Sprachparadoxon; Keiner mag stumpfes Liebesgefasel (SA2)
Aufgabe: [...] Eure Aufgabe ist, aus [dem vorgegebenen Dialog] wieder einen herzzerreißenden Moment zu zaubern. Dies schafft ihr, indem ihr das „sagte er, sagte sie" durch eure Beschreibungen der Situation, durch die Gefühle der Personen ersetzt. Dazu gibt es folgende Regeln:
1. Das Gesprochene darf nicht verändert werden, die vorhandenen gesprochenen Worte m+ssen beibehalten werden.
2. Man darf maximal dreimal gesprochene Rede hinzufügen, die hier nicht so steht.
3. Der Schwerpunkt der Aufgabe liegt im Bereich zwischen der direkten Rede, welchen ihr so kurz oder lang ausführen dürft, wie ihr wollt. Was machen sie, während sie reden? Vielleicht küssen sie sich auch? Was fühlen sie bei dem Gesagten, Trauer bei dem einen Satz oder doch Neugierde oder sogar Freude? Das hängt ganz von eurer Interpretation ab.
Wortanzahl: Frei
@Sprachparadoxon Mein zweiter Beitrag zu deinem Wettbewerb. Dieses Mal eine Richtung, die mir zwar gänzlich unvertraut ist (Romantik ist wirklich kein Forte von mir), aber man sagt ja sicherlich nicht ohne Grund, man wächst mit seinen Aufgaben. 735 Wörter.
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Ein lauer Sommerabend voll Mondenschein und Sternenfunkeln, zwei Gläser Wein, drei gestohlene Küsse und das Lächeln auf ihren Lippen, mehr brauchte es manchmal nicht für einen perfekten Moment. Wieder einmal machte er sich bewusst, wieviel Glück er in seinem Leben gehabt hatte. Neugierig blickte sie zu ihm, hatte er doch mitten im Satz verharrt, um sie mit einem glückseligen Gesichtsausdruck anzuschauen.
„Was ist los?", fragte sie, die Erheiterung in ihrem Blick zwar klar zu erkennen, doch nicht auf seine Kosten. Nur Freude über eine angenehme Zeit mit ihrem Liebsten, vielleicht wenige der letzten Stunden, bevor er weg musste. „Du bist so schön." Das Zwinkern, das diese Worte begleitete, tat seiner Aufrichtigkeit keinen Abbruch und sie beide wussten es. Vielleicht war es immer diese Vertrautheit, dieses Erkennen des anderen gewesen, vielleicht war es das gewesen, was die beiden in erster Linie zueinander hingezogen hatte.
Und doch, selbst nach all den Jahren, konnte er sie mit ein paar wohlgewählten Worten zum rechten Zeitpunkt noch dazu bringen, wie ein Schulmädchen zu erröten. „Meinst du?", fragte sie, fast schüchtern, obgleich es nicht das erste Mal gewesen war, dass er ihr Komplimente machte, natürlich nicht. Ein sanftes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, unbemerkt seinerseits und unkommentiert von ihr, auch wenn ein solches Bild stets zu denen gehörte, die sie im Stillen, nur für sich, mit Pinsel und Farbe hätte verewigen wollen.
„Schön und klar; von Innen wie von außen", erwiderte er und erhob sein Weinglas, das noch zur Hälfte gefüllt war, die Flüssigkeit in ihm samtig rot. „Cheers." Sie lachte leise ob seiner schamlosen Schmeichelei. „Du übertreibst." Aber auch dafür liebe ich dich. Er konnte es an diesem gewissen Funkeln in ihren Augen sehen, dieses Funkeln, das seine Nacht heller machte, als der Mond es je könnte.
Mit einer angedeuteten Verbeugung sagte er: „Das würde ich nie." Sie lachte nur ein bisschen lauter. Er liebte ihr Lachen, er freute sich jedes Mal, wenn er sie zum Lachen bringen konnte. Vielleicht kam das mit der Liebe.
Langsam wurde sie wieder ernst. „Wie lange bleibst du noch bei mir?" Wie lange noch, bis du und ich wieder getrennt sind? Er war sich nicht sicher, ob es genau das war, was sie eigentlich meinte, aber die Art, wie sie manchmal zögerte, wenn sie sprach, hatte ihn über die Jahre gelehrt, zwischen den Zeilen zu lesen. Leise antwortete er: „Bis morgen. Dann muss ich zum Flieger."
„Verstehe." Sie schwiegen, ein jeder in den eigenen Gedanken versunken. Auch das war etwas gewesen, was die beiden sich über die Jahre angeeignet hatten, diese behagliche Stille, die mit der Vertrautheit kam.
Mit einem Seufzen sagte sie: „Vergiss mich nicht." „Wie könnte ich das?" Sein Tonfall war locker, fast scherzend, doch er wusste, dass sie wusste, wie ernst er seine Worte meinte.
Im fahlen Mondlicht schienen ihre Wangen fast weiß, nur ein Schimmer des Errötens von vorhin noch sichtbar. Wie eine kostbare Porzellanpuppe, schoss es ihm unwillkürlich durch den Kopf. Sie wirkte auf ihn noch immer so überweltlich schön, als erwarte er jeden Moment, aus diesem Traum aufzuwachen. Denn es fühlte sich zu gut an, um wahr zu sein, als sie nun murmelte: „Ich liebe dich." Ganz leise, als seien die Worte gar nicht unbedingt für ihn bestimmt, als flüstere sie dem Wind ihre Geschichte zu.
Erneut eine Pause im Gespräch. Er nahm sein Glas, um noch einen Schluck zu trinken, bemerkend, dass das ihre unangerührt geblieben war. Am Waldrand, nur wenige hundert Meter von ihrem Balkon entfernt, ließ eine leichte Brise die Buchen rauschen.
Es ist mitten in der Nacht, als er mit Tränenspuren auf den Wangen aufwacht, in einer Wohnung, die nicht für eine Person allein gedacht ist. Auf dem Nachttisch steht noch immer ein Bild von den beiden zusammen, aufgenommen im Park gleich um die Ecke. „Ich dich auch", sagte er in den Raum hinein und konnte nicht anders als sich zu wundern, ob sie ihn wohl hören konnte, von wo immer es ist, wo Menschen nach dem Leben landen.
Unfassbar. Ein Autofahrer, abgelenkt durch eine SMS, und zwei Turteltäubchen, zu aufeinander konzentriert, um das Fahrzeug zu bemerken, mehr hatte es nicht gebraucht, um zwei Menschen für immer ihren Liebsten zu entreißen. Einen Moment, um seine ganze Welt auf den Kopf stellen.
Und doch war er froh um die Zeit, die sie gemeinsam verbracht hatten, freute sich über all die Erinnerungen, obwohl es schmerzte, an sie zu denken.
Vielleicht kam das mit der Liebe.
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