in Kapitel 19: Hoffnung und Hoffnungslosigkeit
--- Alphonse P.O.V. ---
Der zunehmende Regen ließ East Citys Straßen immer kälter wirken. Mir machten die Wassertropfen, die meine Rüstung hinunterrannten, kaum etwas aus, da ich den nassen Regen sowieso nicht spüren konnte. Jedoch wollte ich nicht riskieren, dass mein Blutsiegel, welches meine Seele dank Eds Blut und Alchemie an diese Rüstung band, verwischte, weshalb ich mich beeilte, zum ausgemachten Treffpunkt zu kommen, damit Ed und ich möglichst schnell ins warme Hotel zurückkamen.
Als ich den großen Kirchturm erreichte, sah ich mich kurz um, entdeckte aber noch niemanden auf dem recht leeren Platz. Prüfend blickte ich hinauf zur Turmuhr, welche nur wenige Augenblicke danach mit mehreren lauten Glockengongs verkündete, dass es 10 Uhr abends war.
Ed kommt wohl wieder mal zu spät, dachte ich seufzend und setzte mich auf die Treppenstufen der Kirche. Was blieb mir auch anderes übrig als auf meinen Bruder zu warten? Würde ich jetzt loslaufen, um ihn zu suchen, würden wir uns womöglich genau verpassen und niemals wiederfinden. Also konnte ich lediglich warten und hoffen, dass Ed bald auftauchte. Was musste Ed auch immer zu spät kommen. Dabei hatte er doch sogar eine Uhr immer bei sich. Auch wenn ich zugeben musste, dass ich ihn nur selten dabei beobachtete hatte, wie er wirklich in die Uhr sah. Und dann stand er auch meistens immer so, dass ich ihm kaum zusehen konnte und immer noch einmal selbst nach der Uhrzeit fragen musste. Wirklich seltsam.
Ich sah mich weiter um und beobachtete zwei Vögel dabei, wie sie nebeneinander herflogen, eine Runde über den Südplatz drehten, und dann in Richtung Park davonflogen. Selbst die beiden hatten einander, während ich hier allein rumsaß. Ich seufzte, ehe ich grummelte und mir leicht gegen den Helm schlug.
„Werd nicht gleich depressiv, Alphonse!", zischte ich mir selbst zu. Das Wetter, aber auch die Sorge um den vermissten Oberst, setzte meiner Stimmung zu und brachte mich ins Grübeln. Der Regen machte mir zwar nichts aus, doch um ehrlich zu sein, konnte ich ihn nicht sonderlich leiden. In Resembool hatte es glücklicherweise kaum geregnet, geschneit noch viel weniger. Durch das milde Südklima hatte die Sonne fast immer auf uns herabgeschienen. Doch die wenigen Tage, wo es geregnet hatte, waren eher unschön gewesen.
Ich erinnerte mich an eine Zeit, wo Ed und ich in unserem Zimmer ein Kartenspiel gespielt hatten, während draußen ein heftiges Gewitter tobte. Der Regen peitschte gegen das Fenster und der Wind pfiff so laut um die Hausecken, dass ich vor Angst zitterte. Als dann auch noch ein Blitz über den Himmel zuckte und ein Donner die Welt beben ließ, hatte ich meine Karten weggeworfen und mich in den Armen meines großen Bruders versteckt. Ed hatte mich schützend an sich gedrückt und mir durch die Haare gestrichen, beruhigende Worte zu gemurmelt und die Decke vom Bett über mich gelegt. Ich hatte mich bei ihm sicher gefühlt und ihn für Stunden wie es mir vorkam nicht losgelassen.
Wäre es doch jetzt nur so einfach, sich einfach in Eds Armen zu verstecken, wenn mir etwas Angst machte. Aber leider war das nicht mehr so einfach. Nicht nur war ich viel zu groß, um mich in Eds Armen klein zu machen, nein ich würde auch seine Umarmung, seine zärtliche Berührung, das Streicheln, das Drücken, gar nicht wirklich fühlen. Außerdem war ich nun selbst schon älter. Man erwartete von mir, dass ich stark war.
Es war bedrückend, wie ein Erwachsener behandelt zu werden. Mir war bewusst, dass Ed den Weg des Erwachsenen eingeschlagen hatte, als er damals dem Militär beitrat. Da ich ihn begleitete und das Dorf unserer Kindheit mit ihm hinter uns ließ, hatte ich unwillkürlich meine eigene Kindheit ebenso beendet. Dennoch wünschte ich mir öfter die Zeit von damals zurück, als wir unbeschwert, frei und glücklich waren.
Doch wenn ich so genau drüber nachdachte, war auch diese Zeit nicht einfach gewesen. Auch damals gab es schon Dinge, die uns vom glücklich sein abgehalten hatten. Als Papa ging, hatte er ein Loch in unserer Familie hinterlassen, dass wir nie so recht zu füllen wussten. Ed hatte zwar ab und zu versucht, mir großer Bruder und Vater in einem zu sein, und auch Mama hatte sich stehts um uns bemüht, doch eine wirkliche Vater-Figur hatten wir nicht mehr gehabt. Besonders als auch noch Onkel Yuriy und Tante Sara in den Krieg gerufen worden. Es ist schwerer geworden, doch Mama und Oma Pinako haben sich um uns beide und Winry gekümmert. Bis auch Mama noch ging und Ed und ich ganz allein zurückgelassen hat, genauso wie Winry, als sie den Brief vom Militär bekam, der sie für Tage weinen ließ, der ihr gesagt hatte, dass ihre Eltern nicht mehr zurückkehren würden. Oma hatte sich wirklich Mühe gegeben mit uns, aber das Gefühl der Einsamkeit hatte sich mehr in uns gefressen.
Da war es doch nur verständlich, dass wir Mama zurückholen wollten, oder nicht? Wir, Ed und ich, hatten sogar schon Pläne gehabt, Winrys Eltern nach Mama auch wiederzubeleben, damit auch Winry wieder lächeln würde wie früher. Wer hätte auch ahnen können, dass die Transmutation so schief geht...
Aber es war leider nicht rückgängig zu machen. Wir hatten diesen Fehler begangen, hatten uns über Gott gestellt und erwartet, dass wir Tote wiederbeleben könnten, und wurden für diese Arroganz bestraft. Wir konnten es kaum unfair nennen, denn irgendwo war es durchaus eine verdiente Strafe gewesen. Schließlich war es ein Tabu, das wir gebrochen hatten.
Ich hob den Kopf leicht an, ehe ich mich etwas schüttelte. „Weg mit den Gedanken!"
Schnell stand ich auf und sah mich nochmal um, doch mein Bruder war immer noch nirgendwo zu sehen. Stattdessen hielt aber ein Auto mitten auf dem Platz, wobei ich überrascht beobachtete, wie sechs Menschen schreiend und keifend aussteigen. Das war das Team! Das Team von Oberst Mustang, und (V/N)!
Letztere lief auch sogleich auf mich zu und schnappte sich meinen Arm. „ALPHONSE! BIST DU OKAY?! WO IST DEIN BRUDER?!", rief sie laut und sah blass zu mir hoch. Die Sorge stand ihr förmlich quer übers Gesicht geschrieben, als sie meinen Arm fest rüttelte.
Überfordert stotternd antwortete ich ihr. „W-Wir haben uns aufgeteilt, e-er sollte eigentlich um 10 hier sein! W-Warum?"
„WEIL IHR IDIOTEN SEID, DESHALB!", schrie mir das Mädchen nur zurück und ließ mich los. „Wo wollte er suchen?!"
„E-Eh.. In der Richtung...!" Ich deutete grob nach rechts. „Aber warum sind wir denn Idioten...?"
Doch ich bekam keine Antwort mehr von dem Mädchen. Schneller als ich gucken konnte war (V/N) in die gezeigte Richtung davongerannt.
„(V/N)!", rief auch Oberleutnant Hawkeye noch, die sich mir mittlerweile genähert hatte. „Keine Alleingänge! (V/N)!!!"
Die Air Alchemistin blieb jedoch nicht stehen, sondern verschwand rennend um die nächste Ecke. Perplex und panisch sahen wir ihr nach, ehe Oberleutnant Hawkeye Anweisungen verteilte. „Havoc, Breda, ihr bleibt hier bei Alphonse! Fuery, du rufst über Funk Verstärkung, Scar ist hier vermutlich in der Nähe! Falman, du sicherst die Gegend, während ich (V/N) folge!" Mit diesen Worten lief die junge Frau dem Mädchen schnell nach, ihre Waffe schussbereit in der Hand.
--- dein P.O.V. ---
Nach Luft schnappend ranntest du so schnell dich deine Beine tragen konnten durch die nassen, kalten Straßen East Citys, dich immer wieder besorgt nach dem kleinen Alchemisten umsehend, den du unbedingt finden musstest. Nach nur wenigen Minuten kamst du an einem Platz an, der deutliche Kampfspuren aufwies. Der Boden war zerstört und zersprengt, eine nahe Treppe kaputt und du konntest deutliche Alchemiespuren an den umliegenden Gebäuden sehen. Ohne langsamer zu werden folgtest du der Spur an Transmutationen quer durch das Viertel.
Die Panik in dir wuchs mit jeder Sekunde. Der Staatsalchemistenmörder schien Fullmetal gefunden zu haben, sie hatten gekämpft und sich verfolgt. War es schon zu spät? Nein, das konnte nicht sein. So einfach würde dieser kleine Knirps nicht aufgeben! Du musstest dich ermutigen, positiv zu bleiben, doch die Sorge machte es schwer, jetzt Hoffnung zu haben. Ob der Junge verletzt war? Seine Automail kaputt, blutige Stichwunden, vielleicht schlimmeres?
Du schlucktest. Zumindest hattest du bei dem Arzt aufgepasst, du würdest Edward versorgen können, du würdest ihn verarzten und heilen und retten können! Wenn du schnell genug bei ihm wärst, dann könntest du ihm helfen, ihn beschützen...!
Scar, der Staatsalchemistenmörder. Du vertrautest deinen Fähigkeiten, doch er hatte schon unzählige Alchemisten auf dem Gewissen. Frau Hawkeye hatte dir einige aufgezählt, selbst Basque Grand, den Iron Blood Alchemist, soll er umgebracht haben, und der war ein sehr fähiger Soldat und starker Alchemist gewesen. Würdest du gegen Scar ankommen können? Und würdest du Edward, egal in welchem Zustand er war, zeitgleich beschützen können? Wegrennen wäre dann keine Option, du müsstest ihn vertreiben oder festsetzen, während er alles dransetzen würde, dich umzubringen.
Okay, tief durchatmen. Keine Zeit für depressive Gedanken. Du musst an dich glauben. Du kannst das. Du schaffst das. Wenn dich die Autorin der Geschichte dazu ermutigt, selbstbewusst zu sein, dann hat das was zu heißen. Also glaube gefälligst an dich.
Statt hinzufallen. Aua.
Schnaufend richtetest du dich wieder auf. Der Boden war um einiges rutschiger gewesen als gedacht, durch das Regenwasser waren besonders die abgelaufenen Pflastersteine ziemlich glatt. Deine Hände hattest du dir etwas aufgeschürft und auch deine Knie spürtest du leicht schmerzen, doch es war auszuhalten. Als Kind warst du öfter so hingefallen und hattest dich im Schotterdreck viel stärker verletzt.
Doch diese Erkenntnis half dir beim Aufstehen. Du hattest schon schlimmeres überstanden. Du hattest schon Kämpfe auf Leben und Tod. Du warst dem Tod oft näher als gedacht. Du würdest auch diesen Mörder überstehen. Du würdest weiterleben. Weiterkämpfen. Edward beschützen. Den Stein finden. Und endlich nach Hause zurückkehren.
Entschlossenheit flammte in deinen (A/F)en Augen auf. Mit Kampfgeist in deinem Körper ranntest du weiter, dir den zunehmenden Regen aus dem Gesicht wischend. Schlitternd bogst du in eine größere Straße ab und liefst weiter, ehe du innerhalb des grauen Regens eine Silhouette ausmachen konntest.
Ein Mann stand dort, seine Jacke wehte leicht in der Brise. Seine Hand, die rechte, lag auf etwas. Erst als du näherkamst, konntest du ausmachen, auf was genau.
Dein Blut gefror in deinen Adern. Edward saß hilflos vor dem Mörder, dessen Hand bereit war, ihn zu töten. Ohne Mantel, ohne Automail. Du sahst etwas aufblitzen, Licht der Straßenlaternen reflektierte sich in den Tränen des Jungen. Edward hatte aufgegeben. Edward war bereit, zu sterben.
„Nein... Nein! NEIN NEIN NEIN NEEEINNN!!!!" Du schriest laut und ranntest so schnell wie nur irgendwie möglich auf die beiden zu. Deine Hände legten sich über deine Brust und du aktiviertest deine Alchemie, sodass die Luft um dich herum nur so zischte. Der Regen wurde durch den Luftdruck vertrieben und du konntest die beiden ganz klarsehen.
„EDWAAAARD!!!!" Du holtest mit rechts aus, deine Faust von Luft umgeben, ehe du mit voller Wucht seitlich gegen das Gesicht des Staatsalchemistenmörder schlugst. Durch deine Kraft und den unterstützenden Wind krachte der Mann mehrere Meter weg und knallte gegen eine Hauswand. Vor lauter aufgewirbeltem Staub konntest du ihn kurz nicht sehen, ehe du mit einem Fingerzeig den Dreck aus dem Weg pustetest. Dein Gegner lehnte sitzend an der Wand, die hinter ihm Risse bekommen hatte. Stöhnend hob er leicht den Kopf, ehe seine Augen deine (A/F)en trafen.
Knurrend nahmst du eine Kampfposition ein, bereit gegen den Mörder anzutreten, um Edward zu retten. Edward...
Du hörtest ein dumpfes Geräusch hinter dir. Erschrocken sahst du zurück, deine Augen weiteten sich in Angst. Der Junge mit den langen blonden Haaren war vom Sitzen aus nach vorn gefallen, sein Gesicht auf dem Boden, von Haaren verdeckt. In der Eile konntest du Atmung nicht ausmachen und Panik ergriff deinen Körper.
„EDWARD! EDWARD!" Scar vergessend hocktest du dich runter, knietest dich neben den jungen Alchemisten und rütteltest ihn stark. „Edward, sag was! Edward! Wach auf! Hey!!!" Du zogst ihn halb hoch, ehe du ihn so hinlegtest, dass sein Kopf auf deinem Schoss zum Liegen kam. „Edward! Fullmetal! Elric! Knirps! HEY DU MIKROKNIRPS, ICH REDE MIT DIR!", schriest du angstvoll, im verzweifelten Versuch den Jungen so zu wecken, doch auch die sonst so schlimmen Beleidigungen ließen ihn kalt.
Kalt war er tatsächlich, ganz unterkühlt vom Regen, während Dreck und auch Blut seinen Körper zierten. Die sonst so strahlenden goldenen Augen waren geschlossen, die Tränen liefen ihm noch immer über die Wangen, ehe sich deine eigenen dazu gesellten. Sie tropften von deinem Gesicht auf das seine herab, während Schluchzen deinen Körper erzittern ließ.
„Nein... Nein, Edward..." Du beugtest dich tiefer. „Bitte... Bitte nicht...!" Dir fielen die Lektionen des Arztes ein, Wiederbelebung, Beatmung und Herzdruckmassage. Schnell zogst du deine Jacke aus und faltetest sie ordentlich, um Edwards Kopf behutsam darauf abzulegen. Du rücktest etwas tiefer und begannst mit zitternden Händen, auf seine Brust zu drücken, gedanklich die Male zählend. „Stirb nicht... Hey... Lass mich nicht allein... Bitte..." Du beugtest dich mehr über ihn und legtest ohne zu zögern deine Lippen auf seine. In regelmäßiger Anzahl gabst du ihm Luft in die Lunge, ehe du wieder mit deinen Händen drücktest. „Nicht aufgeben... Ja...? Durchhalten... Durchhalten, Knirps... Bitte... Edward... Dein Bruder braucht dich doch..." Du murmeltest es halb zu dem Jungen, unwissend ob er dich hören konnte. „Du darfst nicht sterben... Noch nicht sterben... Bitte..." Als du zum dritten Mal seinen Mund mit deinen Lippen berührtest, hieltest du den Kontakt etwas länger. Deine Augen schlossen sich wimmernd als deine Hoffnung mit deinen Tränen dahinfloss.
„H-Hey...", hörtest du urplötzlich ganz leise.
Erschrocken zucktest du hoch und sahst herab auf den jungen Alchemisten, der ein Auge halb geöffnet hatte und zu dir hochsah. Seine Atmung war schwach, er war blass und zitterte ein wenig, doch dass er aufgewacht war, machte dir solch eine Freude, dass du nicht anders konntest, als ihn schnell eng zu umarmen und an dich zu drücken.
„DU IDIOT!!!" Dein Schluchzen ließ dich ebenso zittern, während du mit den Händen fest an dem Jungen kralltest. „DU RIESIGER WINZIGER IDIOT!!!"
Mit leisem Lachen erwiderte Edward einarmig deine Umarmung. Seine Hand patpatete deinen Rücken, ehe sie kraftlos wieder etwas runterrutschte. „Sorry..."
Schniefend versuchtest du, deine Tränen wieder zu zügeln, doch die Angst, ihn verloren zu haben, steckte dir noch immer in den Knochen. Was dich aber sofort verstummen ließ, war der Schatten, der sich von hinten über euch legte.
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Das ist doch ein guter Punkt, um aufzuhören, oder? Findet ihr auch, ja? UwU Super!
Also, wie fandet ihr denn das neue Kapitel? :DD
Oder eher... lasst mich euch genauere Fragen stellen!
1. Wer war am Anfang genervt, dass man nicht erfahren hat, wie es bei Ed weitergeht, sondern mit Als Sicht belastet wurde? XD
2. Edward lebt? Edward stirbt? Wie wird es nur mit ihm weitergehen?
3. Was wirst du jetzt tun? Wirst du gegen Scar gewinnen oder verlieren? Ich nehme jetzt noch Wetten an, wer den Epic Showdown gewinnt! :D
4. So ganz nebenbei... hat das Beatmen Spaß gemacht? ;)
Und das wars auch schon! Ich hoffe, euch hat es gefallen!
Wir sehen uns bestimmt bald irgendwann vielleicht wahrscheinlich eventuell mal wieder :'D
Lg Sterni
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