23. Kapitel
Felix POV:
Das erste Licht des Morgens brach durch die Bäume, als wir zurück ins Lager kamen. Die Luft war frisch und roch nach feuchtem Moos, Rauch und dem leicht metallischen Duft des Kampfes, der in der Nacht getobt hatte.Überall im Rudelgebiet war Bewegung - Wölfe räumten Trümmer weg, stapelten Holz auf und sprachen in gedämpften Stimmen über das, was passiert war.
Die Stadtwache hatte uns tatsächlich gefunden. Ein harter Kampf war entbrannt, aber das Lee-Rudel hatte ihnen ohne zu zögern die Stirn geboten. Minho führte seine Wölfe mit brutaler Präzision an, während Jisung in einem atemberaubenden Tempo Befehle weitergab und die Verteidigung organisierte. Die Wachen waren gnadenlos, aber gegen die geballte Stärke des Rudels hatten sie keine Chance.
„Felix?" Hyunjins Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
Ich drehte mich zu ihm um und sah, wie er die Stirn in Falten legte. Sein Blick war auf eine tiefe Kratzspur an meinem Unterarm gerichtet, die ich während des Kampfes, gerade eben abbekommen hatte.
„Das ist nichts", sagte ich schnell und zog meinen Arm weg.
„Du blutest", widersprach er und griff nach meinem Handgelenk, bevor ich ausweichen konnte. „Komm mit."
„Wirklich, Hyunjin..."
„Keine Widerrede." Seine Stimme war ein Befehl, und obwohl ich normalerweise meinen eigenen Kopf durchsetzen wollte, folgte ich ihm dieses Mal ohne Diskussion.
Im Heilerzelt saßen wir nebeneinander auf einer weichen Matte, während Jisung mit einer Schale voller Kräutersalbe hereinkam. Sein Gesicht war verschwitzt, aber er lächelte trotzdem breit.
„Da haben wir den Helden und seinen grummeligen Leibwächter", sagte er und zwinkerte mir zu.
Hyunjin knurrte leise. „Ich bin kein Bodyguard."
„Nein?" Jisung setzte sich vor uns hin und begann, die Salbe auf meinen Arm aufzutragen. „Warum richt Felix dann quasi nur noch nach deinem Alpha Geruch? Außerdem schickst du jedem Rudel-Mitglied Todeswünsche, sobald sie auch nur in Felix' Richtung schauen."
Ich biss mir auf die Lippe, um nicht zu grinsen. Hyunjin verschränkte die Arme vor der Brust und sah demonstrativ zur Seite.
„Das ist ein Reflex", sagte er schließlich steif.
„Oh, sicher." Jisung verdrehte die Augen. „Ich wette, wenn Minho mich so ansehen würde, würde ich mich bis ans Ende meiner Tage beschützt fühlen."
„Vielleicht sollte ich es dann versuchen", kam Minhos tiefe Stimme von draußen.
Jisung lachte, und ich konnte sehen, wie seine Schultern sich bei dem Klang entspannten. Die beiden waren wie Tom und Jerry immer am Necken, aber es war offensichtlich, dass sie einen starken Bund teilten.
„Wie geht's dir, Felix?" fragte Minho, der nun ins Zelt trat und seinen Blick auf mich richtete.
„Gut", antwortete ich und hob meinen Arm. „Jisung hat magische Hände."
„Sag das öfter", neckte Jisung. „Minho vergisst das manchmal."
Eben Genannter zog eine Augenbraue hoch. „Ich erinnere mich sehr gut, glaub mir."
Das machte Jisung tatsächlich etwas sprachlos, und ich grinste. Es war seltsam beruhigend, solche spielerischen Gespräche zu führten, nachdem unser Leben zuvor so oft auf Messers Schneide gestanden hatte.
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Minho führte uns auf einen kleinen Pfad durch den Wald. Die Luft war frisch und roch nach feuchtem Moos und wilden Blumen. Sonnenstrahlen drangen durch die Baumkronen und warfen tanzende Muster auf den Boden. Trotz der friedlichen Atmosphäre konnte ich spüren, wie Hyunjin immer wieder seine Umgebung prüfte, wachsam und auf Spannung wie ein Raubtier.
Neben ihm wirkte Minho gelassen wie eh und je. Jisung lief leichtfüßig neben ihm und erzählte irgendeine Geschichte, bei der Minho immer wieder schnaubend den Kopf schüttelte.
„Und dann dachte ich wirklich, dass das Kaninchen tot ist!", rief Jisung lachend. „Aber nein, das Biest hat mich mit einem gezielten Sprung mitten ins Gesicht getroffen."
Ich musste lachen. „Ein Kaninchen hat dich besiegt?"
„Es war ein sehr aggressives Kaninchen", verteidigte sich Jisung empört.
„Vielleicht hat es deinen Redefluss nicht ertragen", warf Hyunjin trocken ein.
Minho prustete los. „Ich sag's ja, selbst die Tiere des Waldes brauchen mal Ruhe von dir."
Jisung rammte ihm mit der Schulter in die Seite. „Sehr witzig, Alpha. Lass mich doch mal glänzen."
Minho zog eine Augenbraue hoch. „Wenn du glänzen willst, solltest du dich vielleicht weniger von Kleintieren demütigen lassen."
Jisung schnitt ihm eine Grimasse und verschränkte die Arme. „Irgendwann werde ich dir das heimzahlen."
Hyunjin warf mir einen vielsagenden Blick zu. „Die beiden sind wirklich wie ein altes Ehepaar."
„Absolut", stimmte ich zu. „Fehlt nur noch, dass sie anfangen, sich gegenseitig die Wäsche zu falten."
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Nach einer Weile erreichten wir eine Lichtung, die von wild blühenden Blumen übersät war. In der Mitte stand ein einzelner Baum mit einer breiten Krone, dessen Schatten einladend wirkte.
„Perfekter Ort für eine Pause", verkündete Minho und ließ sich mit einem zufriedenen Seufzen ins Gras fallen.
Jisung folgte ihm und streckte sich genüsslich aus. „Ich hab das Gefühl, ich hab mir diese Pause verdient."
Hyunjin und ich blieben noch einen Moment stehen. Sein Blick glitt über die Lichtung, prüfend und wachsam.
„Es ist sicher", sagte ich leise. „Entspann dich mal."
Er schnaubte. „Ich bin entspannt."
„Klar, und ich bin eine Fee", neckte ich ihn und zog ihn am Handgelenk in den Schatten des Baumes.
„Du bist definitiv keine Fee", murmelte er und ließ sich schließlich neben mir nieder.
Minho beobachtete uns mit einem belustigten Ausdruck. „Ihr zwei seid echt unterhaltsam."
„Oh ja" fügte Jisung hinzu. „Ich wette, Hyunjin hat nachts Alpträume davon, dass Felix von anderen Alphas bewundert wird."
Hyunjin spannte sich merklich an. „Das ist Blödsinn."
Minho grinste. „Eifersucht steht dir aber gut."
„Ich bin nicht eifersüchtig", knurrte Hyunjin.
„Natürlich nicht", sagte Jisung mit einem unschuldigen Lächeln. „Aber wenn Blicke töten könnten, wären die Hälfte des Rudels tote Männer, weil sie Felix angesehen haben."
Hyunjin warf ihm einen finsteren Blick zu, während ich mir auf die Lippe biss, um nicht zu lachen.
„Lasst ihn in Ruhe", sagte ich schließlich grinsend. „Er hat's nicht leicht mit mir."
Minho schüttelte den Kopf. „Ihr seid wirklich ein interessantes Paar."
Ich spürte, wie Hyunjin neben mir leicht zusammenzuckte, und sah aus dem Augenwinkel, dass er rot wurde.
„Wir sind kein Paar", sagte er steif.
„Noch nicht", murmelte Jisung, gerade laut genug, dass wir es hören konnten.
Nachdem das Gespräch langsam abebbte, schwiegen wir für eine Weile und genossen die Ruhe. Die Sonne stand inzwischen tiefer und tauchte die Lichtung in ein warmes, goldenes Licht.
Hyunjin lehnte sich zurück und streckte die Beine aus. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal wieder in einem Rudel sitze und Blumen anschaue."
„Das Leben steckt voller Überraschungen", sagte ich grinsend.
„Ein wahres Mysterium", fügte Jisung hinzu und hob eine Blume hoch, als würde er eine philosophische Rede halten.
„Können wir zurück zum Lager, bevor du noch anfängst, Gedichte zu schreiben", fragte Minho trocken.
Jisung lachte. „Du bist nur neidisch auf meine poetische Ader."
„Oh ja, ich bin grün vor Neid", antwortete Minho sarkastisch und schob sich mit einem gespielt leidenden Gesichtsausdruck hoch.
Hyunjin stand ebenfalls auf und stupste seine Nase fordernd gegen meinen weichen Bauch. „Komm, bevor die beiden noch anfangen, ein Musical zu inszenieren."
Ich grummelte, stand dann aber mit seiner Hilfe auf, indem er mich mit seinem Kopf nach oben schob. Sein Griff war warm und fest, und für einen Moment blieb ich dicht bei ihm stehen, bevor ich mich schließlich löste.
„Danke", sagte ich leise.
„Wofür?"
„Für alles."
Er sah mich an, und in seinen Augen lag ein Ausdruck, den ich nicht ganz deuten konnte. Schließlich nickte er nur und führte mich zurück zum Lager.
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