Zerzauste Stimmung
Mit 1984 Wörtern beinhaltet dieses Kapitel fast zwei Stück. Viel Spaß beim Lesen xD
Ohne weiterhin Zeit zu vergeuden, waren Wednesday, eiskaltes Händchen und Lurch auf dem Weg in Richtung Ophelia Hall, wo sich ihr altes vertrautes Zimmer befand. Enid war nicht dabei, da sie sich noch von ihrer Familie verabschieden musste. Schon vor Wednesdays Ankunft hatten die Werwölfe wohl in Rekordzeit Enids Hälfte des Zimmers mit ihrem Kram vollbeladen. Sie müsste nur noch die Zeit finden, all ihr Eigentum an seinen rechtmäßigen Platz zu räumen. Das könnte sie auch, wenn ihre Verwandten endlich ihren kleinen Abschied nicht mit mittelmäßigen Regeln, an die sie sich halten sollte, verlängerten. Sie bräuchte von ihrer Mutter keine Tipps für die richtige Hygiene ihres Fells oder ihrer Krallen, dies konnte sie alles alleine und erledigte die Aufgaben auch gründlicher als eine gewisse Esther Sinclair, da war sie sich sicher.
Wednesday erreichte mittlerweile mit eiskaltes Händchen und Lurch ihre Unterkunft, in der sie schon die voll beladene Seite von Enid sah, diese war für sie aber uninteressant, da nur ihre zählte. „Lurch, stell alles neben das Bett", befahl Wednesday ihrem Butler mit einem leitenden Blick in die gewünschte Richtung. Lurch folgte wie gewohnt dem Befehl und stellte ihr ganzes Gepäck wie gefordert neben ihrem Bett ab, wo sich ein großer Gepäckhaufen ansammelte und die Sonnenbrille, die Wednesday ihm auf dem Weg untergejubelt hatte. Jetzt da Lurch seine Arbeit erledigt hatte, war es wohl auch bei ihnen an der Zeit, Abschied zu nehmen. Eiskaltes Händchen erhob sich kurz, um Lurch eine gute Heimreise zu wünschen, bevor er es sich schlapp wieder auf Wednesdays Schulter bequem machte. Sie nickte ihm nur kurz zu und so verschwand der große sozusagen Zombie Mann mit seinen schlürfenden Schritten zur Tür hinaus.
Ihm hinterher zu sehen, kam für sie nicht in Frage. Sie hatte sich schon auf ihre Art und Weise bei ihm verabschiedet und das müsste reichen. Anstatt die freie Zeit mit der Einrichtung ihrer Hälfte des Zimmers zu nutzen, ließ sie alles stehen und liegen und schmiss sich vorsichtig, damit eiskaltes Händchen nicht zu schaden kam, auf ihr noch unbezogenes Bett. Sie starrte mit geweiteten Augen an die Decke und genoss den ruhigen Moment. Es war einer dieser Momente, für die sie alles tun würde, um sie zu bekommen und diesen zu verschwenden, käme nicht in Frage.
Von außen sah Wednesday aus wie eine vor sich hin gammelnde Leiche. Ihr Körper bewegte sich keinen Millimeter und blieb ausgestreckt wie gewollt liegen, ihre Haut war so blass wie immer und ihre Körpertemperatur deutlich kälter als es bei normalen Leuten üblich war, äußerlich gab es kein Zeichen von tatsächlichem Leben. In ihrem Inneren sah es aber deutlich anders aus, dort wimmelte es nur von Gedanken, die alle eine Runde Achterbahn in ihrem Gehirn fuhren. Sie rätselte, wer die neue Direktorin sein könnte und ob diese der Nevermore Academy gewachsen war, denn es könnte nicht jeder eine Schule voller Außenseiter leiten, mit ihren ganzen mörderischen Geheimnissen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es müsste eine starke Person sein, die nicht wegen umher liegender Schülerleichen beschloss, selbst in den Abgrund zu springen, denn in so einer Situation sollte man standhaft bleiben, um sich um die Lebenden zu kümmern.
Die Toten kamen schon alleine zurecht, in der Dunkelheit verborgen waren sie gut aufgehoben, sie müssten sich im Normalfall keine Gedanken mehr um die Lebenden machen und konnten für immer in der kalten Umarmung des Todes verweilen. Diesen Luxus hatte Wednesday aber noch nicht. Der kalte Hauch des Todes müsste bei ihr noch warten. Sie wäre erstmal ausgeplant. Vermutungen, wer ihr Stalker sein könnte, hatte sie schon, aber noch keine handfesten Beweise, ob ihre Thesen auch wirklich stimmten. Letztes Jahr hatte sie schon genug Vermutungen ausgeplaudert, die dann doch nicht der Realität entsprachen, da der Schein tug. Sie würde aus ihren Fehlern lernen, um dem Stalker so früh wie möglich seine eigene Medizin verabreichen zu können. Diese wäre für die Person auch die letzte.
Die Ruhe, die im Raum lag, wurde nach nur wenigen Minuten von ihrer überdrehten Mitbewohnerin ins Exil verstoßen, welche anscheinend vergessen hatte, wie man eine Tür richtig bediente, ohne verkratzte Andenken zu hinterlassen. "Wie kann sie nur? Wie kann sie nur! Ich bin ihre Tochter und kein unzivilisierter Raufbold wie meine Brüder! Ich werde sicherlich keinen einzignen Fuß dorthin setzen! Ne ne, das kann sie vergessen! Diese Erniedrigung habe ich nicht nötig! Soll sie doch selbst dorthin und sich vorsagen lassen, wie man hygienisch als Werwolf lebt. Wozu gibt es denn sonst eine Dusche?", protestierte Enid lauthals als sie ins Zimmer kam, und vor Wut in ihrem Gesicht so rot wie auf dem Rabentanz des letzten Jahres wurde.
Ihre Stimmung war so drastisch, dass selbst Wednesday, die einfach nur etwas Ruhe wollte, langsam von ihrem immer noch unbezogenen Bett aufstand und auf Enid zulief, welche sich ein Kissen genommen hatte, um aus Frust leichtsinnige Schreie in diesem Kissen dämpfen zu können. Der Anblick war reine Folter für Wednesdays kalte Augen, die am besten diese Szene geschlossen ignoriert hätten, aber tatsächlich drängte irgendetwas in ihrem Körper sie, ihrer Freundin beiseite zu stehen. Dieses Gefühl, das sie überkam, war lästig und würde bestimmt nicht mehr oft vorkommen, sonst müsste sie wohl ihre tote Therapeutin für ein paar Gesprächsstunden wieder zum Leben erwecken.
Wednesday erreichte Enid, die mittlerweile mit ihrem Kissen schreiend und auf dem Boden klopfend auf dem kalten Boden lag. Wednesday erschien diese Situation wie ein Gefühlsausbruch, den Pugsley ebenfalls schon durchlebt hatte. Bei ihm hatte sie jedoch eine rostige Schraube hinzugefügt, mitten in seine rechte Handfläche. Danach wurden seine Schreie leicht erträglich, aber waren dennoch unbedeutend. Was sie bei Enid in ihrer momentanen Gefühlskrise beachten sollte, wusste ihr kaltes Herz nicht, nur, dass in ihrem Fall keine rostige Schraube helfen würde.
Nachdem ihr alleiniges Starren der Situation nicht weiterhalf, äußerte Wednesday ihre Anwesenheit mit einem Räuspern auf das direkt der Name ihrer Freundin folgte. Enid schrie jedoch einfach weiter in ihr Kissen hinein, ohne eine Veränderung zu zeigen, weswegen Wednesday beschloss, sich ihrer Lautstärke anzupassen und noch einmal aufs Neue ihren Namen dieses Mal regelrecht zu schreien. Darauf reagierte Enid schließlich indem sie ihren Kopf nach oben streckte und ihre Aufmerksamkeit Wednesday vor die Füße legte. So konnte die Schwarzhaarige in Enids mitgenommenes Gesicht sehen. Ihre Augen waren deutlich rötlicher als sonst und die Wangen glänzten voller geflossener Tränen. Alleine der Blick, den Enid Wednesday zeigte, war so mitgenommen wie ihr Bruder Pugsley auf ihrem elektrischen Stuhl, dabei wurde sie nicht durch Volts innerlich gebrutzelt.
Wednesday konnte nicht einschätzen, was in Enid vor sich ging und da sie bisher noch kein Wort zur Erklärung ihres Problems von sich gab, musste sie wohl mehr oder weniger fragen, was los war. Ohne Weiteres kam sie gleich zur Sache, solange sie noch ihre Aufmerksamkeit hatte. "Enid, aus welchem Grund beschmutzt du deinen Körper mit Tränen, die wie Kletten nach dem Entkommen deines Körpers Schwäche an dein Gesicht kleben? Du hast diese emotionale Schwäche aufgerüstet mit einer emotionalen Panikattacke nicht nötig, damit zeigst du deinen Gegnern eine schwache Seite an dir, mit der sie dich ohne Gnade im Höllenfeuer in der Öffentlichkeit verbrennen werden, bis nur noch Schmerz verbleibt." Nach Wednesdays direkter Frage mit einer Prise Verurteilung war Enid dran zu antworten, doch sie sah Wednesday nur zögerlich durch ihre verweinten Augen und schmiss ihren Kopf wieder auf ihr Kissen mit dem Ziel, weiter ihre Seele raus in das Kissen zu schreien, doch kam sie nicht dazu.
Wednesday zog ohne Gnade ihr Kissen weg und schmiss es in eine Ecke ihrer Zimmerhälfte "Antworte!", gab sie direkt von sich und starrte ihre Freundin etwas provokant an, sie bestand schließlich auf die Wahrheit. Doch Enid schwieg in der Hinsicht immer noch wie auf dem Friedhof, obwohl ihr Kopf dank des fehlenden Kissens mit einem schmerzhaften stumpfen Geräusch auf dem Boden landete. Nun fing sie statt zu schreien an zu schluchzen, was für Wednesday noch unerträglicher war.
Sie sah mittlerweile ein, dass sie mit normalen Worten nicht weit kam, weswegen sie etwas raffinierter denken musste. Mit langsamen Schritten ging sie Richtung Tür und drehte ihren Blick stattdessen zu eiskaltes Händchen um.
"Wenn du der Meinung bist, armselig wie mein Bruder Pugsley zu enden, werde ich gehen und eiskaltes Händchen begleitet mich, komm her", gab Wednesday ihrer Freundin Bescheid, welche wieder hoch blickte und sah, wie eiskaltes Händchen, der sich etwas erholt hatte, seinen Weg zu Wednesday bahnte und Wednesday gerade dabei war, die Tür zu öffnen. Leicht erschrocken handelte Enid, bevor sie alleine durchnässt auf dem kalten Zimmerboden endete. "Halt, bleibt bitte hier, ich möchte nicht alleine sein", flehte sie schließlich, doch Wednesday machte sich nicht die Mühe, umzukehren oder sie überhaupt anzuschauen, sie blieb einfach wartend vor der Tür stehen. "Bitte bleibt hier, ich werde euch auch erzählen, was los ist und ich höre auf zu weinen!", flehte Enid noch mehr und sah traurig zu Wednesday und eiskaltes Händchen rüber. Eiskaltes Händchen war der Erste, der zu ihr ging, gefolgt von Wednesday. Sie würden nun endlich eine Antwort auf diese Heulerei erhalten.
In der Hocke setzte sich Wednesday mit einem ernsten Blick vor Enid hin. Das Erste, was Enid tat, war, sich mit eiskaltes Händchens Hilfe ebenfalls in die Hocke zu setzen und mit ihrer traurigen Miene in die im Gegensatz ernste von ihrer Freundin zu starren, während ein beruhigendes Händchen ihre rechte Hand streichelte und ihr so etwas Kraft gab für die peinliche Beichte. Kurz atmete Enid noch einmal tief durch, bevor das emotionale Chaos weiter ging.
"Als ich mich von meiner Familie verabschiedet hatte, habe ich mich mit meiner Mutter wieder mal gestritten. Sie ist der Meinung, dass ich in den nächsten Ferien einen Kurs besuchen soll, in dem man lernt, wie man sein Werwolfs Wesen pflegt. Doch dieser Kurs ist eigentlich nur für unhygienische Werwölfe gedacht, um ihnen im Nachhinein zu zeigen, wie wichtig die Hygiene ist. Ich gehöre aber nicht zu dieser Art von Werwölfen, die auf ihr Äußeres scheißen. Meine Brüder mussten dort auch schon hin, aber bei ihnen war es im Gegensatz zu mir auch nötig! Das Schlimmste ist, dass sie für diesen Kurs schon bezahlt hat, also muss ich mich bald zwei Wochen lang mit stinkenden Werwölfen rumschlagen! Wednesday, ich halte das jetzt schon nicht aus!", erklärte Enid mit dramatischen Handbewegungen ihrer freien Hand zur Unterstützung ihrer Erklärung. Wednesday blieb nach dieser Beichte kurz sprachlos, um die passenden Worte zu suchen.
"Geh nicht hin", antwortete sie schließlich und fing für ihre Antwort einen empörten Blick ein. "Aber sie hat für diesen Kurs schon bezahlt. Außerdem wo soll ich sonst hin? Sie würde es ja merken, wenn ich zu Hause bleiben würde!", war Enids Antwort, auf die Wednesday schnell reagierte. "Sie hat zwar für diesen Kurs bezahlt, aber es ist nicht deine Pflicht zu erscheinen. Wenn du willst, kannst du mit deiner Anwesenheit bei mir, mit mir Pugsley Vernunft beibringen, das steigert die Laune auf 180 Prozent", bot sie Enid an, welche ihre Augenlider vor Überraschung so weit auseinanderzog wie es überhaupt möglich war.
Enid versuchte gerade, die Information in ihrem Gehirn zu speichern, dass Wednesday ihr eine Unterkunft in den Ferien angeboten hatte. Wenn sie ehrlich war, hätte sie diese Geste von ihrer Freundin ganz und gar nicht erwartet und doch bestand das Angebot, welches Enid ein Lächeln auf ihr bisheriges betrübtes Gesicht brachte. "Meinst du das wirklich, kann ich wirklich zu dir?", fragte Enid, damit sie sich nicht zu früh freuen würde. "Ich werde nächste Woche mit der Kristallkugel versuchen, meine Eltern zu erreichen, um mit ihnen darüber zu sprechen, aber solange kannst du dir sicher sein, dass die Chancen dafür so hoch sind wie hier zu sterben", gab Wednesday leicht erfreut zu, aber Enid war sich nicht so sicher, ob das jetzt positiv gemeint war oder doch negativ. Wegen Wednesdays Art entschied sie sich eher an das Positive zu glauben und begann vor Freude mit ihren Augen zu strahlen. Ihre Laune änderte sich deutlich ins bessere.
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