Kapitel 20
Gegenwart
Mein Herz stolperte über sich selbst, ein enges, beklemmendes Gefühl machte sich in mir breit.
Wieder fiel mein Blick auf meine Hände und das ganze Blut.
Ich atmete viel zu schnell, trotzdem war es nicht genug Luft, die in meine Lungen gelang.
Also atmete ich noch viel schneller.
Schmerzen machten sich in meiner Brust breit.
Ich hatte das Gefühl, vollkommen die Kontrolle über mich und meinen Körper zu verlieren.
Nichts an meinem Körper wollte mehr auf mich hören.
Ich zitterte, zitterte so sehr. Tränen stiegen mir in die Augen
Langsam versuchte ich meinen Körper aufzurichten.
Meine Beine wollten kaum auf mich hören und das beklemmende Gefühl in meiner Brust wurde immer stärker. Hilflos stolperte ich ins Badezimmer, hielt mich an der Türklinke fest, versuchte durchzuatmen doch es half nichts.
Ohne darüber nachzudenken drehte ich das Wasser in der Dusche auf und stellte mich darunter. Eiskalt.
Doch es vertrieb nicht die Gedanken in meinem Kopf.
Ich weinte, schrie, ohne einen Ton herauszubekommen.
Trommelte auf die Fliesen, in der Hoffnung sie würden nachgeben, doch nichts passierte.
Hilflos sank ich auf dem Boden der Dusche zusammen.
Meine Hände schützend um meinen Körper geschlungen.
Ich wollte das es aufhört.
Bitte lass es doch endlich aufhören.
Dann wurde alles um mich herum schwarz.
Gedämpfte Rufe gelangen an mein Ohr. Ein Rütteln an meinem Körper.
Ich wollte meine Augen nicht öffnen. Ich wollte in der Dunkelheit bleiben, in der Ruhe, wollte noch für einen kurzen Moment so tun, als wäre das alles niemals passiert.
Denn wenn ich die Augen öffnen würde, würde die Realität mich einholen, mich wieder verschlingen. Und dafür war ich nicht bereit.
»Alora. Bitte mach die Augen auf.«
Mein Kopf sagte mir, dass es Luc's Stimme war die nach mir rief.
Und ich gehorchte.
Langsam blinzelte ich ein paar Mal.
Ich lag in seinen Armen auf dem Boden des Badezimmers.
Er weinte, seine Tränen tropften auf meine Wange.
Vorsichtig nahm er mein Gesicht in seine Hände, drückte es sanft gegen seins.
Doch ich spürte nichts - außer Kälte.
Wieso war mir so kalt?
»Luc«, krächtzte ich.
Er hatte ein Handtuch um mich gewickelt.
»Du bist so kalt mein Herz. Was hast du dir dabei gedacht?«
Er klang aufgelöst, wir beide Standen am Rand der Verzweiflung.
Und keiner wusste, wann der Schritt über die Klippe folgen würde.
»Ich habe mir so große Sorgen gemacht.« Er drückte mich noch fester an sich.
»Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich glaube ich hatte eine Panikattacke.«
Er strich mir die nassen Haare aus der Stirn.
Doch ich traute mich nicht ihm in die Augen zu schauen.
Wenn er nicht gekommen wäre -
Woher wusste er überhaupt wo wir waren? Wieso hatte er diese Waffe dabei gehabt?
Das alles ergab in meinem Kopf keinen Sinn, das Puzzle ließ sich nicht zusammensetzen.
»Luc?«, flüsterte ich.
»Ja Darling?« Seine Hände berührten immer noch meinen Körper, als wollte er keine Sekunde davon mehr verpassen. Als hätte er wirklich Angst gehabt mich zu verlieren.
»Woher wusstest du wo wir sind?«
Ich versuchte mich langsam aufzurichten.
Lehnte mich gegen die Dusche.
Mein Kopf schmerzte. Eigentlich schmerzte alles an meinem Körper, mein Herz eingeschlossen. Das belegte sogar den Platz Nummer eins.
»Ich kenne das Haus. Ich bin schon einmal hier gewesen. Das erzähle ich dir aber in ein anderes Mal. Du musst dich erstmal ausruhen.«
»Wieso hattest du die Waffe dabei? Du hast sie ewig nicht benutzen müssen. Wieso dachtest du du brauchst sie ausgerechnet hier, ausgerechnet heute?«
Seine Gesichtszüge verhärteten sich und beantworteten mir meine Frage, ohne das er auch nur ein Wort ausgesprochen hatte. Ich kannte ihn gut, zu gut.
Seine Macken, seine Gesichter, ich kannte ihn besser als mich selbst.
»Alora, das ist nicht der richtige Zeitpunkt.« Er stolperte über seine eigenen Worte.
»Ich denke es gibt keinen besseren als Jetzt.«
Mein Blick suchte seinen, doch er konnte mir nicht standhalten.
»Hast du davon gewusst?«
»Wovon?«
»Du weißt wovon ich spreche, Luc.«
Stille breitete sich aus. Langsam glitt sie in mich und erfüllte mich mit Taubheit.
Mein Herz versuchte zu verstehen, was mein Kopf schon längst wusste.
»Du hast diesem Deal zugestimmt?«, flüsterte ich fassungslos.
Er drehte seinen Kopf zur Seite. Versuchte etwas anderes zu finden, dass er angucken konnte, wusste aber genau so gut wie ich, dass wir uns immer auf Augenhöhe begegnen mussten.
Das hatten wir einander versprochen. Von Anfang an.
Also schaute er mich wieder an. Das vertraute Grau in seinen Augen verblasste allmählich.
Der Mann der vor mir saß war kaum der selbe, den ich vor drei Jahren kennengelernt hatte.
»Sag mir, dass das nicht wahr ist.«
Ich konnte nicht einmal weinen, so leer war mein Körper.
Zu viele Tränen wurden in den letzten Tagen schon vergessen.
Sie konnten ein Meer füllen, dem war ich mir sicher.
Mein eigenes kleines Meer - meine persönliche Hölle.
»Du bist doch genauso auf ihn eingegangen.« Er versuchte sich zu rechtfertigen.
»Weil ich dich retten wollte. So wie ich es dir versprochen habe. Ich habe dir versprochen ich würde alles für dich tun. Hier sind wir bei allem angekommen. Das hier ist alles. Und ich hätte es getan um dich zu beschützen.« Meine Stimme wurde laut.
Zumindest so laut wie mein ausgelaugter Körper es zuließ.
Luc steuerte meinem Sturm mit Ruhe entgegen.
»Und ich habe das getan um dich zu beschützen. Ich hätte nur nicht gedacht, dass du ja sagst.«
»Dann haben wir uns wohl beide ineinander geirrt.«
Seine Augen weiteten sich. Er schien nicht zu verstehen, was hier passierte.
»Sag mir was du machen solltest. Sag mir wenigstens wofür ich mich hätte von Denny ficken lassen. Was war es das wert?«
Ein Feuer begann in mir zu brennen - all die Wut die sich angestaut hatte wollte raus. Und auch wenn es mir nicht fair erschien, wusste ich das Luc gerade der beste Ausgangspunkt dafür war.
Genauso gut wusste ich jedoch auch, wenn wir beide erst einmal brannten - folgte immer eine Explosion. Was ich nicht wusste war, wie oft wir die Scherben noch zusammenkehren konnten, bevor wir keine Kraft mehr dazu hatten.
»Kann ich nicht.«
Ich sprang auf, warf das Handtuch auf den Boden.
Er schaute weg.
»Schau mich an. Schau dir ganz genau an, was ich anhabe. Dann führe dir vor Augen, warum ich es anhabe. Und dann hab verdammt nochmal den Arsch in der Hose mir zu sagen, was der ganze Scheiß soll!« Meine Stimme erfüllte das ganze Badezimmer, hatte ihre Kraft in Anfängen meines Feuers gefunden.
Luc stand ebenfalls auf, baute sich vor mir auf. Ich konnte seinen Atmen auf meiner Haut spüren.
Die Sommersprossen auf seiner Nase sehen.
»Ich will dich nur beschützen.« Er wollte nach meiner Hand greifen, doch ich schlug sie weg.
Hielt ihm jedoch stand, wich keinen Schritt vor oder zurück.
»Sag es mir.«
»Alora.«
»Sag es mir!«, schrie ich erneut.
Er schreckte kurz zurück, hatte sich jedoch schnell wieder gesammelt.
Erneut versuchte ich etwas in seinen Augen zu finden, was mich an den Mann erinnerte in den ich mich so sehr verliebt hatte. Versuchte seine Freude zu finden, seine Hoffnung und seine Liebe. Doch sie waren matt. Das Grau seiner Augen war nur noch matt. Ich sah keinen Funken.
Sah nicht das sprühen, was ich sonst in ihnen fand wenn er mich ansah.
Wo war es hin? Und wann war es verschwunden?
»Sag es mir!!«
Ich begann auf seine Brust zu trommeln.
Wollte alles, was sich in mir aufstaute einfach nur noch rauslassen, wollte dem allen ein Ende setzen, doch dafür brauchte ich Antworten.
Antworte die ich verdient hatte.
Antworten, die er mir geben konnte.
Er tat nichts, er hielt mich nicht auf, hielt meine kleine Fäuste nicht mit seinen Händen fest wie er es sonst immer tat.
»Es tut mir leid Alora.«
Ich stoppte. Meine Hände lagen auf seiner Brust.
»Was tut dir leid, Luc? Bitte rede mit mir.«
Die Flamme in mir wurde kleiner. Wurde von Angst und Verzweiflung gelöscht.
Unwohlsein breitete sich in meinem Bauch aus.
»Das hier. Das geht so nicht mehr«, flüsterte er.
»Was? Was meinst du?«
»Wir sollten getrennte Wege gehen. Wir sind nicht gut füreinander. Nicht mehr.«
Noch vor zehn Minuten hatte er sich an meinen Körper gekrallt, als würde sein Leben davon abhängen. Hatte mich in seinen Armen gewogen und vor Sorge geweint.
»Was? Nein. Natürlich nicht. Wieso?«, stotterte ich verwirrt.
»Ich liebe dich nicht mehr, nicht mehr so, dass es ausreichen würde für all die Scheiße die wir wieder durchmachen müssten, es tut mir leid."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro