Meisterkoch des Vergessens
P.o.v. Caitlyn
Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum, während mein Fuß ungeduldig auf und ab wippte. Ich hasste Warten! Seit drei Stunden nun saß ich auf einer Bank vor dem Avengers Hauptquartier und starrte in den immer dunkler werdenden Himmel. Die warme Brise hatte sich mittlerweile in einen eiskalten Hauch, wie der Atem des Todes - oder auch der Angst - verwandelt. Ich wusste nicht, wann jemand zurückkehren würde. Ich wusste auch nicht ob oder wer es sein würde. Dennoch harrte ich hier aus und schickte ein Gebet nach dem anderen gen Himmel.
Früher war ich nie gläubig gewesen. Ich war nicht einmal getauft worden und auch unsere Eltern waren niemand gewesen, der jeden Sonntag fromm die Kirche aufsuchte. Doch mit jeder Mission, auf der mein Bruder und Natasha waren, brauchte ich diesen Glauben an etwas oder jemanden, der sie beschütze, immer mehr. Nicht, dass ich kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten hatte, denn ich wusste, sie waren gut in dem, was sie taten, aber dennoch hatte es meine Angst nie lindern können, dass sie irgendwann nicht mehr Heim kehrten.
Ich wusste und hatte immer gewusst, dass niemals ohne die beiden wichtigsten Personen in meinem Leben auskommen würde, doch nun hatte sich einer von ihnen geopfert, um die andere zurückzuholen. Ich wusste nicht, ob es funktioniert hatte, aber ich hoffte es. Ich hoffte, mein Bruder war nicht umsonst gestorben und dass wenigstens einer von ihnen zurückkehren würde.
Gedankenverloren blickte ich in den Himmel, suchte in seiner Unendlichkeit nach den Antworten, die ich so dringend brauchte. So bemerkte ich auch nicht, dass Sam zu mir heraus trat. Erst als mich eine sanfte Wärme umhüllte, wendete ich meinen Kopf und lächelte ihn dankbar an. Ich zog die Decke enger um mich.
"Ganz schön kalt hier draußen." Zustimmend nickte ich, lenkte meinen Blick allerdings wieder zu den Sternen. Sie mussten doch irgendwo da draußen sein!
Unruhig rutschte Sam hin und her. "Ich hab mir gedacht, dass ich dich wohl nicht dazu überreden kann, rein zu kommen und etwas zu schlafen, oder?" Ich drehte mich wieder zu ihm, lächelte, aber schüttelte den Kopf. "Und deswegen", er beugte sich zur Seite und nahm zwei Teller Spaghetti Bolognese in die Hände, "habe ich uns etwas warmes gekocht. Wenn du schon hier draußen sitzen musst, dann wenigstens nicht mit leeren Magen!"
Der köstliche Geruch der heißen Soße wehte zu mir herüber. Genüsslich sog ich ihn ein, inhalierte ihn schon fast. Lächelnd reichte Sam mir einen der Teller und Besteck. "Ich danke dir!", bedankte ich mich ehrlich, doch er winkte ab. "Schon gut und jetzt iss Mal lieber, bevor du mir noch von der Bank kippst!", antwortete er mit einem schiefen Lächeln. Ich schenkte ihm einen dankbaren Blick und wandte mich dann dem Essen zu.
Kaum war der erste ordentlich zusammengerollte Löffel voll Spaghetti in meinem Mund verschwunden, riss ich meine Augen überrascht auf, bevor ich sie genussvoll verdreht und schließlich ganz schloss. "Mmmh das ist so lecker!", schwärmte ich. Aus den Augenwinkeln sah ich Sam lächeln, doch schenkte ihm nicht weiter Beachtung, sondern wendete mich voll und ganz meinem köstlichen Abendmahl zu.
Ich hatte gar nicht gemerkt, wie hungrig ich gewesen war, doch in Kombination mit diesem umwerfenden Geschmack, konnte ich gar nicht mehr aufhören, die köstliche Speise in mich hinein zu schlingen. Ein Löffel nach dem anderen verschwand gierig in meinem Schlund, bis mein Teller plötzlich leer war. Verdattert starrte ihn auf das große A, dass zum Symbol der Avengers geworden war und hier den Boden zierte. Wo war denn auf einmal die Spaghetti Bolognes hin?
Sam musste meinen verwunderte Blick wohl gesehen haben, denn er fing an zu lachen. "Schon gut, ich hole dir noch was!", bot er an. Mit meinem Blick folgte ich dem Teller, der von Sam angehoben wurde. Er glitt den muskulösen Arm hinauf, bis zur Schulter und von da an über den Hals weiter bis zu seinem Gesicht, wo er schließlich in seinen Augen verweilte. Dankbar lächelte ich den jungen Avenger an. "Du bist wirklich ein wahnsinns Koch!", lobte ich ihn, was er mit einer Verbeugung quittierte und ins Innere des Gebäudes verschwand, um meinen Teller aufzufüllen - seiner war noch immer halb voll.
Ich sah ihm hinterher, doch als ich ihn nicht mehr sehen konnte, starrte ich in die Dunkelheit außerhalb des Lichtscheines, der von verschiedenen Lampen ausging. Plötzlich realisierte ich, dass ich meinen Bruder und meine große Liebe komplett vergessen hatte und schlug mir die Hände vor den Mund.
Das konnte doch wohl nicht wahr sein!
Wie hatte ich die beiden nur vergessen können?
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