Vor drei Jahren
Ich war aufgeregt.
Viel zu aufgeregt.
Ich hatte keine Ahnung was mich erwarten würde. Er war der erste Mensch den ich in London kennenlernen würde. Was es zu viel zu sagen, dass er darüber entscheiden würde wie mein Weg hier verlief? Welche Menschen ich kennenlernte, welche Freunde ich in mein Leben ließ? Er würde mich seinen Freunden vorstellen - und ich würde neue Menschen in meinem neuen Job kennenlernen. Das war's.
In Gedanken versunken kämmte ich meine gedrehten Locken aus und schminkte mich dezent. Schminke lag mir noch nie am Herzen, aber ich dachte der Anlass würde passen.
Eigentlich hatte ich keine Ahnung, ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal ein richtiges Date gehabt hatte.
Abschließend sprühte ich zwei Tupfer von meinem Lieblingsparfüm auf, es roch nach Vergissmeinnicht. Seit ich denken konnte, waren das meine Lieblingsblumen gewesen und somit auch mein Lieblingsparfüm.
Es erinnerte mich an einen warmen Frühling und meine Mutter und mich, wie wir mit Sady über die Wiesen tobten. Sady versetzte meinem Herzen einen kleinen Stich.
Sie war mein Hund aus Kindheitstagen, gestorben ist sie vor fast 2 Jahren.
Dann warf ich einen letzten Blick in den Spiegel. Ich hatte noch nie Sorgen mit meinem Aussehen gehabt, es musste aber auch noch nie mit einem so gutaussehenden Mann wie ihm konkurrieren. Luc.
Du schaffst das Alora!
Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein, wenn ich bitten darf!
»Du schaffst das, «, sagte ich noch einmal lautstark zu mir selbst in den Spiegel.
Meine weichen Knie wollten trotzdem nicht verschwinden.
Und auch mein Herz wollte nicht aufhören, unglaublich schnell zu schlagen.
Ich packte meine letzten Sachen zusammen und ließ auch den Gloss in meiner Tasche verschwinden. Leise schloss ich die Tür hinter mir, meine Nachbarn waren da immer sehr pingelig, und machte mich auf den Weg zur U-Bahnstation.
Es war 14:30 Uhr.
Ich werde zu früh dran sein, doch zu früh ist besser als zu spät.
Genau pünktlich wäre gut gewesen, denn so müsste ich bestimmt noch 15 Minuten vor dem Café stehen bevor er kam.
Das hasste ich, aber zu spät kommen hasste ich genauso.
In der U-Bahn schwirrten tausend Gedanken durch meinen Kopf.
Würde er überhaupt kommen?
Was soll ich ihm erzählen, konnten wir uns überhaupt unterhalten?
Was soll ich trinken?
Eigentlich hätte ich gerne einen Kaffee doch in England ist Tee das typische Getränk zu Gebäck.
Oder?
Soll ich ihn zu erst bestellen lassen und wenn er Tee nahm, nahm ich diesen auch?
Mir wurde schwindlig. Wie konnte man sich über etwas so viele Gedanken machen?
Ich zupfte nervös an dem Saum meines Kleides.
Schneller als mir mittlerweile lieb war, war die U-Bahn-Station gekommen an der ich aussteigen musste. Ich wünschte, ich müsste noch 20 Minuten fahren, könnte mir noch 20 Minuten Gedanken über diese Aufregung in meinem Kopf machen.
Aber ich musste aussteigen.
Ich brauchte nicht lange bis ich das Café gefunden hatte.
Als ich es erblickte machte mein Herz einen Sprung, denn gleichzeitig erblickte ich ihn.
Er hatte eine schwarze Stoffhose an.
Sein weißes Hemd stand ihm unfassbar gut, den obersten Knopf hatte er offen gelassen.
Seine schwarzen Haare hingen ihm lockig in die Stirn.
Bei diesem Anblick schlug mein Herz nur noch schneller, meine Knie wurden noch weicher.
Dann wanderte mein Blick zu seinen Händen.
In der linken hielt er einen großen Strauß Blumen.
Es waren keine typischen Rosen, worüber ich froh war denn er kam mir nicht vor wie der typische Mann, ich sah Sonnen - und Kornblumen. Einen wunderschönen Strauß.
Ich wünschte, ich könnte hier den ganzen Nachmittag stehen - und ihn einfach nur ansehen.
Ich wollte ihn die ganze Zeit einfach nur ansehen.
Doch dann nahm ich all meinen Mut zusammen und setzte einen Fuß vor den anderen.
Als er mich erblickte fing er automatisch an zu lächeln.
Mein Herz macht das nicht mit - atmen - verdammte scheiße sah er gut aus.
Ich lächelte ein schüchternes Lächeln zurück. Auf einmal bereute ich den Rouge, denn ich könnte schwören, dass meine Wangen selten rosiger gewesen waren.
»Hey, Alora. Pünktlichkeit ist wohl genau so deine Stärke wie meine.« Jetzt lachte er. Ein aufrichtiges, ehrliches Lachen.
»Hallo, Luc.« Ich küsste ihm sanft auf die Wange während er mich leicht in den Arm nahm.
Er roch nach Pfefferminz und Sandelholz.
Er reichte mir die Blumen.
Ich hatte recht, es waren Sonnenblumen, Kornblumen, ein bisschen Mohn und Weizen.
Er war alles andere als durchschnittlich, er war perfekt und traf genau meinen Geschmack. Natürlich hätte ich mich auch über Rosen gefreut, aber dieser Strauß rief viel mehr
»Ich habe mir einen Kopf darum gemacht was ich dir mitbringe«
»Die sind für dich. Ich hoffe sie gefallen dir, ich habe glaube ich eine Stunde im Blumenladen verbracht.« Ich nahm sie dankbar entgegen.
»Sie sind wunderschön, dankeschön, Luc.«
»Du bist wunderschön, Alora.«
Unsere Blicke verwoben sich miteinander.
Einen Moment taten wir nichts, außer einander in die Augen zu schauen.
In meinem Bauch mischte sich ein Gefühl aus Aufregung und Ruhe.
Es war unbeschreiblich wie viel in seinem Blick mitschwang. Man könnte meinen graue Augen wären langweilig, doch sein Blick ging tief.
Heute konnte ich auch ein wenig blau in ihnen erkennen.
Wer auch immer er war, ich wusste ich würde für ihn fallen, er brauchte es gar nicht erst zu versuchen.
»Möchten Sie sich setzen?« Ein Kellner unterbrach die angenehme Stille, die zwischen uns geherrscht hatte.
»Ja, ja natürlich, dankeschön.« Luc lächelte den Kellner dankbar an.
Der Kellner zeigte uns einen wunderschönen Tisch, welcher natürlich auch extra reserviert worden war. Er hatte alles durchgeplant. Er hatte sich genau so auf dieses Date gefreut wie ich. Der Gedanke, wie er aufgeregt überlegt, wie heute ein schöner Nachmittag werden kann, beruhigt mich ungemein. Erhöhte gleichzeitig aber auch meine Aufregung.
Meine Hand griff nach der Karte, im gleichen Moment als er diese auch entgegen nehmen wollte. Für drei Sekunden berührten sie sich.
Ich spürte seine kalten Ringe auf meiner Haut, doch es war überraschend angenehm.
Wir lachten beide und er ließ mich zu erst in die Karte schauen.
»Darf ich dir was gestehen?«, murmelte ich, während ich mir die Karte durchlaß.
»Was möchtest du denn gestehen?«, fragte er neugierg.
»Ich saß vorhin in der U-Bahn und ich habe schrecklich Lust auf einen Kaffee, aber dann dachte ich mir, in England wird Tee getrunken oder? Also bitte ich dich mir zu helfen, was wähle ich?«
Zu meinem Glück fing er herzhaft an zu lachen. Er hätte mich auch für verrückt halten können, niemand sollte sich um solch belanglose Sachen Gedanken machen. Doch ich wünschte mir genau so sehr wie er, dass dieser Nachmittag heute unvergesslich wird.
»Ich trinke einen Kaffee und esse eine Zimtschnecke, wenn dir das die Entscheidung erleichtert.«
Ich nickte.
»Kaffee und Zimtschnecke, klingt perfekt.«
»Ich habe auch noch eine Überraschung für dich.«
Er kramte etwas aus seiner Tasche und legte es auf den Tisch. Es war eine Ausgabe von Stolz und Vorurteile. Erstaunt schaute ich zwischen ihm und der Ausgabe hin und her.
»Ich durfte letztens einen Blick in deine Privatsphäre werfen, also ist es nur fair meine ebenfalls mit dir zu teilen. Du darfst dir zwei meiner Lieblingsstellen aussuchen. Aber nur zwei! Vielleicht auch drei. Und ich will deine Meinung zu jeder wissen.« Ich nahm das Buch vorsichtig in meine Hände. Es war eine Erstausgabe gewesen, diese hatte mit Sicherheit ein Vermögen gekostet.
Beinahe auf jeder fünften Seite hatte er ein Klebezettel angebracht.
Sie hatten verschiedene Farben, manche waren blau, manche pink und andere wiederum gelb.
Ich ließ die Seiten zwischen meinen Fingern gleiten und stoppte bei einer zufällig ausgewählten Stelle. Neugierig suchte ich nach dem markierten Zitat.
»Ich sollte dir sagen, dass du mich ganz und gar verzaubert hast und dass ich dich liebe.«
Ich begann zu grinsen, so unglaublich war die Ironie, so gering die Wahrscheinlichkeit ausgerechnet auf dieses Zitat zu treffen.
Schon nach diesen wenigen Minuten war ich mir sicher, ab jetzt gab es keinen Halt mehr - ich würde mich Hals über Kopf in den Mann mit den schwarzen Locken und den grauen Augen verlieben.
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