Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Weihnachten im Fliedergrund

Als die junge Hexe Ru am Morgen des 24. Dezember aufwachte, sah sie die ersten Schneeflocken des Jahres vor ihrem Fenster herunterschweben. Aufgeregt sprang sie aus dem Bett, lief durch ihr Zimmer und riss das Fenster auf. Sie hielt ihre Nase aus dem Fenster, genoss die kühle Luft und den Geruch des frischen Schnees. Schnee war im Fliedergrund eine Seltenheit. Und soweit Ru sich erinnern konnte, hatte es an Weihnachten noch nie welchen gegeben. Voll guter Laune machte sie sich auf den Weg in die Küche. Leise pfiff sie ein Lied vor sich hin, während sie das Frühstück für sich und ihren Großvater vorbereitete. Als sie gerade dabei war den Tisch zu decken, hörte sie ihren Großvater durch den Flur näher kommen. Er hatte sich im vergangenen Sommer bei einem schlimmen Unfall das Bein gebrochen und benötigte seitdem einen Stock zum Gehen. Das Klack-Klack des Gehstocks wurde immer lauter, bis die Küchentür sich quietschend öffnete. Ungewöhlicherweise schien auch ihr Großvater an diesem Morgen gute Laune zu haben. "Hast du den Schnee gesehen, Ruth? Der Herr schenkt uns dieses Jahr weiße Weihnachten. Das wird unserer Gemeinde viel Freude bringen." Für gewöhnlich nervten Ru die Predigten ihres Großvaters. Als Pfarrer der Gemeinde konnte er gar nicht aufhören ständig zu predigen. Heute musste Ru sich aber ein Grinsen verkneifen, denn sie hatte so eine Ahnung, dass in Wahrheit ihre Hexenlehrerin Clementine für das Wetter verantwortlich war. Diese hatte am Vorabend so eine Andeutung fallen lassen, bevor sie abgereist war. Clementine war für zwei Wochen verreist, um sich ein wenig Urlaub zu gönnen. Damit war Ru das erste Mal seit Beginn ihrer Hexenausbildung unbeaufsichtigt. Ihre Lehrerin hatte ihr strikt verboten, Magie zu verwenden, während sie nicht da war. Aber Ru hatte sich schon entschieden, sich nicht daran zu halten. Als angehende Hexe war es schließlich am wichtigsten sich in der Magie zu üben. Voller Vorfreude malte Ru sich aus, was sie alles ausprobieren wollte, sobald der Großvater weg war. Er durfte natürlich nichts davon merken, dass Ru zur Hexe ausgebildet wurde.
Ihr Großvater richtete das Wort wieder an sie: "Übrigens hat Frau Trudmut gestern noch ein Kleid für dich vorbei gebracht. Du wirst bei der Predigt heute Abend als Christkind auftreten. Übe also deinen Text noch etwas." Ru dachte zuerst, sie müsste sich verhört haben. Als sie dann aber tatsächlich ein hellbeiges Keid auf der Kommode liegen sah, erkannte sie, dass es ihrem Großvater ernst war. Ru hatte überhaupt keine Lust vor dem ganzen Dorf in einem peinlichen Kleid für eine blöde Andacht herumzutanzen. Die Freude über den ersten Schnee war völlig vergessen. Eine volle Stunde lang stritt sie mit ihrem Großvater. Die beiden schrien sich in der Küche gegenseitig an. Irgendwann reichte es Ru. Sie verließ das Haus und schlug die Tür wütend hinter sich zu.

Sie war es gewohnt, mit ihrem Großvater zu streiten, aber mit zunehmendem Alter machten seine Forderungen sie jedes Mal noch wütender.

Ru stiefelte planlos durchs Dorf, in Gedanken noch bei dem Streit mit dem Großvater. Als sie plötzlich aufsah, erkannte sie, dass sie vor dem Haus ihrer Lehrerin angekommen war. Was hatte sie denn ausgerechnet hierher verschlagen?

Zögerlich öffnete Ru das Tor und ging vorsichtig durch den Garten. Im Sommer war er ein herrliches grünes Paradies gewesen und selbst jetzt im Winter, wo alle Blätter schon lange gefallen waren, vermittelte der Garten noch immer ein Gefühl von Ruhe und Geborgenheit. Ru überkam das unerklärliche Verlangen, sich mit einer Tasse Tee auf einen der an der Seite liegenden Baumstämme zu setzen. Immer noch aufgewühlt, ging sie stattdessen auf die Haustür zu. Langsam kam ihr in den Sinn, was sie tun wollte.
Wie die meisten Häuser im Fliedergrund war auch dieses nicht verschlossen. Auf leichten Füßen schlich Ru in die Wohnstube. Auf dem Tisch stand ein schauriges Teeservice. Zwei Tassen mit großen Flügeln als Henkel und eine mächtige schwarz-grün gestreifte Teekanne. Ru konnte sich noch erinnern, wie ihre Lehrerin eine bösartige Oberhexe in diese Kanne verwandelt hatte. Es schauderte sie bei der Erinnerung. Sie konnte nicht verstehen, wie Clementine so seelenruhig Tee daraus trinken konnte. Ru suchte allerdings nach etwas ganz anderem. Sie machte einen Bogen um den Küchentisch und machte sich auf zu einem alten staubigen Schrank, der in einer der hinteren Ecken des Raumes stand. Sie schob den schweren schwarzen Vorhang zur Seite, der vor dem Schrank hing. Dort fand sie, was sie gesucht hatte: Eine runde, milchig-weiße Kristallkugel lag zwischen einigen anderen magischen Utensilien. Ru schnappte sich die schwere Kugel und trug sie vorsichtig zum Küchentisch. Sie setzte sich soweit weg wie möglich von der unheimlichen Teekanne und konzentrierte sich dann auf die Kristallkugel. Clementine hatte ihr nur einmal gezeigt, wie sie zu benutzen war, aber Ru vertraute auf ihr eigenes Talent und ihre Findigkeit. Sie kramte aus ihrer Jackentasche ein kleines eingerahmtes Foto, das sie immer bei sich trug. Es zeigte ihre Eltern, an die sie sich kaum noch erinnern konnte. Ihre Mutter war gestorben als Ru noch sehr jung war und dann hatte ihr Großvater sie zu sich geholt. Der Alte hatte nie ein gutes Wort für ihren Vater übrig gehabt, aber Ru war sich sicher, dass es einen guten Grund geben musste, warum er sie weggegeben hatte.
Heute bot sich ihr endlich die Chance, mehr über ihn herauszufinden. Sie stellte das eingerahmte Foto hinter die Kristallkugel, so dass sie durch die Kugel das Bild sehen konnte. In Rus Hals bildete sich ein dicker Kloß. Nervös umfasste sie mit ihren Fingern die Kristallkugel und blickte in das verschwommene Innere. Vorsichtig ließ sie die Magie in kleinen Wirbeln durch die Kugel fließen. Das Bild im Inneren der Kugel wurde ein wenig klarer, verschwamm dann aber gleich wieder. Ru biss sich auf die Lippe und versuchte sich stärker zu konzentrieren. Mit zusammengezogenen Augenbrauen starrte sie tiefer in das Innere. Verschiedene Bilder zeigten sich ihr: Die Felder des Fliedergrunds, der Altar in der Dorfkirche, ein fetter orangefarbener Kater und viele weitere Dinge. Eine Schweißperle tropfte Ru von der Stirn und landete unbemerkt auf der Tischplatte. Sie kaute nun heftiger auf der Unterlippe herum. Abwechselnd fokussierte Ru nun das Innere der Kugel und das Bild, das sich dahinter befand. Schnell wandelte sich das Bild und zeigte einen gut gepflegten Grabstein inmitten des nahe gelegenen Fliedergrunds. Der Kloß in ihrem Hals schwoll heftig an, doch Ru konnte ihre Trauer erfolgreich herunterschlucken. Sie ließ einen neuen Schub Magie in die Kristallkugel fließen und das Bild verschwamm wieder. Als es sich wieder klärte, erkannte Ru eine kleine Gasse in einer unbekannten Stadt. Ein kleiner Mann mit krummen Rücken und lichtem Haar lief in einem braunen Mantel durch die Gasse. Er schien es eilig zu haben, da er sehr zügig voranschritt, blieb dann aber unerwartet stehen. Er ging zu einer unbeaufsichtigten Baustelle und sammelte eine Hand voller Sand von einem großen Haufen. Diesen füllte er in ein leeres Marmeladenglas, das er im Mantel aufbewahrt hatte. Er schraubte das Glas zu und verstaute es wieder in seinem Mantel. Als er damit fertig war, lief er weiter. Ru wurde neugierig, wohin er unterwegs war, musste aber nicht lange warten, um mehr zu erfahren. An einem kleinen Haus mit schiefem Dach und kleinen Fenstern blieb der Mann stehen. Von der grünen Tür, an die er klopfte, blätterte der Lack bereits sichtbar ab. Ru konnte nichts hören, aber vermutete, jemand hatte ihn hereingebeten, da er die Tür einen kurzen Moment später öffnete. Der Mann richtete sich auf, straffte die Schultern und setzte ein breites Grinsen auf. Jetzt erkannte Ru den Mann von dem Foto erst wirklich wieder. Ihr Vater war ein anderer Mensch als sie sich vorgestellt hatte, trotzdem war sie immer noch unglaublich neugierig darauf, was noch kommen würde. Dann kehrte jedoch der Kloß wieder zurück in ihren Hals, größer und schwerer als zuvor. Ein kleiner Junge, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, lief durch den Flur und sprang ihrem Vater auf den Arm. Der Junge machte große Augen und aufgeregte Bewegungen mit den Händen, während der Vater etwas zu erzählen schien. Dann kramte er das Marmeladenglas mit dem Sand aus der Jackentasche und gab es dem Jungen. Der hielt es einen Moment ehrfürchtig hoch, wie einen Schatz. Dann rannte er damit los, entweder um damit zu spielen, oder es in sein Zimmer zu bringen.

Eine unbekannte Frau trat in Rus Blickfeld. Sie hielt einen Holzlöffel in der Hand, mit dem sie beim Sprechen gestikulierte. In Ihren Augen konnte Ru Kummer und Enttäuschung ablesen. Ihrem Vater sackten währenddessen die Schultern immer weiter herunter. Ru wusste nicht, worüber die beiden sprachen, hatte aber das Interesse auch verloren. Sie ließ die Magie los und kippte auf ihrem Stuhl zurück. Sofort verschwand das Bild und die Kugel wurde wieder milchig und trüb. Mit zittrigen Händen stellte Ru die Kristallkugel wieder an ihren Platz und rückte den Stuhl wieder an den Tisch.
Als sie das Haus ihrer Lehrerin verließ, liefen ihr bereits die Tränen in Strömen über das Gesicht. Ihre Beine trugen Ru wie von alleine nach Hause. Dort angekommen lief sie sofort durch den Garten ins Haus und dann in ihr Zimmer. Mit einem Ärmel wischte sie sich den Rotz und die Tränen aus dem Gesicht, dann griff sie ihren Papierkorb und ging damit zum Schreibtisch. Sie räumte ihn beinahe ganz leer und feuerte alles in den Papierkorb. Seltsam geformte bunte Steine, selbstgeschriebene Abenteuerbücher und einige Schachteln mit allerlei Kleinigkeiten. Dann schnappte sie sich die ganzen gepressten Blätter, die sie aufbewahrt hatte und knüllte sie nacheinander zusammen, um sie anschließend auf den Boden zu schmeißen und darauf rumzutrampeln. Ru hatte die Hände zu Fäusten geballt und biss die Zähne fest aufeinander. Ihr Schreibtisch wurde immer leerer und das Zimmer immer unordentlicher. Zu allerletzt nahm sie die große Flasche mit dem Sand von ihrem Fensterbrett. Der angeblich magische Sand von einem Strand am Ende der Welt. Sie hob die Flasche hoch über den Kopf und zerschmetterte sie dann mit Wucht auf dem Fußboden. Es krachte Laut und der Sand verteilte sich im ganzen Zimmer. Ru warf sich aufs Bett, zog das Kissen über den Kopf und begann dann hemmungslos zu schluchzen. So verging einige Zeit, in der sie ihren Kummer aus sich heraus ließ. All die über die Jahre angestauten Erwartungen und Enttäuschungen, die sie heruntergeschluckt hatte, brachen aus ihr heraus. All die Träume, die sie sich über ihren Vater gemacht hatte, platzen mit einem Mal. Ru bemerkte nicht einmal, wie ihr Großvater das Zimmer betrat. Erst als er sich neben sie auf das Bett setzte und ihr über den Kopf strich, wurde sie seiner gewahr. Er sagte kein einziges Wort, konnte sich aber wahrscheinlich ein ungefähres Bild davon machen, was in Ru vorging. Sie lehnte sich an ihn und ließ auch noch die letzten Tränen aus sich heraus. Als das Schluchzen langsam verstarb, räusperte sich der Großvater. "Du musst nicht bei der Predigt auftreten, wenn du das wirklich nicht willst." Ru sagte nichts dazu. Es vergingen noch ein paar Momente, die die beiden schweigend verbrachten und Ru war dankbar dafür, dass ihr Großvater sie nicht dazu drängte etwas zu sagen.

Um die Weihnachtszeit zogen sich die meisten Hexen zurück und hielten sich von all der Religion und den Predigten fern. Der Zauber der Weihnacht ist eine völlig andere Art der Magie als die Hexerei und mächtig genug, diese zu vertreiben.


Dieses Jahr war der Fliedergrund jedoch das einzige Dorf der Gegend, dessen Dächer hellweiß vor Schnee leuchteten. Eine junge Hexe und ein Dorfpfarrer bildeten eine kleine Familie voller Gegensätze. Vielleicht waren sie aber auch der lebende Beweis dafür, dass die Welt immer noch bereit ist für Veränderungen.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro