12. Kapitel
Mit großen, festen Schritten mache ich mich auf den Weg quer über die Lichtung zum Gehöft und ziehe Teresa nicht gerade sanft hinter mir her, was mir in diesem Moment jedoch ziemlich egal ist. Enorme Wut kocht in mir hoch und ich kann spüren, wie meine Körpertemperatur um ein Minimum ansteigt. Diese Stümper von Anführer können aber was erleben!
Als ich die Tür auftrete und mit versteinertem Gesichtsausdruck eintrete, drehen sich alle Köpfe gleichzeitig zu mir um und starren mich überrascht an. Newt und Alby stehen auf der anderen Seite des Raumes inmitten der anderen Hüter. Allem Anschein nach wird hier gerade eine Versammlung abgehalten.
Eine perfektere Gelegenheit hätte ich mir gar nicht wünschen können.
„Janette, was...", beginnt Newt und verstummt, als er Teresa hinter mir entdeckt. Seine Augen weiten sich vor Schreck.
Wortlos löse ich meinen Griff um Teresas Handgelenk, schlängele mich durch die anderen Lichter direkt auf Newt zu und bleibe direkt vor seiner Nase stehen. Meine Augen verengen sich zu Schlitzen und ich verschränke die Arme vor der Brust. Newts Schläfen beginnen leicht zu glänzen.
„Janette, ich kann das erklären, ich..."
Klatsch.
Verdattert fasst Newt sich an die Wange, wo sich ganz langsam ein roter Striemen ausbreitet und eine etwas lila gehaltene Farbe annimmt.
„Ich brauche keine ERKLÄRUNG", zische ich, „sondern die verdammte WAHRHEIT, STRUNK!"
Erst wird sein Gesichtsausdruck zornig, und ich rechne schon fest damit, dass er mir eine bittere Antwort entgegenschleudert. Sofort wurden meine Wangen heiß vor Wut. Ich hatte diese ganzen Spinnereien satt. Ist es nicht genug, dass wir auf dieser verdammten Lichtung festsitzen? Müssen wir uns wirklich noch gegenseitig anlügen? Doch genau in dem Moment, als ich gerade meinen Mund aufmachen und ihm das Wort abschneiden will, entspannen sich Newts Gesichtszüge und sein Blick wird traurig.
Augenblicklich fällt auch meine Wut in sich zusammen und machte gewaltiger Verwirrung platz. Was zum Geier...?
„Du hast Recht. Wir hätten dich nicht anlügen sollen. Ich hätte dich nicht anlügen sollen."
Die Überraschung muss mir ins Gesicht geschrieben stehen, denn Newt muss schmunzeln, als er seinen Blick hebt und mich ansieht. „Leute, gebt Janette und mir ein paar Minuten. Wir können gleich alles weiter besprechen."
Langsam erheben sich die restlichen Lichter. „Ach, und jeder der beim Lauschen erwischt wird kommt für eine Woche in den Bau."
Jetzt rennen sie alle. Naja, bis auf Teresa. Die steht immernoch ein bisschen verloren im Türrahmen.
„Ähm, Newt, eine Sekunde", sage ich zögernd und ging zu ihr herüber. Verlegen kratze ich mich im Nacken.
„Tut mir leid, dass das jetzt alles so drunter und drüber läuft. Ähm, weißt du, wo die Scheunen liegen?"
Teresa schüttelt den Kopf. Ihre fettigen schwarzen Haare sind steif vor Trockenheit, und ehrlich gesagt riecht sie auch nicht sonderlich nach Rosen.
„Okay, dann...kennst du Thomas?"
Jetzt nickt sie so heftig wie ein Steh-auf-Männchen. Ich kann mir so gerade noch ein Grinsen verkneifen.
„Also, geh zu ihm und lass dich von ihm zu den Scheunen führen. Ganz hinten liegt meine private Dusche. Du kannst dort alles benutzen was du möchtest. Hier ist der Schlüssel. Aber lass Tommy draußen", witzele ich und zwinkere ihr zu. Teresa wurde etwas rot, nickte aber. „Bis nachher. Und danke."
„Keine Ursache. Eh, ich geh dann mal..."
Jetzt ist Teresa an der Reihe, zu grinsen. Ich verdrehe nur lachend die Augen, bevor ich mich wieder zu Newt umwandte.
„Also...wo waren wir stehen geblieben?", fragte er zögernd.
„Bei der Wahrheit", entgegne ich und verschränke meine Arme vor der Brust. Der Überraschungseffekt war längst verflogen. Pech für Newt.
„Nun ja, also...Teresa, so heißt das Mädchen, ist etwa drei Tage vor dir in der Box hochgekommen. Sie war bewusstlos, doch kaum als sie aufgewacht ist, hat sie uns mit allem möglichen Zeugs beworfen...Thomas konnte sie zwar beruhigen, doch im Endeffekt mussten wir sie dann trotzdem einsperren."
„'Mussten'? Was heißt hier bitte 'Mussten'?! Ihr musstet gar nichts! Ihr hättet sie einfach von Anfang an normal behandeln sollen!"
„Hör mal, Janette, ich weiß, wir haben alle einen Fehler gemacht. Aber jetzt ist sie ja frei, und wir werden sie auch nicht mehr zurück in den Bau stecken. Versprochen, okay?"
Ich atmete tief durch und schloss die Augen. „Okay. Aber keine solchen Aktionen mehr. Keine Lügen mehr. Ich möchte alles wissen, was mich betrifft. Vor allem in punkto Brandanschlag."
Newt nickte. „Ich verspreche dir, dass du alles erfahren wirst. Warum bleibst du nicht gleich hier und hörst bei der Versammlung zu? Ein guter Zeitpunkt, um reinen Tisch zu machen."
„Nein, danke. Ich habe jemanden, um den ich mich kümmern muss", entgegnete ich kühl. Newts Gesicht blieb ausdruckslos.
„Okay. Na dann, bis heute Abend."
„Ja, bis dann."
Als ich das Gehöft wieder verlies und mich auf den Weg zur Dusche machte, lag mir ein riesiger Stein im Magen. Wut vermischte sich mit Schuldgefühlen und Herzklopfen, und ließ meine arme, kleine Seele ganz allein zurück.
Was verliebt sich so eine dumme, kleine Pute wie ich auch in den zweiten Anführer.
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