8.
Ich hatte Glück und durfte schon drei Tage später als letzter meiner Klasse das Krankenhaus verlassen. Das war ein Sonntag und obwohl morgen schon die Schule weitergehen sollte, freute ich mich irgendwie darauf! Mir ging es viel besser und die Woche würde mir genügend Beschäftigung aufgeben, damit ich mich nicht einsam fühlte in unserer ansonsten verlassenen Wohnung. Einige Mitschüler hatten sich zwar beschwert, dass die Lehrer durch diese Entscheidung kein Mitgefühl zeigten und unsere Gesundheit ihnen wohl egal war, aber ich fand es gut so! So kehrte wenigstens ein bisschen Normalität zurück. Hoffentlich würden die anderen Klassen uns nicht auf den Fluren auflauern, uns Fragen stellen oder auf unsere Narben aufmerksam machen, die manche offensichtlicher trugen als andere. Denn so cool ich sie und meine neuen Muskeln und verbesserten Sinne auch fand, ich war nicht unbedingt scharf darauf, sie vor Fremden zu präsentieren. Das war privat und eine Sache, die ich nur mit bestimmten Leuten teilen wollte.
Während ich mir leise summend die Zutaten für ein kleines Abendessen bereit stellte, dachte ich nochmal über den Wandertag nach, der unsere Leben die vergangenen Tage so völlig umgekrempelt hatte. Bisher war nicht viel wiedergekommen, bis auf das wenige zur Fahrt, dass ich durch Tim bereits wusste. Ab dem einsetzenden Regen wurde es schwammig und ich entschloss mich, es noch einmal zu versuchen und den Nebel in meinem Kopf zu beseitigen!
Ich schloss meine Augen, entspannte mich und versuchte mir Szenen vorzustellen, die so vielleicht wirklich passiert waren. Eventuell würde dann etwas bei mir klicken und mir verraten, was Fantasie und was Erinnerungen waren! Okay... mitten im Wald und es fing an zu schütten. Tim hatte gemeint, dass niemand passende Klamotten für ein solches Unwetter mitgehabt hatte... wir hatten gefroren... Plötzlich war da etwas, ich zitterte kurz und glaubte einzelne Satzfetzen wiederzuerkennen. Mein Freund hatte mich notdürftig gewärmt und mich aufgemuntert, indem er die ganze Zeit von einer heißen Dusche geredet hatte, sobald wir zurück Zuhause waren. Ja, so war das geschehen, ehe wir uns entschlossen hatten, den Rückweg zum Bus anzutreten! Ich lächelte kurz erleichtert, bevor ich mich erneut konzentrierte.
Was dann? War noch jemand näher bei uns gewesen und hatte sich mit mir und Tim unterhalten? Tobi vielleicht? Ja, konnte gut sein! Ich glaube, da waren zwei Stimmen gewesen, die mich zusammen angefeuert hatten, noch schneller zu laufen, um gleich wieder im Trocknen zu sitzen! Es wurde alles klarer, ich sah es wieder vor mir, aber irgendwie zog es auch schneller und schneller durch meine Gedanken und entglitt meiner Kontrolle!
Hügel, Steine, Äste, all die Hindernisse, über die ich in meiner Panik gestolpert und beinahe auch gestürzt war, Wege, Bäume, es raste alles im unglaublichen Tempo an mir vorbei. Da war auch schon der Waldrand, darüber mein heftig um Sauerstoff ringender Atem, mein Herzschlag wie trommelnder Galopp und das Rauschen meines Blutes. "Das ist mordsgefährlich!", hörte ich Tobi schreien, als die knapp zwanzig anderen Schüler um uns keuchend auf das Feld stürmten und begannen, sich ihren Weg durch das nasse, windgepeitschte Korn zu schlagen. Es grummelte über uns, die Wolken so dunkel wie die Nacht, dann sahen wir einen Blitz in der Ferne einschlagen, viel zu weit entfernt, um uns gefährlich zu werden. Die Mädchen schrien auf vor Angst und meine Hand fand und klammerte sich fest an die von Tim neben mir. Er sah nicht weniger erledigt aus wie ich von unserem Spurt. "Beeilung!", die Stimme von irgendjemandem ganz vorne über das Getöse des Regens und des Donners, Tim zog an mir vorbei als wolle er mich das letzte Stück mit sich ziehen, dann passierte vermutlich das Unglück. Ich sah nur noch das grelle Licht direkt vor uns, die schwarze Silhouette meines Freundes und spürte die Hitze, die in einer Druckwelle vom Einschlagsort losrollte, danach war da nichts mehr. Ich war blind, taub und fühlte mich wie windelweich geprügelt, fiel, tiefer und tiefer, und dennoch wie in Zeitlupe. Die Millisekunden, in denen der Blitz in unserer Gruppe niedergegangen war, weiteten sich unendlich aus.
Mit dem Aufprall auf den Ackerboden und die einsetzende Schwärze riss ich die Augen wieder auf und rang um Atem. Was...? Wo-? Ich musste mich rasch setzen, weil meine Beine so zitterten. Da stimmte doch etwas nicht! So ganz und gar nicht! Tim war nicht vor mir hergerannt, das hatte er mir schließlich bedauernd erzählt! Oder?!
_______________________
Happy birthday to meeee, happy birthday to meeee... :'D
Ist nicht sonderlich spannend, dafür lernen wir im nächsten Kapitel einen neuen, wichtigen Charakter kennen ;) Und warum sich Stegi wohl an eine unwahre Begebenheit erinnert?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro