Sieben
Es fühlte sich komisch an, auf so einem großen Tier zu reiten. Es bewegte sich langsam. Aber wegen seiner großen Schritte kamen wir schnell voran. Nach etwa einer halben Stunde hatten wir das Dorf hinter uns gelassen und ritten durch den Wald. Auf den Wegen kamen uns hin und wieder Fenjas entgegen.
Wir bogen auf einen weniger bevölkerten Weg ab. Ich sah Mars' Haare an. Sie anzufassen war so verlockend. Ich hatte noch nie Haare mit solchen Locken, geschweige denn in so einer Farbe gesehen. Ich streckte meine Hand aus und berührte sie vorsichtig. Mars drehte sich zu mir und sah mich an. Sein Gesicht war so nahe an meinem, dass ich sehen konnte, dass er viele, kleine Sommersprossen um und auf der Nase hatte.
Ich zog meine Hand schnell zurück und sah auf meine Beine.
„Wir sind nun in dem Radius, in dem sich dein Hund befinden könnte." sagte er und zeigte den Weg entlang. „Wo ist er denn lang gelaufen?"
„Als wir durch das Tor gegangen sind, war er erst auf einer Wiese und ist so einem großen Schmetterling hinterher gelaufen. Er ist dann in den Wald gelaufen und dann hab ich ihn aus den Augen verloren."
„Gut. Dieser Schmetterling war ein Enoris. Sie fliegen hier immer vereinzelt rum und suchen nach Futter, welches sie dann zu ihrem Schwarm transportieren. Wenn dein Hund ihm die ganze Zeit nachgelaufen ist, sollte es kein Problem sein, ihn zu finden. Wir müssen nur einen Enoris entdecken." sagte Perion. Mars nickte.
„Wenn mein Hund einmal was Interessantes entdeckt hat, lässt er auch nicht mehr von ihm ab." sagte ich und seufzte. Das war auch einer der Gründe, weshalb er immer wegrannte.
„Wir könnten einen anlocken, indem wir Futter irgendwo hinlegen. Dann müssen wir nur warten." Sagte Glenn.
„Gute Idee. Dann würde ich sagen, dass wir das Futter auf die Wiese legen und unser Lager hier im Wald aufschlagen. Wir müssen uns nur eine Stelle suchen, bei der wir die Wiese gut im Blick haben." Mars sah Glenn an.
„Was frisst ein Enoris denn?"
Glenn zeigte auf einen der Körbe, die auf unserem Fenjas waren. „Jame. Beatrice, das sind die pinken Stangen." sagte er. Ich nahm eine. Sie war pelzig und wenn man ein bisschen zu fest drückte, trat ein klebriger Saft aus. Der Saft hatte einen sehr starken Geruch. Ähnlich wie Lavendel.
„Probiere den Saft." Glenn sah mich abwartend an. Ich leckte einen meiner Finger ab. Der Saft war süß, aber er hatte so gut wie keinen Geschmack. So als hätte man Zucker in Wasser gelöst.
Wir hatten den Wald verlassen und standen nun auf der Wiese. Ich sah mich um und entdeckte das Tor. In Schottland war es nicht zu sehen. Aber hier war es ein goldener Bogen und man konnte den schottischen Wald hindurch sehen. Ich seufzte. Wie gern wäre ich einfach wieder nach Hause zu meinen Eltern gegangen. Aber ich konnte nicht ohne Mr. Skibbles nach Hause.
Mars machte mich los und kletterte dann von dem Tier. Ich schwang mein Bein auf die andere Seite und sah unschlüssig nach unten. Es war so hoch. Mars sah mich an.
„Keine Angst. Wenn du fällst, fang ich dich auf." sagte er und lächelte mir aufmunternd zu. Ich drehte mich vorsichtig um und begann langsam runter zu klettern. Als ich unten angekommen war, war ich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Mars grinste. „Siehst du? War doch gar nicht so schwer, oder?" Ich nickte und lächelte. Mars hatte eine der pinken Stangen mitgenommen und ging damit zu Glenn und Perion, die ebenfalls von ihrem Fenjas ab gestiegen waren. „Wo sollen wir sie hin legen?"
Glenn sah sich um. Dann entdeckte er einen Stein, der auf der Wiese stand und deutete auf ihn. „Da ist es am besten." Mars nickte und ging zu dem Stein. Er legte die Jame darauf ab. Er kam wieder zurück und nahm die Zügel unseres Fenjas. Dann gingen wir wieder in den Wald. Wir suchten uns eine Stelle, an der wir den Stein gut im Auge behalten konnten und fingen an, dort unser Lager aufzuschlagen. Perion sammelte Holz, damit wir uns ein Feuer machen konnten und Mars legte die Decken um die Stelle.
Als es Abend wurde, machte Mars Feuer und wir steckten Teigklumpen auf Stöcker und backten sie über dem Feuer. Perion fing an, ein Lied zu singen und Glenn und Mars stimmten mit ein. „...Al Meris vion ol brend selaris mural Recoral zawina urass trenor li Marinor laviva jas Prasster brend Welart manika..." Ich horchte ihren Stimmen und summte die Melodie mit. Ich wusste nicht, was die Wörter bedeuteten, aber es hörte sich an, als wäre es ein fröhliches Lied.
„Glenn, erzähl uns eine Geschichte." sagte Mars. „Oder nein, erzähl uns, wie du zu uns gekommen bist."
Glenn lächelte. „Nun gut, aber ihr müsst wissen, es ist eine Geschichte mit einem schrecklichen Anfang. Aber sie endet wunderbar." sagte er. Dann begann er zu erzählen.
„Alles begann vor fast 17 Jahren in Schottland. Ich lebte mit meiner Familie in einem Haus, in der Nähe eines Waldes. Meine Frau und ich hatten eine Tochter. Sie, ihr Mann und ihr ungeborenes Kind lebten mit bei uns im Haus. Wir waren eine sehr angesehene Familie. Die Leute schauten zu uns auf." Glenn lächelte und sah ins Feuer. Als würde er dort seine Frau und Tochter sehen. Dann sprach er weiter.
„Unser Leben war nahezu perfekt. Doch dann brach der Krieg der drei Königreiche aus und alle Männer des Landes wurden aufgerufen, den König bei seinem Kampf gegen England zu verteidigen. Bevor ich in den Krieg ziehen musste, wollte ich aber noch einmal in den Wald gehen. Meine Eltern waren oft mit mir dort gewesen und er spendete mir Trost und Hoffnung. Ich war so tief in den Wald gegangen, wie noch nie zuvor. Und dann sah ich das Tor. Prachtvoller und Schöner, als alles, was ich zuvor in meinem Leben gesehen hatte. Ich war neugierig und ging hin, um es mir genauer anzusehen. Das Land auf der anderen Seite schien so schön und friedlich, ich ging hindurch, um es zu erkunden. Dann lernte ich Manuuk kennen. Er war da noch ein Krieger und half mir, nachdem ich mich verletzt hatte und nicht mehr zurück wusste." Glenn seufzte.
„Diese Welt war so friedlich. Ihre Bewohner lebten im Einklang miteinander. Sie war so viel besser, als meine Welt. Und als Manuuk den Posten seines Vaters antrat, versprach er mir, meine Familie hierher zu holen. Wir gingen also wieder nach Schottland. Aber mein Haus..." Er machte eine Pause und in seinen Augen glitzerten Tränen.
„Es war zerstört. Ich habe meine Familie im Stich gelassen. Sie sind wegen mir gestorben." Er seufzte und sah dann wieder in die Runde.
„Es gab für mich keinen Grund mehr in Schottland zu bleiben. Also ging ich mit Manuuk wieder zurück. Ich habe mir hier nun ein schönes Leben aufgebaut. Mir geht es gut und ich bin glücklich." Er lächelte.
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