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36💒

"Die Hochzeit ist heute." Eine Feststellung, keine Frage. Natürlich ist sie heute. Alec hat im Central Park mit Jace darüber gesprochen. Schlagartig verwandeln sich die Fragezeichen über meinem Kopf in Ausrufezeichen. Und ein dicker grellpinker Leuchtpfeil kommt blitzschnell um die nächste Ecke geschossen und schiebt sich ohne Rücksicht auf Verluste zwischen die weißen Ausrufezeichen. Hell pulsierendes Licht lenkt meine gesamte Aufmerksamkeit auf den Pfeil der Erkenntnis. Izzy hat mich eingeladen. Sie möchte, dass ich Alec begleite. Aber Alec hat nicht ein Sterbenswörtchen darüber verloren. Unzählige Gespräche in den letzten Wochen und nicht ein Wort über die Hochzeit. Ich habe nicht nachgefragt, denn es hat mich schlichtweg nicht interessiert. Dennoch schmerzt die Tatsache, dass Alec mich nicht dabei haben möchte. Das er nicht ein Wort sagte.

Der Schmerz wird zu Enttäuschung und aus Enttäuschung wächst Zorn. Aber gegen wen richtet sich dieser Zorn? Izzy, weil sie mich einfach eingeladen hat? Obwohl die Situation zwischen Alec und mir alles andere als einfach ist. Nein. Sie hat es bestimmt nur gut gemeint. Mich? Weil ich nicht gleich nach belauschen des Gespräches das Thema vertiefte? Vielleicht. Dennoch. Es war nicht der richtige Moment. Gibt es den überhaupt?
Etwa Alec, weil er mich nicht dabei haben möchte? Aus mir unerfindlichen Gründen schämt er sich für mich. Offensichtlich. Denn anders kann ich mir sein Verhalten nicht erklären. Wenn seine Schwester mich einlädt, hätte ich ihn auch als einen Freund begleiten können. Dem Stände nichts im Wege...

"Magnus." Das Herz rutscht in meine Hose, Raphael schreit lautstark in den Hörer. Ich zucke leicht zusammen und kann gerade so verhindern, dass ich aufschreie wie ein Mädchen. Wie tief war ich wieder in meinen Gedanken gefangen?
"Magnus Bane? Erde an Magnus Bane." Der Tonfall seiner Stimme, wie Raphael meinen Namen ausspricht, gefällt mir ganz und gar nicht. Der Sarkasmus fließt meilenweit den Berg hinunter ins Tal der Blöden. Was denkt er sich eigentlich?
"Lightwood. Ich heiße jetzt Lightwood." sage ich seufzend und wische mir müde über das Gesicht.
"Ja ja. Ich nenne dich erst so, wenn du nüchtern und bei klarem Verstand mit Alec am Altar standest und ihm dein Ja-Wort gegeben hast. Ohne Elvis." sagt er abwertend und ich verdrehe wieder seufzend die Augen.

"Okay. Lassen wir das. Bist du fertig? Denn ich würde jetzt gerne ein Bad nehmen." beende ich das Thema. Doch Raphael lässt einfach nicht locker.
"In Selbstmitleid? Versuch nicht es zu leugnen. Ich kenne dich seit dem Tag unserer Geburt. Du kannst mir nichts vormachen." Nein, das konnte ich noch nie.
"Du bist ein schrecklicher Freund."
"Ich bin der Beste. Und du bewegst jetzt deinen süßen Hintern nach oben ins Bad und machst dich fertig. Ziehst deinen besten Anzug an und fährst zu der Hochzeit."

"Das kann ich nicht machen." antworte ich panisch.
"Warum nicht?" fragt Raphael ernst und sofort schießen mir Bilder von Alecs wutverzerrtem Gesicht in den Kopf. Alec der mich mit seinen blauen Augen zornig anfunkelt und mir alle möglichen Gemeinheiten an den Kopf wirft, weil ich die Hochzeit seiner Schwester ruiniert habe.
"Ich kann ja wohl schlecht die Kirche stürmen. Wie sieht das denn aus? Magnus der Hochzeitscrasher, der enttäuscht von seinem Ehemann-den-er-nicht-haben-will ist? Nein. Auf keinen Fall. Außerdem habe ich keinen Smoking. Alec trägt einen Smoking." Stille am anderen Ende. Stille bei Raphael ist immer ein Zeichen von Enttäuschung.
"Pack zusammen was du brauchst und komme her. Ich leg dir Andrews Smoking raus. Ihr habt die gleiche Größe. Sei nicht so ein Feigling Magnus. Du solltest darüber nachdenken, warum Alec dich nicht dabei haben will."

"Wir haben uns geküsst." sprudelt es plötzlich aus mir heraus. Erleichterung legt sich über mich. Seit zwei Wochen trage ich dieses Geheimnis mit mir herum. Ich war zu feige es meinen zwei besten Freunden zu erzählen. Nach unserem Kontrollverlust am Abend des Barbecue hat Raphael ein ernstes Wort mit mir geredet. Er ist dagegen, dass wir uns nicht beherrschen können. 'Wie Teenager die keine Kontrolle über ihre Hormone und Triebe haben'. So waren Raphaels Worte. Und er hat ja irgendwo auch recht. Allerdings war es mir plötzlich unangenehm von dem Kuss zu erzählen.

"Ein Kuss im Regen. Wir vergaßen alles um uns herum. Mein ganzer Körper gab eindeutige Signale von sich und mir war es egal das jeder im Park uns hätte sehen können. Ich wollte ihn. Mein Schwanz wollte ihn." Stille. Schon wieder.
"Raphael?"
Stille. Ich höre Raphael leise atmen, gebe ihm Zeit um die Information zu verarbeiten.
"Andrew hat mir erzählt, dass Alec seit zwei Wochen regelmäßig zu ihm kommt. Dreimal die Woche. Hast du das gewusst?" fragt er. Der plötzliche Themenwechsel überrascht mich. Was hat Andrews Job als Physiotherapeut mit unserem Kuss zu tun?
"Nein. Das wußte ich nicht. Alec ist mir keine Rechenschaft schuldig." kontere ich und ernte ein sarkastisches Schnauben. Raphael beherrscht diese Art der Kommunikation perfekt.

"Daher weiß ich von der Hochzeit seiner Schwester. Alec hat es Andrew erzählt. Das du eingeladen bist, ist ihm herausgerutscht. Eigentlich wollte er nicht darüber sprechen."
"Was willst du mir sagen?"
"Nichts. Ich werde gar nichts sagen. Nur soviel. Du kannst Alec nicht ewig auf dem Sofa schlafen lassen. Das funktioniert so nicht Magnus." sagt er sanft. Eine leichte Spur Anklage, eine Prise Bitten, ein Hauch Verständnis für unsere Situation.
"Er hat letzte Nacht in meinem Bett geschlafen. Mit mir. Aber nicht so wie du denkst." werfe ich schnell ein. "Alec kam total erschöpft nach Hause und lag kaum auf dem Sofa, da war er auch schon eingeschlafen. Als er später aufwachte, war ich mit meinem Buch fertig, ich nahm in an die Hand, ging ins Schlafzimmer und dann schliefen wir. Jeder auf seiner Seite."

"Das klingt doch schon ganz gut. Also was ist jetzt? Gehst du auf die Hochzeit und lernst die Verwandtschaft deines Mannes kennen? Oder badest du in Selbstmitleid?" fragt Raphael herausfordernd. Ich schließe meine Augen und atme einmal tief durch. Raphaels Worte haben mich zum Nachdenken gebracht und so treffe ich kurzerhand eine Entscheidung von der ich nicht weiß, ob sie gut oder schlecht ist.

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