Es ist noch dunkel, als das Mädchen aus dem Auto aussteigt. Von hier aus sind es nur noch wenige Meter, die es zur Schule gehen muss. Sie mag die Schule, denn dort bekommt sie sehr wichtige Dinge beigebracht. Aber die Pausen mag sie nicht, denn dort ist sie immer alleine. Als sie ihr Klassenzimmer erreicht, sind schon einige Leute da. Sie lachen und scherzen, begrüßen sich und reden fröhlich miteinander. Das Mädchen geht vorbei, an den ganzen Leuten, doch niemand nimmt sie wahr; nimmt sich die Zeit „Hallo“ zu sagen. Also setzt sich das Mädchen auf ihren Platz und beginnt zu malen; ist ein Stillleben inmitten der lachenden und sich bewegenden Welt. Etwas zieht sich in ihrem Herzen zusammen, wenn sie das Leben um sich herum beobachtet, an dem sie schon lange nicht mehr teilhaben kann. Doch dann schüttelt sie den Kopf. Heute ist kein Tag zum Trübsal blasen. Die Lehrerin kommt rein und Ruhe kehrt ein in den kleinen Raum. In ihrer Hand hält sie ein Buch und in dem Bauch von Mädchen breitet sich ein Kribbeln aus. Eine gespannte Erwartung, an das was kommt. Die Lehrerin macht das Zeichen dafür, dass alle in einen Kreis kommen sollen. Der Teppich fühlt sich weich an, als das Mädchen sich setzt. Hier ist ihr Lieblingsplatz in der ganzen Schule: Auf dem Teppich, umgeben von Büchern. Geschichten, in die sie eintauchen kann, wenn sie in ihrer eigenen Geschichte gerade keinen Platz findet. Neben den Regalen, mit den Büchern steht ein kleines Schränkchen auf dem ein Adventskranz platziert ist. Eine Kerze brennt und der Duft von Tannenadeln und Kerzenrauch liegt in der Luft. Die Lehrerin schlägt das Buch auf und für einen Moment schließt das Mädchen die Augen und konzentriert sich ganz auf das Gefühl in ihr drin. Doch dann öffnet sie die Augen schnell wieder, weil ein Knistern rechts neben ihr ertönt. Pfeffernüsse! Sie ist nicht ein so großer Fan von ihnen, aber sie mag das Gefühl das entsteht, wenn sie den Geschichten lauscht und dabei die Pfeffernüsse rumgehen. Während sie an der Pfeffernuss knabbert und sich ganz auf die Geschichte konzentriert, entsteht Weihnachten in ihr. Kein Weihnachtsmarkt mit bunten Lichtern, keine Geschenke unterm Tannenbaum, kein Glanz und Gloria und Lichtertraum. Nein, das Gefühl nicht allein zu sein, von schützenden Händen geborgen zu werden und das Gefühl ein unausgesprochenes Geheimnis verstanden zu haben. Auch Jahre später noch, wenn das Mädchen sich zurückerinnert, kann es das Gefühl hervorrufen. Und Pfeffernüsse isst es immer mit einem Lächeln auf den Lippen.