29. Kapitel
Felix POV:
Die Luft war frisch und klar, während ich durch das Lager lief. Der Duft nach feuchtem Moos und wildem Thymian mischte sich mit dem vertrauten Geruch des Rudels. Ein leichter Wind zog durch die Bäume und ließ die Blätter rascheln. Normalerweise hätte ich diese Ruhe genossen, doch heute klopfte mein Herz unruhig in meiner Brust.
Hyunjin war vor ein paar Minuten aufgebrochen, um mit Minho zu sprechen. Er hatte gesagt, es ginge um eine Patrouille oder irgendetwas Strategisches, aber ich konnte spüren, dass da mehr dahintersteckte. Nach allem, was zwischen uns passiert war, lag noch immer ein unausgesprochener Druck in der Luft - etwas, das ich einerseits nicht loslassen wollte, das mich aber gleichzeitig verunsicherte.
Meine Heat war abgeklungen, aber die Erinnerungen daran brannten noch immer auf meiner Haut. Hyunjin hatte mich auf eine Weise berührt, wie es niemand zuvor getan hatte, und mein Körper schien noch immer nach seiner Nähe zu verlangen. Doch es war mehr als nur körperliches Verlangen. Da war dieses warme, seltsam ziehende Gefühl in meiner Brust, das ich kaum benennen konnte.
„Grübelst du wieder?", Jisung's Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
Ich blinzelte überrascht und sah ihn vor mir stehen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und grinste mich wissend an.
„Ich grübel nicht", log ich.
„Ach nee?" Er hob eine Augenbraue. „Du hast denselben Gesichtsausdruck wie damals, als du versucht hast, herauszufinden, warum Hyunjin dich immer so nervös macht."
„Ich war nie nervös", protestierte ich, obwohl ich wusste, dass es eine glatte Lüge war.
Jisung lachte. „Klar. Und ich bin der König des Rudels."
Ich verdrehte die Augen und ging weiter, aber Jisung folgte mir hartnäckig.
„Also, was ist los?" fragte er schließlich. „Ihr habt doch jetzt alles geklärt, oder? Du und Hyunjin seid praktisch unzertrennlich."
Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. „Wir sind nur Freunde."
„Freunde?" Jisung schnaufte amüsiert. „Felix, du riechst nach Hyunjin. Das ist ungefähr so subtil wie ein Donnerschlag."
„Ich rieche nicht so stark nach ihm", murmelte ich.
„Oh doch, das tust du." Jisung beugte sich theatralisch vor und schnupperte an meiner Schulter. „Würzig, ein Hauch von Kiefernharz und eindeutig Alpha. Du solltest dir echt mal Gedanken darüber machen, wie das auf andere wirkt."
Ich schob ihn weg. „Kannst du bitte damit aufhören?"
„Nur wenn du endlich zugibst, dass da mehr zwischen euch ist."
Ich blieb stehen und sah ihn ernst an. „Es ist kompliziert, okay?"
Jisung's Gesichtsausdruck wurde weicher. „Hey, ich mach nur Spaß. Aber ehrlich, Felix - du musst dir nicht so viele Gedanken machen. Gefühle sind nicht das Ende der Welt."
„Es fühlt sich aber manchmal so an", gab ich zu.
„Tja, willkommen im Leben." Er klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. „Und jetzt komm, bevor Minho uns beide zum Holzhacken verdonnert, weil wir trödeln."
_______________
Später am Tag saßen Hyunjin und ich nebeneinander auf einer Lichtung am Rand des Waldes. Die Sonne schien warm auf unsere Gesichter, und das Gras unter uns war weich und federnd. Es war einer dieser seltenen, friedlichen Momente, in denen die Welt stillzustehen schien.
Hyunjin hatte seit dem Frühstück kaum ein Wort gesagt, und ich wusste, dass ihn etwas beschäftigte. Ich drehte den Kopf zu ihm und beobachtete, wie er gedankenverloren einen Grashalm zwischen den Fingern drehte.
„Hyunjin?"
Er sah auf. „Hm?"
„Alles okay?"
Er zögerte. „Ja, ich... ich denke nur nach."
„Worüber?"
Er ließ den Grashalm fallen und sah mich ernst an. „Über uns."
Mein Herz setzte einen Schlag aus. „Was ist mit uns?"
„Ich weiß nicht genau, wie ich das sagen soll." Er fuhr sich durch die Haare und seufzte. „Seitdem wir... na ja, du weißt schon, fühlt es sich an, als hätte sich etwas verändert."
Ich schluckte schwer. „Meinst du im negativen Sinne?"
„Nein, gar nicht." Er sah mich direkt an, und ich konnte die Aufrichtigkeit in seinen Augen sehen. „Es fühlt sich eher so an, als würde ich langsam anfangen, echte Gefühle für dich zu entwickeln."
Meine Atem stockte. „Oh."
„Ich weiß, das kommt vielleicht plötzlich, aber... ich wollte ehrlich zu dir sein."
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Mein Kopf war ein einziges Durcheinander, und mein Herz klopfte wie verrückt. Hyunjin, mein sturer, selbstbewusster Alpha, gestand mir gerade, dass er Gefühle für mich entwickelte.
„Das ist... viel", sagte ich schließlich.
„Ich weiß." Er rieb sich den Nacken. „Und ich verlange auch nicht, dass du sofort darauf reagierst. Ich wollte nur, dass du es weißt."
Ich sah ihn an und spürte, wie sich etwas in mir löste. Vielleicht war es die Erleichterung, dass ich nicht der Einzige war, der von diesen verwirrenden Gefühlen überrollt wurde.
„Hyunjin?"
„Ja?"
„Ich glaube, dass ich langsam auch echte Gefühle für dich bekomme."
Er blinzelte überrascht. „Wirklich?"
„Ja." Ich lächelte schüchtern. „Das macht mir ehrlich gesagt ein bisschen Angst."
Hyunjin legte seine Hand auf meine. „Mir auch. Aber vielleicht ist das okay."
Ich nickte langsam. „Ja, vielleicht ist es das."
Wir saßen noch eine Weile schweigend da, während die Sonne langsam tiefer sank. Und obwohl die Zukunft unsicher war, fühlte ich mich zum ersten Mal seit langem vollkommen im Einklang mit mir selbst - und mit Hyunjin.
Seine Hand lag noch immer auf meiner, und obwohl die Berührung nur leicht war, brannte sie sich wie ein heißes Siegel in meine Haut. Mein Herz klopfte laut und unregelmäßig, als würde es versuchen, mit den Worten Schritt zu halten, die gerade zwischen uns gefallen waren. Gefühle. Dieses eine Wort hing wie ein unausweichliches Echo in der Luft.
Hyunjin, der Alpha, den ich zuerst als arrogant und distanziert eingeschätzt hatte, offenbarte mir gerade seine Gefühle . Und ich hatte ihm dasselbe gestanden. Es war so surreal, dass ich mich fragte, ob ich träumte.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich mich jemals so fühlen würde", sagte Hyunjin plötzlich und durchbrach die Stille. Seine Stimme war rau und leise, als würde er sich selbst nicht ganz trauen.
„So fühlen?" fragte ich zögerlich.
Er sah mich an, und in seinen Augen lag eine Wärme, die mich zutiefst berührte. „Verwirrt, fasziniert, besessen... alles auf einmal. Es ist verrückt, Felix. Du bringst mich vollkommen aus dem Gleichgewicht."
Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weglaufen sollte. Ein Teil von mir wollte ihm sagen, dass ich genauso fühlte. Der andere Teil wollte sich verstecken, weil das alles so viel war.
„Ich glaube, das ist normal, wenn man sich verliebt", murmelte ich schließlich.
Hyunjin schnappte hörbar nach Luft. „Verliebt?"
„Ja", sagte ich schnell, bevor ich den Mut verlor. „Ich meine, das klingt danach, oder?"
Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und lachte schließlich trocken. „Tja, wenn du es so direkt sagst..."
Mein Gesicht brannte, und ich sah verlegen zur Seite. Warum musste ich immer so impulsiv sein?
Hyunjin zog an meiner Hand, bis ich gezwungen war, ihn wieder anzusehen. „Hey", sagte er sanft. „Das ist nichts, wofür du dich schämen musst. Wenn überhaupt, bewundere ich deinen Mut."
„Mut?" Ich zog skeptisch die Augenbrauen hoch.
„Ja", sagte er ernst. „Ich bin immer der Typ gewesen, der alles kontrollieren will. Liebe war nie Teil des Plans. Aber du... du bist einfach du, ohne Zurückhaltung. Das macht dich stärker, als du denkst."
Seine Worte trafen mich tief. Niemand hatte jemals so über mich gesprochen.
„Danke", flüsterte ich.
Hyunjin lächelte schief. „Ich sollte dir öfter Komplimente machen. Du wirst dabei so schön rot."
„Hyunjin!" Ich schlug ihm spielerisch gegen die Schulter, aber er lachte nur und fing meine Hand ab.
„Ich liebe es, dich zu ärgern."
„Ja, das habe ich gemerkt", brummte ich.
„Aber ich mag dich auch einfach so." Seine Stimme wurde weicher. „Nicht nur, weil du niedlich bist, sondern weil du mutig bist, loyal und... weil du mich besser machst."
Ich schluckte schwer. Die Ernsthaftigkeit in seinen Worten ließ mein Herz schneller schlagen.
„Du machst mich auch besser", sagte ich leise.
Hyunjin's Augen funkelten. „Das klingt doch nach einer ziemlich guten Kombination, oder?"
Ich lächelte. „Ja, das tut es."
Wir saßen noch lange auf der Lichtung, während die Sonne langsam hinter den Bäumen verschwand und der Himmel sich in warme Orangetöne färbte. Und obwohl uns die Zukunft noch immer viele Fragen stellte, fühlte es sich plötzlich gar nicht mehr so beängstigend an.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro