52. Kapitel
Hyunjin POV:
Der schwere Geruch von Blut hing schwer in der Luft. Mit jedem Atemzug brannte er in meiner Kehle, legte sich wie ein dunkler Schleier über meine Sinne. Der Boden war aufgewühlt, übersät mit tiefen Krallenspuren, getränkt vom Kampf, der nun in seine finale Phase zu treten schien.
Die dritte Welle hatte begonnen.
Ich spürte es in jeder Faser meines Körpers – die Spannung, die sich wie ein elektrisches Netz über das Schlachtfeld legte, den unaufhaltsamen Druck, der auf meiner Brust lastete. Die feindlichen Wölfe waren zahlreich, stärker als in den beiden Wellen zuvor, und sie bewegten sich mit tödlicher Präzision.
Wir waren erschöpft, aber aufgeben war keine Option.
Mein Blick suchte nach Felix. Ich spürte ihn durch unsere Verbindung – einen Anker inmitten des Chaos. Die Intensität seiner Gefühle erreichte mich wie ein flackernder Puls: Anspannung, Wachsamkeit, aber auch diese unerschütterliche Entschlossenheit, die ich an ihm liebte.
Ich entdeckte sein goldenes Fell zwischen den Schatten der Kämpfenden. Er bewegte sich wie eine Klinge, präzise, schnell, konzentriert. Der Blutmond verlieh uns allen neue Kräfte, doch er schien in ihm besonders stark zu brennen.
Für einen Moment war da nur Erleichterung. Er lebte. Ein Knurren riss mich zurück in die Realität.
Ein dunkler Wolf sprang auf mich zu, die Zähne weit aufgerissen, Augen voller roher Aggression. Ich wich instinktiv zur Seite, doch er war schneller. Sein Gewicht rammte mich zu Boden, sein Atem heiß und faulig in meinem Nacken. Mein Wolf reagierte sofort.
Mit einem tiefen Knurren rollte ich mich zur Seite, trat mit den Hinterläufen nach oben und erwischte den Angreifer am Brustkorb. Er keuchte auf, taumelte zurück – gerade lange genug, dass ich mich aufrappeln und zum Gegenangriff übergehen konnte.
Meine Kiefer schnappen nach seinem Nacken. Ein Biss, ein Ruck – und der Körper des feindlichen Wolfs sackte leblos zu Boden. Ich blieb keuchend stehen. Keine Pause. Nicht jetzt. Mein Blick flog erneut zu Felix. Er war nicht mehr allein.
Jeongin stand an seiner Seite. Sein dunkles Fell war mit Staub und Blut befleckt, doch seine Augen funkelten entschlossen. Ich sah, wie die beiden gemeinsam kämpften – perfekt aufeinander abgestimmt. Jeongin sprang nach vorne, lenkte einen der Angreifer ab, während Felix von der Seite zuschlug.
Mein Herz zog sich zusammen. Der Schmerz, den Jeongin in sich trug, war deutlich spürbar. Doch jetzt, in diesem Moment, funktionierte er einfach. Er kämpfte. Für uns. Für Seungmin. Und genau das machte mir Angst. Ich wollte zu ihnen, wollte ihnen helfen, doch ich kam nicht durch. Die feindlichen Wölfe drängten nach, unaufhaltsam wie eine dunkle Flut.
Mit einem lauten Knurren warf ich mich in den nächsten Kampf. Mein Körper war erschöpft, meine Muskeln brannten, aber ich kämpfte weiter. Für Felix. Für mein Rudel. Für all das, was wir beschützen wollten.
Ein Schrei zerriss plötzlich die Luft. Mein Kopf schnellte hoch. Felix. Der Klang seiner Stimme raste wie kaltes Feuer durch meine Adern. Ich wirbelte herum, versuchte, ihn auszumachen. Panik griff nach mir. Und dann sah ich es.
Zwei riesige, schlammbraune Wölfe hatten die Verteidigungslinie durchbrochen und stürmten direkt auf Felix und Jeongin zu. Felix reagierte sofort, stellte sich ihnen entgegen, doch sie waren zu zweit – und sie waren groß. Viel größer als die gewöhnlichen Angreifer.
Das waren keine einfachen Soldaten. Das waren Krieger. Meine Pfoten krallten sich in den Boden. Ich wollte zu ihm, doch ich war zu weit weg. „Felix!", rief ich in Gedanken. „Pass auf!" Ich sah, wie er den Kopf ruckartig hob, wie er mich spürte. Sein Blick traf meinen über die Distanz hinweg – und in seinen Augen lag dieselbe Angst, die mich durchströmte. Die Wölfe waren bei ihm.
Felix sprang dem ersten entgegen, wich einem Schlag aus und schnappte nach seiner Kehle. Doch der zweite Wolf griff von der Seite an. Ich setzte mich in Bewegung, rannte mit aller Kraft auf ihn zu. Jeongin sah die Gefahr.
Mit einem unterdrückten Knurren stürzte er nach vorne, warf sich dem zweiten Angreifer entgegen. Die beiden prallten zusammen, kugelten über den Boden. Felix rang mit dem ersten Wolf, während Jeongin den zweiten in Schach hielt.
Aber ich wusste, dass es nicht reichen würde. Die beiden Gegner waren zu stark. Und wir waren zu wenige. Ich verdoppelte mein Tempo, raste auf sie zu, während mein Herz wie wild pochte.
Dann sah ich eine Bewegung am Rand meines Blickfeldes. Ein dritter Wolf. Noch größer, noch dunkler. Und er hielt direkt auf Felix zu. Mir blieb keine Zeit zum Nachdenken. Ich sprang ab, schleuderte mich mit aller Wucht in seine Richtung.
Der Angreifer bemerkte mich zu spät. Wir prallten zusammen, ein Wirbel aus Zähnen, Klauen und wildem Knurren. Der Aufprall riss uns beide zu Boden.
Alles drehte sich. Der Himmel, der Boden – und das Gefühl, dass wir die Kontrolle über diesen Kampf langsam verloren.
Der Aufprall riss mir die Luft aus den Lungen. Der Wolf unter mir knurrte, riss seinen Kopf herum und schnappte nach meinem Hals. Ich spürte den heißen Atem, roch den metallischen Geruch von Blut an seinem Fell. Nicht nachlassen. Nicht jetzt.
Mit letzter Kraft stemmte ich mich hoch, vergrub meine Zähne in seinem Nacken. Die Muskeln in meinem Kiefer zitterten vor Anspannung, doch ich biss fester zu, bis der Widerstand nachließ. Der Wolf unter mir erschlaffte und blieb reglos liegen.
Keuchend löste ich mich von ihm. Meine Glieder zitterten, mein Brustkorb hob und senkte sich in rasendem Tempo. Der Kampf tobte weiter um mich herum – Knurren, Schreie, das Krachen von Körpern, die aufeinanderprallten.
Mein Blick flog erneut zu Felix. Er war noch da. Aber er wurde zurückgedrängt. Der dunkelbraune Wolf, mit dem er kämpfte, war ihm körperlich überlegen. Felix war schnell, geschickt, aber jeder Schlag seines Gegners ließ ihn zurückweichen.
Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich sah, wie Felix stolperte. Der feindliche Wolf nutzte den Moment, warf sich mit seinem massigen Körper gegen ihn. Felix wurde zu Boden geschleudert, landete hart auf der Seite. Der Wolf stand über ihm. Die Zähne auf Felix' Kehle gerichtet. Nein.
Mit einem erstickten Knurren rannte ich los, zwang meine Beine, sich trotz der Erschöpfung zu bewegen. Der Boden verschwamm vor meinen Augen, aber das war egal. Alles, was zählte, war Felix. Ein brauner Schatten raste an mir vorbei.
Jeongin.
Er sprang mit einem wilden Knurren auf den Angreifer, traf ihn im letzten Moment an der Schulter und riss ihn von Felix weg. Die beiden krachten zu Boden, rollten über das Schlachtfeld, während Felix taumelnd auf die Pfoten kam.
Ich erreichte ihn in diesem Moment, schob mich schützend vor ihn. „Alles in Ordnung?", fragte ich atemlos in Gedanken. „Ja... ich denke schon", kam seine Antwort, doch sein Blick war glasig, sein Körper zitterte.
Ein ohrenbetäubendes Heulen schnitt durch die Nacht. Es war tief, durchdringend und ließ das Mark in meinen Knochen erzittern. Der Kampf um uns herum kam ins Stocken. Die Wölfe, sowohl unsere als auch die feindlichen, hielten inne.
Ein unheilvolles Schweigen breitete sich aus. Der Blutmond tauchte das Schlachtfeld in ein rostrotes Licht. Schatten zogen sich über den Boden wie lebendige Wesen. Und dann sah ich ihn. Am Rand des Schlachtfelds, auf einer kleinen Anhöhe, stand eine Gestalt. Groß, massig, mit orangenem Fell, das im Licht des Mondes silbrig glänzte. Seine Augen leuchteten rot. Bang Chan.
Der Alpha-Rat war hier. Persönlich. Ich spürte, wie sich Felix neben mir anspannte. Unsere Gedanken verschmolzen für einen Moment in purer, stummer Erkenntnis.
Das war der Anfang vom Ende.
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