Astrid, 71
Eine Frau ruft mir zu: „Unmöglich." Verblüfft bleibe ich stehen. Meint sie mich? „Das ist doch unmöglich!", jetzt spricht sie etwas ruhiger und kommt mir entgegen. „Wie können die Menschen heute nur so mit ihren Kindern umgehen. Das Handy ist auf einmal wichtiger." Sie schüttelt ihren Kopf, zieht dann ihren Handschuh aus und gibt mir die Hand.
Astrid ärgert das Verhalten der jungen Eltern: „Sie machen tausende von Fotos, verpassen dabei aber das Wichtigste: ihre Kinder." Als Kind ist sie von Stralsund in diese Stadt gekommen. „Früher war vieles besser. Ich habe lange in der DDR gelebt, wissen Sie." Ich bin leicht überfordert und nicke daher stumm. „In der DDR war lange nicht alles so schlecht, wie es von der Politik mmer behauptet wird." „Sind Sie nicht froh, dass Deutschland wieder vereint ist?"
Schnell schüttelt sie ihren Kopf. „Wir haben in der DDR nie Mangel erlitten. Es ging uns immer gut. Das muss man auch mal so sagen." Verdutzt starre ich sie an. „Heute sollten wir uns mehr Beispiele daran nehmen. Das Beste wäre sowieso, wenn sich Deutschland wieder trennen würde. Mindestens sollte die Planwirtschaft wieder eingeführt werden. Uns würde es damit viel besser gehen."
Hilfe suchend schaue ich mich um. „Glauben Sie mir nicht? Was denken Sie darüber?" Darüber will ich meine Meinung gar nicht sagen, weil ich mich sonst nachher nur mit ihr streite. „Ich glaube, dass jede Zeit ihre guten und schlechten Seiten hat."
Wieder schüttelt Astrid den Kopf. „In der DDR war nichts schlecht. Keiner musste leiden. Sehen sie sich einmal um!" Ich schaue mich also um und sehe die ganzen leuchdenden Lichter, die dampfenden Glühweintassen und die lachenden Gesichter. „Was ist hier denn falsch?", frage ich sie. „Was hier falsch ist? Was hier falsch ist, fragen Sie mich?" Astrid lacht. „Erkennen Sie das nicht?" Ich verneine und bedanke mich bei ihr für das Gespräch, um mich dann so weit von ihr zu entfernen, wie nur möglich.
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