In der Ecke sitzt ein blondes Mädchen mit Dreadlocks und Gitarre in der Hand. „Frieren deine Hände nicht?" Sie nickt. „Irgendwie muss ich ja Geld verdienen." Sie lacht laut und herzlich. Ich setze mich neben sie und frage, ob ich ihr ein paar Fragen stellen darf. „Schieß los." Sie grinst mich an.

„Bist du von hier?" „Nein, ich bin aus Berlin. Ich bin nur zum Studieren hier." Katha studiert seit zwei Jahren Biodiversität und Ökologie. Ich muss grinsen, denn das passt zu ihr. „Musik ist meine Leidenschaft." Als sie 6 war hat sie mit dem Gitarre Spielen begonnen. „Ich wollte unbedingt wie der Lieblingsmusiker meines Vaters spielen." Sie lacht wieder und spielt mir dann das Lieblinsglied ihres Vaters vor. „Heute kann ich es, aber leider zu spät. Mein Vater ist vor zehn Jahren gestorben." Sie ist sich aber sicher, dass ihr Vater jede Note, die sie spielt, hören kann. „Er ist immer bei mir, bei jedem Schritt, den ich gehe. Und er ist mächtig stolz auf mich."

Nach ihrem Abschluss möchte Katha in der Landwirtschaft tätig werden. „Vielleicht habe ich nicht ganz das richtige Fach gefunden, aber es hat zumindest in Teilen damit zu tun." Im festen Glauben daran, dass alles einen Sinn hat, verfolgt sie ihr Studium weiter. „Wenn ich diesen Weg nicht gehen sollte, wäre ich jetzt nicht hier." Ihr Lachen ertönt noch ein weiteres mal, bevor sie das nächste Lied anspielt.

Ich stehe auf und höre ihr gebannt zu. Es fasziniert mich, wie sie so viel Mut haben kann, in der Stadt vor allen Leuten zu spielen. Während sie spielt, sind in ihrem Gesicht alle ihre Emotionen zu sehen und man merkt, wie sehr ihr das alles am Herzen liegt. Beim Vorbeigehen wirft ihr ein älterer Mann eine Münze in die Gitarrentasche. Bis zum Ende des Liedes bleibe ich bei ihr stehen und klatsche Beifall, um danach weiter zu gehen und nach der nächsten Person zu suchen.