Scarlett ~ Stuhlbeine
„Und ich glaube, sie wollte noch eine DNA-Probe von mir haben, jedenfalls freue ich mich total darauf."
Mit einem breiten Lächeln nahm Queenie einen Schluck ihres warmen Kakaos, dann wurde es kurz still an unserem Tisch. Wir saßen in einem gemütlichen Café abseits der Hektik der Hauptstraße und wären vielleicht mit unseren schwarzen Anzügen aufgefallen, aber wir saßen halb verborgen hinter einer Zimmerpalme in einem großen Porzellantopf. Peggy hatte wohlweißlich einen Tisch ausgesucht, der an der Rückwand neben der Theke stand, außer Sichtweite der meisten Fenster. Zwar berührte mein Stuhl bereits den Korbsitz des nächsten Tisches, aber bis auf ein Pärchen auf der anderen Seite des Raumes waren wir die einzigen Gäste hier, und Caps Tochter hatte die Tür, die in Queenies und meinem Rücken war, ständig im Blick.
Für eine kurze Zeit wurde unser Schweigen nur vom Klirren von Peggys Löffel gebrochen, der bei ihrem ständigen Rühren andauernd gegen die Porzellantasse klackte.
„Mmh?" Verwirrt blickte die Blondine schließlich auf, doch ich zuckte nur die Schultern. „Meine Mom und Morgan wollen Queenies DNA kontrollieren, Viz' und Wandas Genetik durchsuchen und einen Algorithmus zu ihrer Magie finden. Queenie ist da zwar etwas skeptisch, aber sie vertraut unserer Familie. Und da wir nächstes Wochenende alle wieder zusammentreffen, freut sie sich."
„Yayyy!" Begeistert klatschte Agnes kurz in die Hände, sie war es nicht ganz gewöhnt, verstanden zu werden. Peggy jedenfalls musterte mich etwas ungläubig und verdrehte dann einfach die Augen, ihren Kopf gegen die rechte Hand stützend.
Ich musste ziemlich zufrieden grinsen – es fühlte sich gut an, überlegen zu sein. Ich liebte meinen Anzug.
Peggy riss sich erst aus ihrer Lethargie, als ihr Handy sich mit irgendeinem Rocksong zu Wort meldete. Mit einem etwas verwirrten Blick hob sie ab – dann erschien ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht. „Warte mal kurz, Schatz, ich mach dich laut – Agnes und Scarlett sind gerade bei mir."
„Antonia", zwinkerte Queenie mir auf meinen abschätzenden Blick hin zu, und prompt ertönte die leise Stimme aus dem Starkphone: „Hey, Mädels..."
Ich konnte förmlich spüren, wie sich die Stimmung hob. Peggy war mit einem Mal weniger müde, und auf meinem Gesicht breitete sich ein sanftes Lächeln aus. „Nia, wie schön dich zu hören!"
Ich streckte einen Arm aus und tippte kurzerhand auf das Starkphone meiner Cousine, das sie neben ihrer Untertasse platziert hatte. Prompt erhob sich ein holographischer Oberkörper daraus, und Queenie rückte mit ihrem Stuhl etwas zur Seite – so, dass sie das Hologramm gegen die anderen Besucher verdeckte.
Nia strich sich leise seufzend eine lange braune Strähne zurück, die sich deutlich vom weißen Poloshirt ihrer Schuluniform abhob. Ihre sanften schokoladenfarbenen Augen funkelten zwar, aber sie sah trotzdem nicht sonderlich glücklich aus.
„Ja, ich freu mich ja auch ganz sehr, aber... ich habe ein Problem." Unser Küken sah sich kurz in der Runde um, dann blickte sie wieder zu Boden – was etwas merkwürdig aussah, da das auf unserer Seite der Leitung ein matter Glastisch war, mit Krümeln von Queenies Brownie. „Also, ihr wisst ja, dass ich für meinen Dad zum Geburtstag Frühstück machen wollte, mit Pancakes und selbstgemachter Limonade. Naja, er ist gerade nicht da, und ich habe die Limo ausprobiert, weil ich die noch nie gemacht habe, und jetzt ist aber sein Lieblingsglas kaputt gegangen, das, wo Peter draufsteht... und ich weiß einfach nicht, was ich machen soll!"
Weil Nia unsere Augen mit leicht geröteten Wangen noch immer vermied, tauschte ich einen kurzen Blick mit Peggy – und wir beide hatten dasselbe Schmunzeln auf den Lippen.
„Oh, Schatz", sagte meine Cousine in dem sanften Ton, der nur unserem Küken zuteilwurde, „Das ist doch nicht schlimm. Er wird sich trotzdem ganz sehr freuen."
„Ja, ich weiß, aber es ist trotzdem doof." Nia rang ihre Hände und sah mich jetzt doch an, einen verzweifelten Ausdruck in den Augen. Mit einem Zwinkern hakte ich nach: „Hat die Limo denn geklappt?"
„Schon, aber das nützt ja auch nicht mehr", seufzte die Zehnjährige.
„Okay, pass auf", lächelte ich, „Morgen nach der Schule läufst du vor zum Einkaufszentrum am Cunningham Park, ja? Und da lässt du ein neues Glas gravieren, und du lässt „Favourite Dad" draufschreiben, darüber wird er sich am allermeisten freuen."
Kurz schwieg meine kleine Cousine mit zusammengezogenen Augenbrauen, doch auch als sie ihren Mund wieder öffnete, klang sie nicht sehr aufgemuntert: „Die Idee ist gut, aber Granny holt mich doch direkt nach Schulschluss ab. Und ich möchte das unbedingt allein schaffen."
Sie biss sich kurz auf die Unterlippe und sah dann wieder zu uns hoch, mit flehenden Augen.
Mit geschürzten Lippen blickte ich zu Peggy, die eine Grimasse zog und einsprang: „Ich glaube, das ist ein Notfall. Dann lässt du ausnahmsweise die letzte Stunde ausfallen und erledigst das da. Erzähl deinem Lehrer einfach, dass May dich wegen des Geburtstags deines Vaters früher abholt."
Ich konnte die Rädchen in Nias Hirn förmlich rattern sehen, doch sie hatte noch Zweifel und runzelte die Stirn: „Meinst du wirklich?"
„Also, wenn Peggy das schon sagt, dann kannst du sicher sein, dass es geht", grinste ich, „Mach dir da mal keine Sorgen, Schatz."
„Na dann, machts gut... Und vielen Dank!", murmelte Antonia und winkte kurz. Uns gegenseitig anlächelnd verabschiedeten Peggy und ich uns mit einem „Bis Morgen!", dann legte Caps Tochter auf. Queenie öffnete ihren Mund, um endlich wieder etwas einzuwerfen – sie telefonierte nicht gern –, da hielt sie plötzlich inne und drehte sich um.
Alarmiert blickte ich auf, doch am Tisch hinter uns lehnte nur Chad – sehr zu meiner Begeisterung. „Also wirklich, Jolly Rogers", auf seinem Gesicht erschien dieses widerliche Grinsen, „Hast du gerade der Tochter des gewaltbekämpfenden Spinnenmanns geraten, die Schule zu schwänzen? Du weißt schon, dass dein Vater der rechtschaffenste Mann Amerikas ist?"
„Und der Intelligenzquotient war gerade so schön hoch...", murmelte ich.
Queenie starrte weiterhin T'Chada an und rieb sich die Schläfen. Ich wusste, dass seine mentale Barriere aus einer Gedankenflut an verwirrenden Bildern bestand – effektiv, aber fies gegenüber Agnes. Mein Blick glitt abwehrend über den Black Lion, der seine Hände in der Bauchtasche seines Hoodies vergraben hatte. Es passte mir nicht, dass ich nicht sehen konnte, ob er die Krallen ausgefahren hatte oder nicht...
Peggy, die das Café mit den Augen abgesucht hatte, räusperte sich: „Wo genau hast du Hoodwink gelassen?"
Beinahe sofort schossen meine Augenbrauen in die Höhe.
„Ja, der ist noch den Bahnhof kontrollieren gegangen. Können wir jetzt gehen?", war die nicht sehr aussagekräftige Antwort – die meine Wut sofort aufflammen ließ.
Noch bevor Peggy etwas sagen konnte, entfuhr meiner Kehle ein tiefes Knurren. Queenie neben mir zuckte zusammen, doch ich dachte nicht einmal daran, meine Gedanken zu verbergen.
Auf dem rötlichen Fliesenboden gaben die Stuhlbeine ein unangenehmes Geräusch von sich, als ich sie plötzlich zurückschob, aufsprang und T'Chada am Kragen packte. „Uhh, doch so stürmisch", blitzten dessen Augen, „Du bist doch sonst nicht so hitzig, Kit Cool... Aber so heiß, wie ich bin, bekomme ich sogar die Frostprinzessin zum Schmelzen."
Das war der Punkt, an dem ich seine Nase brach.
Und ihn zwar durchaus zwischen mir und der nächsten Wand einsperrte, aber ich fürchte, den Unterarm an seiner Kehle fand sogar mein Cousin wenig romantisch.
Ja, vielleicht war das tatsächlich etwas stürmisch, aber auf meinen Bruder reagierte ich empfindlich – vor allem, wenn dieser Idiot beteiligt war.
„Du wärst tot, bevor du deine Krallen ausgefahren hättest, Blacky", lächelte ich betont ruhig, „Also lass es gleich. Und deine große Klappe reißt du bitte auch nur für eine einzige Information auf: Wo. ist. mein. Bruder?"
Ich spürte an seinem hüpfenden Adamsapfel, wie er schluckte, doch seine Augen funkelten nur teilweise aus Furcht: Er öffnete zwar den Mund, aber nicht, um zu sprechen.
Dieser Idiot gähnte.
„Bist du dann fertig?"
Dann erstarrte er mitten in der Bewegung, und ein sadistisches Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. „Doch nicht mehr so heiß, mh?" Ich spürte, wie T'Chadas Puls sich beschleunigte, und nickte verdeutlichend meinem blau gewordenen Unterarm zu, dessen Armschoner ich eingefahren hatte. „Ist dir kalt, Blacky?"
Deutlich hörbar knirschten die Zähne meines Cousins, und bis auf sein leichtes Zittern blieb er still – auch wenn seine Augen gefährlich glitzerten.
Ich hatte keine Ahnung, was passiert wäre, wenn ich nicht plötzlich eine vertraute Hand an meiner Schulter gespürt hätte.
„Machen wir uns heim." Mein Bruder legte seinen Arm um mich und zog mich von T'Chada weg, der ausnahmsweise seine Klappe hielt.
Widerstandlos ließ ich mich von Hunter führen, lehnte einfach nur meinen Kopf an seine Schulter. Er schaffte es, dass mein Zorn innerhalb von Sekunden wieder abgeflaut war, und seine augenscheinliche Erschöpfung ging auf mich über – trotz Anzug. Mit halb geschlossenen Augen bekam ich kaum wahr, wie das Glöckchen an der Tür des Cafés leise bimmelte, als wir aus der Tür traten.
Als wir an Peggys Auto, das sie direkt davor geparkt hatte, ankamen, drückte er mir wortlos einen Kuss auf die Stirn und öffnete mir die Beifahrertür. Forschend sah ich ihn an – so fürsorglich war er nur, wenn irgendwas ihn wirklich aufgeregt hatte. Etwas, was sein großer-Zwillingsbruder-Beschützerinstinkt von mir abhalten wollte. Doch Hunter schüttelte nur den Kopf und murmelte: „Dein Arm."
Augenverdrehend schob ich den Schoner wieder über meine blaue Haut, die sich nur langsam wieder normalisierte.
Trotzdem dankbar ließ ich mich auf den Beifahrersitz fallen, Hunter nahm hinter mir Platz. Queenie hatte dann wohl die ehrenvolle Aufgabe, neben dem Kronprinzen Wakandas zu sitzen... Die Arme.
***
Hiermit haben wir also auch den jüngsten Avengersspross kennengelernt... Und Antonia "Nia" May Parker muss man einfach gernhaben. Ich habe sie auf jeden Fall schon ziemlich ins Herz geschlossen, aber von Peters Tochter erwahrtet man vermutlich auch nichts anders.😉
Von Chad und Scar mittlerweile vermutlich auch nicht mehr... Was haltet ihr von ihrer kleinen Auseinandersetzung? Noch hat sich da ja nicht allzu viel entladen...
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro