14. Der Schatten - ein Tabuthema? (P.o.V. Saphira)
3/? Wochen
P.o.V. Saphira
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Während der nächsten Woche schlief ich viel. Hin und wieder sah Fiesta nach mir und falls ich nicht gerade schlief, brachte ich sofort, wenn er auftauchte, einen sicheren Abstand zwischen mich und den Dämon. Ich weis nicht warum, aber irgendwie hatte ich keine wirkliche Angst mehr vor ihm, sondern nur noch eine gewaltige Menge an Respekt. Seit meinem Fiebertraum letzte Woche, war er anders. So nett anders. Es ist, als wäre da Etwas zwischen uns, was er versucht zu hüten, um es nicht zu zerstören. Er ist beinahe so vorsichtig, dass es mir stellenweise unheimlich wird und ich die Vermutung hege, es wäre nicht mehr Fiesta, der da vor mir steht.
Er hat eindeutig eine seltsame Wirkung auf mich. Fiesta wird verdammt schnell wütend, wenn er provoziert wurde, auch, wenn dies nicht absichtlich geschah. Reizbar ist er, und wie. Ich muss meist nur an meine Mutter denken und bei ihm legt sich automatisch ein Schalter um. Allerdings hatte ich bis jetzt keinen blassen Schimmer, ob das zufälligerweise immer in solchen Situationen passiert oder nicht. Immerhin weis ich nichts davon, dass er Gedanken lesen kann. Laut Fuego müsse man dazu ein Meister der schwarzen Magie sein. War dies der Fall und Fiesta damit ein schwarzer Meister, dann weis es Niemand aus ganz Nimarya, noch nicht einmal Fuego selbst, oder aber er hat es mir nie erzählt. Ob man sich das Gedankenlesen noch irgendwie anders beibringen kann, weis ich nicht. Wenn man es generell betrachtet, weis ich im Allgemeinen sehr wenig darüber. Und das, obwohl ich dieses Thema eigentlich ganz interessant finde.
Aber wie auch immer: Dieses Thema ist tabu. Selbst, wenn ich mehr darüber lernen würde, müsste ich es vor allen geheim halten, da es hier nicht gestattet ist, die schwarze Magie zu studieren. Sie ist gefährlich. Sehr gefährlich. Sogar Fallada hat mich schon immer wieder davor gewarnt. Und wenn das sogar Fallada mehrmals tat, dann musste an der Sache ja was dran sein.
Aber nun wieder zu Fiesta: Er rastet zwar unfassbar schnell aus, aber genauso schnell, wie dies geschah, beruhigt er sich auch wieder. Dieser rasante Wandel zwischen seiner plötzlichen Wut und der darauf folgenden unfassbar großen inneren Ruhe ist gewaltig. Erst droht er mir und kurz darauf war er wieder die Ruhe in Person. Ich meine, dass er mir auch gedroht hatte, als Etwas von mir Besitz ergriffen und ihn angegriffen hat. Ich glaube er hatte gesagt, dass meiner Schwester etwas passieren würde, würde ich einen Fluchtversuch starten. Und aufgrund seiner äußerst starken Gefühlsschwankungen glaube ich, er würde die Drohung Wirklichkeit werden lassen, wenn es darauf ankäme.
In solchen Momenten wünsche ich mir Fallada immer wieder zur Seite. Ich habe zwar erst vor kurzem, circa vor einer Woche, mit ihm reden können, aber ich habe keine Ahnung, wann ich das nächste Mal die Gelegenheit dazu haben würde. Immerhin bin ich hier in der Festung von Fiesta und Fallada muss vorsichtig sein. Trotzdem hätte ich jetzt gerne einen guten Rat von ihm erhalten. Gerade in diesem Moment, in dem ich an meinen Freund dachte, trat Fiesta in meine Zelle und ich laufe augenblicklich einige Schritte rückwärts hin zur Zellenecke, um Abstand herzustellen. Dort angekommen, blicke ich vorsichtig zu ihm auf. Er steht noch immer am Eingang zur Zelle.
„Guten Morgen.", begrüßt er mich, jedoch schwang in seiner Stimme keinerlei Freundlichkeit mit, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Er sprach vollkommen monoton. Ich antworte nicht, sondern sehe ihn nur an. „Wie geht es dir denn?", fragt er nun. Keine Antwort von mir. Einerseits will ich nicht mit ihm reden, aber andererseits muss ich ihm antworten. Irgendetwas. „Es wäre von Vorteil, wenn du mir antwortest. Schließlich kann ich keine Gedanken lesen." Damit war schon mal eine von meinen mehreren Dutzend Fragen beantwortet. Und da er keine Gedanken lesen konnte, ist er auch kein Meister der schw- „Saphira?" Durch seine Ansprache stoppte er mich.
Für einen kurzen Moment sehe ich ihm direkt in seine eisblauen Augen. „Besser.", antworte ich und breche sofort danach den Augenkontakt wieder ab.
„Gut.", meint Fiesta dann. „Ist dir denn noch schwindelig? Schlecht? Oder fühlst du dich schon wieder so gut, dass wir langsam mit dem Training beginnen können?" „Schlecht ist mir nicht mehr, nur immernoch etwas schwindelig.", meine ich. „Sagst du das nur, damit das Training nicht beginnt, oder stimmt das wirklich?", hakt er nach. „Mir ist wirklich noch etwas schwindelig.", sage ich sofort und hielt inne. Hatte ich zu abrupt geantwortet? „Okay. Dann lass ich dir nochmal zwei Tage, aber dann sollten wir echt mal anfangen. Wenn du möchtest, zeige ich dir die Bibliothek. Dann kannst du dir mit Lesen ein bisschen die Zeit vertreiben. Ruf mich einfach, wenn du eine Entscheidung getroffen hast." Danach verlässt er die Zelle wieder und ich bin wieder allein.
Ich bin verwirrter als zuvor. Ich hatte mich innerlich gefragt, ob er denn Gedanken lesen könne und kurz darauf erwähnt er genau dies, allerdings mit dem Zusatz, dass er es nicht könne. Die Frage ist nur, wie er dann wusste, dass ich darüber nachgedacht hatte.
Ich sollte mir über so etwas nicht den Kopf zerbrechen. Schließlich geht es mich auch im Endeffekt nichts an, ob er es kann oder nicht. Selbst wenn er es bei mir anwenden sollte, hat doch irgendwo ein Jeder seine Privatsphäre verdient. Auch Fiesta. Und das obwohl die Meisten-... Was sag ich da. ...alle aus Nimarya, und vermutlich auch aus allen anderen Neben- und Zwischenwelten, die es noch so gibt, ihn als Jemanden so Gefährlichen einstufen, der durchgängig überwacht werden muss. Allerdings gelingt Ihnen das soweit ich weiß sehr selten, da er sich selbst erfolgreich sehr gut bedeckt hält und sich so versteckt, dass Niemand ihn finden kann, der es versucht. Denn wenn er nicht gefunden werden will, scheint es so, als wäre genau das auch nicht möglich. Fiesta ist ein begnadeter Stratege, den sich sicherlich viele einmal ausleihen wollen würden. Egal was er tut oder vorhat, bisher ist alles immer so verlaufen wie er wollte, oft zu Missgünsten Anderer.
Wenn ich ehrlich bin, fasziniert er mich.
Aber ehrlich sein sollte und darf ich nicht sein! Es ist nicht erwünscht. Nicht erlaubt. Man darf nicht fasziniert sein von Demjenigen, der die größte Gefahr der eigenen Welt darstellt. Er ist gefährlich. Sehr gefährlich. Zwar hat mich Fallada noch nicht vor ihm direkt gewarnt, aber er selbst schien Respekt vor ihm zu haben, als er hier war. Und Fallada hat eigentlich vor Nichts und Niemandem Angst.
Gerade kommt mir Fiestas Angebot wieder in Erinnerung. Soll ich es annehmen? Wie gerne hätte ich Jemanden hier, der mir diese Frage abnehmen kann. Eigentlich würde ich sofort mit ‚ja' antworten, aber etwas in mir hält mich davon ab. Vielleicht meine innere Stimme, die all das hier nicht für gut heißen tut. Möglich wäre es. Momentan halte ich alles für möglich, also war es nicht gerade abwegig geschweigenden schwierig dies in Betracht zu ziehen. Ich wollte lesen. Mir irgendwie die Zeit vertreiben. Also beschloss ich einfach darauf zu warten, bis Fiesta das nächste Mal vorbeikommt. Rufen möchte ich ihn nicht, da ich nicht weiß, wie. Ich weiß nicht, ob ich schreien oder flüstern oder gar nur an ihn denken sollte. Also wähle ich den einfachen, aber dafür längeren Weg.
Zu meiner Überraschung dauerte es doch nur circa zwei bis drei Stunden, bis er kam. Anscheinend hat er mich beobachtet und ich hatte wohl etwas zu auffällig auf den Zelleneingang gestarrt. Naja, egal. Jetzt konnte ich ihm immerhin meine Entscheidung mitteilen. Wobei, vielleicht warte ich doch eher darauf, dass er mich danach fragt.
Er schüchtert mich mit seinem Auftreten immernoch sehr ein, auch wenn ich hoffte, dass das irgendwann aufhören würde. Wie lange würde ich noch hier sein?
„Ist alles okay? Oder siehst du Geister und starrst deshalb so sehr auf den Eingang dieses Raums?", fragt er. Ich stehe im Zentrum der Zelle und er am Eingang. Zwischen uns liegen ungefähr drei Schritte. Trotz des für mich doch recht kleinen Abstandes bleibe ich auf meiner Position und vermeide es, ihn anzusehen. „I-ich..." Ich breche wie so oft ab, weil ich es hasse, wenn er meine Unsicherheit, die ich in seiner Gegenwart habe, bemerkt. Wobei, wahrscheinlich hat er diese sowieso schon längst bemerkt. Trotzdem warte ich für einen kurzen Moment und setze dann erneut an: „Ich würde gerne etwas lesen wollen. Also natürlich nur, wenn das in Ordnung ist und keine Umstände macht. Nicht, dass d-„ „Macht es nicht, keine Sorge.", unterbricht er mich. „Wenn es absolut nicht ginge und es Umstände machen würde, dann hätte ich es dir schließlich nicht angeboten, oder?"
Okay diese Frage ist selbsterklärend.
„Na dann komm mal mit.", fordert Fiesta mich auf. Ich sehe perplex zu ihm. Ich soll die Zelle verlassen? „Schau doch nicht so verwirrt. Ich möchte dich nicht jedes Mal dorthin teleportieren müssen. Daher zeige ich dir jetzt einmal den Weg zur Bibliothek und dann findest du in Zukunft hoffentlich alleine hin.", meint er.
Jetzt schaue ich vermutlich noch verwirrter, als davor. Ich sollte in Zukunft alleine durch die Festung laufen? Das wird ja immer besser. Ich hoffe dieser Traum ist gleich zu Ende. „Los geht's.", sagt Fiesta nun. Okay, es ist anscheinend doch Realität. Daher folge ich ihm. Es fühlt sich seltsam an, als Gefangene frei durch den Ort zu laufen, an dem man festgehalten wird.
Als wir meine Zelle verlassen haben, biegen wir links ab und laufen bis zum Ende des dunklen Ganges, der anders als der Teil vor dem Raum, in dem ich mich befinde, keine Fenster besitzt. Ich frage mich, was hinter den anderen Türen hier ist, aber Fiesta deswegen anzusprechen? Darauf würde ich nicht einmal Traum kommen. Am Ende des Ganges angekommen läuft er nach rechts und dann die Treppe hoch. Falls mich Jemand nach dem Weg fragen würde, hätte ich keine Antwort. Ich wäre definitiv verloren und würde mich hier pausenlos verlaufen. Oben bleibt er stehen und dreht sich zu mir um: „Willst du da unten Wurzeln schlagen? Ich dachte du möchtest in die Bibliothek?"
Oh, ich bin noch unten? Ich hasse es, wenn ich unbewusst in Gedanken versinke. Ich senke meinen Kopf, um nicht zu ihm hochsehen zu müssen und versuche die Treppe hochzulaufen, ohne dabei zu stolpern, was ich erstaunlicherweise sogar erfolgreich schaffe. „Nur, dass du es schon einmal weist:", sagt er und deutet hinter uns nach links, „Dort ist die Trainingshalle, in der dann das Training stattfinden wird. Wir treffen und dann in drei Tagen immer um ein Uhr nachmittags." Ich nicke, um ihm zu verdeutlichen, dass ich es verstanden habe. Eine Halle? Was hat er denn mit mir vor?
„Und hier ist die Bibliothek.", sagt er, biegt nach rechts ab und öffnet die große Flügeltür.
Als ich die Bibliothek sehe, kann ich nur mit offenem Mund dastehen und staunen. Ein Traum. Rechts und links vom Raum ziehen sich über die komplette Länge zwei riesige Bücherregale. Davor befinden sich mehrere Etagen, die man über rustikale Holztreppen erreichen kann, damit man auch an alle Bücher gelangt. Auf den einzelnen Ebenen befinden sich stellenweise immer wieder Sitzmöglichkeiten, in denen man sich zurückziehen kann. Am Eingang stehen wir etwas erhöht, weshalb man über alle Regale, die sich in der Mitte des Raumes befinden, hinwegsehen kann. Diese sind in einer langen Reihe angeordnet. Ein Regal hinter dem anderen. Ganz hinten scheint es noch einen weiteren Raum zu geben, zu dem allerdings nur eine kleine Tür führt. Die restliche Wand ist ebenfalls, genau wie die Wand der Eingangstür, mit Regalen und weiteren Ebenen ausgekleidet. Überall Bücher.
„Es ist wunderschön.", sage ich, ohne es zu bemerken. „Danke.", antwortet Fiesta auf einmal, was mir klarmacht, dass ich das gerade laut gesagt hatte. „Ich bin auch oft hier." Okay, das verwirrt mich. Warum sollte einer wie er lesen? „Das mag jetzt vielleicht seltsam klingen, aber immer, wenn ich lese, fallen für einen Moment alle Probleme von mir ab und ich kann einfach nur für mich sein." Vorsichtig sehe ich zu ihm und bemerke, dass er lächelt und das nicht wenig. Doch gleichzeitig scheint er auch an etwas zu denken, was ihn nicht mehr ganz so glücklich stimmt. „W-was ist denn in dem Raum da hinten?", frage ich und wundere mich selber darüber, mich das getraut zu haben. Vermutlich ist es einfach der Moment. „Bist du dir sicher, dass du das wissen willst und dann nicht sofort wieder Angst bekommst?", fragt er. Sofort höre ich auf ihn anzusehen. Will ich es wissen? „Ja, ich bin mir sicher." Kam das gerade von mir? Saphira, was ist los mit dir?
„Nun gut, wie du willst. Dort hinten befinden sich verbotene Bücher. Keiner weis davon, also wäre ich dir dankbar, wenn du es für dich behältst. Jegliches Buch über den Schatten, die schwarze Magie und alles Weitere, findest du da hinten. Aber, da das ja sowieso ein Tabuthema für dich ist, denke ich nicht, dass ich dich da hinten jemals suchen muss."
Bedrückt schaue ich zu Boden und wage für einen kurzen Moment noch einmal den Blick in Fiestas Richtung. Das Lächeln in seinem Gesicht ist verschwunden. Restlos. Stattdessen hat sich nun ein dunkler Schatten über sein Gesicht gelegt und ich meine zu erkennen, dass da noch etwas ist. Etwas, was ich eindeutig nicht erwartet hätte.
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Hallo an alle. Ich hoffe ihr hattet alle eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Hier nun seit fast 3 Monaten mal wieder ein neues Kapitel. Saphira ringt mit sich selbst und Fiesta scheint doch nicht so kalt zu sein, wie es auf den ersten Moment scheint... Oder?
Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen. Lasst mir doch gerne mal eure Meinung dazu da. 🙈
LG GiroScheckie
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