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(12/0) Über dem Abgrund

Überrascht blieb er stehen. Jemand hatte vorne am Altar Kerzen entzündet. Ihre Flammen duckten sich in der Zugluft, bis er lautlos die Tür hinter sich schloss.

Die warme und einladende Atmosphäre tat ihm weh. Er hatte Dunkelheit erwartet. Dunkelheit und Kälte, die zu seiner elenden Stimmung passten. Sicher - auch er hätte Licht machen müssen, er konnte hier ja schlecht in völliger Dunkelheit stehen. Aber der Schein der bereits brennenden Kerzen vermittelte ihm ein Gefühl, als sei er ein Eindringling, einer, der nicht hierher gehörte. Weil er so viel Blut, Schmerz und Gewalt mitbrachte! Und Wut! Hier war alles so unerträglich friedlich und still... als hätten diese Mauern noch nicht realisiert, das die Welt da draußen in den Abgrund gestürzt war. Er hatte die alles verschlingende Tiefe gesehen. Er passte nicht mehr in eine Welt, die tat, als sei alles in Ordnung. Dort oben Gott, hier unten die Menschen, die erwartungsvollen Gesichter zum Himmel gewendet, als könnte von dort Antwort kommen. Oder Hilfe.

Zögernd, leise, einen Fuß vor den anderen setzend bemühte er sich nicht gehört zu werden - Er wollte unerkannt wieder hinaus schleichen, sollte jemand hier sein. Es war aber niemand da, wie sich zeigte, als Valerio sich weiter in den Raum hinein wagte.

Viele Leute waren wegen des Unglücks hergekommen. Wahrscheinlich hatte man nicht nur in der Klosterkirche und in der Basilika des Heiligen Franziskus gebetet, sondern auch hier... Ein dunkles Tuch war achtlos über eine der wenigen schmalen Bänke geworfen worden, die zu beiden Seiten in den Schatten standen. Sonst war der Raum leer - bis auf mehrere kleine und zwei große Statuen; die eine stellte die Jungfrau Maria dar, die andere den Heiligen Franziskus. Ein großes Kruzifix hing über dem schlichten Altar. Die kalkweiße Haut des Gekreuzigten schimmerte im Halblicht. Die Kerzen und Talglichter, die ihn von unten her beleuchteten, brachten dunkle Schatten auf dem geschnitzten Körper hervor. Es wirkte gespenstisch.

Valerio trat in die Mitte des länglichen Raumes. Es war so still hier mitten in der Nacht... natürlich! Was hatte er gedacht! Unsicher wagte er einen weiteren Blick zu dem hölzernen Jesus hinauf. Valerio hatte viel Zeit damit verbracht, sich Gedanken über seine Zweifel zu machen, was diesen Glauben betraf. Er kannte nur zwei, die ebenfalls nicht an den Gottvater im Himmel glaubten, aber die sprachen nicht darüber.

In dieser Stadt tauschte man sich nicht darüber aus, was man tatsächlich fühlte und dachte. Man bekannte sich eifrig - und das möglichst sichtbar und laut, man schwamm mit dem Strom, viele aus purer Überzeugung, andere aus Angst... oder man schwieg und verhielt sich so unauffällig wie möglich, damit sich die Kirche nicht darum kümmerte, die abtrünnige Seele zu bekehren. Denn wenn die Kirche befand, dass Bekehrung nötig war, gingen damit meistens Zwang und Strafe einher - In schwerwiegenden Fällen der Verweigerung und Leugnung gab es öffentliche Hinrichtungen. Diese geschahen nicht hier in Assisi, man wollte den hoffnungsvollen und glücklichen Geist der Stadt und seiner Menschen nicht verstören. Wer gerichtet werden sollte, wurde nach Rom gebracht.

Er starrte auf die Jesusfigur. Er hatte schon einige gesehen, und er wusste ja, dass diese den toten Jesus darstellten. Dennoch wünschte er sich nun, der Gekreuzigte möge die Augen öffnen und ihn ansehen. Er konnte nicht zu einer hölzernen Figur sprechen, wenn diese auch noch wirkte, als sähe und hörte sie ihn nicht. Die schwachen Lichtreflexe huschten über das starre Gesicht und hüllten es im nächsten Moment wieder in Schatten - die vermeintliche Bewegung auf seinem Gesicht ließ glauben, da sei Leben in diesen Zügen. Sie wandelten sich stetig, es schien, als zöge er Grimassen, entweder aus eigenem Schmerz oder um ihn zu verhöhnen. Er verspürte Abscheu gegen diese Figur. Es erschien ihm unmöglich, irgendwelche Worte an ihn zu richten.

Die Marienstatue in der linken Ecke der Kapelle wirkte freundlicher. Sie war eine Mutter - vielleicht lag es daran, dass er ihr mehr Vertrauen entgegen brachte als dem bleichen Gottessohn am Kreuz. Ihr blauer Mantel und das ruhige, sanfte Gesicht wurden von wenigen flachen Talglichtern erhellt, die zu ihren Füßen standen. Andere trugen das Jesuskind auf dem Arm, diese Maria war aber ohne Kind. Sie stand allein und mit nach vorne ausgestreckten Händen, gerade so, als wollte sie etwas geben oder entgegen nehmen.

Er näherte sich der Statue, betrachtete ihr Gesicht - und bevor er sich der aufkommenden Welle bewusst werden konnte, begann er haltlos zu schluchzen. Er blieb  stehen, wo er war, die letzten Schritte schaffte er nicht mehr. Er befürchtete sich restlos aufzulösen, wenn er in den Kreis des  warmen Lichts und unter ihren sanften Blick treten würde... Plötzlich sehnte er sich nach seiner Mutter, nach ihren Augen, die seinen ähnelten, nach ihrer sanften Stimme. Doch wie sollte er vor sie treten nach dieser Nacht? Der Druck und Schmerz, der sich in seinem Hals aufbaute, machte ihn sprachlos, seine Augen füllten sich mit Tränen und ließen den Raum verschwimmen, er rang nach Luft... bis es mit Gewalt aus ihm heraus brach.

"Warum", schrie er, "warum!" Und dann weinte er. Tonlos zuerst, seine Bauchmuskeln flatterten, verweigerten ihm jedes Einatmen... bis er mit einem langgezogenen, quälenden Ton endlich Luft in seine Lungen sog. Er wandte sich zum Kruzifix über dem Altar. "Warum hast du das gemacht", flüsterte er heiser und seine Stimme versagte beinahe. "Wie... wie kannst du das entscheiden!" In einer hilflosen Geste öffnete er die Arme und sah zu der Figur hinauf. Jesus antwortete nicht. Er lief die wenigen Schritte zum Altar hinüber und rammte seine Fäuste auf die Deckplatte nieder. "Antworte mir!" Der Tisch bebte.

Er brüllte auf und schlug noch einmal zu. "...Mach die Augen auf!" Er dachte an die Toten, an ihre geschlossenen Augen. "Mach die Augen auf! Sieh dir an, was du getan hast!" Er wies Richtung Tür. "Du hast deine Augen überall, ja? Dann sieh hin! Sie sind tot... Sie ist tot!" Er war außer sich, er schlug sich auf die Brust, hob ihm die Hände entgegen. "Hier!", schrie er. "Siehst du das Blut? Das ist ihr Blut, ich... ich habe das nicht gewollt! Ich habe alles versucht! Was hätte ich denn noch tun sollen, was!" Die Worte erstickten ihn beinahe. Die Luft blieb ihm weg - bis er erneut aufbrüllte, weit ausholte und den Altar leer fegte. Die Kerzen flogen durch den Raum, manche gingen aus, andere brannten auf dem Boden weiter. Eine irdene Schale zerplatzte auf den Steinen und der Kelch, der auf einem kleinen Sockel gestanden hatte, rollte scheppernd über den Boden, bis er an der gegenüber liegenden Wand aufgehalten wurde. Über dem leeren Tisch brach er weinend zusammen.

Den Kopf auf den Armen schluchzte und weinte er eine ganze Zeit lang, bis er vollkommen leer war. Irgendwann kam er wieder zu sich. Er horchte in sich hinein, in die Stille, die hinter ihm im Raum stand. Er war sich nicht sicher, ob er noch er selbst war. Langsam, sterbensmüde richtete er sich auf. Er warf einen letzten Blick zu dem bleichen Gesicht empor, dann wandte er sich ab. Taumelnd, zitternd atmend, stand er in der Mitte des freien Platzes, ratlos, wohin er sich wenden sollte.

Später hätte er nicht sagen können, welcher Art das Geräusch war, das ihn schließlich aus seinen dumpfen Tiefen aufschreckte - es war undefinierbar. Es konnte ein Stein sein, der durch einen Fuß einen Moment lang ins Rollen gekommen war, aber er war sich nicht sicher. Was er in diesem Augenblick sicher spürte, war, dass er nicht allein war.

Erschrocken und verwundert wandte er sich den Schatten zu, die ringsum lagen, versuchte sie zu durchdringen. Ihm war schwindelig. Seine Augen hatten sich zu lange im Dunkel der Ruine angestrengt, um ihm jetzt noch gute Dienste zu leisten. Auch war ihm nach seinem Wutanfall nur das wenige Licht bei der Marienstatue geblieben.

Doch er sah sie nun. Er sah, wie sie einen, zwei Schritte aus dem Dunkel der Wände heraus trat. Dann blieb sie stehen. Ihr Blick wanderte an ihm hinunter, blieb an seinen blutigen Hosenbeinen hängen, dann glitt er wieder hinauf bis in sein Gesicht. Erschrocken, erschüttert.

Aus seiner rauen Kehle kam ein einzelner erstickter Ton, als er sie erkannte... und langsam verstand, dass sie real war.

Ende Teil 94

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