Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

(18/12) Der Pakt

Mit der Rechten gab Vincenzo ein Zeichen zum Schreibpult hinüber, aber er sah nicht hin; sein Blick war auf Valerio gerichtet.

"Kennst du die Nonne Caterina Appiani?"

Erasmo begann zu schreiben, die Gänsefeder kratzte über das Papier.

Die erste Frage. Es war gefährlich zu leugnen, jetzt, wo der Kardinal seinen Neffen als Zeugen neben sich hatte. Alle, angefangen bei den Nonnen in der Abtei der Schwestern bis hin zu den Franziskanern am anderen Ende der Stadt, hatten letztlich über ihr Verhältnis Bescheid gewusst. Der Abt der Franziskaner in Assisi selbst hatte entschieden, wie man mit ihnen verfahren sollte.

"Ich kenne sie."

Valerio hob den Blick. Er wollte es ihm ins Gesicht sagen, sich nicht beschämt abwenden, seine Lüge bezüglich seines Verhältnisses zu Caterina zurück nehmen. Und ja, so fühlte es sich besser an. Es war eigenartig, das nun so auszusprechen. Vor Menschen ihrer Zeit. Es kam ihm vor, als sei sein Leben plötzlich fünfhundert Jahre zurück versetzt. Als wenn tatsächlich nicht mehr als ein Jahr vergangen war... seit alldem.

"Sieh an. So verstehen wir uns schon besser." Valerio entging nicht der schnelle Blick, den Vincenzo seinem Neffen zuwarf. Triumph. Siegesgewissheit. Seine Hände verschwanden hinter dem Rücken, die Schultern zeichneten sich spitz unter dem prächtig bestickten Gewand ab. "Du... kennst sie also." Die Mundwinkel fielen nach unten, er nickte Valerio anerkennend zu. "Das wollte ich hören. Endlich sind wir uns einig. Da interessiert mich nun die nächste Frage brennend." Er hob auffordernd die Brauen, sein Gesicht nahm diese längliche Form an, aus der Arroganz und Selbstüberzeugung sprachen.

"Wer... verführte wen?"

Valerio zögerte. Die Sache gewann schnell an Brisanz.

"Niemand... verführte irgendwen."

Die Brauen des Kardinals spannten sich zu hohen Bögen, die Stirn legte sich in Falten, seine vorgetäuschte Verwunderung war pure Provokation; Valerio musste seine Ruhe und Selbstbeherrschung zurück erlangen. Vielleicht brauchte es noch mehr Wein, bis er wieder in seine altvertraute Haltung hinein finden würde.

"Aber irgendjemand muss den anderen doch...", Vincenzo ruderte theatralisch nach Worten suchend mit der Hand, "...in seinen Bann gezogen, ihn zu Willen gemacht haben. War sie es? Oder du?"

"Zu Willen... In den Bann gezogen..." Valerio gefiel nicht, was er hörte. "Das war nicht nötig." Er stellte sich aufrecht, soweit es ihm mit den mehr als schulterbreit auseinander stehenden Beinen möglich war. "Wir gefielen einander auf ganz menschliche Weise. Sie mir. Und ich ihr."

"Es war nicht... nötig, sagst du. Also wäre es dir aber möglich gewesen? In Form eines Zaubers? Oder Trunks?"

Valerio lachte auf. "Nein", antwortete er. "Ich vermag niemanden mit magischen Mitteln zu beeindrucken und bin selbst auch nicht durch solche verführbar. Auch gibt es für so etwas kein Mittel und keinen Trunk oder Spruch, von dem ich gehört hätte." Er richtete seinen Blick über Vincenzos Schulter hinweg auf Clemente, der sich ganz offenbar dabei ertappt fühlte, wie er ihn verwundert anstarrte. "Weder zaubere ich, noch habe ich es nötig.... Gewalt in anderer Form anzuwenden. Es ist Natur. Ich bin damit geboren. Daran hängen weder Schuld noch Absicht. Es ist geschehen, ohne dass wir es wollten oder forcieren mussten." Er sah dem Inquisitor ins Gesicht. "Wie solche Dinge seit Ewigkeiten geschehen. Vielleicht unterliegt hier der eine oder andere Kirchenmann", er warf Clemente einen weiteren Blick zu, "falschen Vorstellungen, wie es sich mit weltlichen Dingen dieser Art verhält. Ihr wärt nicht die einzigen, die glauben, Zwang und Gewalt seien von Bedarf, wenn man die Aufmerksamkeit eines Menschen erlangen will."

Der Kardinal schluckte seine Antwort hinunter. Er brauchte einen Augenblick - was Valerio zeigte, dass seine provokante Taktik erste Erfolge brachte. Immer wieder verlor Vincenzo kurzzeitig die Fassung, während er sich mit seinem eigentlichen Interesse immer mehr aus seiner Deckung locken ließ. Valerio wollte nicht nur, dass Vincenzo seine Pläne endlich offenlegte - er wollte seine Emotionen.

"Ihr kanntet einander. Ihr wart voneinander eingenommen. Gibst du zu, mit Caterina Appiani die Ehe gebrochen zu haben?"

Das hatte er erwartet. Vincenzo Grassi zog alle Register. Er versuchte so viele Vergehen wie möglich auf die Liste zu bringen. "Ehebruch? Wen sollten wir denn betrogen haben? Da wurde keine Ehe gebrochen. Niemand ist zu Schaden gekommen."

"Nun, ich erinnere dich gern: Sie hatte sich Gott versprochen."

"Es gab kein Versprechen. Sie war zum Noviziat gezwungen worden."

Vincenzo warf seinem Neffen einen vielsagenden Blick zu. "Da wissen wir anderes - nicht wahr, Clemente?" Als der Angesprochene nicht reagierte, fuhr er fort: "Sie war eine Waise in der Familie ihres verstorbenen Vaters, dazu ein Bastard durch die mütterliche Seite. Schottland, wenn ich mich recht erinnere. Sie konnte von Glück sagen, dass man ihre Unterbringung im Kloster und ihre christliche Erziehung bezahlte. Sie hat es angenommen und bejaht. Aus freien Stücken."

Fassungslos schüttelte Valerio den Kopf. "Die Alternative wäre die Straße gewesen, und das hätte dem Ansehen der Familie geschadet. Eher hätte man sie getötet, das war ihr bewusst. Das Kloster oder der Tod - das ist keine Wahl für eine junge Frau, für deren Wohl und Schutz niemand eintritt."

Die Augen des Kardinals weiteten sich in gekünstelter Überraschung. "Oh... Du würdest der Familie Appiani einen schändlichen Mord an einer armen Waise zutrauen?"

Valerio ließ sich nicht auf Vincenzos provozierende Worte ein. "In den Sümpfen holt man sich das Fieber von selbst", erklärte er. "Und die Pest flammt allerorts wieder auf. Man kann einen ungeliebten Familienangehörigen jederzeit... sterben lassen, wenn man will. Es gibt Unfälle. Krankheiten. Gift und bezahlte Mörder. Sie war in Gefahr. Und klug genug, diese klar zu sehen."

"Nun... lasst uns nicht abschweifen. Es geht nicht darum, ob sie gerne ins Kloster gegangen ist, sie hat es jedenfalls aus freien..."

"Sie hatte keine Wahl! Es geschah unter Zwang, demnach war sie gar keine Novizin! Man verweigerte ihr die Auszahlung des Erbes ihres Vaters, also hatte sie keine Mitgift. Sie hätte nicht heiraten können, um dem Kloster zu entgehen, noch konnte sie unverheiratet bei ihrer Familie bleiben, denn da duldete man sie nicht weiter. Man hat ihr den Platz im Kloster mit ihrem eigenen Geld erkauft und hat sich ihrer entledigt. Wie man einen Sack drittklassiger Schafwolle los wird, bevor er zu schimmeln beginnt und die bessere Ware gleich mit verdirbt."

Der Kardinal hatte still zugehört. "Mancher mag es für löblich halten, wie du dich für sie einsetzt, Valerio Colleone", flötete er und warf seinem Neffen einen amüsierten Blick zu. "Ich an deiner Stelle würde vorsichtig sein, denn das macht es nun nicht besser für sie oder dich."
Er hielt der verächtlichen Miene seines Gefangenen stand, seine Augen lagen fragend auf ihm, als wüsste er sich keinen Rat mit ihm. Valerio konnte das Zittern seiner Beine nicht mehr mehr verbergen; Vincenzo schien es zu bemerken. Er trat einen Schritt von ihm zurück, sein Blick glitt an ihm hinunter. Lächelnd schüttelte er den Kopf. Die Arme vor der Brust verschränkend seufzte er schließlich auf. Sein Ton, mit dem er weiter sprach, ließ Valerio das Gesicht abwenden. Vincenzo belehrte ihn wie ein Schulmeister seinen einfältigen Schüler.
"Wäre es so, wie du sagst, dann hätte sie sich das Noviziat und die Profess unter Vortäuschung eines in Wirklichkeit aber nicht vorhandenen Interesses am Gottesdienst erschlichen und die Vorteile, die das Kloster ihr bot, schamlos ausgenutzt. Der Antritt eines Noviziats geschieht grundsätzlich aus freiem Willen. Anders kann es nach den Regeln gar nicht sein. Indem sie die Novizentracht annahm, sich von der Gemeinschaft aufnehmen ließ und die Vorzüge und Angebote des Ordens für sich nutzte, hat sie zugestimmt."
Er hob jetzt die Stimme, seine Worte polterten durch den kahlen Raum. "Das will ich freiwillig nennen! Somit schuldete sie dem Orden Gehorsam und die Einhaltung aller Gebote. Und letztlich hat sie sogar das Gelübde abgelegt und Gott und der Äbtissin Treue und Gehorsam bis an ihr Lebensende geschworen. Auch Keuschheit. Und das alles, während du mit ihr verkehrtest. Du weißt, dass auch der Verkehr mit einer unverheirateten Frau, die nicht Novizin ist, als Ehebruch gilt - solange nicht die Absicht besteht, sie sofort zu ehelichen. Unzucht beleidigt die Gesetze des Herrn und somit die Ehe an sich, die als heilig gilt. Schlimm genug also, wenn es das wäre. Aber ausgerechnet eine Novizin!"

Er hatte sich vorgenommen sich nicht auf ein Kräftemessen einzulassen. Aber die verdrehte Darstellung der Verhältnisse ließ die Wut in ihm hochkochen.
"Wir konnten nicht heiraten! Wir durften nicht, sie...das Kloster hatte Geld von ihrer Familie angenommen. Es wäre zurück verlangt worden, wenn sie das Kloster verlassen hätte. Bonifatia Agostina brauchte dieses Geld für die Erneuerung der Novizenschule und die Auszahlung der Familien der Novizinnen, die bei dem Einsturz der Schule getötet worden waren! Dein ehrenwerter Neffe wird dir sicher auch davon detailgetreu berichtet haben. Sie war von allen Seiten gebunden und konnte keine eigenen Entscheidungen treffen."

Mit bissiger Freude bemerkte er, wie Clemente bei der schlichten Anrede, die er für ihn und seinen Onkel, den Kardinalinquisitor, verwendet hatte, zusammenzuckte. In diesem Kellerloch gab es keine verdienten Würdenträger, niemanden, dem er Ehre und Respekt aus Prinzip erboten hätte. Sie würden ihn nicht schonen, das stand fest; keine höfliche Anrede hätte irgendetwas daran geändert. Es ging um Macht und Reichtum für beide. Bis zum Ende ihrer Tage und darüber hinaus, wenn sie sich nicht dumm anstellten. Er war nur ein Mittel auf ihrem Weg, nicht mehr. Ein Mittel, das sie hier nun zu präparieren versuchten.

Vincenzo wandte sich in den Raum und wies auf den Lehnstuhl, den man zusammen mit dem Pult des Schreibers für ihn herein gebracht hatte. "Setz dich, Neffe, und iss etwas. Das hier wird länger dauern. Dein Valerio ist störrisch wie ein Esel am Berg, wie du siehst. Dabei beginnen wir erst."

Dein Valerio... Er hob nur leicht die Brauen und sah Clemente fragend an. Verlegen wich der Priester seinem Blick aus. Er schien froh, sich in diesem Moment abwenden zu können, um bei Erasmo Platz zu nehmen.

Der Kardinal begann unruhig zwischen Valerio und den anderen beiden Männern auf und ab zu wandern. Er dachte angestrengt nach, man sah es ihm am Hinterkopf an. Wann immer er ihm den Rücken zuwandte, schien er Blicke mit seinem Neffen auszutauschen. Am Gesicht des jungen Priesters ließ sich ablesen, welcher Art die Signale waren, die sein Onkel ihm heimlich vermittelte. Es war, als hätten sie noch ein Ass im Ärmel. Eine Karte, die gleich ausgespielt werden sollte.

Aber auch in Valerio ging etwas vor; was er ganz plötzlich verspürte, ließ Hoffnung aufkeimen. Freude und Erleichterung strömten durch ihn hindurch und lösten die verzweifelte Spannung. Während er Kleiderrascheln und Atmen und selbst das Trippeln einer Maus, die über den Boden huschte, in allen Details zu hören begann, legte sich - wie die Schuppen einer Schlange - eine kühle und überlegene äußere Ruhe um ihn: kontrolliert und dicht, verbergend, was gesehen und gedeutet werden könnte. Er begrüßte seine alte Selbstbeherrschung und die wachen Sinne, die zu ihm zurück kehrten, mit unbändiger Freude. Dieser Becher Wein aus der Hand des Inquisitors... es war nicht allzu viel gewesen. Aber zusammen mit dem halben Krug vom Vorabend hatte er offenbar den Verfall und dessen dramatische Prozesse zum Stillstand gebracht. Das Rad begann sich rückwärts zu drehen. Die graue Zone war beinahe überwunden.

Vincenzo kam jetzt zurück und schritt geradewegs auf ihn zu. Sein Anblick provozierte Valerios Lust, ihm an die Kehle zu gehen. Alles, was dieser Mann ihm während der letzten zwei Wochen angetan hatte, stand ihm plötzlich in schreienden Bildern vor Augen. Einen Moment lang sahen sie einander an und er befürchtete, der Kardinal hätte die Veränderung an ihm bemerkt. Vincenzo streifte Valerios Blick jedoch nur, dann sah er zur Hand hinauf, als prüfte er ihren Zustand.

"Caterina Appiani... wollte also nicht ins Kloster und man zwang sie aber und gab dem Orden Geld dafür", sagte er leise und in seinen Worten schwang purer Spott. "Und ihr begingt keinen Ehebruch, da es Liebe war und sie ja nichts dafür konnte, dass sie Nonne werden musste." Er lachte in sich hinein. Dann jedoch fiel die Heiterkeit urplötzlich von ihm ab, sein Gesicht wurde hart wie Stein. "Wie überaus rührend."

"Für Unmoral und Ehebruch sind wir bereits bestraft", entgegnete Valerio knapp. "Sie wurde auf Pilgerfahrt geschickt und ich habe meinen Posten als Medicus und Lehrer und auch meine Heimatstadt verlassen. Ich hatte zusagen müssen, niemals zurück zu kehren. Das habe ich gehalten."

Sehr nahe trat Vincenzo nun an ihn heran. Einen Augenblick lang kroch die graue Energie, in der sein Wille enthalten war, über sein Gesicht, er spürte den unmittelbaren Drang des Inquisitors, ihn auszupressen, das benötigte Geständnis notfalls mit scharfer Klinge aus ihm heraus zu schneiden... dann verschwand der Eindruck.

"Mich interessiert nicht, was du vermieden hast, Magier", flüsterte er. "Ich will hören, was du getan hast." Er sah ihm tief in die Augen, als glaubte er darin zu finden, wonach er suchte. "Erzähle mir... von dem Pakt."

Valerio erschrak. Was... was konnte Vincenzo davon wissen! Seine Verwandlung... das Tier... der Pakt. Wie konnte es sein, dass er über den Fluch seines Lebens Bescheid wusste!

"Also?"

Die Augen des Inquisitors waren steingrau. Die Flammen der Fackeln zuckten darin.

Valerio musste die Spannung anzusehen sein. Alles in ihm mobilisierte sich für den Kampf. Er spürte, wie sich sein Magen zusammen zog, wie es in seiner Brust pulsierte. Was geschah nun? Wie und wann hatte er sich so sehr verraten, ohne es zu bemerken?

Erasmo hatte aufgehört zu schreiben, Clemente ließ die Hand, die einen angebissenen Apfel hielt, auf den Tisch sinken und starrte gebannt zu ihnen herüber. Die Stille war zu laut, schmerzhaft pochte sie in Valerios Ohren. Schwindel erfasste ihn, er hatte plötzlich Durst; das waren nur die Anpassungsschwierigkeiten, er hatte das bereits zweimal durchgemacht. Er musste sich beherrschen, Geduld haben.

"Du verstehst die Frage nicht?"

Er schob seine Füße so weit zusammen, wie die Fußeisen und Ketten es erlaubten. Er brauchte einen festen Stand. Sein Atem strömte flach, das Rauschen in den Ohren wurde lauter, die Augen tasteten den Raum ab. Erasmo und Clemente hinten am Tisch... sechs Meter. Vier bis zum Ausgang. Er sammelte seine Energie und schickte sie gegen die schwere Eichentür. Sie durchdrang das Holz, er weitete sie aus, ließ sie den Gang abtasten... Ein Wächter da draußen. Lanze und Dolch. Unaufmerksam. Hungrig. In der Nische der Tisch... Dasio, betrunken. Der Gang... schien nicht frei. Zwei, nein, drei weitere Männer vor der Treppe. Zu viele Waffen, ein schlechter Zeitpunkt. Und er musste das Protokoll vernichten. Es durfte niemandem in die Hände fallen.

"Also? Was ist mit dem Pakt?"
Der Kardinal fixierte ihn noch einige Sekunden länger, dann wandte er sich nach hinten.
"Clemente! Sei so gut und hilf der Erinnerung unseres Delinquenten auf die Füße."

Sie wussten von seinem vampirischen Leben. Warum war ausgerechnet dies nun Clementes Part? Hatte er Valerio etwa damals bis nach Rom verfolgt - wie konnte er in jener Zeit beobachtet worden sein, ohne es zu bemerken?

Der Priester stand nicht auf. Er blieb bei Erasmo sitzen, der Valerio unentwegt anstarrte, umfasste weiterhin seinen Apfel, drehte ihn in der Hand. Valerio spürte es deutlich, Clemente fürchtete ihn. So sehr, dass er sich seinem Onkel zu widersetzen wagte. Aber er sprach jetzt. Mit zitternder Stimme, als würde man ihm gleich den Kopf abreißen.

"Hochwürden meint den Hexenpakt. Die... Verbindung, die Euch... Eure besonderen Kräfte beschert hat."
Fragend, unsicher war der Blick, den er seinem Onkel zuwarf.

Valerio war irritiert. "Welcher Art sollte dieser Pakt sein? Es gibt keinen. Und welche Kräfte sollte ich dadurch gewonnen haben?"

Der Inquisitor zischte in unterdrückter Ungeduld durch die Zähne. "Himmel, dass du so stur bist! Du solltest mein Angebot nutzen und gestehen, bevor ich dich weiterer Tortur unterziehe. Mein Neffe hat solchen Dingen noch nicht beigewohnt, ich könnte die Gelegenheit nutzen, ihm eine lehrreiche Einführung in die Welt der Wahrheitsfindung zu geben. Vielleicht möchte er sich an dir ausprobieren."

Valerio ignorierte die Drohung. Er wollte eine Antwort. "Es gibt also einen Pakt? Mit wem? Und wie sollte dieser zustande gekommen sein? Erklärt es mir!"

Er pokerte hoch, aber vielleicht nicht höher als Vincenzo Grassi. Wenn Clemente etwas wusste oder gesehen hatte, musste er wissen, was. Es war ein Risiko, seine wachsenden Kräfte jetzt bereits einzusetzen. Aber wenn man das Geheimnis um sein Leben, seine Verwandlung aufgedeckt hatte, musste er sofort fliehen, notfalls ohne das Protokoll vernichtet zu haben. Bisher stand kaum Wesentliches darin; erst die Dinge, die hier nun zutage kamen, würden die Menschen seiner Vergangenheit in Gefahr bringen.

Die Hand des Kardinals, die Geste, die nun mit Bestimmtheit sprach und keine Verweigerung duldete, ließ seinen Neffen zögernd aufstehen. Mit langsamen Schritten kam Clemente zu ihnen herüber. Er vermied jeden Blick in Valerios Gesicht.

"Sprich laut, mein Sohn, dass der Schreiber es hören kann. Und fürchte dich nicht. Gott führt dir Schild und Schwert, wann immer du den Streich gegen die dämonischen Schlangen führst." Er legte Clemente die Hand auf die Schulter, schob ihn einen Schritt näher an Valerio heran. "Er kann dir nichts tun. Hände und Füße liegen in starken Eisen. Solange ich ihn hier bei mir habe, hat er sich daraus nicht befreien können." Der Blick aus eisgrauen Augen, mit dem der Inquisitor ihn taxierte, schwemmte Valerios Selbstbeherrschung in einer Flut von Abscheu und Verachtung davon. "Dies ist die größte Aufgabe deines Lebens und eines Priesters würdig", schnarrte Vincenzo. "Der Dank der christlichen Welt, der heiligen Kirche und unseres Herrn werden dir sicher sein."

Clemente richtete sich auf und nahm die Schultern zurück, seine Brust straffte sich. Den Kopf erhoben hielt er Valerios Blick stand, während rote Flecken auf seinen Wangen erschienen. In Nachahmung der Haltung seines Onkels verschränkte er die Arme und stellte die Beine weiter auseinander.
"Es... geht um das Bündnis", begann er und bemühte sich hörbar um eine feste Stimme. "Wir wissen davon." Seine Augen huschten Bestätigung suchend zu seinem Onkel hinüber. "Leugnen und Lügen ist also zwecklos."
Kaum konnte Valerio sich auf die Worte des jungen Priesters konzentrieren, so sehr irritierte ihn, wie dieser die Haltung des Kardinals imitierte. Als Clemente fortfuhr, schien sich das Zittern in seiner Stimme verflüchtigt zu haben - er sprach nun mit beinahe fanatischer Überzeugung.
"Du hast deine dunkle Macht, die dich unter anderem zu dem Mord an dem jungen Floriano befähigt hat, durch ein Ritual erhalten, und das geschah..."

Wie absurd war das? Hatten die beiden Kirchenmänner denn nichts Ernsteres anzubieten?
"Ein Ritual!" Valerio lachte laut auf. "Welches sollte das sein? Ich kann mich an keines erinnern, das mir dunkle Kräfte verliehen hätte. Der Junge ist an seinen schweren Verletzungen gestorben. Ich bin kein Zauberer."

"Genug jetzt!" Vincenzos Ruf prallte gegen die feuchten Wände. Ein bleicher Zeigefinger bohrte sich in Valerios Brustbein. "Du hast dich auf einen Pakt mit der Zauberin Caterina Appiani eingelassen. Die Unselige hat dich verhext, gib es zu! Es gab ein Ritual, bei dem du anwesend warst. Da hat sie dir ihre teuflischen Kräfte übertragen in einem Akt, den ich hier aus Respekt vor dieser Stätte frommen Glaubens nicht näher beschreiben will. Mein Neffe hat es aber gesehen, von Anfang bis Ende, er war Zeuge in jener Nacht. Allein dabei zuzusehen hat ihn beinahe seine Seele gekostet. Einen heidnischen Kult habt ihr betrieben und ihn mehrmals besiegelt. Ich selbst bin heute Zeuge der teuflischen Wirkung dieses Zaubers geworden. Mit deinem Auftreten und einem Engelsgesicht hast du versucht mich für deine bösen Machenschaften zu gewinnen, an meinem Pferd hast du deine dunkle Magie verübt und an der schnellen Heilung deines Körpers verrät sich dein dämonisches Wesen. Mit heimtückischer List hast du den Mönch Crispino für die dunkle Seite gewonnen, so dass er Mitleid hatte, dich pflegte und so verblendet war, dass er bezüglich deiner schnellen Heilung an ein Wunder glaubte. Er wird sich vor Gottes Gericht von dir lossagen müssen, wenn er sein Seelenheil retten will."

Valerio hatte die Augen geschlossen. Den Hinterkopf an die Wand gelehnt hörte er stumm zu, was man ihm vorwarf. Als Vincenzo geendet hatte, stieß er den angehaltenen Atem durch die Nase aus, öffnete langsam die Augen. Er sah dem Inquisitor ins Gesicht, bis Tränen ihm den Blick verschleierten. Fassungslosigkeit und Schmerz schnürten ihm den Hals zu, als er sprach.

"Was... dein Neffe gesehen hat, war... unsere Hochzeitsnacht. Unsere Hochzeit. Ohne Priester und Kirche, ohne Gäste und Verwandte. Nur sie und ich allein, dazu das Feuer, der Mond und der Frühling, die Musik in unseren Herzen. Es war... ein alter Brauch aus ihrer Heimat, den sie mir zeigte. Wir haben... nichts Böses getan. Die einzige Magie, der einzige Zauber in dieser Nacht lag in den Sternen über uns und in... unseren Seelen." Er sah jetzt Clemente an. "Es war Liebe. Es war unsere ganz eigene Vermählung, die Feier unserer menschlichen Begegnung, ein Versprechen. Weil uns alles, was andere Liebende hatten, verwehrt war. Sie hat ihr Herz, ihre Hand, ihre Seele, ihren Körper niemals irgendjemand anders geschenkt. Keinem Gott und keinem Dämon. Nur... dem Tölpel von Assisi. Dem jungen Mann, der nicht anders konnte als sie zu lieben, vom ersten Augenblick an." Er schüttelte eine Haarsträhne aus dem Gesicht, sie klebte an der Tränenspur auf seiner Wange. "Sie hat mich nicht verhext. Sie ist keine Magierin. Sie ist tatsächlich so... zauberhaft. Und das wisst Ihr, Clemente, wenn ihr sie gesehen habt."
Er wandte sich an Vincenzo. "Das Böse besteht allein in Eurer Fantasie, Hochwürden. In Eurer Angst vor dämonischen Mächten und ewiger Verdammnis sucht ihr nach dem Dunklen in den Menschen, um es an ihnen zu bekämpfen, wieder und wieder, bis ihr aus der Welt ein Schlachtfeld gemacht habt. Anstatt Euch vor den Spiegel zu stellen und das Böse in euch selbst anzusehen." Seine tränenerstickte Stimme gab nur noch ein heiseres Flüstern her. "Ihr... seid zu dem geworden, was Ihr am meisten fürchtet. Ihr bergt die Hölle in Euch."

Eine ganze Weile starrte der Kardinal ihn nur an, dann ging sein Blick zu Clemente hinüber, der betroffen auf den Boden sah. In seinem Kopfschütteln über seinen feigen Neffen lagen Tadel und Härte. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, rief er mit harter Stimme durch den Raum: "Schreibt, Erasmo! Der Delinquent... hat das teuflische Ritual..., an dem Caterina Appiani und er selbst... beteiligt waren... in vollem Umfang... gestanden."
Er klatschte in die Hände. "Wache, öffnet die Tür. Führt den Geständigen ab. Er soll bis heute Nacht darüber nachdenken, ob er sich schuldig bekennen und den bösen Mächten abschwören will. Und du, Schreiber, lässt dir von meinem Neffen den genauen Hergang diktieren." Sein Blick verengte sich, als er sich zu Valerio zurück wandte. "Und ich will jedes Detail, lasst nichts aus!" Er winkte ungehalten mit der Hand. "Aber macht das oben im Saal. Hier ist es zu feucht und dunkel. Ich habe jetzt anderes zu tun."

Die Tür wurde aufgestoßen und drei Männer packten Valerio und lösten ihn von den Fesseln. Mit allem Widerstand, den er riskieren konnte, stemmte er sich gegen die Wachen. "Ihr seid wahnsinnig", brüllte er Vincenzo entgegen. "Das ist eine Lüge! Es gibt kein..."

Langsam wandte der Inquisitor sich zu ihm um. Valerio wurde still. Er erhoffte sich eine Minute mehr, eine geringste Chance, ihn zu überzeugen, dass alles ganz anders lag. Vincenzo fixierte ihn, dann nickte er langsam. Seine Augen waren kalt wie Eis.
"Willst du wissen, was aus ihr geworden ist?"

Die Worte ließen Valerio erstarren. Erschrocken sah er Vincenzo an, suchte im Gesicht des Inquisitors nach Hinweisen, dass er ihn jetzt nicht belog. Wusste er tatsächlich, was mit ihr geschehen war?
"Sie ist...", stotterte er schließlich, "...sie war auf Pilgerfahrt. Geschickt vom Abt, nach Santiago de Compostela. Nach Spanien. Zusammen mit achtundzwanzig anderen." Seine Stimme zitterte. "Zehn... zehn Wochen oder mehr. Und dann wieder zurück. Sie ist... auf dem Weg nach Assisi... gestorben an... einem Fieber? Sagt es mir! War es das? Ein Fieber?"

Der Inquisitor sah ihm in die Augen. Sein Lächeln ließ an ein Reptil denken. Es war offensichtlich, wie sehr er diesen Moment genoss.
"Nein, kein Fieber", erklärte er schließlich. "Caterina ist niemals nach Santiago de Compostela gegangen. Sie wurde auf die kleine Pilgerroute nach Rom geschickt." Er erhob die Stimme. "In weiser Voraussicht. Damit ihr Liebster ihr nicht folgt."

"Nach Rom? Aber... da war ich auch! Ich bin nach Rom gegangen!"

"Ja. Und wie du weißt, verläuft die Pilgerstrecke Florenz, Assisi, Rom durch die Schlucht unterhalb meiner Festung." Er beobachtete Valerios erschrockene Reaktion mit wässrigem Blick. "In Rom... ist Caterina Appiani niemals angekommen."

"Das... das kann nicht sein! Du Teufel!"

Vincenzo lächelte wieder. "Solche Titel möchte ich mir verbitten. Wir alle müssen unsere Pflicht tun..."

"Was hast du ihr angetan! Sag es  mir! Was... was ist mit ihr geschehen!"

Der Kardinal blieb  vollkommen ruhig. "Das will ich dir erklären. Der Zufall wollte es, dass die Mönche, die die Pilger anführten und mit der Strecke vertraut waren, in meiner Festung um Herberge für die Nacht baten. Es war ein Unwetter, es regnete in Strömen und die Schlucht war voller Schlamm."
Valerio spürte Steine in seinem Magen. Er ertrug es kaum den Kardinal bei seinen Ausführungen ansehen zu müssen, und doch hing er an seinen Lippen, als er weitersprach.
"Zwei Tage lang gewährte ich ihnen Speise und Unterkunft, wie es sich gebührt. Und da ist sie... nun, sagen wir, durch ihre seltsame Art aufgefallen. Die roten Haare... die Augen... diese ungewöhnlich feste Art für ein Weib in so jungem Alter... Einer meinte, sie würde die Leute verhexen. Unruhe in die Reisegemeinschaft bringen. Das Unwetter - sie sollte es gerufen haben, damit sie nicht weiter ziehen konnten. Da musste ich mich der Sache annehmen."

"Das... du lügst! Das ist gelogen, es ist nicht wahr! Sie ist nicht hier gewesen, sie kann nicht..."

Die Stimme des Kardinals erhob sich hart über seine Worte.
"Oh doch, sie ist. Und sie kann! Das darfst du mir glauben, mein Sohn. Und sie hat geschrien und gebettelt, als ich ihr ein Geständnis nach dem anderen abpresste. Bis sie am Ende dich benannte. Als einen, den sie behext und dem sie ihre Zauberkräfte verliehen hat."

"Du hast sie... du... das ist gelogen!"

"Nein, ist es nicht." Vincenzo trat nahe an ihn heran, die Wachen packten ihn fester. "Es ist die Wahrheit. Sie hat dich verraten und benannt und ihre arme Seele ist im Feuer geläutert worden. Nach mehr als zwei Monaten in meinem Kerker hat sie alles gestanden. Ich bin im Besitz des Protokolls und sie selbst ist Zeugin für euren Frevel geworden. Und für das, was sie dir vermacht hat. Ganz Assisi weiß es jetzt, man erzählt es in allen Gassen. Aber vor einem Jahr war es noch nicht bis in den Norden vorgedrungen. Sie hat dich verraten, Valerio Colleone. Um ihr Strafmaß zu mildern. Wir haben sie erhängt, bevor sie ins Feuer kam. Sie hatte es sich verdient." Er schüttelte den Kopf. "Und wie tragisch und schön zugleich, dass uns nun auch der Geliebte und Komplize dieser Hexe in die Arme gelaufen ist. Wenn mein Neffe, der Zeuge Eurer unguten Verbindung war, mit meinem Schreiber das Protokoll vervollständigt hat, wird es dir verlesen. Dein eigenhändig geschriebener Name unter alles, und dein Leiden ist vorbei. So wie ihres." Einen Augenblick zögerte er. "Um sie fand ich es bereits ein wenig... schade. Dich hätte ich ich sehr gerne hier behalten."
Er gab den Wachen ein Zeichen. Sie zerrten Valerio zur Tür.

Reiß ihnen den Hals auf, Engel. Stärke dich mit ihrem Blut und du bist frei.

"Nein! Das unterschreibe ich nicht! Das ist alles Lüge! Du lügst! Sie war niemals hier!"

Vincenzo verweigerte ihm jedes weitere Wort. Mit hochgezogenen Brauen wandte er sich ab. Valerio trat um sich und brüllte, er tobte und warf sich gegen die Männer, aber es war vergeblich. Ein weiterer Wächter kam herein. Er trat hinter ihn und zog seinen Kopf grob an den Haaren zurück. Man legte ihm den Eisenring um den Hals und befestigte die Stangen daran. Zu dritt schoben sie ihn vor sich her und in den Gang hinaus.

Ende Teil 174



Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro