Früh wachte Lexi auf. Sie benötigte nur wenige Stunden Schlaf um Ihre Akkus aufzufüllen.
Das war schon so gewesen, als sie noch ein kleines Kind gewesen war.

Sie joggte zum Fitnessstudio und machte Krafttraining. Sie stemmte Gewichte, vorwiegend mit den Beinen, wegen der Sprungkraft. Danach wartete sie im verglasten Tanzsaal der Bewegungscoach, der die flüssigen Bewegungen und die Feinheiten setzte.

Nach der Mittagspause ging es auf die Eisfläche.
Phil und sie waren für zwei Stunden konzentriert auf Kufen unterwegs.
In der Kabine duschten dann beide und fuhren nach Hamburg. In den dortigen Speichergebäuden hatten sie einen Termin bei "GomL", einer Managementagentur, die Interesse bekundet hatten, sie zu betreuen.

Phil interessierte sich nicht wirklich für das Management und war nur anwesend. Er überließ Lexi die Entscheidungen und auch die Verhandlungen.
So sass er auch teilnahmslos neben seiner Eislaufpartnerin, die knallhart mit einem Herr Holle verhandelte.

In der Firma herrschte ein lässiges, aber striktes Arbeitsklima. Der Besitzer, den die beiden bisher nicht gesehen hatten, ließ seinen Mitarbeitern weitestgehend freue Hand. Bei Vertragsunterzeichnung war er allerdings immer anwesend.
Lief etwas schief, konnte der Firmeneigentümer aber auch anders sein.
Nach zwei Stunden knallharter Verhandlung schien man nun eine Einigkeit erzielt zu haben. Herr Holle versprach die Verträge aufzusetzen und ihr diese zukommen zu lassen.
Als Phil und sie aufbrechen wollten, versuchte der Verhandlungspartner ihr eine Verabredung abzuschwatzen. Darauf aber ließ sie sich nicht ein.

Männer hatten in ihrem Leben keinen Platz.
Korrekterweise nicht mehr.
Der Mann, den sie zuletzt, und das auch schon vor langer Zeit, an sich heran gelassen hatte, hatte sie beinahe zerstört.
Danach hatte sie sich geschworen, Gefühle nicht mehr zuzulassen und verschrieb sich dem Paarlauf.

Mit ihrem Eispartner ging sie noch etwas essen, ehe sie Phil an seiner Wohnung rausliess.
Selber setzte sie sich in ihrer Wohnung an die Zeichnungen für die neuen Kostüme, ehe sie sich an einen Livestream begab.

Morgens um eins kam hektische Betriebsamkeit in ihren Chat. Ihre Mods waren aufgeregt, obwohl dazu kein Grund bestand.
Ein bekannter Streamer machte sich im Chat bemerkbar.
« Wenn der Norden jetzt zwei Streamer hat, dann muss ich doch mal sehen, was in meiner Hood los ist! »
Lexie grinste kurz. Sie wusste, wer dieser bekannte Streamer aus ihrer neuen Wohngegend war.
Sie wusste, aus den Streams, wie er drauf war.
Sie wusste um seine Reichweite in Deutschland.

Die junge Frau selber blieb ruhig. Als sie in Amerika gewesen war, waren solche Situationen öfter vorgekommen.
Sie ließ ihren Stream normal weiterlaufen und nachdem sie diesen beendet hatte, kontrollierte sie noch ihre Flüsternachrichten.
Sie hatte auch eine Nachricht von dem Streamer, der ihren Chat hatte eskalieren lassen. Er hieß sie Willkommen in "seiner" Hood und gratulierte ihr zu ihrem Stream und ihrer Leistung.
Um halb drei lag Lexie dann tatsächlich im Bett.

Am frühen Morgen joggten Phil und sie durch Buxtehude, ehe sie Krafttraining hatten.
Am Mittag wurde sie von Herr Holle angerufen. Er erfragte, ob sie am Abend im Restaurant Landshof sein könnten, zwecks Vertragsunterzeichnung.
Das Eislaufpaar sagte zu. Wie sie erfuhr, würde es einen offizielleren Rahmen haben, ein Photograph würde Bilder machen.

Nach ihrem nachmittäglichen Eistraining fuhren beide heim. An dem Abend würde Phil sie abholen.
So war es dann auch. Er trug eine modisch zerrissene Jeans mit Hemd und Weste. Lexie hatte eine schwarze Lederhose mit weisser Tunika über schwarzem Top gewählt. Mörderische High Heels und eine Hochsteckfrisur zu leichtem Make up komplettierten ihren Look.
Vor dem gediegenen Landgasthof wurden sie von Herr Holle erwartet. Dieser begleitete die beiden zu einem kleinen Wintergarten, in welchem verschiedene Menschen waren. Ihr Trainer war dort, sowie einige Mitarbeiter der Firma, die sie am Tag zuvor in Hamburg kennengelernt hatten. Dazu ein Photograph, eine ältere Dame. In übertrieben eleganter Garderobe sah sie auch die junge Frau, die ein Photo mit ihr gemacht hatte.
Ihre Kontaktperson Herr Holle führte sie zu seinem Chef. Dieser trug Jogginghose von Louis Vuitton und Sneaker zu einem schwarzen Pillover und gegelten Haaren. Als Lexie das Tattoo im Gesicht sah, erkannte sie in ihm den Proleten, der auch bei ihrem offenen Training gewesen war. Dieser reichte ihr die Hand und grinste schelmisch. "Eris, Marcel Eris. Ich freue mich, daß GomL sie in Zukunft vertritt. Ich freue mich auf eine gute und erfolgreiche Zusammenarbeit!", begrüßte er sie beide. Sein Auftreten in dieser geschäftlichen Art konnte sie kaum mit dem Aussehen in Einklang bringen, aber da sah man wieder einmal, daß Äußerlichkeiten verwirren konnten.
Im Anschluss wurde an dem vorbereitetn Tisch der Vertrag unterzeichnet, ehe es zu den offiziellen Aufnahmen kam. Auf einen Teil schmuggelte sich auch die Begleitung des Firmeninhabers, welche sich als Regina vorgestellt hatte.
Phil und Lexie machten auch mit den anderen Gästen Bilder, unterschrieben Autogramme.
An einem kleinen Buffet wurde das leibliche Wohl gestillt, es gab verschiedene Getränke. Trotz der trockenen Angelegenheit, die Lexie ein wenig Stress abnahm, war es ein vergnüglicher Abend.

Während die junge Eisläuferin sich unterhielt, beobachtete Herr Eris sie sehr genau. Er sah, wie sie mit Phil umging, wie sie sich der Avancen von René erwehrte und wie sie sich inmitten der verschiedenen Personen bewegte.
In seinem Kopf entwickelte er verschiedene Strategien.
Die ersten Dinge würde es in den kommenden Tagen zu klären geben, und er würde sich persönlich kümmern.

Eiskunstlauf war nicht sein Sport, aber in den vergangenen Wochen hatte er sich ein Bild gemacht, er hatte Erkundigungen eingeholt.
Und er wollte sie bei der Karriere unterstützen.
Er wollte den Akt der Vermarktung übernehmen.