
𝟷𝟾| 𝙴𝚒𝚜𝚔𝚊𝚕𝚝𝚎 𝙽ä𝚌𝚑𝚝𝚎
Murphy wusste nicht, wie lange er hier schon saß. Nach dem dritten Tag hatte er aufgehört zu zählen. Kasimir war, wie er versprochen hatte, immer wieder zu ihm gekommen. Er hatte sich auf den Boden vor die Gittertür gesetzt. Manchmal hatten sie geredet, manchmal hatten sie auch einfach nur zusammen geschwiegen. Die Wachen waren so freundlich, auf den Befehl des Prinzen jedes mal zu verschwinden. Murphy genoss diese Minuten, die er mit Kasimir verbrachte. Er genoss sie viel zu sehr, aber konnte sich etwas, das so falsch war, sich so richtig anfühlen?
Nun war es Nacht. Eiskalt. Der Wind pfiff durch das scheibenlose Fenster. Murphy fröstelte. Er rieb sich die Handflächen, um sich irgendwie warm zu halten, aber es half nichts. Sein Körper war zu müde und seine Geduld am Ende. Plötzlich hörte er Schritte. Er hob den Blick und schluckte. Da tauchte Kasimir auf.
"Ich bitte euch zu gehen", sprach er und die schwerfälligen Schritte der Wachen entfernten sich. Der Dunkelhaarige kroch auf allen Vieren über den rauen Steinboden. Seine Kleidung wetzte sich an den Knien ab.
"Kasimir", flüsterte er und umschloss die kalte Gitterstäbe mit seiner Hand.
"Ich habe dir eine Decke mitgebracht. Dir ist kalt. Nimm sie". Er presste sie zwischen den Stäben hindurch und Murphy legte sie erstaunt auf seinen Schoß.
"Danke... wirklich. Vielen Dank". Er lächelte leicht und Kasimir ließ sich wie gewohnt auf den Boden vor der Zelle sinken. Seine Hand legte er auf die von Murphy. Warm und groß lag sie da und jagte dem Schwarzhaarigen einen Schauer über den Rücken. Seine Augen waren auf die des Prinzen gerichtet und so saßen sie da. Jeder von ihnen schwieg, weil er wusste, dass jedes Wort überflüssig war. Sie sahen sich einfach nur an.
"Ich hole dich hier raus. Ich verspreche es dir", brach Kasimir schließlich die Stille zwischen ihnen. Langsam nickte Murphy.
"Das hast du die Tage schonmal gesagt. Ich hab Zeit". Murphy musste lächeln. Er lächelte, obwohl er eigentlich heulen müsste. Er lächelte, obwohl er diesen Jungen vor sich eigentlich hassen sollte. Er lächelte, obwohl es falsch war.
Kasimir erwiderte dieses und fing dann, sanft mit seinem Daumen über die Haut des anderen zu streichen. Wieder schauderte Murphy, aber nicht vor Kälte sondern wegen den Stromschlägen die über seine Haut und durch seinen ganzen Körper zuckten.
"Schön, dass du Witze machst".
"Schön, dass du mich besuchen kommst". Murphy lehnte seine Stirn gegen das kalte Metal, während er seine Augen auf die Decke auf seinem Schoß gerichtet hatte, die er langsam verteilte, damit sie ihn auch wärmen könnte.
Nach ein paar Minuten spürte er warme Haut, die sich von außen an die Stäbe lehnte. Kasimir hatte ebenfalls seine Stirn an die Gitterstäbe gelehnt, so dass sie nun Stirn an Stirn da saßen.
Das Herz des Dunkelhaarigen setzte einen Schlag aus. Dann raste es wieder weiter und zwar so schnell, dass der Schwarzhaarige das Gefühl hatte, sein Herz wolle die Zeit, die es ausgesetzt hatte, wieder nachholen.
Stille. Nichts als Stille und der gleichmäßige Atem der beiden Jungs.
"Ich hätte nicht gedacht, dass du mir Mal was bedeuten könntest", flüsterte Kasimir. Murphy konnte seinen Atem auf seiner Haut spüren, während er die Worte hauchte. Worte, die nun zwischen ihnen in der Luft hingen und darauf warteten, was Murphy damit anfing.
"Tue ich das denn?".
"Hmm". Kasimir sagte nichts mehr. Stattdessen streckte er seine freie Hand durch die Gittertür und legte sie an die Wange von Murphy.
"Sieh mich an", hauchte er. Wieder spürte er den heißen Atem auf seiner Haut. Es kribbelte an der Stelle, an der die warme Luft auf seine kalte Epidermis traf.
Langsam hob der Schwarzhaarige seinen Blick. Er blickte in die stechend grünen Augen, die selbst hier im dunklen zu leuchten schien. Die Lippen des Prinzen zierte ein Lächeln. Sie glänzten und sahen gepflegt aus, sahen weich aus. Lippen, die man küssen muss.
Murphy atmete durch den Mund, weil die Luft, die er durch die Nase aufnahm, plötzlich nicht mehr reichte. Alles drehte sich. Die Erde blieb stehen, um ihnen bei diesem Moment zusehen zu können. Es war ihr Moment. Ein Moment der nicht sein sollte. Der nicht echt war, weil Murphy genauso wenig echt war, in dieser Zeit und doch konnte er nicht anders. Der Daumen an seiner Hand, der ihn noch immer sanft streichelte und die Finger an seiner Wange, die sich ihren Weg langsam Richtung Haare bahnten, all das machte ihn in diesem Moment wahnsinnig.
Ihm wurde schwindelig und heiß zugleich. Er wollte schreien, weglaufen, doch vor allem wollte er Kasimir jetzt bei sich haben. Genau jetzt, denn es war perfekt.
Vorsichtig küsste er ihn. Er küsste ihn und es war Magie. Die Eisenstäbe trennten sie und doch waren sie verbunden. Wäre er hier bei ihm in dieser Zelle, würde Murphy sich an ihn schmiegen und ihn nicht mehr los lassen. Sanft bewegte er die Lippen gegen die des Prinzen und es fühlte sich toll an. Vorsichtig rückte Kasimir näher an das Gitter, streckte seine andere Hand, die zuvor noch auf der von Murphy gelegen hatte, ebenfalls durch die Stäbe und zog das Gesicht des Schwarzhaarigen noch näher an sich, noch fester auf seine Lippen. Langsam erhoben sie sich. Beide zeitgleich, als hätten sie sich angesprochen, doch ihre Lippen verließen sich keine Sekunde. Eng pressten sie ihre Körper an die Tür. So fest, dass die Stäbe in ihren Körpern verschwanden und sie sich vorstellen konnten, wie es wäre, wenn sie nicht da wären.
Vorsichtig löste Kasimir sich und sah dem Dunkelhaarigen in die Augen. Das Lächeln war wieder da. Dieses ganz typische Kasimirlächeln. Murphy konnte nicht anders, als ihn einfach nur so anzusehen.
"Ich muss jetzt gehen, aber ich werde wieder kommen". Sanft strich er über die Wange, die nun nicht mehr ganz so kalt war. Dann ging er davon. Murphy stand noch ein paar Sekunden an der Tür, die Gitterstäbe umklammert und dachte an das Geschehene. Die Stille senkte sich auf ihn herab und mit ihr auch die Kälte der Nacht, bis ihn nur noch ein Gedanke wärmte. Kasimir.
Es macht mir so Spaß, diese Story zu schreiben. Ohne Witz 😍❤️danke für euren Support ✨💫
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