47. Kapitel
Felix POV:
Das Brüllen von aufeinander treffenden Wölfen erfüllte die Nacht, untermalt vom metallischen Geruch von Blut und dem Knirschen zerfetzter Erde unter schweren Pranken. Ich hatte schon viele Kämpfe erlebt, aber noch nie so etwas wie das hier.
Der Blutmond über uns war ein pulsierendes rotes Licht, das die gesamte Landschaft in ein surreales Szenario tauchte. Meine Muskeln brannten vor Energie, die durch meinen Körper jagte und mich fast zum Zittern brachte. Die Kräfte des Mondes verstärkten alles - jeden Instinkt, jede Bewegung, jedes Gefühl.
Hyunjin kämpfte an meiner linken Flanke, seine Bewegungen elegant und präzise, trotz der tiefen Wunde an seiner Schulter. Er war ein unaufhaltsamer Sturm, und es trieb mich an, mit derselben Entschlossenheit zu kämpfen. Jeongin war zu meiner Rechten, und auch wenn er innerlich gebrochen wirkte, war sein Körper ein Ausdruck purer Wut und Entschlossenheit.
Ich schloss die Reihen zwischen den beiden und ließ meine Zähne in den Hals eines gegnerischen Wolfs fahren, der versuchte, durch unsere Formation zu brechen. Warmes Blut füllte meinen Mund, aber ich ignorierte das Gefühl und warf den Gegner mit einem Ruck zu Boden.
Jeongin ließ ein bedrohliches Knurren ertönen und rammte einem weiteren Angreifer die Flanken. Er war gnadenlos, seine Bewegungen getrieben von einem Schmerz, den ich nur erahnen konnte.
Ein kurzer Moment der Stille trat ein, als die Wölfe um uns herum fielen oder zurückwichen. Ich schnappte nach Luft und drehte mich zu Hyunjin. Unsere Blicke trafen sich. Er war erschöpft, seine Flanken hoben und senkten sich schwer, aber er hielt sich auf den Beinen.
„Felix, pass auf!"
Jeongins Warnung kam zu spät. Ein schwerer Körper prallte gegen meine Seite, riss mich von den Pfoten und schleuderte mich über den Boden. Schmerz durchzuckte meinen Rücken, aber ich rollte mich ab und kam wieder auf die Beine. Ein massiger Wolf mit wirrem Fell stand mir gegenüber, seine Augen funkelten vor Blutlust.
Ich spürte das Adrenalin durch meine Adern pumpen und duckte mich, als er auf mich zusprang. Seine Zähne schnappte knapp an meinem Ohr vorbei, aber ich wirbelte herum und rammte ihm meine Schulter in die Seite. Er taumelte, und ich nutzte die Gelegenheit, um ihm die Kehle zu erwischen.
Ein dumpfes Geräusch ließ mich herumfahren. Hyunjin war zu Boden gerissen worden, zwei Wölfe hatten ihn eingekreist. Ein wütendes Knurren entfuhr mir, und ich setzte zum Sprung an, aber Jeongin war schneller.
Mit einer Geschwindigkeit, die ich ihm in seinem Zustand nicht zugetraut hätte, warf er sich auf einen der Angreifer und riss ihn zu Boden. Hyunjin nutzte die Ablenkung, um den anderen Wolf mit einem blitzschnellen Hieb seiner Krallen zu erledigen.
Wir standen nun inmitten von gefallenen Gegnern. Meine Brust hob und senkte sich schnell, und der Geruch von Blut hing schwer in der Luft. „Alles okay?" fragte ich mit einem zitternden Knurren, während ich zu Hyunjin sah.
Er nickte schwach, seine Augen vor Anstrengung halb geschlossen. „Danke, Jeongin", brachte ich hervor und wandte mich zu ihm.
Jeongin hatte seinen Blick fest auf den Horizont gerichtet, wo weitere Schatten auftauchten. Seine Augen waren hart, und ich wusste, dass er innerlich immer noch mit Seungmins Tod rang. Doch hier, im Kampf, fand er einen Zweck - wenn auch nur vorübergehend.
Ich wollte ihm etwas sagen, irgendetwas, das den Schmerz lindern könnte, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Stattdessen stellte ich mich wieder kampfbereit an seine Seite. „Wir müssen zurück zur Formation", knurrte Hyunjin schließlich, seine Stimme kratzig vor Erschöpfung.
Ich wollte protestieren, dass er eine Pause brauchte, aber ich wusste, dass das nicht möglich war. Nicht jetzt.
Jeongin, Hyunjin und ich blieben für einen Moment im Schutz eines Felsenrings stehen. Das Blut, das den Boden getränkt hatte, klebte noch an unseren Pfoten, und das Echo der Kämpfe hallte in unseren Köpfen wider. Hyunjin atmete schwer, sein Blick starrte ins Leere, aber ich wusste, dass er innerlich nicht aufgab. Sein unnachgiebiger Wille hatte uns alle bisher auf den Beinen gehalten.
Jeongin rührte sich schließlich und hob den Kopf. „Wir müssen zurück zu den anderen. Sie brauchen uns." Ich nickte und sah zu Hyunjin, der uns mit einer knappen Bewegung bedeutete, dass er bereit war. Trotz der Schmerzen ließ er sich nicht hängen. Das war typisch für ihn, aber es machte mich umso wachsamer. Er konnte nicht ewig so weitermachen.
„Dann los", sagte ich und setzte mich in Bewegung.
Der Wald war finster, doch das rote Licht des Blutmondes ließ die Schatten gespenstisch tanzen. Das Geräusch brechender Zweige und ferner Kämpfe war allgegenwärtig. Mein Herz raste, während wir uns vorsichtig vorwärts tasteten. Jeder Schritt konnte eine Falle sein, jeder Windstoß den Angriff eines Gegners ankündigen.
Jeongin führte uns sicher durch das Gelände, seine Nase wachsam am Boden. Ich wusste, dass er kämpfte - nicht nur gegen die äußeren Feinde, sondern auch gegen den Schmerz in seinem Herzen. Der Verlust von Seungmin war wie ein offenes Loch in seiner Brust, und ich konnte nur erahnen, wie tief die Wunde tatsächlich war.
Als wir die Lichtung erreichten, wo Minho und der Rest unseres Rudels kämpften, war die Luft erfüllt von einem Gemisch aus Blut und Angst. Die meisten Wölfe hielten sich in einer engen Verteidigungsformation, einige standen mit gesträubtem Fell und knurrten leise.
Minho entdeckte uns als Erster. Sein Fell war zerzaust, und eine tiefe Schnittwunde zog sich über seine Seite, doch seine Augen brannten vor Entschlossenheit. „Ihr lebt!", rief er erleichtert und kam auf uns zu. „Ich hatte schon das Schlimmste befürchtet."
Ich nickte nur knapp. Die Anspannung in meinem Körper war noch nicht abgefallen. „Wir haben uns durchgeschlagen. Was ist hier los?"
Minho knurrte leise und warf einen Blick über die Schulter. „Wir haben die meisten Angriffe abgewehrt, aber die nächste Welle wird nicht lange auf sich warten lassen. Wir müssen die Formation halten."
Jeongin, der bisher geschwiegen hatte, trat nach vorn. Seine Augen waren hart, und ein Muskel zuckte in seinem Kiefer. „Seungmin..." begann er heiser. Minho hielt inne, und auch die anderen Wölfe, die in der Nähe standen, drehten ihre Köpfe zu uns. „Was ist mit ihm?", fragte Minho vorsichtig, als hätte er die Antwort bereits geahnt.
Jeongin schluckte hart, bevor er die Worte hervorbrachte. „Er ist tot."
Die Luft schien aus dem Lager zu entweichen. Ein schweres Schweigen legte sich über die Wölfe, während die Bedeutung dieser Nachricht langsam sickerte. Seungmin war nicht nur ein Alpha gewesen, sondern auch ein geschätzter Verbündeter - und für Jeongin weit mehr als das.
Minho schloss die Augen und senkte den Kopf. „Fuck", murmelte er leise. „Das ist ein schwerer Verlust."
Ein schmerzhaftes Jaulen entwich Jeongin, bevor er sich abwandte und ein Stück abseits ging. Seine Schultern bebten, und ich spürte den Impuls, ihm zu folgen, aber Hyunjin legte mir kurz den Kopf gegen die Flanke. „Gib ihm einen Moment", flüsterte er.
Ich nickte widerwillig. Es war schwer, nichts zu tun, während einer meiner Freunde innerlich zerbrach.
Minho räusperte sich schließlich, seine Stimme rau vor Anstrengung. „Wir müssen uns sammeln. Ich weiß, dass der Verlust von Seungmin ein harter Schlag ist, aber wenn wir jetzt aufgeben, war sein Tod umsonst."
Die Wölfe um uns herum knurrten zustimmend, ihre Augen glühten entschlossen. Minho hatte recht. Der Kampf war noch nicht vorbei, und wir durften uns keine Schwäche leisten.
„Felix," sagte Minho und sah mich ernst an, „du und Hyunjin - haltet euch bereit. Ich brauche euch beide an meiner Seite." Ich nickte und traf Hyunjins Blick. Trotz der Erschöpfung in seinen Augen erkannte ich das Feuer, das immer noch in ihm brannte. Wir werden kämpfen - gemeinsam.
Während die Wölfe sich neu formierten und Minho weitere Anweisungen gab, warf ich einen letzten Blick zu Jeongin, der sich langsam wieder zu uns gesellte. Seine Augen waren rot, aber in ihnen lag eine finstere Entschlossenheit.
Wir waren alle verletzt, innerlich und äußerlich. Aber solange wir atmeten, würden wir kämpfen. Für Seungmin. Für unser Rudel. Für unsere Zukunft.
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