48. Kapitel
Hyunjin POV:
Die Welt um mich herum war ein einziges Chaos aus Blut, Fell und dem Geräusch von ineinander krachten Körpern. Ich spürte jeden Muskel meines Körpers brennen, aber ich konnte nicht aufhören. Nicht jetzt. Ein dunkler Wolf sprang auf mich zu, die Zähne entblößt, doch ich wich instinktiv aus und rammte ihm die Schulter in die Seite. Er heulte auf und taumelte nach hinten.
Neben mir hörte ich Felix knurren, während er sich einem zweiten Angreifer entgegenwarf. Seine Bewegungen waren präzise und voller Kraft, aber ich sah das Zucken in seinem Schritt - eine Verletzung, die er sich irgendwo im Kampf zugezogen hatte.
„Felix, hinter dir!" Meine Warnung kam zu spät. Ein weiterer Wolf stürzte sich auf ihn, und ich war schneller, als ich dachte. Mit einem Sprung warf ich mich dazwischen und packte den Angreifer am Nacken. Mein Kiefer schmerzte, als ich zubiss, aber ich ließ nicht locker, bis ich ihn zu Boden drückte. Ein letzter Schlag mit meinen Pfoten - und er war bewusstlos.
Mein Atem ging keuchend, und Blut tropfte von meinem Maul. Ich konnte nicht mal sagen, ob es meins oder das der feindlichen Wölfe war.
„Hyunjin!" Felix' Stimme klang wie ein ferner Ruf durch das Adrenalinrauschen in meinen Ohren. Ich hob den Kopf und sah, wie sich die feindlichen Reihen langsam auflösten. Die Wölfe des Alpharats entfernten sich.
Meine Beine zitterten, aber ich zwang mich aufrecht zu bleiben. „Sie fliehen", knurrte ich.
Felix stand neben mir, sein goldbraunes Fell zerzaust und an mehreren Stellen blutig. Seine Brust hob und senkte sich heftig, doch in seinen Augen brannte derselbe unnachgiebige Funke, den ich in jeder Schlacht bei ihm sah.
„Es ist vorbei", sagte er keuchend. Ich wünschte, ich könnte das glauben. Aber wir wussten beide, dass es nicht das Ende war.
Ein tiefes Heulen schnitt durch die Stille - Minho. Das Signal, dass wir uns sammeln sollten. Langsam machten Felix und ich uns auf den Weg zurück zur Lichtung. Überall lagen verletzte oder erschöpfte Wölfe, aber viele unserer Rudelmitglieder standen noch, die Blicke entschlossen trotz der Müdigkeit in ihren Gliedern.
Minho wartete auf einem erhöhten Felsen, seine Haltung angespannt, aber ungebrochen. Sein schwarzes-braunes Fell glänzte im ersten Licht des Morgens. „Die zweite Welle ist vorbei", verkündete er, als wir uns um ihn sammelten. „Sie haben sich zurückgezogen. Wir haben überlebt."
Ein paar Wölfe heulten leise auf, aber die Erleichterung war nur flüchtig. Jeder hier wusste, dass es noch nicht vorbei war.
Minhos Stimme wurde härter. „Aber sie kommen zurück. Mit voller Kraft. Wir haben bis zur Abendssonne Zeit. Nutzt diese Stunden klug. Pflegt eure Wunden, fresst etwas - und erholt euch, so gut es geht." Er ließ seinen Blick über die erschöpften Gesichter schweifen. „Wir stehen das durch. Zusammen."
Ich wollte ihm glauben, wirklich. Aber mein Herz fühlte sich schwer an, und das Bild von Jeongins Schmerz blitzte wieder vor meinen Augen auf. Seungmins Tod war wie ein Schatten über uns allen.
„Komm." Felix stieß mich sanft mit der Schnauze an. „Wir sollten uns zurückziehen und unsere Wunden versorgen." Ich nickte und folgte ihm, obwohl meine Gedanken weit weg waren. Der Morgen war angebrochen, und mit ihm die kurze Illusion von Frieden. Aber der wahre Sturm stand uns noch bevor.
Im Alpha-Rat:
In den Tiefen der steinernen Versammlungshalle des Alpharats hallte das Knirschen von Zähnen und das dumpfe Echo eines Faustschlags wider. Eine massive Eichenholztafel splitterte, als Bang Chan mit einem wilden Knurren darauf einschlug. Die Mitglieder des Rates, die in einem Halbkreis um ihn standen, wagten nicht einmal zu atmen.
„Sie haben aufgegeben und sich versteckt", zischte Chan, seine Stimme gefährlich ruhig, was die Spannung im Raum nur noch mehr auflud. „Zweimal. Zweimal! Gegen ein Rudel von Rebellen, das sich wie ein jämmerlicher Haufen zusammengescharrt hat."
Er atmete schwer, seine Brust hob und senkte sich unter seinem rötlichen Fell und seine goldenen Augen blitzten vor Zorn. „Die zweite Welle war unsere stärkste Truppe", murmelte ein älterer Ratsherr mit zittriger Stimme. „Wir haben die besten Kämpfer geschickt..."
„Und sie haben versagt!" Chans Stimme peitschte durch den Raum. „Versagt gegen einen Haufen von Wölfen, die nicht einmal dem Alpharat die Stirn bieten dürften." Die Anwesenden duckten sich instinktiv, als Chan wütend durch den Raum schritt. Jeder wusste, dass sein Zorn tödlich sein konnte, wenn man ihn falsch reizte.
„Hyunjin", knurrte Chan, und der Name des Überläufers schmeckte bitter auf seiner Zunge. „Dieser verfluchte Verräter und das Rudel von Minho werden mir noch die Geduld rauben." Sein Blick wanderte zur großen Karte, die auf dem Tisch ausgebreitet lag. Auf der Karte waren die Rudelgebiete markiert, und ein blutroter Kreis umgab die Position des Rebellenlagers.
„Wenn wir die dritte Welle vorbereiten, müssen wir sie vollständig zerschlagen." Chan fuhr mit den Krallen über die Karte, hinterließ tiefe Kerben im Holz. „Ich dulde kein weiteres Scheitern. Keine weiteren Rückzüge."
Ein jüngerer Ratsherr trat zögernd vor. „Wir könnten noch mehr Truppen mobilisieren, Alpha Chan. Es gibt noch Reserven in den östlichen Gebieten."
Chan schnaubte abfällig. „Reservetruppen? Glaubst du, dass wir diesen Krieg mit zweitklassigen Kämpfern gewinnen?" Seine Augen funkelten gefährlich. „Wenn meine besten Soldaten es nicht schaffen, dann bleibt mir wohl keine andere Wahl."
Ein Raunen ging durch den Raum. Die Worte des Leaders waren wie ein Schlag ins Gesicht der Ratsmitglieder. „Du meinst... du selbst wirst kämpfen?", fragte ein älterer Wolf ungläubig.
Chan richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Sein muskulöser Körper strahlte eine gefährliche Dominanz aus, die niemand infrage stellen wollte. „Ja", sagte er mit eisiger Entschlossenheit. „Wenn meine Soldaten nicht in der Lage sind, den Job zu erledigen, dann werde ich selbst dafür sorgen, dass dieses Rudel brennt."
Die Ratsmitglieder tauschten nervöse Blicke aus. Bang Chan hatte sich in den letzten Jahren selten auf dem Schlachtfeld gezeigt, doch niemand im Raum vergaß, warum er zum Anführer des Alpharats aufgestiegen war. Seine Kampfkraft war legendär, seine Grausamkeit noch gefürchteter.
„Aber, Alpha Chan", begann ein Ratsherr vorsichtig, „Was ist mit der Sicherheit des Rates? Du bist unser oberster Anführer. Wenn dir etwas geschieht..."
„Mir wird nichts geschehen", unterbrach Chan ihn scharf. „Ich bin stärker als jeder Wolf da draußen."
Er trat näher an die Karte heran und fixierte den blutroten Kreis mit einem mörderischen Blick. „Wir starten den finalen Angriff mit Anbruch der Dunkelheit. Ich will, dass jede verfügbare Einheit bereitsteht. Und diesmal werden wir kein Erbarmen zeigen."
Die Luft im Raum war schwer vor Anspannung.
Chan schloss kurz die Augen, als hätte er sich schon auf das kommende Blutvergießen eingestellt. Die Vorstellung, Hyunjin zu zerschmettern und Minho's Rudel ein für alle Mal auszulöschen, ließ seinen Puls rasen.
„Es gibt keinen Platz für Versagen mehr", knurrte er leise, aber jedes Wort schnitt wie ein Dolch durch die Stille. „Wenn ich in den Kampf ziehe, werde ich sie alle vernichten."
Sein Blick wanderte zu den Ratsmitgliedern. „Sorgt dafür, dass unsere Nachricht sich verbreitet. Jeder Wolf im Alpharat soll wissen, dass ich selbst in den Kampf ziehe. Das wird das Rudel zum Beben bringen." Ein widerwilliges Nicken ging durch die Reihen, während Chan sich langsam von der Karte löste.
„Der Blutmond wird ihr Untergang sein", flüsterte er düster. „Und ich werde sicherstellen, dass das Rudel von Minho bis auf den letzten Wolf ausradiert wird."
Mit einem letzten Blick voller Entschlossenheit verließ Chan den Raum. Die Ratsmitglieder blieben zurück, verstört und angespannt angesichts der drohenden Eskalation.
Der Alpharat hatte seinen finalen Trumpf ausgespielt. Und dieser Trumpf war niemand Geringerer als Bang Chan selbst.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro