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Dank meines zerstörten Schlafrhythmuses wachte ich um kurz nach 11 Uhr durch Piet auf, der an die Zimmertür klopfte.
"Sina? Bist du schon wach?"
Murrend schaute ich auf die Uhr und verglich sie mit der New Yorker Uhr. Kein Wunder war ich noch nicht wach, für mich war erst 4 Uhr in der früh.
"Ja, moment..." brummte ich und schlug die Decke zur Seite, bevor ich mich aufsetzte. Meine lilanen Haare band ich zu einem Zopf zusammen und ging zum Fenster, um den Rolladen zu öffnen. "Also falls es dir nichts ausmacht, mich im Schlafanzug und komplett ungeschminkt zu sehen kannst du rein kommen."
Die Tür öffnete sich langsam und der blonde Wuschelkopf schaute hindurch.
"Ich wollte dich eigentlich schon früher wecken, aber du warst bestimmt völlig fertig. Aber wir müssen heute auch noch fertig werden, deswegen hab ich dich dann doch geweckt."
Er grinste frech.
"Klar, kein Problem."
"Ich mach dir Frühstück, während du dich fertig machst. Wanda ist arbeiten gegangen. Für sie beginnt die Uni erst nächste Woche, sie studiert Raum und Luftschifffahrtstechnik. Keine Ahnung wie man als Mädchen auf die Idee kommt, das zu studieren, aber sie ist jetzt im zweiten Semester und es scheint ihr wirklich Spaß zu machen."
"Ist doch eigentlich voll interessant. Kam aber für mich nie in Frage weil ich schlecht in Physik bin."
Ich lachte. Auch er lächelte mich an.
"So, mach dich fertig, ich zauber dir ein Frühstück."
Mit einem Grinsen auf dem Gesicht schloss er die Tür und ließ mich allein. Ich zog eine bequeme Jogginghose und einen Oversize-Pulli aus dem Schrank, denn trotz, dass es erst Ende September war, war der russische Sommer so gut wie zu Ende und draußen hatte es wenn überhaupt noch 15°C. Dann ging ich ins Bad, putzte mir die Zähne und schminkte mich ein wenig, um die tiefen Augenringe unter meinen Augen zu überdecken. Der Flug gestern hatte mich wirklich geschlaucht, genauso wie es die Zeitumstellung tat. Doch ich würde mich bald daran gewöhnt haben. Schnell öffnete ich meinen Zopf und bürstete mir die knapp brustlangen Haare, bevor ich sie mir flocht und über die Schulter legte, bevor ich nach draußen ging und dem köstlichen Geruch von Speck und Eiern folgte. Pietro stand dort in der Küche und briet gerade die letzten Speckstreifen an.
"Da bist du ja. Ich hoffe, du magst Speck mit Eiern, aber ich liebe es und kriege davon echt nicht genug." erklärte er grinsend und drehte die Speckstreifen um, die auf der anderen Seite schon wunderschön braun waren.
"Ich liebe Eier mit Speck, es gibt nichts besseres!"
"Doch, ich weiß da eine Sache..."
Er schaute mich an und wir holten gleichzeitig Luft, um gleichzeitig "Schokoladeneis" zu sagen.
"Das wird eine tolle Freundschaft. Du gefällst mir, hast meinen Geschmack. Das freut mich, nicht viele sind so wie ich."
Er grinste und legte die letzten Speckstreifen auf ein Papiertuch, um ihnen das letzte Fett zu nehmen, bevor er sie auf den beiden Tellern verteilte, auf denen auch schon geschnittene Gurken, Tomaten und Paprika mit Kräutersalz und Balsamico lagen.
Verlegen nahm ich mir einen der beiden Teller und wartete auf Piet und ging dann mit ihm in das Esszimmer.
"Danke, dass du so ein tolles Frühstück hergezaubert hast, das bedeutet mir echt viel."
"Hab ich doch gern gemacht. Brauchst du noch etwas?"
Während er die Frage stellte, goss er mir und sich Orangensaft in die Gläser.
"Nein, danke, ich hab alles."
Zufrieden lächelte ich ihn an und beobachtete ihn beim Essen, wie er dort gegenüber von mir saß. Nebenher aß ich selbst und spülte, als ich fertig war, alles mit dem Orangensaft runter.
"Das war wirklich ein guter Start in den Tag." meinte ich grinsend, als ich meinen Teller in die Spülmaschine stellte. "So, was machen wir jetzt?"
Ich schaute den blonden Russen erwartungsvoll an, dessen Augen leuchten.
"Ich hab da so eine Idee." Er ging zum Kühlfach und kramte darin, bis er fand, was er begehrte. Triumphierend hielt er es in die Höhe und sein Grinsen wurde noch breiter. "Nachtisch!"
Ich musterte den Gegenstand genauer und erkannte die kyrillischen Schriftzeichen, die Schoko hießen.
"Schokoladeneis?" fragte ich, jetzt ebenfalls noch breiter grinsend und er nickte. "Gute Idee!"
Er holte zwei Löffel und zusammen machten wir uns über die Eisbox auf der Couch her. Nachdem auch diese gelehrt war, legten wir uns beide der Länge nach auf diese und seufzten.
"Wenn ich so weitermache, bin ich kugelrund, bis ich nach New York zurück gehe."
Ich streichelte über meinen Bauch und seufzte nochmals.
"Ach was, du kannst einfach mit mir in das Fitnessstudio um die Ecke. Da trainier ich mir immer das ganze Schokoladeneis ab." Er zwinkerte mir zu und strich ebenfalls über seinen Bauch. "Weißt du, das Sixpack kommt nicht von ungefähr."
Ich schüttelte lachend den Kopf. Er mochte vielleicht eine gute Figur haben, aber Sixpack, das traute ich ihm einfach nicht zu.
"Komm, zieh dich schnell um, ich geh mich auch schnell umziehen, dann gehen wir die Sachen erledigen. Und dann können wir noch faullenzen. Wir müssen das genießen, bis die Uni los geht."
Ich nickte und er half mir, aufzustehen. Schnell verschwand ich in mein Zimmer und tauschte die bequeme Jogginghose und den Oversize gegen eine dunkelblaue Jeans und ein Longsleeve ohne Aufdruck. Meine Haare ließ ich, wie sie waren. Schnurstracks lief ich wieder nach draußen und rannte fast in Pietro, der ebenfalls aus seinem Zimmer kam, Oberkörperfrei und offensichtlich auf der Suche nach einem Oberteil. Er hatte tatsächlich ein Sixpack und eine sehr ausdefinierte V-Linie. Verlegen schaute ich weg, um nicht mit sabbern anzufangen.
"Du hast nicht zufällig ein graues T-Shirt gesehen, oder?"
Ich schüttelte perplex den Kopf und er lief den Gang runter in Wandas Zimmer. Entweder, er wusste ganz genau, was er gerade mit mir angestellt hatte und verbarg es sehr gut, oder es war wirklich keine Absicht gewesen und er war wirklich nur auf der Suche nach seinem T-Shirt.
'Du kannst nicht doch nicht gleich in ihn verlieben. Beherrsch dich gefälligst!' ermahnte ich mich nur zu deutlich in meinem Kopf und atmete tief durch. Von Beziehungen hatte ich wirklich genug in letzter Zeit und vor allem hatte ich nicht wirklich Lust, mich hier zu verlieben und in einem Jahr, wo ich abreisen würde, würde auch die Beziehung in die Brüche gehen. Ich hatte wirklich keine Lust auf ein erneut gebrochenes Herz, denn meine letzte Beziehung endete damit, dass ich meinen Freund an meine 'Beste Freundin' verlor, zu welcher ich danach sofort den Kontakt abgebrochen hatte.
Pietro kam lächelnd zu mir zurück, das graue T-Shirt hatte er gefunden.
"Hast du alles?" Ich nickte lächelnd, hatte meine Fassung wieder. "Na dann komm!"
Und schon waren wir auf dem Weg in das Stadtinnere von Sokovia.
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