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071 ** Weihnachtsmarkt-Marathon ** Sa. 30.11.2019

Bei der Samstagslerngruppe lassen wir es heute langsam angehen. Irgendwie ist jetzt nach den letzten Klausuren und kurz vor Weihnachten überall ein bisschen die Luft raus. Da kommt Paul mit einem Vorschlag um die Ecke.
„Jungs, ich hab nochmal ein bisschen gegoogelt und dabei festgestellt, dasss alle drei Uni's, die wir uns rausgesucht haben, Anfang Januar einen Tag der offenen Tür machen."
Sofort sind wir alle wieder hellwach.
„Stimmt. Wir müssen ja noch überlegen, was wir mit Weihnachten, Silvester und den Ferien machen."
„Lenk nicht ab, Moritz. Wollen wir da hin?"
„Hm. Essen und Köln sollten wir auf jeden Fall mitnehmen. Wann sind die denn?"
„Waaaarte, warte, warte, Max. ... Hier. Silvester – Party. Neujahr – ausschlafen." Wir anderen grinsen immer breiter.
„Fr. 3.1. Folkwang, Sa. 4.1. Köln und Mo. 6.1. Frankfurt."

Moritz kratzt sich am unrasierten Kinn.
... aha, heute kein date mit Milly ....
„Das könnte eng werden. Ich hab zwar die Fahrprüfung locker bestanden, aber ich habe keine Fahrpraxis auf Autobahnen. Und dann auch noch Anfang Januar ... So eine weite Strecke bei Winterwetter traue ich mir noch nicht zu. Wann hören denn unsere Ferien auf?"
Paul blättert schnell in seinem Timer.
„Dienstag, der 7. ist noch frei. Also könnten wir Frankfurt auch noch mitnehmen. Fahr'n wir halt Zug."

War ich schonmal in Frankfurt? Soll schön sein da ...
„Jungs, was haltet ihr davon: wir fahren schon am vierten abends oder am fünften früh nach Frankfurt, wir nehmen Lasse mit, damit wir mal wieder was zusammen machen, und lassen uns viel Zeit für Frankfurt. Und wir fahren auch erst am Dienstag zurück. Dann haben wir einen netten Städtetripp, Lasse fühlt sich nicht ausgeschlossen und der Info-Tag wird für uns nicht zur Superhetze. Da gibt's bestimmt eine Jugendherberge ..."

Eine Weile surven wir noch durch die Seiten, um uns ein genaueres Bild von den Tagen zu machen, und finden natürlich auch eine Jugendherberge in Frankfurt. Paul flitzt ins Wohnzimmer, Moritz und ich rufen bei unseren Eltern an und fragen, ob wir uns am Ferienende drei oder vier Tage abseilen dürfen. Der Tag der offenen Tür in Frankfurt sorgt in allen Fällen für ein sofortiges O.K., und ich höre am anderen Ende im Hintergrund Lasse laut jubeln. Immerhin haben wir mehr oder weniger die ganzen Sommer- und Herbstferien durchgearbeitet, geputzt, gelernt und Facharbeiten geschrieben. Da sind die vier Tage redlich verdient.

„So, Jungs. Ich setz mich ab. Ich erobere jetzt Essens Weihnachtsmärkte. Ich hab nämlich rausgefunden, dass es nicht nur die Besäufnismeile auf der Kettwiger gibt sondern auch noch was Mittelalterliches hinter der Marktkirche auf dem Flachsmarkt. Ich hab viel zu tun. Bis morgen. Ich wünsche Euch allen viel Spaß beim Wichteln."
Ich mummele mich ein, schwinge mich auf mein Rad und kurbele in die Innenstadt. Unterwegs gehe ich nochmal meinen gedanklichen Einkaufszettel durch.
Ein paar Sterne für Tanja, vorzugsweise aus Papier, aber eben nicht Fröbel. Für Anni und Frau Tucher am liebsten Holzsterne, weil der Pettersson ja das ganze Buch durch mit Holz werkelt, soweit ich das sehen konnte. Und einen Schutzengel für Anni. Vielleicht noch irgendwas aus Glas, weil Tante Jana das Material so liebt, aber dafür habe ich ja noch drei Wochen Zeit.

Ich schlendere die Kettwiger entlang und winde mich, so gut es geht, zwischen den ganzen 24/7-Säufern durch. Es ist übliches Essener End-November-Nichtwetter, also klappe ich meinen Kragen hoch, ziehe mir die Mütze tief über die Ohren und vergrabe meine Hände in den Jackentaschen. Bis ich mich zu dem Stand mit den Papiersternen durchgearbeitet habe, fühle ich mich schon allein vom Geruch des vielen Glühweins völlig besoffen.
Hoffentlich fahre ich nachher nicht Schlangenlinien ...

Neugierig stehe ich vor dem Stand und mustere die ganzen Papiersterne, die in Folien verpackt, von der Decke hängend, in Ständern steckend darauf warten, gekauft zu werden. Traditionell weiß, gold oder rot, modern in braun oder silber oder ... lila??? ...
Igitt!
Völlig sinnbefreit in tannengrün, als Tischlaterne, Lichterkette, zum Aufhängen, flach auf Karten geklebt – mir verschwimmen die Sterne bald vor Augen. Aber sie sind einer schöner als der andere. Trotzdem will der Funke nicht so richtig springen. Bis ich hinter den beiden Frauen noch ein paar Schachteln entdecke, die aussehen, als stünden sie da ziemlich stiefmütterlich behandelt schon seit Jahren rum.

„Darf ich in diese Schachteln mal reinsehen?"
Ich zeige nach hinten in den Stand, und die ältere Dame zieht erstaunt eine Augenbraue hoch.
„Das ist ältere Ware, die schon lange ..."
„Macht nichts. Ich bin einfach neugierig."
„Na, dann."
Sie greift hinter sich und reicht mir zwei der lieblosen Pappschachteln an. Ich stelle mich an die Seite und öffne die erste Schachtel.
Okeeeeee – B-Ware ist da eine liebenswerte Bezeichnung ...

Etwas weniger enthusiastisch öffne ich die zweite Schachtel und fange sofort an zu strahlen. Die Schachtel ist voll mit weißen, ganz zierlichen Sternen. Ich muss genau hinschauen, um zu erkennen, wie die gemacht sind. Da ist offensichtlich ein Papierstreifen absolut exakt im Zickzack gefaltet worden. Dann sind von beiden Seiten saubere Kerben reingeschnitten und der Streifen schließlich zum Kreis geschlossen worden.

„Sowas hab ich ja noch nie gesehen!"

Die Frau zuckt mit den Schultern und bedient die nächsten drei Kunden, während ich mich nicht entscheiden kann, welche und wie viele von diesen zauberhaften kleinen Kunstwerken ich mitnehmen soll.
„Was sollen die denn kosten?"
„Für 10,-€ kannst du die ganze Schachtel haben, dann muss ich sie nicht mehr hin und herschleppen."
„Was??? Äh ... Jaaaa!?!"
„Wollen Sie die nu oder nich?"
Irgendwie hab ich das Gefühl, ich bin im falschen Film.
Erstens: warum will keiner diese Sterne? Zweitens: der Preis ist lächerlich. Und drittens: will die mich loswerden???

Schnell zücke ich mein Portemonnaie und gebe ihr die 10,- Tacken.
„Kann ich die Schachtel haben?"
„Nimm'se bloß mit, dann steht 'se mir nich mehr rum."
Begeisterung für den Job geht irgendwie anders. Und heute ist doch erst der zweite Tag!
„Danke!"

Seeeeehr zufrieden mache ich mich vom Acker mit meiner wertvollen Schachtel unterm Arm. Tanja ist schonmal reichlich versorgt. Da sind sicher noch dreißig, vierzig Sterne drin. Jetzt Anni und die Tucher. Ich wühle mich weiter die Kettwiger entlang. Um mich drumrum schallt vor allem holländisch. Die kommen nämlich in der Adventszeit immer in Scharen über die Grenze. Aber schöne Sachen aus Holz finde ich keine.
Jedenfalls keine Erschwinglichen ...
Also arbeite ich mich durch zum Flachsmarkt.

Hier ist die Atmosphäre sofort eine völlig andere. Es ist stiller, die Luft ist klarer, nur der Rauch vom großen Lagerfeuer zieht über den Platz. Sehr viele Menschen sind mittelalterlich gewandet mit dicken Walkmänteln und Gugeln. Es duftet nach exotischen Gewürzen, warmem Honigwein und deftigen Gerichten, die auf einer dicken Scheibe Brot serviert werden. In der Mitte des Platzes zeigen Gaukler und Akrobaten ihre Künste, und ein Spielmann wandert mit seiner Flöte umher.

Aber vor allem gibt es hier jede Menge traditionelles Kunsthandwerk. Schöne Dinge aus Stoff, Leder, Holz, Glas und Metall locken das Auge. Kein Plastik, kein Neon, kein Jingle Bells, kein Flitter-Flatter, kein Billigkram aus Fernost. Es ist sehr angenehm und fast erholsam nach dem Trubel eben. Ich stelle mich auf die Umrandung von einem der Bäume, damit ich besser sehen kann, was die Stände so bieten, und steuere dann einen Holzschnitzer an. Hier gibt es handgeschnitzte Krippenfiguren, Krippenhäuschen aus Weidengeflecht und Baumrinde und zahllose Engel und Sterne.

Besonders die grob geschnitzten Zirbelholzsterne lachen mich an. Man sieht die Handarbeit, sie sind auch ziemlich groß. Aber durch die Druchbrechungen wirken sie nicht klobig. Nach einigem Hinundherüberlegen entscheide ich mich, sechs dieser Zirbelsterne zu kaufen. Vier kommen an den Korb, einer an das verpackte Buch –
und einer an meinen Brief, den ich immer noch nicht geschrieben habe ...

BILD (Ich find'se nich' - kommen noch)

Als nächstes steuere ich den Glasbläser an. Man kann ihm bei der Arbeit zusehen. Der Engel für Tante Jana ist schnell entschieden. Er ist schlank, hat einen Körper fast wie eine Glocke und relativ kleine Flügel. Je dicker das Glas ist, desto mehr kann man sehen, dass das Glas einen grünlichen Schimmer hat. Ein Engel der Hoffnung.

Wie schön!
Ich lasse mir meinen kleinen Schatz sorgfältig verpacken, damit er den Heimtransport überlebt und laufe schließlich durch Seitenstraßen zurück zum Bahnhof, wo mein Rad steht. Nochmal die ganze Kettwiger lang durchs Gewühl ist echt ein No Go ...

Zu Hause verschönere ich den Korb für Anni und Frau Tucher mit den Holzsternen. Und der Korb für Tanja bekommt einige von den Zickzacksternen einfach zwischen die Tee-Keks-Tütchen gesteckt. Den Rest hebe ich für mich selbst auf.
Wer weiß, wem ich im Laufe der Adventswochen noch spontan was Schönes schenken möchte ...

Und dann bleibt mir nichts anderes übrig. Jetzt MUSS ich den Brief an Anni schreiben.
Es geht gleich knifflig los - „Guten Tag, Frau Süß" oder „Hallo, Antonia" oder „liebe Anni" - ich weiß nicht mal, wie ich sie anreden soll. Aber irgendwann kneife ich kurz die Augen zu – und lege dann einfach los.


„Guten Tag, Frau Süß!

Es fühlt sich sehr komisch an, so einen Brief zu beginnen. Aber ich weiß im Moment tatsächlich überhaupt nicht, wie ich Sie/Dich im Privaten anreden soll.
Dieser Adventskalender soll kein Versuch der Wiedergutmachung sein, denn was ich Ende September angerichtet habe, lässt sich nicht wieder gut machen. Ich habe vor kurzem endlich begriffen, was ich da nach der Busfahrt eigentlich getan habe. Ja, ich war krank und müde und geschockt von dem Rauswurf. Aber vor allem war ich furchtbar kindisch und furchtbar gemein. Ich bin beschenkt worden mit Vertrauen und mit Achtung. Und ich habe es gedankt mit aggressiver Zurückweisung. Sie haben immer um und für mich gekämpft, und ich mache Sie verantwortlich für die Gemeinheit einer anderen. Ich möchte im Boden versinken vor Scham bei dem Gedanken an „den Resetknopf". Sogar da haben Sie noch ein Signal zur Versöhnung setzen wollen, und ich habe es abgeblockt. Das war schlicht und ergreifend gemein, geboren aus meiner Hilflosigkeit und Verwirrung und dennoch gemein.
Ich kann nur demütig um Vergebung bitten. Ich weiß, dass ich diese Vergebung wahrscheinlich nicht sofort und vielleicht auch nie bekommen werde. Dann ist es so. Ich habe viel Porzellan zerschlagen mit meinem Verhalten, und das lässt sich nicht einfach so wieder kitten. Aber ich möchte sagen, dass ich es bitter bereue.
Ich habe – als dann der Groschen ENDLICH gefallen war – auch mit meinem Therapeuten darüber geredet. Es war eine ziemlich unangenehme Entdeckung, als ich begriffen habe, wie sehr ich mit diesem Verhalten meinem Vater ähnele - um mich schlagen und dann weglaufen. Es tut mir unendlich leid. Ich kann verstehen, wenn Sie sich jetzt (erstmal) vor mir schützen wollen, denn es war ja auch nicht das erste Mal.
Bitte passen Sie gut auf sich auf, und bitte sagen Sie mir, was ich tun kann oder lassen soll, damit Sie sich wieder wohler fühlen in meiner Gegenwart, der Sie nicht entkommen können. Ich habe viel zerstört und dabei selbst so viel verloren.
Ich habe gesehen, dass es Ihnen in den letzten Wochen damit nicht gut ging. Ich habe Ihnen sehr weh getan. Als ich dieses Buch fand, hatte ich einfach die Idee, dass ich Ihnen – ganz unabhängig von mir – damit ein paar fröhliche, zauberhafte Momente in diesem Advent schenken kann. Ich hoffe, Sie schaffen es jeden Tag, diesen Moment gemeinsam zu erleben, mit einer Kanne Tee und einem witzigen Buch.

Ich wünsche Ihnen und Frau Tucher eine unbeschwerte Adventszeit mit diesem Buch, Ihr Max"


Himmel, das war 'ne schwere Geburt. Aber ich leg mir das jetzt einfach unters Kopfkissen. Und wenn es sich morgen immer noch richtig anfühlt, dann kommt der Brief mit einem Stern und einer großen 6 für den Nikolaustag in den Korb. Ansonsten gebe ich einfach einen anderen Brief, der mir dann hoffentlich leichter fällt, rechtzeitig Frau Tucher. Im Grunde muss er ja erst am 6.12. fertig sein.

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25.11.2020

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