich mitbekam, wie ich ihn einfach nur ansah.
„Was ist?", fragte er und ich blinzelte verwundert. Augenblicklich schoss mir die Röte ins Gesicht und ich schaute rasch in eine andere Richtung.
„Nichts." Kurz räusperte ich mich und versuchte mich wieder unter Kontrolle zu kriegen. Was zum Teufel war nur los mit mir?! „Ich war nur etwas überrascht. Kommst du mit jedem Mädchen hier her und spielst den Kavalier?"
Verdutzt zog er eine Augenbraue hoch und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. In einer fließenden Bewegung verschränkte er die Arme vor der Brust, wobei ein freches Grinsen auf sein Gesicht trat.
„Nein, nicht mit jedem Mädchen. Und unterstellst du jedem Typen mit dem du ausgehst gleich, dass er ein Playboy ist?"
„Touché." Ein freches Grinsen stahl sich auf meine Lippen und ich genoss seine Schlagfertigkeit. Es war selten, dass ich jemanden fand, der mir in diesem Punkt so ähnlich war.
„Also, wo ist denn dieser ach so tolle Typ den du mir versprochen hast?" Provokant blickte ich mich um und ein empörtes Schnauben kam von der anderen Seite des Tisches.
„Er sitzt direkt vor dir." Wie um seine Worte zu verdeutlichen breitete er die Arme in selbst bezeichnender Gestik aus. „Eigentlich dachte ich du erkennst einen fantastischen Mann, wenn du ihn vor dir hast. Aber scheinbar brauchst du wohl eine Brille."
Wie bei der Gala hinterließ mich seine offensichtliche Zurschaustellung seines Egos sprachlos. Noch dazu dieser schalkhafte Blick, der nicht eine Sekunde von mir abließ. Er hatte wirklich seinen Spaß daran mich aus dem Konzept zu bringen.
„Glaub mir, mit meinen Augen ist alles in bester Ordnung. Aber vielleicht brauchst du ja einen neuen Spiegel. Der, den du jetzt hast, scheint die Realität zu verzerren."
*****
Ruhig liege ich in meinem Bett, fest in meine Decke eingekuschelt. Alles ist still um mich herum, selbst meinem Handy ist mittlerweile der Akku ausgegangen. Die Stille kommt mir wie Entspannung vor, denn das ständige Klingeln eines Anrufs hatte sich in den letzten Tagen dauerhaft in meinen Geist gebrannt.
Mein Blick hängt ziellos im Raum während ich vereinzelten winzigen Staubfusseln dabei zusehe, wie sie in dem goldenen Sonnenlicht, dass von meinem Fenster aus herein fällt, zu Boden tanzen.
Das selbe goldene Sonnenlicht wie damals.
Erneut sticht ein scharfer Schmerz durch mein Herz, doch ich bin viel zu müde und innerlich zu leer um diesem Schmerz Ausdruck zu verleihen. Ich würde alles dafür geben, wenn ich diese Gassen und das Café einfach vergessen könnte. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich das unendliche Blau des Meeres vor mir, doch auch das bringt nur Schmerz.
Also liege ich einfach nur bewegungslos weiter auf meinem Bett und starre in das goldene Licht.
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