Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

9. Kapitel - Das Gemälde von den dunklen Bäumen und den Wölfen

„Meine Frau trauert um ihr Kind."
„Ist das ein Grund, unsere Versammlung nicht wahrzunehmen? Es war ein nötiges Opfer."
______________________________________

Cordelia atmete ein. Das gelang ihr in den ersten Momenten nicht, weil es eine ganz neue Atmung war. Trotz ihrer unzähligen Besuche waren diese ersten Augenblicke, noch bevor sie die Augen öffnete, immer ein wenig wundersam. Als wären ihr Stützräder abgenommen worden, die sie gezwungen war, immer zu tragen. Als wäre sie ein Kind, dass endlich alleine laufen konnte und mit jedem Schritt sicherer wurde.
Sie horchte in sich hinein, prüfte, ob die gebrochene, ewig trauernde Cordelia ihr diesmal gefolgt war. Doch nein – da war nur sie. Ein lichter Tempel, freigeräumt von der dunklen Krankheit, die sie mit den Jahren immer mehr in sich hineingelassen hatte. Das zähe Unglück konnte diesen Ort nicht betreten und das war einer der Gründe, warum sie ihn so sehr liebte. Auch, wenn ihr die Vernunft so oft sagte, dass sie das nicht durfte.
Cordelia öffnete die Augen und atmete aus. Augenblicklich musste sie lächeln und es fühlte sich an, als hätte sie seit Jahren nicht mehr wirklich gelächelt. Das hätte ihr um Evangeline leidgetan, aber sie dachte in diesem Moment nicht an Evangeline. Nein, sie dachte an ihre Mutter.
Denn Cordelia stand in einem Wald. Und diesen Wald hatte Samantha Golding gemalt, einige Tage bevor das Feuer ihr für immer den Pinsel aus der Hand gerissen hatte.
„Das ist der Nachtwald", hatte sie ihrer kleinen Tochter erklärt, während sie sie auf dem Arm hielt. „Dort wirst du immer Zuflucht finden." Die schöne Mutter lächelte. „Aber gib Acht vor den Wölfen, mein Engel."
Das Geheimnis, ob Samanta von ihrem nahenden Ende gewusst hatte, würde für immer in den Ruinen ihres Heims verborgen bleiben. Ohnehin, woher hätte sie ahnen können, dass Cordelia den Nachtwald tatsächlich einmal betreten würde?

Die Bäume hatten dunkle Stämme und an ihren Zweigen hingen Blätter in unterschiedlichen Blautöten. Die Büsche waren in dunkles Türkis und Blaugrün getaucht und durch die Luft schwebte Sternenstaub. Alles sah wirklich so aus, als wäre jemand mit geduldigen Pinselstrichen drüber gegangen. Cordelia wusste, dass sich die glatte Rinde wie Pergament anfühlten und die Blattäderchen eigentlich Leinen waren.
Im Gebüsch raschelte es und sie drehte sich um. Sie konnte sich noch gut an die leuchtend roten Punkte erinnern, die auf dem Gemälde im Unterholz gelauert hatten.

Gib Acht vor den Wölfen.

Cordelia hatte nie verstanden, warum ihre Mutter sie in das Bild integriert hatte, wenn sie gefährlich waren. Zugegeben, die Wölfe hatten ihr nie etwas getan. Aber sie war sich durchaus bewusst, dass sie Cordelia nicht leiden konnten und vielleicht warteten sie nur auf den Moment über sie herzufallen, wenn sie alleine war.
Es raschelte erneut und das Mädchen wich misstrauisch ein Stück zurück. Dabei war es für die Wölfe gar nicht nötig, durch irgendein raschelndes Gebüsch zu trotten. Sie konnten aus den Schatten entsteigen, sich aus den Nachtbäumen schälen oder aus deiner Vorstellung von ihnen treten.
Doch es war kein Wolf, der sich Cordelia näherte. Aus einem kleinen Streifen Mondlicht in einem mondlosen Himmel erschien ein kleiner Rehbock mit schneeweißem Fell. Cordelia wurde bei seinem Anblick ganz warm. Er hatte eine schwarze hübsche Nase und auf seinem Körper zeichneten sich silberne Ornamente ab. Seine Augen waren kristallblau mit einer Schneeflocke in der Mitte.
Das Traumtier trat auf die Lichtung und ganz selbstverständlich zu Cordelia. Sie streichelte versonnen über den weichen Hals, ihre Finger getaucht in Mondschein.
„Ich kenne ein paar Kinder, die würden dich lieben."
„Das denke ich nicht."
Cordelia zuckte zusammen, auch wenn sie wusste, dass er sich allzu gerne an sie anschlich. In dem Moment, in dem sie sich umdrehte, verschwand der Rehbock, aber weder ihr Kopf noch ihre Hand begriffen, wie.

In einem der Bäume saß ein Junge, den Kopf genauso neugierig geneigt wie es ein Fohlen tun würde. Seine Haut war schneeweiß, ebenso wie sein Haar, das ihm wie flüssiges Licht über die Schultern floss. Daraus hervor erhob sich ein elegantes, silbernes Gehörn.

„Warum?", fragte Cordelia lächelt und trat heran an den Baum.
„Sie würden mich mit Seilen jagen", erwiderte er und schaute sie aus gletscherblauen Augen, die ein bisschen zu groß waren für sein schmales Gesicht, an.
„Die Kinder nicht. Und selbst wenn", Cordelia legte den Kopf schief, „du kannst ja fliegen."
„Wohl wahr." Der Junge machte einen Satz und stand im nächsten Moment neben ihr. Er wirbelte kein Laub auf, machte nicht einen Ton. Cordelia war sich nicht sicher, ob er gefallen oder geschwebt war.

Erneut raschelte es irgendwo und sie riss den Kopf herum.

„Du musst dir keine Sorgen machen", flüsterte der Mondscheinjunge sanft. „Die Wölfe sind abgelenkt. Sie jagen einen Sonnentropfen."
Cordelias Augen weiteten sich. „Sie jagen? Aber kannst du ihnen das nicht verbieten?"
Er blinzelte und zog ein bisschen die Augenbrauen zusammen. Es war ein wenig unnatürlich, dass ein Wesen wie er, eine so menschliche Geste machte.
„Ich fühle mich nicht dazu fähig, es ihnen zu verbieten."
„Wie bitte? Du herrschst über diese Welt, hast die Wölfe aber nicht im Griff?"
„Ich herrsche nicht, ich beschütze", antwortete er und sah jetzt wirklich unzufrieden aus. „Warum bei euch Menschen immer jemand herrschen muss."
Cordelia stellte sich vor, wie unzählige Schattengestalten durch den Wald preschten und schauderte. „Du wirst zulassen, dass sie ihn kriegen?"
„Das ist es ja. Sie bekommen ihn nie." Der Junge zuckte mit den Schultern. „Irgendein Mensch hat es so entschieden. Soweit ich weiß, macht es ihnen auch nicht unbedingt Spaß."
„Nicht meine Mutter, oder?"
„Er ist nicht gezeichnet."

Cordelia fiel ein Stein vom Herzen. Zwar tat ihr der Sonnentropfen immer noch leid, aber zumindest stammte die grausame Vorstellung nicht von Samantha.
„Sieh es positiv," Der Junge lächelte, „so haben wir ein bisschen mehr Zeit zusammen."
Durch Cordelia ging ein Stich, als sie daran erinnert wurde, dass sie irgendwann zurückkehren musste. Zumindest dieses Mal noch, aber das wollte sie ihm nicht erzählen. Noch nicht.

Sie gingen spazieren. Der Junge ergriff Cordelias Hand und ihre Finger verschränkten sich in einer so vertrauten Bewegung, dass sie schon hundertmal stattgefunden haben musste. Dennoch war es für Cordelia immer ein Wunder, dass sie ihn berühren konnte. Sie tastete vorsichtshalber noch einmal nach dem Schmerz, der sie jeden Tag aufs Neue begleitete, doch da war nur ein seltsames Kribbeln.
„Sehen eigentlich alle Mädchen so aus wie du?", fragte er. Seine Stimme klang immer so, als könnte sie einem jeden Wunsch erfüllen, wenn man nur darum bat.
„Sehen denn alle Jungen so aus wie du?", scherzte sie und lächelte ihn an. Er legte den Kopf schief und blinzelte sie aus gletscherblauen Augen an. „Ich bin hier der einzige Junge und das weißt du."
Ja, das wusste sie. Sie wusste auch, dass es keinen einzigen Jungen gab, der aussah wie er, schon, weil es ihn eigentlich gar nicht geben dürfte. Cordelia hatte am Anfang geglaubt, all das wären Wahnvorstellungen, doch irgendwann war ihr aufgefallen, dass sie für solch eine Welt bei Weitem nicht kreativ genug war. Außerdem fühlte sich alles viel zu real an und ohnehin hatte sie es als Kind nie in Frage gestellt. Warum also jetzt damit anfangen?
„Jedes Mädchen sieht anders aus, weißt du", antwortete sie. Seit sie ihn kannte, war ihr aufgefallen, wie schlecht sich manche Dinge, die sie für selbstverständlich hielt, erklären ließen. „Manche haben helle Haut, andere dunkle. Ich habe rötliche Haare, andere sind strohblond. Eigentlich hat jedes sein ganz eigenes Antlitz."
Für einen Moment schwieg er. Ab und zu fragte Cordelia sich, ob er ihr solche Fragen stellte, weil er davon ausging, jemals andere Mädchen zu treffen oder, weil es keinen anderen Gesprächsstoff gab. Letztes lag um einiges näher, denn bis auf sie kam nie jemand zu ihm und selbst konnte er seine Welt nicht verlassen. Was er sehr wahrscheinlich auch nicht wollte.
„Du bist bestimmt das Schönste von allen", sagte er schließlich und sie hörte, dass er lächelte. Cordelia wäre bei diesen Worten beinahe stehen geblieben und das Kribbeln in ihrem Inneren stieg zu einem Bienensummen an. „Du weißt, was ein Mädchen hören möchte."
„Beeindruckend, wo ich doch nur eins kenne", erwiderte er schelmisch.
Cordelia hörte wieder ein Rascheln und die innere Ruhe, die sich langsam in ihr aufbaute, zerbrach. Sie konnte nicht anders, als sich umzusehen, ob die Wölfe ihnen schon auf den Fersen waren. Vielleicht waren erst Minuten vergangen oder schon Stunden, sie konnte es nicht sagen. Zeit gab es in seiner Welt nicht und wenn doch, dann ließ sie sich nicht messen. Hier geschahen die Dinge eigentlich genau dann, wenn sie sollten, aber Cordelia wollte nicht, dass sie jetzt schon getrennt wurden.

Weil sie es nie wollte.

„Du bist so unruhig." Es war im aufgefallen. Natürlich. Beide blieben stehen und Cordelia versuchte, ihre Atmung zu beruhigen und sich keine rotglühenden Augen in der Dunkelheit einzubilden. Sie wusste, was eine einfache Fantasie anrichten konnte und am wenigsten wollte sie für das Erscheinen der Wölfe verantwortlich sein.
„Ich hasse die Wölfe", entfuhr es ihr, woraufhin der Junge zusammenzuckte. Er kannte Gefühle wie Hass und Missgunst nicht, auch wenn manche Geschöpfe seiner Welt sie mit sich trugen. Ihnen ging er so gut wie möglich aus dem Weg.
„Das darfst du nicht." Seine Stimme klang ratlos.
„Sie hassen mich doch auch", murrte Cordelia.
„Das ist nicht wahr."
„Sie holen mich immer wieder von dir fort."
Ihre Finger trennten sich und das Mädchen schlang sie um sich, als könnte sie so die aufsteigende Wut, gemischt mit Verzweiflung, im Zaum halten. Dabei sollte sie sich frei fühlen. Der Mondscheinjunge sah immer noch ratlos aus. Er schwieg für einen Moment und sagte dann:
„Die Wölfe können nicht hassen." Er wand sich in Anbetracht ihrer Zerrissenheit. „Und sie können dich auch nicht fortschicken."
Eine Pause.
„Das kann nur ich."

Cordelia sah ihn missmutig an. „Warum tust du es immer wieder? Lässt dich von ihnen überreden?"
Er stand völlig hilflos da. „Seit wann hast du ein Problem damit?"
Im Gebüsch raschelte es schon wieder.
„Warum streiten wir?"

Sie hatten noch nie gestritten. Es war überraschend, dass er das Gespräch als Streit definieren konnte, wo es doch sonst keinen gab, mit dem er streiten konnte. Ohnehin war die Fähigkeit zu streiten... zu menschlich.
„Ich dachte, du schätzt meine Gesellschaft." Cordelia kratzte sich über die Oberarme.
„Ich schätze sie sehr", erwiderte er und nahm sachte ihre Hände in seine, „aber ich bin nur ein Traum."
Er zog sie mit einer eleganten Drehung an sich und als Cordelia ihm so nah war, flauten die negativen Gefühle ab und es war Platz für sehr viel Glück und Hoffnung. Weil er noch nie jemanden an diesen Ort gebracht hatte, nur sie.
Sie musste grinsen. „Warum hast du mich nochmal vor dem Tod bewahrt?"
Er lächelte schief. „Ich habe noch nie rotes Haar gesehen."
Das war eine so unromantische Begründung und als Cordelia sie zum ersten Mal gehört hatte – damals war sie elf und tatsächlich ein Stück größer als er gewesen – hatte sie ihn empört darüber aufgeklärt. Und er wollte sie partout nicht anlügen, weil er ihre hübschen Haare als Grund für ihre Rettung völlig ausreichend fand. Heute war sie fünfzehn und er einen halben Kopf größer, dafür aber zierlich auf eine Weise, die kein Mensch je erreichen könnte.
Sie ließ sich von ihm in die Arme schließen und die Dunkelheit des Nachtwaldes rückte respektvoll vor dem Licht ab. Überhaupt hatten die gemalten Bäume Respekt vor dem Jungen, sowie auch die Wölfe und selbst die hasserfüllten Wesen. Er hatte sich nie gefragt, warum. Ganz ähnlich wie die Emeralder.
Sie waren sich so nah. Der unwirkliche Junge, mit dem Gehörn eines Rehs und Augen wie Saphire und das seelentote Mädchen mit dem flammenfarbenen Haar und einer ganz geheimen Liebe. Cordelia fragte sich, ob ihm das Konzept eines Kusses bekannt war. Nun, es war ihr selbst nicht ganz bekannt, schließlich war ihr noch nie einer geschenkt worden. Zumindest nicht ein solcher, den man mit einem Jungen teilte. Und es geziemte sich vielleicht nicht, aber sie standen in einem Gemälde und irgendwo verfolgten Schattenwölfe einen Sonnentropfen. Da geziemte sich eigentlich rein gar nichts.
Doch sie wagte es nicht, ihm noch näher zu kommen. Vielleicht, weil er trotz seines lieben Gemüts eben doch etwas Göttliches an sich hatte, denn schließlich war er Beschützer einer ganzen Welt und sie eben nur ein Mensch war. Vielleicht auch, weil er eben deshalb gar nicht so eine Zuneigung ihr gegenüber empfinden konnte, weil es sie eben nur zwischen menschlichen Wesen gab. Er sah zwar aus wie fünfzehn oder sechszehn und hatte vor fünf Jahren auch ausgesehen wie zehn oder elf, aber konnte er wirklich mit irdischen Zahlen definiert werden? Cordelia kannte – vorrangig von Eve – Feen, Geister, Gestaltwandler, Trolle und so oft hatte sie sich gefragt, ob er ein Fabelwesen war. Ob er blutete, wenn man ihn schneiden würde. Ob er Schmerz fühlen konnte. Ob Worte wie „Ich liebe dich", die für einen Menschen die Welt bedeuten konnten, ihn erreichen würden.

Vielleicht war er tausend Jahre alt, ein nordischer Gott und die Brücke zwischen Leben und Tod.

Vielleicht war er so alt wie sie, aber aus unerfindlichen Gründen ein Elf aus einer anderen Welt.

Vielleicht hatte der Moorpfad sie an diesen Ort geschickt, weil sie im Gegenteil zu Oliver zu etwas Großem bestimmt war.

Seine Haut war frisch gefallener Schnee und seine Augen Eis. Ihre Haare waren Blut in seiner Welt.

Cordelia blinzelte und wusste, dass sie sich in dieser Sekunde nicht von der Stelle bewegte, aber plötzlich stand sie in einem Ballsaal aus Silber und Marmor, gehüllt in ein leichtes, aus Sternen gewebtes Kleid. In ihren Haaren saß ein glitzerndes Diadem, in das springende Rehe gewebt waren. Über ihr war ein klarer, blauer Himmel, weil er das Konzept von geschlossenen Räumen nicht akzeptierte. Sein Haar war plötzlich geflochten und es sah auf wunderschöne Weise ungewollt aus. Perlen und Federn hingen zwischen den Strähnen und waren Teil von ihm wie das silberne Geweih.

Es war ein Märchen.

Sie verständigten sich ohne Worte und tanzten. Cordelia fand es ausgesprochen fragwürdig, wo er so gut Tanzen gelernt hatte, denn die Wölfe hatten es ihm sicher nicht beigebracht. Aber sie tanzten immer und sie liebte es, wie er sie umherwirbelte, in die Lüfte hob und ihr alle Last nahm, die sie mit sich schleppte. Allgemein liebte sie es, wie sehr er sie verzauberte. Wie seine Welt sie verzauberte. Je länger sie über den glatten Boden wirbelten, desto mehr wollte sie zu dieser Welt gehören. Nach fünf Jahren wusste sie nicht mehr, was sie bei den Menschen hielt.
Cordelia ließ sich einhüllen von seinem Licht und war sich nicht sicher, ob sie immer mit ihm tanzte oder ob manchmal ein weißer Rabe um sie stob oder das Mondlichtreh um sie herumsprang. Sie wusste nicht mal, ob sie selbst immer Cordelia blieb.

Sie legte den Kopf vor Wonne in den Nacken und sah in den klaren, blauen Himmel.

Und dann blinzelte sie und der Himmel war grau, eingerahmt von gleichfarbigen Wänden. Von zwei Balken wurde er viergeteilt und sie wusste, es war nicht mehr ihr Himmel. Es war Emeraldmoors Himmel, so grau wie eh und je. Sie seufzte und hätte heulen können.

„Ich hoffe doch, dein Tagtraum war interessant", hörte Cordelia Mr Greyshire sagen, der vor der Tafel stand und offenbar höflich darauf gewartet hatte bis sie damit fertig war, sich an den Montag zu erinnern. Als sie im Bach erwacht war, so gut wie erfroren aber doch nicht ganz, hatte sie bitterlich geweint. Das Unglück hatte sie schnell wieder in den Klauen gehabt und sie in das Rapunzeltürmchen gezerrt, wo es sich den halben Tag lang gelangweilt hatte.
„Durchaus", erwiderte sie und wich Eves fragenden Blicken aus. Mr Greyshire zog eine Augenbraue hoch. „Worum ging es? Sicher nicht, um die mathematischen Formeln, die ich euch beizubringen versuche."
„Bedauerlicherweise nicht. Es ging viel mehr um den Tod."

Evangelines Miene sah plötzlich sehr unwillig aus.

„Geht es bei dir doch immer", murmelte Mr Greyshire und wandte sich ohne weitere Worte der Tafel zu. Die Schüler drehten sich verwirrt zu Cordelia, um sehen zu können, wie sie dem Ärger ihres Lehrers entgangen war. Cordelia ignorierte jeden von ihnen.
Mr Greyshire wusste einfach, wann es sich lohnte, ein Kind derb zurechtzuweisen und es war offensichtlich, dass seine Schülerin ihm gar nicht zugehört hätte. Es wäre Energieverschwendung, einem so traurigen Mädchen irgendetwas davon zu erzählen, was es im Leben nochmal brauchen würde. Er für seinen Teil war jeden Tag aufs Neue überrascht, wenn sie in den Klassenraum trat.

Der Mittwoch verging. Oliver hatte keine Zeit für die Mädchen, weil er nach der Schule sofort los geritten war – wohin wusste keiner. Eve sprach mit Cordelia bis sie merkte, dass das keinen wirklichen Sinn hatte. Sie verabschiedeten sich und taten, als würden sie sich auf das Fest am Freitag freuen.

Es hätte ihr vor Monaten noch leidgetan, ihre Freundin so abzuweisen, aber in diesem Oktober war es Cordelia gleich. Ohnehin war es klüger, sie auf Abstand zu halten, damit der Schmerz nicht allzu groß sein würde.

Dabei hatte sich Eve fünf Jahre so viel Mühe gegeben.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro